Rede:
ID0201704700

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 2017

  • date_rangeDatum: 26. Februar 1954

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    12. Anfrage.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 17. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. Februar 1954 551 17. Sitzung Bonn, Freitag, den 26. Februar 1954. Geschäftliche Mitteilungen 552 A, 607 C Zweite und dritte Beratung der von den Fraktionen der CDU/CSU, GB/BHE, DP und von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwürfe eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes (Drucksachen 124, 125, 171); Erster Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (Drucksache 275) 552 A Dr. von Merkatz (DP), Berichterstatter 552 B, 565 A D. Dr. Gerstenmaier (CDU/CSU) . . 556 A Erler (SPD) 558 B Dr. Arndt (SPD) 565 B, 578 D Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) 565 D Dr. Czermak (GB/BHE) 568 B Dr. Jaeger (CDU/CSU) 569 B Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) . . . 572 A Neumayer, Bundesminister der Justiz 575 B Dr. Weber (Koblenz) (CDU/CSU) . . 577 C Hoogen (CDU/CSU) 581 B Dr. von Brentano (CDU/CSU) (zur Geschäftsordnung) 583 A Abstimmungen 583 A Namentliche Schlußabstimmung . . 583 A, 584 C, 610 Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Nachwahl eines Mitgliedes des Wahlprüfungsausschusses (Druck- sache 266) 583 B Beschlußfassung 583 B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung und Immunität betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Even (Drucksache 237) 583 C, 584 D Höcker (SPD), Berichterstatter . . . 584 D Beschlußfassung 585 A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung und Immunität betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Dr. Rinke (Drucksache 240) 583 C Dr. von Merkatz (DP), Berichterstatter 583 D Beschlußfassung 584 C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung und Immunität betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Metzger (Drucksache 243) 584 A Dr. von Merkatz (DP): als Berichterstatter 584 A Schriftlicher Bericht 608 Beschlußfassung 584 C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung und Immunität betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Dr. Henn (Drucksache 242) 585 A Dr. Klötzer (GB/BHE), Berichterstatter 585 B Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) 585 C Beschlußfassung 585 C Erste, zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes über die Verlängerung der Wahlperiode der Betriebsräte (Personalvertretungen) in den öffentlichen Verwaltungen und Betrieben des Bundes und der bundesunmittelbaren Körperschaften des öffentlichen Rechts (Drucksache 271) 585 C Abstimmungen 585 D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betr. die Vereinbarung vom 23. Februar 1953 über die Regelung der Schweizerfranken-Grundschulden (Drucksache 159); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit (Drucksache 238) 586 A Dr. Hesberg (CDU/CSU), Berichterstatter 586 A Beschlußfassung 586 C Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Verkündung des Gesetzes über Straffreiheit (Drucksache 226) in Verbindung mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Gewährung von Straffreiheit (Drucksache 215) und mit der Ersten Beratung des von den Abg. Höcherl, Strauß, Stücklen u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Gewährung von Straffreiheit (Drucksache 248) 586 D Neumayer, Bundesminister der Justiz 586 D, 594 B Dr. Greve (SPD), Anfragender 588 D, 606 C Höcherl (CDU/CSU), Antragsteller . . 595 C Dr. Stammberger (FDP) 598 C Dr. Czermak (GB/BHE) 599 D Frau Dr. Ilk (FDP) 601 A Dr. Furler (CDU/CSU) 601 B Dr. Dehler (FDP) 604 A Überweisung der Gesetzentwürfe Drucksachen 215 und 248 an den Rechtsausschuß 607 C Nächste Sitzung 607 C Anlage: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung und Immunität betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Metzger 608 Zusammenstellung der namentlichen Schlußabstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Drucksache 275) 610 Die Sitzung wird um 9 Uhr 3 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Ehlers eröffnet.
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    Anlage zum Stenographischen Bericht der 17. Sitzung Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung und Immunität (1. Ausschuß) betreffend Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abgeordneten Metzger (Drucksache 243) Berichterstatter : Abgeordneter Dr. von Merkatz A Verfahrensvoraussetzungen: 1. Die Privatklage ist fristgerecht eingegangen. 2. Der Ausschuß für Wahlprüfung und Immunität muß sich mit dem Ersuchen um Aufhebung der Immunität befassen. Zwar ist der Antrag auf Genehmigung zur Untersuchung und eventuellen Strafverfolgung vom Amtsgericht Wiesbaden unmittelbar an den Präsidenten des Bundestages eingereicht worden und nicht, wie das sonst notwendig ist, über das Landes- bzw. Bundesjustizministerium. Dieser Umstand ist aber unbeachtlich, da es sich um eine Privatklage handelt und das Amtsgericht hier nur als Vermittler des Privatklägers tätig geworden ist. Privatkläger aber können sich direkt an den Bundestag wenden (§ 114 der Geschäftsordnung des Bundestages, Grundsatz über die Behandlung von Immunitätsangelegenheiten). B Materielle Beurteilung: 1. Von dem Beschuldigten wird behauptet, daß er in der Wandelhalle des Landtages in bezug auf den Privatkläger erklärt habe, er halte den im Plenum des Landtages gemachten Vorwurf des „unsauberen Journalismus" gegenüber dem Privatkläger aufrecht. 