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ID0202201500

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    2. Deutscher Bundestag — 22. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. April 1954 747 22. Sitzung Bonn, Freitag, den 2. April 1954. Geschäftliche Mitteilungen 747 C Glückwünsche zum Geburtstag der Abg. Frau Schroeder (Berlin) 747 D Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Äußerungen des Bundesministers Dr. Wuermeling über das Filmwesen (Drucksache 234) in Verbindung mit der Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Ehemaliges reichseigenes Filmvermögen (Drucksache 250), mit der B) Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Bundesbürgschaft für Filmvorhaben (Drucksache 349), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Koordinierung der Filmpolitik des Bundes und der Länder in bezug auf Steuererleichterungen (Drucksache 380) und mit der Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Ufi-Vermögen und Finanzierung deutscher Filmproduktion (Drucksache 381) 747 D Paul (SPD), Anfragender 748 A Dr. Schröder, Bundesminister des Innern 751 A, 781 C Kalbitzer (SPD), Anfragender . . . 751 D, 770 B, C, D Dr. Westrick, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft 754 B, 759 A Muckermann (CDU/CSU), Antragsteller 756 A Kühn (Köln) (SPD) 759 B, 787 A Dr. Wuermeling, Bundesminister für Familienfragen 764 B, 766 A, 768 C, 789 C Jacobs (SPD) 766 A Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) 768 C Bausch (CDU/CSU) 769 B, 770 C, D Dr. Mende (FDP) 775 C Kemmer (Bamberg) (CDU/CSU) . . 781 D Gräfin Finckenstein (GB/ BHE) . . . 785 A Becker (Hamburg) (DP) 785 C Dr. Strosche (GB/ BHE) 788 A Metzger (SPD) 790 A, 791 A Dr. Mommer (SPD) 791 A D. Dr. Ehlers (CDU/CSU) 792 A Überweisung der Anträge Drucksachen 349, 380, 381 an den Ausschuß für Fragen der Presse, des Rundfunks und des Films und an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik 792 C Absetzung der Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Pressepolitische Pläne der Bundesregierung (Drucksache 313) von der Tagesordnung 785 C, 792 C Nächste Sitzung 792 D Die Sitzung wird um 9 Uhr 2 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Franz-Josef Wuermeling


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muß einleitend sagen, daß ich mich schwierigeren Situationen gewachsen fühle als derjenigen,

    (Lachen bei der SPD)

    vor der ich dank der erheiternden Rede des Herrn Kollegen P a u 1 heute stehe.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Schröter [Wilmersdorf] : „Stolz lieb' ich mir den Spanier!" — Weitere Zurufe von der SPD.)

    Wenn mir ein Kollege aus dem Plenum im Zusammenhang mit dieser Rede vorhin den Vorschlag gemacht hat, ich möchte den Herrn Kollegen Paul heute zum Mittagessen einladen, dann weiß ich noch nicht recht, ob ich eine solche Einladung aussprechen soll oder nicht. Aber diese Bemerkung zeigt, welchen Dienst mir Herr Kollege Paul mit seiner Rede erwiesen hat.

    (Abg. Dr. Greve: Vielleicht laden Sie Herrn Kühn ein! — Zuruf von der SPD: Sie kennen nicht die Grenzen des Zumutbaren!)

    Im übrigen, meine Damen und Herren, stelle ich mit Befriedigung fest, daß Herr Kollege Kuhn, der eine mehr ins Sachliche gehende Rede gehalten hat, auch manches Positive in meiner Düsseldorfer Filmrede entdeckt hat und sogar mehrfach gesagt hat, daß er dies oder jenes anerkennen müsse. Die Rede kann also wohl gar nicht so schlecht gewesen sein, wie manche das zu Beginn der Diskussion um diese Rede gerne wahrhaben wollten.

    (Zuruf von SPD: Das hat Ihnen geschmeichelt!)

    Im übrigen, meine Damen und Herren, habe ich mich auf die heutige Aussprache im Plenum genau so gefreut wie Sie. Es fragt sich nur, wer mehr Grund zu dieser Freude hat; denn Sie, meine Damen und Herren, haben das Pech, daß ich nie und nirgends das gesagt oder gefordert habe, was Sie gern möchten, daß ich es gesagt hätte, damit Sie mich angreifen können.

    (Beifall in der Mitte. — Zuruf von der SPD: Die armen Pressestenographen!)