2. Damit ist zu fragen, ob der gegenüber dem Privatkläger erhobene Vorwurf des „unsauberen Journalismus" vom persönlichen Straf ausschließungsgrund des Art. 46 Abs. 1 GG gedeckt wird oder nicht. a) Die Äußerung stellt eine Motivierung des Antrages des Beschuldigten dar auf Ausschluß des Privatklägers aus dem Plenarsaal des Landtages. Sie ist in der Wandelhalle, also weder im Plenum noch in einem Ausschuß noch in einer Fraktionssitzung gefallen, sondern lediglich im Gebäude des Landtages. b) Als Motivierung aber eines im Plenum des Landtages gestellten Antrages steht diese Äußerung in einem inneren Zusammenhang mit einer Äußerung, die im Plenum des Landtages gefallen ist. Sie ist daher meines Erachtens als im Plenum des Landtages gefallen zu betrachten. c) Hierauf sind auch bei einem Verfahren auf Aufhebung der Immunität im Bundestag die Grundsätze der hessischen Verfassung anzuwenden. Es ist zu fragen, ob Art. 95 der hessischen Verfassung dem Beschuldigten einen persönlichen Strafausschließungsgrund gewährt. Art. 95 ist dem Art. 36 der Weimarer Reichsverfassung nachgebildet worden. Er kennt nicht die Einschränkung des Art. 46 GG, der den persönlichen Strafausschließungsgrund für verleumderische Beleidigungen nicht gewährt. Wenn die Äußerung auch im Plenum des hessischen Landtages gefallen ist, so muß doch hier angenommen werden, daß sie als Motivierung des vom hessischen Landtag beschlossenen und vom Beschuldigten eingebrachten Antrages in Ausübung seiner Abgeordnetentätigkeit in der Wandelhalle des Landtages getan worden ist. Damit wäre auch für den Bundestag eine Aufhebung der Immunität mit Rücksicht auf Art. 95 der hessischen Verfassung nicht möglich. d) Selbst wenn man diese Rechtsauffassung nicht teilen wollte und den Tatbestand als außerhalb des hessischen Landtages vollendet ansehen und allein nach den Immunitätsgrundsätzen des Bundesrechtes behandeln wollte, ergibt sich keine Möglichkeit zur Aufhebung. Es handelt sich bei der dem Beschuldigten zur Last gelegten Äußerung nicht um eine verleumderische Beleidigung im Sinne des § 187 StGB, auch nicht, wie der Privatkläger behauptet, um eine üble Nachrede im Sinne des § 186 StGB, sondern (Dr. von Merkatz) möglicherweise um eine einfache Beleidigung im Sinne des § 185 StGB. e) Die Äußerung „unsauberer Journalismus" ist ein tadelndes Werturteil und keine Tatsachenbehauptung. Sie ist ein Werturteil, das letzthin logisch einem Beweise nicht zugänglich ist, da durch den Ausdruck „unsauberer Journalismus" auch reine Fragen des Geschmacks, des Stils oder der Stoffwahl getroffen werden können. Allerdings steht hier dieses tadelnde Werturteil mit einer Reihe von Tatsachen, die dem Beweis zugänglich sind, in logischem Zusammenhang. Dabei überwiegt aber der Charakter des Werturteils bei weitem die in ihm eingeschlossene Bezugnahme auf eine Unterstellung von Tatsachen. f) Wenn man dieser Folgerung nach den Tatumständen beitritt, würde es sich möglicherweise um eine einfache Beleidigung handeln, deren politischer Charakter — aus den Umständen zu folgern — nicht zu bestreiten ist. Beleidigungen politischen Charakters sollen aber nach den Grundsätzen des Bundestages in der Regel nicht zur Aufhebung der Immunität führen. Eine einfache Beleidigung, die im Parlament erfolgt ist, kann nicht verfolgt werden. Auch wenn diese Beleidigung außerhalb des Parlaments geschehen ist, soll sie nicht verfolgt werden, wenn sie nicht zugleich eine Verleumdung im Sinne des § 187 StGB darstellt. Die Erfüllung des Tatbestandes des § 187 StGB behauptet aber selbst der 1 Privatkläger nicht. g) Angesichts dieser Sachlage bedarf es keiner Prüfung der Frage, ob etwa die Strafbarkeit gemäß § 193 StGB ausgeschlossen ist. h) Selbst wenn der Ausschuß zu der Aufhebung der Immunität des Bundestages hinsichtlich des Beschuldigten gelangen sollte, könnte das Privatklageverfahren gegen den Beschuldigten nicht durchgeführt werden, da es dazu zusätzlich der Aufhebung der Immunität seitens des hessischen Landtages bedürfte, eine Frage, die nur nach den Grundsätzen der hessischen Verfassung entschieden werden könnte. Diese Feststellung rechtfertigt zusätzlich, daß für die Beurteilung, ob eine Aufhebung der Immunität durch den Bundestag erfolgen kann, auch das Immunitätsrecht des betreffenden Landtages herangezogen werden muß, wenn es sich um die Aufhebung der Immunität eines Bundestagsabgeordneten handelt, der zugleich Mitglied eines Landtages ist. Ich komme daher zu dem Ergebnis: Der Bundestag wolle beschließen: die Immunität des Abgeordneten Ludwig Metzger wird nicht aufgehoben. Bonn, den 26. Februar 1954. Dr. von Merkatz Berichterstatter Namentliche Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (16. Ausschuß) (Drucksache 275) über die von den Fraktionen der CDU/CSU, GB/BHE, DP und FDP eingebrachten Entwürfe eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes (Schlußabstimmung) Name Abstimmung Name Abstimmung CDU/CSU Frau Ackermann . . . . Ja Fuchs Ja Dr. Adenauer Ja Funk Ja Albers Ja Dr. Furler Ja Arndgen Ja Gedat Ja Barlage . . . . . . . Ja Geiger (München) . . . Ja Dr. Bartram Ja Frau Geisendörfer . . Ja Bauer (Wasserburg) . Ja Gengler . Ja Bauereisen Ja Gerns Ja Bauknecht Ja D. Dr. Gerstenmaier . Ja Bausch . . . . . Ja Gibbert Ja Becker (Pirmasens) . . . Ja Giencke. Ja Berendsen Ja Dr. Glasmeyer Ja Dr. Bergmeyer Ja Dr. Gleissner (München) Ja Fürst von Bismarck . ,Ja Glüsing Ja Blank (Dortmund) . Ja Gockeln Ja Frau Dr. Bleyler Dr. Götz Ja (Freiburg) . . . Ja Goldhagen Ja Bock ,Ja Gontrum. . . . . . Ja von Bodelschwingh . . . Ja Dr. Graf Ja Dr. Böhm (Frankfurt) . Ja Griem Ja Brand (Remscheid) . . . Ja Günther Ja Frau Brauksiepe . . . Ja Gumrum Ja Dr. von Brentano . . . . Ja Häussler Ja Brese Ja Hahn Ja Frau Dr. Brökelschen . . Ja Harnischfeger Ja Dr. Brönner . . . . . . Ja von Hassel Ja Brookmann (Kiel) . Ja Heix Ja Brück Ja Dr. Hellwig Ja Dr. Bucerius Ja Dr. Graf Henckel . . Ja Dr. von Buchka Ja Dr. Hesberg Ja Dr. Bürkel Ja Heye Ja Burgemeister Ja Hilbert Ja Caspers Ja Höcherl Ja Cillien Ja Dr. Höck Ja Dr. Conring Ja Höfler Ja Dr. Czaja Ja Holla Ja Demmelmeier Ja Hoogen Ja Diedrichsen Ja Dr. Horlacher. . Ja Frau Dietz Ja Horn Ja Dr. Dittrich Ja Huth Ja Dr. Dollinger Ja Illerhaus Ja Donhauser Ja Dr. Jaeger Ja Dr. Dresbach Ja Jahn (Stuttgart) . . . . Ja Eckstein Ja Frau Dr. Jochmus . . Ja D. Dr. Ehlers . Ja Josten Ja Ehren Ja Kahn Ja Engelbrecht-Greve .. Ja Kaiser Ja Dr. Dr. h. c. Erhard . Ja Karpf Ja Etzenbach Ja Dr. Kather Ja Even Ja Kemmer (Bamberg) Ja Feldmann Ja Kemper (Trier) . .. Ja Finckh Ja Kiesinger Ja Dr. Franz Ja Dr. Kihn (Würzburg) . Ja Franzen Ja Kirchhoff Ja Friese Ja Klausner Ja Name Abstimmung Name Abstimmung Dr. Kleindinst . . . Ja Frau Dr. Rehling . . . . Ja Dr. Kliesing Ja Richarts Ja Knapp Ja Frhr. Riederer von Paar Ja Knobloch Ja Dr. Rinke Ja Dr. Köhler Ja Frau Rösch Ja Koops Ja Rümmele Ja Dr. Kopf Ja Ruf Ja Kortmann .. . . . Ja Sabaß Ja Kramel Ja Sabel Ja Krammig Ja Schäffer Ja Kroll Ja Scharnberg Ja Frau Dr. Kuchtner Ja Scheppmann Ja Kühlthau Ja Schill (Freiburg) . . . . Ja Kuntscher . . . . Ja Schlick Ja Kunze (Bethel) Ja Schmidt-Wittmack . . . Ja Lang (München) . . . . Ja Schmücker Ja Leibfried Ja Schneider (Hamburg) . . Ja Dr. Leiske Ja Schrader Ja Lenz (Brühl) Ja Dr. Schröder (Düsseldorf) Ja Dr. Lenz (Godesberg) . Ja Dr.-Ing. E. h. Schuberth Ja Lenze (Attendorn) . . . Ja Schüttler Ja Leonhard Ja Schütz Ja Lermer Ja Schuler Ja Leukert Ja Schulze-Pellengahr . . . Ja. Dr. Leverkuehn. . . Ja Schwarz Ja Dr. Lindenberg . Ja Frau Dr. Schwarzhaupt Ja Dr. Lindrath Ja Dr. Seffrin Ja Dr. Löhr Ja Seidl (Dorfen) Ja Dr. h. c. Lübke Ja Dr. Serres Ja Lücke Ja Siebel Ja Lücker (München) Ja Dr. Siemer Ja Lulay Ja Solke Ja Maier (Mannheim) . Ja Spies (Brücken) . . . . Ja Majonica Ja Spies (Emmenhausen) . Ja Dr. Baron Manteuffel- Spörl Ja Szoege Ja Graf von Spreti . . . Ja Massoth Ja Stauch Ja Maucher Ja Frau Dr. Steinbiß . . . Ja Mayer (Birkenfeld) . Ja Stiller Ja Menke Ja Storch Ja Mensing Ja Dr. Storm Ja Meyer (Oppertshofen) Ja Strauß Ja Miller Ja Struve Ja Dr. Moerchel Ja Stücklen Ja Morgenthaler Ja Teriete Ja Muckermann . . . . . Ja Unertl Ja Mühlenberg Ja Varelmann Ja Dr. Dr. h. c. Milner ler (Bonn) Ja Frau Vietje Ja Müller-Hermann . . . . Ja Dr. Vogel Ja Müser Ja Voß Ja Naegel Ja Wacher (Hof) Ja Nellen Ja Wacker (Buchen) . . . . Ja Neuburger Ja Dr. Wahl Ja Niederalt Ja Walz Ja Frau Niggemeyer . . . Ja Frau Dr. Weber (Aachen) Ja Dr. Oesterle Ja Dr. Weber (Koblenz) . . Ja Oetzel Ja Wehking Ja Dr. Orth Ja Dr. Welskop Ja Pelster Ja Frau Welter (Aachen) Ja Dr. Pferdmenges . . . . Ja Dr. Werber Ja Frau Pitz Ja Wiedeck Ja Platner Ja Wieninger Ja Dr. Pohle (Düsseldorf) . Ja Dr. Willeke Ja Frau Praetorius . . . . Ja Winkelheide Ja Frau Dr. Probst . . . . Ja Wittmann Ja Dr. Dr. h. c. Pünder . Ja Wolf (Stuttgart) • • Ja Raestrup Ja Dr. Wuermeling . . . . Ja Rasner Ja Wullenhaupt Ja Name Abstimmung Name Abstimmung SPD Frau Albertz Nein Keuning Nein Frau Albrecht Nein Kinat Nein Altmaier Nein Frau Kipp-Kaule . . . Nein Dr. Arndt Nein Könen (Düsseldorf) . . . Nein Arnholz Nein Koenen (Lippstadt) . . Nein Dr. Baade Nein Frau Korspeter . . . . Nein Dr. Bärsch Nein Dr. Kreyssig Bals Nein Kriedemann Nein Banse Nein Kühn (Köln) Nein Bauer (Würzburg) . . . Nein Kurlbaum Nein Baur (Augsburg) . . . . Nein Ladebeck Nein Bazille Nein Lange (Essen) Nein Behrisch Nein Frau Lockmann . . . Nein Frau Bennemann Nein Ludwig Nein Bergmann Nein Dr. Lütkens Nein Berlin Nein Maier (Freiburg) . . . Nein Bettgenhäuser Nein Marx Nein Frau Beyer (Frankfurt) Nein Matzner Nein Birkelbach Nein Meitmann Nein Blachstein krank Mellies Nein Dr. Bleiß Nein Dr. Menzel Nein Böhm (Düsseldorf) . . . Nein Merten Nein Bruse Nein Metzger entschuld. Corterier Nein Frau Meyer (Dortmund) Nein Dannebom Nein Meyer (Wanne-Eickel) . Nein Daum Nein Frau Meyer-Laule . . . Nein Dr. Deist Nein Moll Nein Dewald Nein Dr. Mommer Nein Diekmann Nein Müller (Erbendorf) Nein Diel Nein Müller (Worms) . . . . Nein Frau Döhring Nein Frau Nadig Nein Erler Nein Odenthal Nein Eschmann Nein Ohlig Nein Faller Nein 011enhauer Nein Franke Nein Op den Orth Nein Frehsee