    Der Herr Kollege Paul he etwas humoristische Einlage gegeben. Er hat hier eine so einige Unterstellungen darüber gemacht, was ich mir unter notwendigem Inhalt eines Filmes vorstelle. Die Traumfabrik des Films, von der eben gesprochen wurde, scheint mir ein Waisenknabe gegen die Traumfabrik zu sein, die der Herr Kollege Paul eben von meinem Denken entwickelt hat.

    (Heiterkeit.)

    Meine Damen und Herren, zur Feststellung dessen, was sich manche unter notwendigem Inhalt eines Filmes vorstellen, will ich Ihnen einmal einen Satz aus einer Zuschrift verlesen, die offenbar aus den Kreisen der Gefolgschaft meiner Gegner kommt. Vom Film wird hier gefordert — ich will jetzt nicht etwa die SPD damit identifizieren, das liegt mir fern —

    (Abg. Schoettle: Gut, daß Sie vorsichtig sind!)

    Vom Film muß verlangt werden, daß er in eindringlicher Form die männliche Dummheit und die angeborene Raffiniertheit der Frauen schildert. In jedem anderen Fall ist ein Film unzulänglich.

    (Zurufe von der SPD.)



    (Bundesminister Dr. Wuermeling)

    Man kann natürlich auch solche Anforderungen an einen Film stellen. Hier sind sie in Wirklichkeit gestellt. Für die Unterstellungen aber, die Sie mir gemacht haben, gibt es überhaupt keine Wirklichkeit.

    (Abg. Dr. Greve: Wo haben Sie das her, Herr Wuermeling? Wo steht das?) — Das kommt aus Leverkusen.


    (Zuruf von der SPD: Von Leverkusen ist schon mehr gekommen! — Abg. Dr. Greve: Leverkusen liegt doch im Rheinland, in der Nähe des Kölner Doms! — Weiterer Zuruf von der SPD: Da ist bestimmt der Wurm drin! — Heiterkeit links.)

    Nun, meine Damen und Herren, zu den Dingen, die hier behandelt wurden. Ganz weniges nur im einzelnen. In der Rede des Herrn Kollegen Paul wurde der Eindruck erweckt, als spräche ich in meinen Reden draußen im Lande von einem Versagen der deutschen Familie. Davon kann nicht im mindesten die Rede sein. Ganz im Gegenteil, ich habe mit Herrn Professor Schelsky, mit Herrn Landesbischof Lilje, der gerade zitiert wurde, und vielen anderen immer wieder herausgestellt, daß die deutsche Familie ihre ganz große Bewährungsprobe in der Zeit um 1945 wie überhaupt keine andere Institution unseres Gemeinschaftslebens bestanden habe.

    (Beifall in der Mitte.)

    Deswegen möchte ich hier in aller Form dagegen protestieren, daß der NWDR vorgestern morgen in seinen Frühmeldungen die Behauptung aufstellte, daß Herr Landesbischof Lilje „im Gegensatz zu mir", wovon Herr Landesbischof Lilje, wie ich von einem Teilnehmer weiß, überhaupt nichts gesagt hat, diesen Standpunkt vertreten habe.
    Dann wurde von dem Recht der Filmschaffenden auf ein Privatleben gesprochen. Meine Damen und Herren, wer spricht denn den Filmschaffenden das Recht auf ein Privatleben ab? Sie haben ja selber eine Stelle aus meiner Rede zitiert, in der ich das ganz ausdrücklich anerkannt habe. Ich habe lediglich einmal eine Äußerung getan, zu der ich stehe; ich habe auf die Tatsache hingewiesen, daß das Privatleben zahlreicher bedeutender Filmschauspieler von vielen Menschen in der Bundesrepublik als vorbildlich angesehen wird und daß diese Künstler deswegen ähnliche Verantwortungen tragen wie Politiker im öffentlichen Leben, die auch im Rampenlicht der Öffentlichkeit stehen.
    Was die Frage der sogenannten Volkszensur angeht, so werde ich mich nicht dazu verleiten lassen, hier irgendwelche Erklärungen abzugeben,

    (Aha-Rufe und Lachen bei der SPD)

    aus denen Sie nachher die Folgerung ziehen zu können glauben, ich hätte hier etwas anderes gesagt als die Bundesregierung.

    (Zuruf von der SPD: Streiten Sie Ihr Telegramm ab?)