Nein Paul Nein Freidhof Nein Peters Nein Frenzel Nein Pöhler Nein Gefeller Nein Pohle (Eckernförde) . . Nein Geiger (Aalen) Nein Dr. Preller Nein Geritzmann Nein Priebe Nein Gleisner (Unna) . . . . Nein Pusch Nein Dr. Greve Nein Putzig Nein Dr. Gülich Nein Rasch Nein Hansen (Köln) Nein Regling Nein Hansing (Bremen) . . . Nein Rehs entschuld. Hauffe Nein Reitz Nein Heide Nein Reitzner Nein Heiland Nein Frau Renger Nein Heinrich Nein Richter Nein Hellenbrock Nein Ritzel Nein Hermsdorf . . . . . . Nein Frau Rudoll Nein Herold Nein Ruhnke Nein Höcker Nein Runge Nein Höhne Nein Sassnick Nein Hörauf Nein Frau Schanzenbach . . Nein Frau Dr. Hubert . . . . Nein Scheuren Nein Hufnagel Nein Dr. Schmid (Tübingen) . Nein Jacobi Nein Dr. Schmidt (Gellersen) . Nein Jacobs Nein Schmidt (Hamburg) . . Nein Jahn (Frankfurt) • . • • Nein Schmitt (Vockenhausen) . Nein Jaksch Nein Dr. Schöne Nein Kahn-Ackermann . • . entschuld. Schoettle Nein Kalbitzer Nein Seidel (Fürth) Nein Frau Keilhack Nein Seither Nein Frau Kettig krank Seuffert . . Nein Name Abstimmung Name Abstimmung Stierle Nein Dr. Stammberger . . . Ja Sträter Nein Dr. Starke Ja Frau Strobel Nein Dr. Wellhausen . . . . Ja Tenhagen Nein Weyer Ja Thieme Nein Wirths Ja Traub Nein Trittelvitz Nein Wagner (Deggenau) . Nein Wagner (Ludwigshafen) Nein Wehner Nein GB/BHE Wehr Nein Welke Nein Bender Ja Weltner (Rinteln) . . . Nein Dr. Czermak Ja Lic. Dr. Wenzel . . . . Nein Dr. Eckhardt Ja Wienand Nein Elsner Ja Winter krank Engell Ja Wittrock Nein Feller Ja Ziegler Nein Gräfin Finckenstein . . Ja Zühlke Nein Frau Finselberger . . Ja Gemein Ja Dr. Gille Ja Haasler Ja Dr. Keller Ja FDP Dr. Klötzer Ja Körner Ja Dr. Atzenroth Ja Kraft Ja Dr. Becker (Hersfeld) . . Ja Kunz (Schwalbach) . . Ja Dr. Blank (Oberhausen) . Ja Kutschera Ja Blücher Ja Meyer-Ronnenberg . . . Ja Dr. Bucher Ja Dr. Mocker Ja Dannemann Ja Dr. Oberländer . . . . Ja Dr. Dehler Ja Petersen Ja Dr.-Ing. Drechsel . . . . Ja Dr. Reichstein Ja Eberhard Ja Samwer Ja Euler Ja Seiboth Ja Fassbender Ja Dr. Sornik Ja Frau Friese-Korn . . . Ja Srock Ja Frühwald Ja Dr. Strosche Ja Gaul Ja Dr. Hammer Ja Hepp Ja Dr. Hoffmann Ja Frau Dr. Ilk Ja DP Dr. Jentzsch Ja Kühn (Bonn) Ja Becker (Hamburg) . . . Ja Lahr Ja Dr. Brühler Ja Lenz (Trossingen) . . . Ja Eickhoff Ja Dr. Dr. h. c. Prinz zu Lö- Dr. Elbrächter Ja wenstein Ja Hellwege Ja Dr. Maier (Stuttgart) . . Ja Matthes Ja von Manteuffel (Neuß) . Ja Dr. von Merkatz . . . . Ja Margulies Ja Müller (Wehdel) . . . . Ja Mauk Ja Dr. Schild (Düsseldorf) . Ja Dr. Mende Ja Schneider (Bremerhaven) Ja Dr.Middelhauve . . . Ja Dr. Schranz Ja Dr. Miessner krank Dr.-Ing. Seebohm . . . Ja Neumayer Ja Walter Ja Onnen Ja Wittenburg Ja Dr. Pfleiderer Ja Dr. Zimmermann . . . Ja Dr. Preiß Ja Dr. Preusker Ja Rademacher entschuld. Dr. Schäfer Ja Scheel Ja Fraktionslos Schloß Ja Dr. Schneider (Lollar) Ja Brockmann (Rinkerode) Ja Schwann Ja Rösing Ja Stahl Ja Stegner Ja Zusammenstellung der Abstimmung Abstimmung Abgegebene Stimmen 478 Davon : Ja 334 Nein 144 Stimmenthaltung . — Zusammen wie oben . . 478 Berliner Abgeordnete Name Abstimmung Name Abstimmung CDU/CSU Mattick Nein Neubauer Nein Dr. Friedensburg . . . . Ja Neumann Nein Dr. Krone Ja Dr. Schellenberg . . . . Nein Lemmer Ja Frau Schroeder (Berlin) . Nein Frau Dr. Maxsein . . . Ja Schröter (Wilmersdorf) . Nein Stingl Ja Frau Wolff (Berlin) Nein Dr. Tillmanns Ja FDP SPD Dr. Henn Ja Brandt (Berlin) . . . . Nein Hübner Ja Frau Heise Nein Frau Dr. Dr. h. c. Lüders Ja Klingelhöfer Nein Dr. Reif Ja Dr. Königswarter . . . Nein Dr. Will Ja Zusammenstellung der Abstimmung der Berliner Abgeordneten Abstimmung Abgegebene Stimmen . 22 Davon : Ja . . . . . . 11 Nein . . . . . . 11 Stimmenthaltung . — Zusammen wie oben . . 22
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    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
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    was ist denn in der Zwischenzeit — außer daß Sie hier versucht haben, das, was in dem Gesetz vom 29. Juli 1953 stand, in den § 7 dieser Vorlage hineinzubringen — von Ihnen getan worden, um den Willen des Parlaments zu respektieren, nämlich ein von ihm gewolltes Gesetz auch in Rechtskraft übergehen zu lassen? Offenbar nichts. Denn dadurch, daß die Bundesregierung ein in sich geschlossenes Gesetz, nämlich das vom 29. Juli 1953, nun als § 7 in ihrer Vorlage erscheinen läßt, wird es doch nicht verfassungsmäßig. Wo gibt es denn das, daß man etwas, was in einem besonderen Gesetz nicht verfassungsmäßig ist, dadurch verfassungsmäßig machen kann, daß man es in einen einzelnen Artikel — im übrigen zusammen mit Vorschriften über Beleidigungen im politischen Meinungsstreit und Wirtschaftsvergehen — hineinbringt. So geht es nicht. Herr Dr. Dehler hat damals schon recht gehabt, wenn er sagte:
    Ich bin der Meinung, daß der Ressortminister. der in diesem Konflikt mit dem Parlament steht, wenn der Konflikt nicht ausgetragen wird, die Konsequenzen ziehen und zurücktreten muß. Daß ich diese Konsequenzen auch gezogen hätte, dessen dürfen Sie gewiß sein.
    Das hat Herr Dr. Dehler gesagt. Nun, der Herr Bundeskanzler hat ihn dieser Verpflichtung, die Konsequenzen zu ziehen, auf andere Art und Weise enthoben.