    Bisher bin ich nämlich mit der Bundesregierung, wie Herr Bundesminister Schröder festgestellt hat, in dem, was ich will und wünsche, vollkommen einig. Deswegen genügt es vollkommen, daß die Erklärung der Bundesregierung hier abgegeben worden ist. Wenn man mir sagt, die Erklärung der Bundesregierung über den Ausdruck „Volkszensur" sei nicht deutlich genug, dann stelle ich fest,

    (Zurufe von der SPD: Ihr Telegramm! Ihr Telegramm!)


    (Lebhafte Zurufe links.)

    Im übrigen noch eins, meine Damen und Herren. Es ist selbstverständlich absolut unwahr, daß ich in Frankfurt etwa die kirchliche Filmbegutachtung zum Maßstab für die Gewährung von Filmbürgschaften habe machen wollen. Ich bin dort lediglich in der Diskussion gefragt worden,

    (Abg. Kühn [Köln]: Das haben Sie doch behauptet!)

    wie ich mich zur Selbstkontrolle stelle. Ich habe sie als gute Einrichtung bezeichnet und habe in anderem Zusammenhange u. a. nur die Tatsache erwähnt, daß die kirchlichen Beurteilungen vielfach abwichen von den Beurteilungen der Filmselbstkontrolle, ohne dabei aber irgendwie die mir unterstellte Forderung zu erheben. Das ist eben wie-. der eine dieser Entstellungen durch Leute, die ohne solche nicht auskommen können, weil sie mir nämlich sonst nichts anhängen können.

    (Abg. Pelster: Sehr gut! — Abg. Marx: Methode „Haltet den Dieb"!)

    Nun, meine Damen und Herren, noch eines in diesem Zusammenhang. Wenn diese Filmrede, die ich in Düsseldorf gehalten habe, in der Öffentlichkeit kritisiert wird, — nun, gerade heute morgen geht mir mit der Post wieder eine Stellungnahme zu, die aus evangelischen Kreisen kommt und die sich gerade sehr positiv zu dieser Rede stellt. Es sind die „Mitteilungen der Evangelischen Zentralbildkammer Witten" in der Korrespondenz „Film und Bild". Weil hier eine meines Erachtens so gute Auslegung gegeben ist, bitte ich, mit Genehmigung des Herrn Präsidenten wenige Zeilen daraus vortragen zu dürfen. Da heißt es:
    Die in den Ausführungen des Herrn Ministers enthaltenen Vorwürfe gelten so, wie wir es verstanden haben, nicht „der Filmindustrie", sondern denen, die dem Volk in ihren Produktionen Gangster, ladykiller, Mörder und erotische Superatombomben als die eigentlichen „Helden" des Lebens hinstellen und ihre Taten vom Ehebruch bis zum Selbstmord oder Mord als normale Erscheinungen des bürgerlichen Lebens. Diejenigen aber innerhalb der Filmwirtschaft, denen ein Dauerappell an die niederen Instinkte gerade recht ist, um damit Geld zu verdienen, die also augenscheinlich von den kulturellen Möglichkeiten ihrer Arbeit nichts wissen oder nichts wissen wollen, die sollten sich nicht nur von einem Minister, sondern auch von den vielen ernsthaften Mitarbeitern im Film getrost sagen lassen, daß es nicht zu verantworten ist, eine Filmwirtschaft zu konsolidieren, die sich trotz aller Mahnungen nicht scheut, mit der Vergiftung unserer Ehe- und Familienauffassung ein Geschäft zu machen.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Kein vernünftiger Mensch wird von einem
    Staat verlangen, daß er die Steuergroschen
    seiner Bürger für Filme hergibt, die mit dazu


    (Bundesminister Dr. Wuermeling)

    beitragen, sein Fundament, nämlich die Familie, zu zerstören, und das Volk in seiner überwiegenden Mehrheit hat ganz besonderes Verständnis gerade dafür.

    (Beifall in der Mitte.)

    Meine Damen und Herren, ich habe dem nichts hinzuzufügen.

    (Zurufe von der SPD.)

    Denn das ist ganz genau das, was ich neben der Anerkennung der guten Filme in meiner Düsseldorfer Rede gesagt habe. Wenn mir also hier alles mögliche unterstellt wird, so rennen meine Gegner insofern offene Türen ein, als sie eben das Pech haben, daß ich nirgends und nie das gesagt habe, was sie möchten, daß ich es gesagt hätte.

    (Zuruf von der SPD: Haben Sie den Ausdruck „Volkszensur" gebraucht?)



Rede von Peter Jacobs
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Minister, sind Sie dann in der Lage, einen Film zu nennen, der mit Bundesbürgschaftsmitteln hergestellt wurde und diese destruktiven und ehezerstörenden Tendenzen, wie Sie eben vorgelesen haben, auch enthält? Wenn nicht, sollten doch solche von kirchlicher Seite kommenden Urteile in diesem Hause besser unterbleiben.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Franz-Josef Wuermeling


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ich meine, der Film „Die Sünderin" dürfte Ihnen als Beispiel genügen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Aber nun möchte ich doch noch in diesem Zusammenhang auf etwas sehr Ernstes eingehen. In den Ausführungen des Herrn Kollegen Paul ist auch die Rede von „dunklen Bestrebungen" gewesen, die meinen Gedanken oder Zielen zugrunde lägen.

    (Zurufe von der SPD.)

    Ich sehe in dieser Andeutung einen Hinweis auf das, was jetzt draußen etwas deutlicher als „Konfessionalisierung" oder „Klerikalisierung des öffentlichen Lebens" herausgestellt wird. Ich lege das größte Gewicht darauf, bei Gelegenheit dieser Aussprache festzustellen, daß man mit dem Gerede — das gilt auch von dem Gerede einiger Zeitungen — von „Konfessionalisierung" und „Klerikalisierung" das Pech hat, daß meine familienpolitischen Aufgaben und Ziele doch ein gemeinsames Anliegen der Christen b e i d e r Konfessionen sind und daß es Ihnen deshalb einfach nicht gelingen kann, gewisse Affekte an meinem Ministerium erfolgreich abzureagieren oder gar konfessionellen Hader zu entfachen.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Lachen bei der SPD.)

    Meine Zusammenarbeit mit den Familienorganisationen beider Konfessionen und mit dem inter-konfessionellen deutschen Familienverband ist von Anfang an so eng und harmonisch und freundschaftlich gewesen, nicht zuletzt wurden meine Referate gerade auch von großen evangelischen Zuhörerkreisen so zustimmend und herzlich aufgenommen, daß ich Ihnen schon andere Methoden als konfessionelle Zersetzung anraten muß, wenn Sie meinen, meine Arbeit zum Schutze unserer Familien unbedingt stören zu müssen. Ich fürchte allerdings, meine Damen und Herren, daß Sie, wenn Sie so weitermachen wie bisher, dann nach der ersten „Volkszensur", den Bundestagswahlen von 1953,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    bei den nächsten Wahlen eine zweite „Volkszensur" erleben werden, deren Ergebnis allenfalls noch eine Versetzung in den linkesten Teil dieses Raumes ermöglichen wird.

    (Beifall in der Mitte. — Lachen bei der SPD. — Abg. Marx: Filmstar Wuermeling! — Weitere Zurufe von der SPD.)

    Aber meine Damen und Herren, das soll nicht meine Sorge sein. Mir als Angegriffenem kann es nur nützen, wenn mangels sachlicher Argumente gegen den Inhalt meiner Reden

    (Abg. Marx: Filmstar Wuermeling!)

    Unterstellungen benötigt werden, um überhaupt irgend etwas dagegen sagen zu können.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Nun ein Zweites. Ich habe von mir aus immer betont, daß ich den Schutz und die wirtschaftliche Sicherung unserer Familien für eine überparteiliche gemeinsame Aufgabe aller Fraktionen dieses Hauses halte, für die ich mit allen Fraktionen, auch mit der Opposition, gemeinsam arbeiten möchte.

    (Zuruf von der SPD: Das haben wir eben gemerkt! — Weitere Zurufe von der SPD.)

    So habe ich in meiner ersten amtlichen Rede im neuen Bundestag am 5. Februar erklärt:
    Ich bin nicht hier heraufgekommen, um irgendwelche Unfreundlichkeiten nach der Seite der Opposition hin zu sagen.

    (Lachen bei der SPD.)