    (Heiterkeit bei der SPD.)

    Aber ich möchte annehmen—ich glaube es sogar —, daß Herr Dr. Dehler die Konsequenzen gezogen hätte, wenn die Bundesregierung von ihm verlangt hätte, dieses Gesetz zu unterzeichnen.
    Aber nun habe ich nicht mehr die Möglichkeit, mich in dieser Frage an Herrn Dr. Dehler zu wenden, sondern ich muß Herrn Bundesjustizminister
    Neumayer fragen, ob er diese Ausführungen seines Parteifreundes und Fraktionsvorsitzenden Herrn Dr. Dehler für richtig hält, daß der Bundesjustizminister, der sich in einem solchen Konflikt nicht entschließen kann, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts herbeizuführen, zurücktreten muß, oder ob nicht unter Umständen die Regierung, wenn sie sich schlechthin weigert, ein vom Parlament beschlossenes Gesetz zu verkünden, die Konsequenzen ziehen muß. Es ist unerträglich, daß das Parlament behandelt wird, als hätte es nichts getan, als ginge es die Regierung einfach nichts an, was hier beschlossen worden ist. Die Entscheidung muß fallen, und sie wird nicht nur von uns verlangt. Ich habe Sie schon auf den Artikel von Herrn Sethe hingewiesen. Ich könnte sie noch auf eine Reihe anderer Bleichlautender Äußerungen hinweisen. Es muß etwas geschehen, damit dieser Zustand beseitigt wird. Wollen Sie, Herr Bundesjustizminister, mit der Verkündung des Gesetzes vom 29. Juli 1953 so lange warten, bis Sie Gewißheit darüber haben, ob diese Vorlage Gesetz wird? Wollen Sie auch so lange damit warten, bis Sie wissen, ob die Bestimmung des § 7, die in Wirklich-. keit dasselbe ist, was in. dem Gesetz vom 29. Juli 1953 enthalten ist, mit der Verfassung in Übereinstimmung zu bringen ist? Wir können uns nach dem Verhalten der Bundesregierung, das sicher durch die Einstellung des Justizministers Dr. Dehler im Jahre 1953 ausgelöst worden ist, mit der gegenwärtigen Regelung nicht einverstanden erklären.
    Wenn jetzt in der Erläuterung des § 7 auf gewisse Unstimmigkeiten hingewiesen wird, so hat das nichts damit zu tun, daß der Kern derselbe ist wie im Gesetz vom 29. Juli 1953 'und deswegen über die Verfassungsmäßigkeit einer solchen Amnestie nichts ausgesagt ist.
    Auf diese Frage hätte ich gern eine Antwort. Ich nehme an, daß der Herr Bundesminister der Justiz diese Ausführungen als Begründung zu unserer Großen Anfrage betrachtet.
    Ich komme noch zu einem andern Punkt. Die einzige Möglichkeit für eine Amnestierung sehen wir in § 9, Verschleierung des Personenstandes. Alle übrigen Bestimmungen halten wir für nicht vereinbar mit den von mir entwickelten Grundsätzen für eine Amnestie, und wir werden im Ausschuß unseren grundsätzlichen Standpunkt vertreten, daß eine solche Amnestie zur Zeit nicht möglich ist.
    Lassen Sie mich noch einige. Worte zu der Frage der Amnestierung nationalsozialistischer Straftaten sagen, auf die der Herr Bundesjustizminister im besonderen hingewiesen hat. Nun, ich glaube, daß wir diese Straftatbestände überhaupt nicht als eine besonders geeignete Begründung für ein Amnestiegesetz hinnehmen sollten. Die materiellrechtliche Seite, die hier zur Erörterung steht, wird die meisten Schwierigkeiten machen; denn praktisch — das habe ich Ihnen schon einmal gesagt — kann es sich bei der Amnestierung von Straftaten nationalsozialistischer Tendenz nicht um eine allgemeine, sondern nur um eine beschränkte Amnestie handeln. Schon nach der Vorlage soll die Amnestie begrenzt seins nämlich insoweit, als es sich um strafbare Handlungen aus der Zeit vom 1. Oktober 1944 bis zum 31. Juli 1945 handelt. Warum sind denn die strafbaren Handlungen, die in dieser Zeit begangen sind, besonders amnestiewürdig?
    Ich frage danach, weil gerade auf die Notwendigkeit der Amnestiewürdigkeit von der Bundesregie-


    (Dr. Greve)

    rung zweimal hingewiesen worden ist, und zwar einmal im Bulletin der Bundesregierung vom Herrn Bundesjustizminister selbst, das andere Mal von Herrn Ministerialdirektor Dr. Schafheutle, am 3. und am B. Dezember 1953. Dem Herrn Bundesminister der Justiz ist da allerdings etwas Peinliches passiert. Da schreibt er nämlich, daß man in den Bestimmungen hinsichtlich der Straftaten zur Beschaffung von Nachrichten keine Amnestie im eigentlichen Sinne erklicken könne, sondern nur eine Niederschlagung, eine „Absolution", die an sich zur Zuständigkeit der Länder gehöre. Ich nehme an, daß es sich urn „Abolition" handeln soll; denn so weit sind wir in Deutschland doch wohl noch nicht mit der Absolution, daß diese für strafbare Handlungen erteilt wird. Herr Bundesjustizminister, das ist Ihnen offenbar entgangen. Aber ich jedenfalls wollte mir die Gelegenheit heute nicht entgehen lassen, zu bemerken, daß zur Zeit in Deutschland Absolution für strafbare Handlungen noch nicht erteilt wird.
    Auch Herr Ministerialdirektor Schafheutle hat darauf hingewiesen -- das ist in diesem Rahmen besonders interessant —, daß die überwiegende Zahl der strafbaren Handlungen, die zur Zeit bei den entsprechenden Behörden in den Ländern in Bearbeitung sind, von der Amnestie überhaupt nicht erfaßt werden, sondern daß die strafbaren Handlungen allgemeiner Art in großer Zahl draußen bleiben. Das ist es ja gerade, was den unmöglichen Charakter dieses Gesetzes ausmacht.
    Ich wies vorhin schon darauf hin, daß der Entwurf durch die Amnestierung von strafbaren Handlungen gekennzeichnet wird, für die, im Grunde genommen, keine Amnestiewürdigkeit im eigentlichen Sinne gegeben ist, am wenigsten für die strafbaren Handlungen, die aus der Zeit des Nationalsozialismus stammen, für strafbare Handlungen, die in der von Ihnen in der Vorlage angegebenen Zeit gegen jedes Gesetz, ja gegen jedes Recht begangen worden sind. Ich bin der Auffassung, daß wohl in diesem oder jenem Falle Gnade vor Recht ergehen sollte. Darin unterscheiden wir uns eben, Herr Bundesjustizminister: In einzelnen Fällen kann man wohl Gnade vor Recht ergehen lassen; aber es sollte nicht schlechthin jeder, der in dieser Zeit etwas verbrochen hat und keine schwerere Strafe als Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu erwarten hat, amnestiert werden.
    Wir kennen doch auch die Möglichkeiten, die die Gerichte dann hinsichtlich der Erfassung des Strafrahmens haben. Ich möchte die Richter sehen, die dann noch weit über drei Jahre Freiheitsstrafe hinausgehen, um jemanden zu bestrafen, der es auch heute noch verdient. — Ich möchte den Richter sehen, der dann nicht in der Lage ist, innerhalb des Rahmens von drei Jahren Freiheitsstrafe alles das unterzubringen, was nach seiner Auffassung amnestiewürdig ist, und damit das zu tun, was das Bundesverfassungsgericht als Amnestie betrachtet, nämlich das Recht zu korrigieren. Dann wird hier etwas, was wir alle, glaube ich, heute noch als Unrecht, als Verbrechen im eigentlichen Sinne bezeichnen müssen, durch eine Amnestie „korrigiert". Aus dem, was Unrecht war und Unrecht bleibt, wird nachträglich Recht gemacht.
    Ich glaube, wir sollten uns hüten, derartige Bestimmungen allgemeiner Art in einem Amnestiegesetz ihren Niederschlag finden und so etwas straffrei zu lassen, was nichts anderes ist als Tötung
    und Mißhandlung von Kriegsgefangenen, von Angehörigen der Ostvölker, von Juden, Tötung von Soldaten und von Zivilpersonen, gesetzwidrige Standgerichte usw. Jedes Verfahren kurz vor dem Zusammenbruch würde damit hinsichtlich seines Unrechtsgehalts korrigiert, daraus würde auf dem Wege der Amnestie Recht.
    Nein, Herr Bundesjustizminister, diesen Weg gehen wir nicht mit Ihnen. Wir weigern uns, etwas Derartiges zu tun.
    Ich glaube auch nicht, daß wir es darauf abstellen könnten, ob der Täter eine gewissenlose Gesinnung gezeigt hat oder nicht. Die ,.gewissenlose Gesinnung" unterliegt dann auch nur der Beurteilung des Richters. Sie weigern sich doch sonst, meines Erachtens mit Recht, den Richtern Entscheidungen aufzubürden, die ihnen nicht zustehen. Hier würde dann in die Rechtspflege etwas hineingetragen, das nicht die Aufgabe der Rechtspflege, sondern die Aufgabe des Gesetzgebers ist.
    Ich glaube, daß jede Abschwächung des Unrechtsgehalts der Straftaten aus der Nazi-Zeit und damit auch die Verwässerung des Unrechtsgehalts des alle diese strafbaren Handlungen doch erst ermöglichenden nationalsozialistischen Staates eine sehr schlechte Sache wäre. Ich weiß, daß damit die Problematik vieler Verurteilungen, auch vieler falscher Verurteilungen nicht ohne weiteres zu lösen ist. Aber ist es denn unsere Aufgabe, jetzt die Möglichkeit für eine Amnestie in unwürdigen Fällen zu schaffen?
    Ich komme damit zum Schluß auf einen nicht unwesentlichen Punkt: die Frage der Verkehrsdelikte. Man hat sämtliche Verkehrsdelikte aus der Vorlage der Bundesregierung herausgelassen, als wenn jedes Verkehrsdelikt das Delikt eines Trunkenen am Steuer wäre. So ist es ja nun auch nicht, Herr Bundesjustizminister. Sie haben in der Begründung :u Ihrer Vorlage gesagt, die Verkehrsverhältnisse seien so, daß man die Verkehrsdelikte nicht amnestieren könne. Nun, ich gehe mit Ihnen durchaus einig, daß man die Verkehrsdelikte, die nicht amnestiewürdig sind, auch nicht amnestieren soll. Aber Sie haben als einzige Möglichkeit nach unserem Strafrechtssystem doch letztlich nur das Strafmaß, nach dem Sie die Amnestie ausrichten können. Entweder amnestieren Sie alle strafbaren Handlungen, wenn keine höhere Freiheitsstrafe als bis zu einem Monat, bis zu drei Monaten, bis zu sechs Monaten usw. zu erwarten ist, oder Sie amnestieren überhaupt nicht. Aber eine ganze Gruppe von Delikten aus irgendwelchen psychologisch nicht ganz zu erklärenden Gründen, nämlich die Verkehrssachen, herauszulassen, ist unmöglich. Ich weiß, welche Schwierigkeiten heute die Verkehrsdelikte für alle bereiten. Aber man kann doch jemanden, der falsch geparkt oder der rotes Licht überfahren hat, kriminell nicht schlechter ansehen und nicht schlechter behandeln als jemanden, der einen Diebstahl oder einen Betrug begangen hat. Meine verehrten Anwesenden, das geschieht aber hier, und dagegen wenden wir uns. Wir wünschen, daß das Problem der Verkehrsdelikte im Ausschuß sehr sorgfältig geprüft, vorher aber noch sorgfältiger im Bundesjustizministerium überdacht wird, damit uns geeignete Vorschläge gemacht werden können. Denn nicht jede junge Dame, die Lotte heißt, hat einen Vater, der Adenauer heißt.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD.)