    Im Gegenteil, ich habe den sehr, sehr herzlichen und dringenden Wunsch, die Aufgabe, die mir als Bundesminister für Familienfragen gestellt ist, gemeinsam mit allen Seiten dieses Hauses in Angriff zu nehmen. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, daß sich zwischen allen Parteien und meiner Arbeit wertvolle Brücken echter Zusammenarbeit finden lassen.
    Im gleichen Sinne habe ich mich auch in verschiedenen öffentlichen Kundgebungen im Bundesgebiet geäußert. Um dieses Ziel allseitiger Zusammenarbeit nicht zu gefährden, habe ich mich, seit mir meine neue Aufgabe übertragen wurde — trotz manchen Anlasses —, jeder Polemik, auch gegen die SPD, enthalten und unter alle Anfeindungen aus dem letzten Wahlkampf aus dem ehrlichen Wunsch heraus, gemeinsam mit allen gutwilligen Kräften der mir gestellten wichtigen Aufgabe zu dienen, bewußt einen Strich gezogen. Wenn Sie mich heute angreifen, dürfen Sie von mir natürlich nicht erwarten, daß ich, zumal Sie mich darum gebeten haben, Ihnen zu antworten, auf diese Angriffe schweige oder Ihnen meinetwegen erkläre: „Sie haben vollkommen recht! Ich habe lauter Unsinn geredet".

    (Lachen und Zurufe von der SPD.)

    Das können Sie schließlich nicht verlangen.

    (Zuruf von der SPD: Polemik ist keine Antwort!)

    Im übrigen gilt das Gesagte auch für die Zeit nach dem 5. Februar, an welchem Tage die heute behandelte Große Anfrage gestellt wurde, die mir zunächst wie eine Kriegserklärung der SPD vorkam. Aber mit der heutigen Begründung hat die SPD ihre Anfrage wohl selber etwas ins Scherzhafte gezogen und damit gezeigt, daß sie ihre


    (Bundesminister Dr. Wuermeling)

    „Kriegserklärung" nicht so ernst nimmt. Ich freue mich darüber, daß sich die Diskussion heute trotz mancher Gegensätzlichkeit und mancher Anfeindung doch in Bahnen bewegte, die weithin sachlich waren.
    Nun noch ein Drittes: Nicht nur in der Presse, sondern auch hier in der Debatte wurde im Unterton und manchen Einzelworten das Thema, das wir heute erörtern, über den Rahmen der Filmfrage hinaus in die allgemeine kulturpolitische Ebene hinein ausgeweitet, auf der ja manche Leute ihren ganzen Kampf gegen mich führen, ohne begründeten Anlaß dazu zu haben.

    (Lachen bei der SPD.)

    Ich möchte deswegen zum Zwecke der Klarstellung ganz kurz drei Punkte berühren; denn die Dinge müssen einmal klar und konkret herausgestellt werden, damit endlich das dumme Gerede von dem „klerikalisierenden" Minister ein Ende findet.
    Meine amtliche Tätigkeit bewegt sich hauptsächlich auf der Ebene der wirtschaftlichen Hilfe für die Familie; aber die öffentliche Diskussion hat sehr wenig Interesse dafür gezeigt und sich nur um Dinge gekümmert, die an sich wirklich sehr am Rande meiner Arbeit liegen. Dabei geht es in diesem Randbereich um drei Themen, erstens den Film, zweitens die Ehescheidung und drittens den § 67 des Personenstandsgesetzes.
    Zur Filmfrage habe ich mich bereits geäußert. Ich stelle fest, daß die heutige Erklärung der Bundesregierung klargestellt hat, daß die in der Großen Anfrage über den Inhalt meiner Düsseldorfer Rede enthaltenen Behauptungen in wesentlichen Punkten unrichtig sind, und weiter, daß das in meiner Düsseldorfer Rede zum Thema Familie dargelegte sachliche Anliegen nicht nur mein Anliegen, sondern ein Anliegen unserer Bundesregierung ist, so daß in diesem Punkte nicht der mindeste Anlaß zu den gegen mich gerichteten Angriffen gegeben ist.
    Nun zur Ehescheidungsfrage. Was die von mir in öffentlichen Reden betonte Notwendigkeit einer Änderung des § 48 der vom Kontrollrat erlassenen Ehescheidungsvorschriften angeht, so habe ich die Forderung erhoben, ein Ehescheidungsrecht zu schaffen, nach dem es nicht möglich ist, seine in Ehren ergraute schuldlose Frau mit staatlicher Sanktionierung zu verstoßen, weil einem ein junges Mädchen besser gefällt. Der frühere Bundesjustizminister Dr. Dehler, der jetzige Vorsitzende der Freien Demokraten, hat ebenso wie unser jetziger Bundesjustizminister die gleiche Forderung bereits dahin formuliert, daß eine Ehescheidung nach § 48 — dreijährige Trennung — gegen den Willen des unschuldigen Teiles nicht mehr möglich sein soll. Es handelt sich dabei vor allem um den Schutz der Frau. Auch in diesem Punkt habe ich also nichts als eine gemeinsame Forderung aller derjenigen vertreten, die eine hohe Meinung von den Rechten und Pflichten der Ehepartner untereinander und gegenüber den Kindern haben. Wenn ich in diesem Punkte mit dem Herrn Kollegen Dehler einig bin, wo ist dann, so frage ich jetzt die Öffentlichkeit, hier „Konfessionalismus" oder „Klerikalismus"?

    (Beifall in der Mitte.)

    Der dritte Punkt betrifft den § 67 des Personenstandsgesetzes. Den Entwurf zur Aufhebung der von beiden christlichen Kirchen als diskriminierend empfundenen Strafvorschrift des § 67 habe ich erstmals zugleich mit allen Kabinettskollegen zur Kenntnis bekommen, ohne vorher irgendwie beteiligt gewesen zu sein, und ich habe ihm wie jedes andere Kabinettsmitglied zugestimmt. Ich bin also an diesem Gesetzentwurf etwa genau so schuldig oder unschuldig wie vielleicht Herr Kollege Reinhold Maier an der Kanzlerschaft Konrad Adenauers.

    (Lachen bei der SPD.)

    In der Frage der fakultativen standesamtlichen oder kirchlichen Eheschließung bin ich seit Jahr und Tag unverändert dafür eingetreten, es in Deutschland bei dem jetzigen Zustand zu belassen, weil die Meinungen über eine fakultative standesamtliche oder kirchliche Eheschließung in unserem konfessionell gemischten Lande zu verschieden sind. Wer, meine Damen und Herren, kann denn da ausgerechnet mir „Konfessionalisierung" oder „Klerikalisierung" vorwerfen, wenn ich als Katholik so eindeutig für Toleranz gegenüber den Auffassungen unserer evangelischen Mitbürger eintrete und weiter eintreten werde?
    Nun, es geht einigen Leuten im Lande draußen bei diesen Dingen ja um etwas ganz anderes. (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Es geht nicht um diese Einzelthemen, die ich soeben hier behandelt habe, weil das die konkreten Punkte sind, an denen man diese Hetze aufhängen kann. Meine Gegner wissen ganz genau, daß ich seit langen Jahren nicht müde werde, das uns in gemeinsamer Verfolgungszeit vor 1945 geschenkte Gemeinschaftsbewußtsein und Zusammengehörigkeitsgefühl der Christen beider Konfessionen zu vertiefen und zu festigen und alle konfessionelle I Fehde im politischen Raum ein für allemal zu begraben.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die Verwirklichung dieses Wollens soll durch Unterstellungen, durch Hetze, durch Verleumdungen und anderes mehr vereitelt werden, weil es in Deutschland eben eine Anzahl Leute gibt, die nur im trüben Wasser konfessionellen Haders noch politische Erfolge erzielen zu können glauben.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich gebe Ihnen die Versicherung: je stärker die Versuche, durch Entfachung konfessioneller Zwietracht die politische Atmosphäre zu trüben, fortgesetzt werden, um so mehr wird die allgemeine Erkenntnis wachsen, daß alle Christen in Deutschland gemeinsame Gegner haben. Ich danke Ihnen von der SPD, daß Sie durch die Aufrollung dieser Debatte diese Klarstellung ermöglicht haben.

    (Unruhe bei der SPD. — Zurufe von der SPD: Was wollen Sie damit sagen? — Ganz klar, was er will! — Das ist ganz klar, ist ja zu deutlich!)