    (Dr. Greve)

    Das sind doch auch unerträgliche Zustände, und ich glaube, daß das, was vor einigen Wochen im Spiegel abgedruckt worden ist, kein Ruhmesblatt für unsere Rechtspflege ist. Auch das sollten wir dabei bedenken, daß jede exzeptionelle Behandlung von einzelnen strafbaren Handlungen, ob nun auf dem Wege über eine Amnestie

    (Abg. Dr. Dehler: Das wissen Sie doch nicht, ob das exzeptionell war!)

    oder auf anderem Wege, rechtswidrig ist, Herr Kollege Dr. Dehler. Wir sind ja nicht dafür verantwortlich — —

    (Abg. Dr. Dehler: Sie behaupten das, ohne die Dinge zu kennen?)

    Aber dann muß man auch den Mut haben, für das geradezustehen, was man selbst tut, Herr Kollege Dr. Dehler. Wir wünschen das jedenfalls. Wir wünschen keine exzeptionelle Behandlung von einzelnen politischen Delikten, wir wünschen keine exzeptionelle Behandlung von einzelnen Straftatbeständen, wie es mit den Verkehrsdelikten geschieht. Wenn überhaupt eine Amnestie von der Mehrheit dieses Hauses gewünscht werden sollte, dann ist sie nach Auffassung meiner Fraktion allenfalls in der Form erträglich, wie die Kollegen aus dem Bayernlande — ich weiß nicht, ob es die Gruppe der CSU ist

    (Abg. Dr. Jaeger: Ja!)

    oder ob es die bayerischen Abgeordneten sind — sie beantragt haben. Das ist die einzig mögliche Konsequenz, die wir aus dem Willen zu einer Amnestie zu ziehen haben. Andere Möglichkeiten — wie sie uns von der Bundesregierung vorgelegt werden — sehen meine politischen Freunde und ich nicht. Wir wünschen grundsätzlich keine Amnestie, wenn aber eine Amnestie infolge einer Mehrheitsentscheidung in diesem Hause nicht zu vermeiden ist, dann allenfalls auf dem Wege und in dem Umfange, wie es uns die Fraktion der CSU hier vorgelegt hat.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich erteile das Wort dem Herrn Bundesjustizminister zur Beantwortung der Großen Anfrage.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Fritz Neumayer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich auf die Große Anfrage eingehe, möchte ich auf die Ausführungen des Herrn Kollegen Dr. Greve ganz kurz in zwei Punkten folgendes erwidern.
    Herr Kollege Greve beklagt sich darüber, daß die Verkehrsdelikte ausgenommen seien. Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen: soweit es sich um Übertretungen handelt, sind die Verkehrsdelikte von dem Entwurf genau so wie die übrigen Übertretungen erfaßt. Der Grund, Herr Kollege Greve, warum die Verkehrsdelikte nicht einbezogen worden sind, läßt sich doch aus dem, was ich vorhin mir vorzutragen erlaubte, ohne weiteres ableiten. Sie stehen eben nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit den Kriegs- und Nachkriegsverhältnissen. Gerade die Delikte, die infolge dieser Kriegs- und Nachkriegsverhältnisse begangen worden sind, sollen amnestiert werden. Das ist der Grundsatz und der Leitgedanke für die ganze Amnestie.

    (Abg. Dr. Greve: Vielleicht können Sie die Verkehrsdelikte beim politischen Meinungsstreit unterbringen, Herr Kollege Neumayer!)

    — Ich habe vorhin schon gesagt, Herr Kollege Greve: der Rechtsausschuß wird sich mit allen diesen Fragen befassen; er kann sich auch damit befassen.
    Nun etwas anderes. Die Darstellung, die Herr Kollege Greve von dem § 8 des Entwurfs gegeben hat, entspricht nicht dem Inhalt des Entwurfs. Herr Kollege Greve hat die Sache so dargestellt, als ob jeder, der in den damaligen turbulenten Zeiten die schwersten Delikte begangen hat, ohne weiteres unter die Amnestie falle. So ist das ja nicht. In § 8 wird ausdrücklich das Kriterium des Befehlsnotstandes herausgestellt, der Gewissenskonflikt, in dem sich jemand befunden hat. Ich glaube, es läßt sich rechtfertigen, daß heute, acht Jahre nach dem Zusammenbruch, für diese im Befehlsnotstand, in einem wirklichen Gewissenskonflikt begangenen Delikte eine Amnestie gewährt wird.

    (Abg. Arnholz: Und Kesselring ist dann Sachverständiger?)

    Hier soll keine Generalamnestie für alle Straftaten, die mit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zusammenhängen, vorgeschlagen werden. Auch sollen nicht solche Taten amnestiert werden, die als niederträchtige Verbrechen oder Vergehen Auswüchse eines erbarmungslosen und blindwütigen Terrors gewesen sind, sondern nur Taten, die aus einer ausweglosen Konfliktlage entstanden sind.

    (Abg. Dr. Greve: Wer soll das entscheiden?)