    Auf diesem Hintergrunde aber nun noch ein anderes! In der heutigen Debatte wurde bereits der Herr Ministerpräsident a. D. Reinhold Maier zitiert. Ich pflege als Bundesminister keine Angriffe gegen Kollegen aus diesem Hause, insbesondere nicht aus der Koalition, zu führen; aber wenn ich selber angegriffen werde, wie das auf dem Hintergrunde des soeben Gesagten durch Herrn Kollegen Maier geschehen ist, so habe ich nicht nur das Recht, sondern die Pflicht, mich gegen das, was gesagt wurde, zu verteidigen. In diesem Zusammenhang muß ich


    (Bundesminister Dr. Wuermeling)

    deswegen auch einige Worte zu den Mainzer Angriffen des Herrn Kollegen Reinhold Maier gegen mein Ministerium sagen. Herr Kollege Maier hat nach dem von ihm selbst in den „Deutschen Kommentaren" veröffentlichten Wortlaut in Mainz gesagt:
    Sichtbar hat der Kampf begonnen. Ein eigenes Ressort mit dem verharmlosenden Namen „Familienministerium" ist entstanden . . . Machen wir uns jedoch nicht leichtfertig nur auf Donquichotterien gefaßt! Es geht um sehr reale Dinge. Mit realen Methoden werden sie in die Wirklichkeit umgesetzt werden.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Der „frisch, fromm, fröhlich, frei" dahinströmende deutsche Geist soll versiegen, seine Quellen will man verstopfen. Meine Herren Kommilitonen, die Zeit ist gekommen, „Don Carlos" zu lesen. Marquis de Posa ist unser Mann. Sein Wort: „Geben Sie Gedankenfreiheit, Sire!" ist unser Wort.

    (Lebhafter langanhaltender Beifall bei der SPD und der FDP.)

    Nun, wenn in Deutschland keine Gedankenfreiheit bestände, hätte Herr Kollege Maier diese Rede nicht halten können.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU. — Lachen bei der SPD. — Abg. Schröter [Wilmersdorf] : So hat man auch schon mal vor 20 Jahren geantwortet!)

    — Ich stelle mit großem Bedauern fest, daß mir die Unterstellungen, mit denen draußen in der Presse gearbeitet wurde, offensichtlich auch von der SPD gemacht werden. Ich kann das nur nochmals schmerzlich bedauern. Wir sollten uns hier auf einem Boden ehrlicher Aussprache miteinander bewegen.

    (Lebhafte Zustimmung bei der CDU/ CSU. — Abg. Neubauer: Sagen Sie das mal dem Bundeskanzler!)

    Wenn ich nun hier etwas gegenüber einem Koalitionskollegen sage, so verteidige ich mich hier natürlich nicht in der Freiheit, deren Herr Kollege Dehler sich seit einiger Zeit wieder erfreuen darf, sondern im Rahmen der Pflichten eines Mitgliedes des Koalitionskabinetts.
    Ich habe zweierlei zu sagen. Erstens habe ich eine Frage an Herrn Kollegen Maier zu stellen: Was ist gemeint mit den „sehr realen Dingen, die mit realen Methoden in die Wirklichkeit umgesetzt werden"? Ich bitte Herrn Kollegen Maier um konkrete Angaben zu dieser Frage, damit endlich die Nebel einmal zerstreut werden, hinter denen sich diese Angriffe von den verschiedensten Seiten zu tarnen pflegen.

    (Zustimmung in der Mitte. — Zurufe von der SPD.)

    Meinen Standpunkt habe ich in aller Öffentlichkeit dargelegt. Tun Sie bitte das gleiche!

    (Abg. Schröter [Wilmersdorf]: Die „konkrete Angabe" steht am Rednerpult!)

    Das zweite, was ich dazu zu sagen habe, ist das Folgende. Herr Kollege Maier hat uns empfohlen, den „Don Carlos" zu lesen. Ich bin seinem Rate gefolgt und habe darin so wertvolle aktuelle Zitate gefunden,

    (Zuruf von der SPD: Bei Philipp?)

    daß ich gar nicht erst bei Goethe zu suchen
    brauchte. Wenn Herr Kollege Maier mich anscheinend doch auch mit einem Unterton im Sinne klerikalisierender oder konfessioneller Tendenzen verdächtigen zu sollen glaubte, so antworte ich zunächst mit Don Carlos aus dem ersten Akt:
    Schon seh ich deine Seele,
    Vom giftgen Schlangenbiß des Argwohns
    bluten.

    (Beifall in der Mitte und Heiterkeit.) An einer weiteren Stelle heißt es:

    Doch hab ich immer sagen hören, daß
    . . . Geschichtenträger
    Des Übels mehr auf dieser Welt getan,
    Als Gift und Dolch in Mörders Hand nicht
    konnten.

    (Beifall in der Mitte. — Zurufe von der SPD.)

    Auch im zweiten Akt ist eine in diesen Zusammenhang sehr schön passende Stelle, als die Prinzessin zum Prinzen sagt: — —