    — Über das Vorliegen eines Befehlsnotstandes zu entscheiden, Herr Kollege Greve, dazu sind ja die Gerichte da.

    (Abg. Dr. Greve: Wer soll heute, nach acht oder neun Jahren, entscheiden, ob damals ein Befehlsnotstand vorgelegen hat? Dann hat Herr Kollege Arnholz recht: Herr Kesselring wird darüber als Sachverständiger gehört!)

    — Herr Kollege Greve, Sie rufen ja bei allem das Gericht an. Ich weiß nicht, warum das Gericht nicht auch in solchen Fällen soll entscheiden können. Ich glaube, daß die Fragen, die von Ihnen vorgelegt werden, schwieriger sind. Haben Sie doch Vertrauen zu den Gerichten!

    (Abg. Dr. Greve: Die werden überfordert! — Weitere Zurufe von der SPD.)

    Es kommt noch folgendes hinzu. Einer der wesentlichsten Vorwürfe, die von der deutschen Öffentlichkeit gegen die Rechtsprechung der alliierten Militärgerichte erhoben werden, geht dahin, daß sie den genannten Konfliktlagen, in die deutsche Soldaten und Zivilpersonen während des Krieges geraten sind, kein Verständnis entgegengebracht haben. In langdauernden und schwierigen Verhandlungen ist es der Bundesregierung gelungen, die Alliierten schrittweise zu einer Bereinigung im Gnadenwege zu veranlassen. Ich glaube, auch im Hinblick auf diesen Gesichtspunkt erscheint es angebracht, daß nunmehr in den der deutschen Gerichtsbarkeit unterworfenen Fällen ebenfalls ein entscheidender Schritt gewagt und ein Schlußstrich unter die offensichtlich amnestiewürdigen Taten gezogen wird. Ich betone noch einmal: notwendig ist


    (Bundesjustizminister Neumayer)

    ein echter Konflikt, eine echte Konfliktslage. Nur wenn es infolge einer solchen Konfliktslage in den damaligen verworrenen Verhältnissen dem Täter besonders schwer gefallen ist, die rechtlich gebotene Entscheidung zu finden und entsprechend zu handeln, kann eine Amnestie eintreten.
    Ich darf nun die Stellungnahme der Bundesregierung zu der Großen Anfrage bekanntgeben. Gegen den Entwurf des Gesetzes über die Gewährung von Straffreiheit, den der 1. Deutsche Bundestag am 29. Juli 1953 beschlossen hat — es handelt sich um die sogenannte Platow-Amnestie —, waren verfassungsrechtliche Bedenken entstanden. Der Bundesminister der Justiz hatte schon während der parlamentarischen Behandlung der Gesetzesvorlage mit eindringlichem Ernst seine Auffassung dahin vorgetragen, daß er eine Überschreitung der Gesetzesbefugnisse des Bundes und wohl auch einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz der Verfassung für gegeben halte. Er hat sich deshalb als verantwortlicher Fachminister für nicht berechtigt gehalten, das Gesetz gegenzuzeichnen und an den Herrn Bundespräsidenten weiterzuleiten. Die jetzige Bundesregierung, die den Ernst der erhobenen Bedenken anerkennt, hat die Frage der Verkündung eingehend geprüft. Sie ist sich darüber klar, daß es eine verfassungsrechtliche Streitfrage ist, ob ein Minister die Befugnis hat, verfassungsmäßige Bedenken gegen einen Gesetzesbeschluß durch Verweigerung der Unterschrift und der Weiterleitung geltend zu machen.. Sie weiß auch, daß nur das Bundesverfassungsgericht diese Frage letzten Endes mit verbindlicher Wirkung entscheiden kann. Um unnötige Verzögerungen und etwaige Rechtsunsicherheiten zu vermeiden, hat die Bundesregierung deshalb nach einem für alle Teile annehmbaren Ausweg gesucht. Sie glaubt, einen solchen Ausweg gefunden zu haben, indem sie Ihnen heute dieses Straffreiheitsgesetz vorlegt. Mit Rücksicht auf die geschilderte Sachlage hat die Bundesregierung es für vertretbar gehalten, die Verkündung des Gesetzesbeschlusses vom 29. Juli 1953 einstweilen zurückzustellen.
    Die Ihnen vorgeschlagene Lösung hat folgendes Gesicht. In § 7 des neuen Amnestiegesetzentwurfs ist unter dem Stichwort „Nachrichtentätigkeit" eine Regelung vorgesehen, die den Grundgedanken der sogenannten Platow-Amnestie aufgenommen hat und ihn so verwirklichen will, daß verfassungsrechtliche Bedenken nicht bestehen. Die Regelung im einzelnen brauche ich nicht vorzutragen; ein Abdruck des Gesetzentwurfs befindet sich in Ihren Händen. Ich möchte nur darauf hinweisen, daß § 7 gegenüber dem früheren Gesetzentwurf insbesondere einen neuen und späteren Stichtag festgesetzt hat und den Rahmen des zu erfassenden Personenkreises ohne Rücksicht auf die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Berufszweig, lediglich nach der Art der begangenen Straftaten neu gesteckt hat. Dadurch wird erreicht, daß der Kreis der Begünstigten auf eine unbestimmte Zahl erweitert wird.
    Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß der Entwurf des Gesetzes in der nunmehr vorgelegten Form auch einer strengen verfassungsrechtlichen Prüfung standhalten wird. Sie bittet, ihr Bemühen um einen befriedigenden Ausgleich nicht zu verkennen. Wenn der Bundestag den neuen Entwurf eines Straffreiheitsgesetzes annimmt, ist der Gesetzesbeschluß vom 29. Juli 1953 in seinem Kerngehalt überholt und kaum noch für eine Verkündung geeignet. In diesem Falle wird noch zu erwägen sein, ob es nicht geboten oder doch zweckmäßig ist, den früheren Gesetzesbeschluß in dem neuen Amnestiegesetz durch eine besondere Bestimmung formell aufzuheben. Sollte aber der Bundestag der neuen Gesetzesvorlage seine Zustimmung versagen, dann würde die Bundesregierung gezwungen sein, in eine erneute Prüfung der verfassungsrechtlichen Erfordernisse einzutreten. Ich darf Ihnen hiermit die Versicherung abgeben, daß in diesem Fall die Prüfung unverzüglich erfolgen wird.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)