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ID0121105500

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    7. Atzenroth.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 211. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Mai 1952 9255 211. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 14. Mai 1952 Geschäftliche Mitteilungen . . . . 9256B, 9262C Eintritt des Abg. Moosdorf in den Bundestag 9256C Begrüßung des Abg. Bazille nach seiner Genesung 9256C Austritt des Abg. Wittmann aus der Fraktion der DP/DPB 9256C Einspruch des Abg. Loritz gegen den ihm in der 210. Sitzung erteilten Ordnungsruf (Umdruck Nr. 520) 9256C, 9258B Beschlußfassung 9258C Ausscheiden des Abg. Dr. Schäfer aus der deutschen Delegation zur Beratenden Versammlung des Europarats und Zuwahl des Abg. Dr. Freiherrn von Rechenberg 9256D, 9262C Beschlußfassung des Deutschen Bundesrats zum Gesetz zur Änderung des Zollgesetzes und der Verbrauchsteuergesetze 9256D Gesetz über die Aufhebung einiger Polizeiverordnungen auf dem Gebiet des Verkehrs mit Arzneimitteln 9256D Gesetz über die Inanspruchnahme eines Teils der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer durch den Bund im Rechnungsjahr 1952 9257A Bericht des Bundesministers der Justiz über die Angelegenheit des tschechoslowakischen Staatsangehörigen Frantisek Kroupa (Nr. 3368 der Drucksachen) 9257A Bericht des Bundeskanzlers über den Ausbau der Bundesstraßen 51 und 54 (Nr. 3357 der Drucksachen) 9257A Bericht des Bundeskanzlers über das Freiburger Flugplatzprojekt (Nr. 3358 der Drucksachen) 9257A Zwischenbericht des Bundeskanzlers über die Tätigkeit von Deutschen bei den Besatzungsmächten (Nr. 3359 der Drucksachen) 9257A Ergänzende Stellungnahme des Bundesministers für Arbeit zur Anfrage Nr. 231 der Fraktion der SPD betr. Möglichkeiten der Einberufung einer europäischen Regionalkonferenz der Internationalen Arbeitsorganisation (Nrn. 2826, 2895, 3046, 3366 der Drucksachen) 9257A Kleine Anfrage Nr. 260 der Fraktion der CDU/CSU betr. Maßnahmen gegen Besatzungsnotstände in Bad Oeynhausen (Nrn. 3299, 3367 der Drucksachen) . . . . 9257B Kleine Anfrage Nr. 263 der Abg. Dr. Dr. Nöll von der Nahmer u. Gen. betr. Wertpapierbereinigung (Nrn. 3309, 3361 der Drucksachen) 9257B Zur Tagesordnung 9257B Antrag der Gruppe der KPD auf Aufsetzung eines Antrags auf Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses betr. Überprüfung der Vorgänge in Essen am 11. Mai 1952 auf die Tagesordnung . 9257C Renner (KPD) 9257C Unterbrechung der Sitzung . . . 9258B Widerspruch gegen Aufsetzung 9258B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Aufnahme eines Kredits durch den Bund im Rahmen der von den Vereinigten Staaten gewährten Wirtschaftshilfe (Nr. 3333 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) (Nr. 3345 der Drucksachen) 9258C Dr. Semler (CSU), Berichterstatter . 9258C Wehner (SPD) ' 9259C Abstimmungen 9259C, 9260A Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über die einstweilige Gewährung einer Teuerungszulage zur Abgeltung von Preiserhöhungen bei Grundnahrungsmitteln (Teuerungszulagengesetz) (Teuerungszulagenänderungsgesetz — TZAndG —) (Nr. 3217 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik (21. Ausschuß) (Nr. 3337 der Drucksachen) 9260A Meyer (Hagen) (SPD), Berichterstatter 9260B Abstimmungen 9261B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Änderung der Gemeinsamen Geschäftsordnung des Bundestages und des Bundesrates für den Ausschuß nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) (Nr. 3354 der Drucksachen) 9261C Ritzel (SPD), Berichterstatter . . . 9261C Beschlußfassung 9262B Unterbrechung der Sitzung . . . 9262C Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über einen Allgemeinen Lastenausgleich (Nr. 1800, z u 1800, 3300, z u 3300 der Drucksachen, Umdruck Nr. 490); Zusammenstellung der Beschlüsse in zweiter Beratung (Umdruck Nr. 515; Änderungsanträge Umdrucke Nrn. 516 bis 519, 521 bis 534) 9262D Zur Geschäftsordnung: Schütz (CSU) 9262D Unterbrechungen der Sitzung . . 9262D Allgemeine Beratung: Ollenhauer (SPD) 9263A Kriedemann (SPD) 9265D, 9292B Kunze (SPD) 9269A Schütz (CSU) .9271B Dr. Kather (CDU) 9273D Dr. Keller (Fraktionslos) 9275D Rische (KPD) 9277C Dr. Atzenroth (FDP) 9280A Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) 9281A Dr. Lukaschek, Bundesminister für Vertriebene 9283A von Thadden (Fraktionslos) 9284C Dr. Reismann (FU) 9285D Loritz (Fraktionslos) 9288C Farke (DP) 9290B Dr. Ott (DP-Gast) 9291B Weiterberatung vertagt 9292C Ausschluß des Abg. Renner für 20 Sitzungstage 9292C Nächste Sitzung 9292D Die Sitzung wird um 9 Uhr 5 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Friedrich Rische


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die kommunistische Bundestagsfraktion

    (Zurufe von der Mitte: Gruppe!)

    stellt an die Spitze ihrer Stellungnahme zu diesem Lastenausgleichsgesetz das klare Bekenntnis zu einem politisch und sozial gerechten Lastenausgleich. Die Opfer des zweiten Weltkrieges, des Zusammenbruchs und der unsozialen Währungsreform

    (Abg. Mayer [Stuttgart]: Und des russischen Terrors!)

    müssen ausschließlich auf Kosten der Schuldigen des zweiten Weltkriegs, der Kriegs- und Währungsgewinnler gerecht entschädigt werden.

    (Sehr gut! bei der KPD.)

    Selbst bei der wohlwollendsten Betrachtung ist dieser sogenannte Lastenausgleich nicht geeignet, die Hoffnungen der Geschädigten auch nur annähernd zu befriedigen.

    (Sehr richtig! bei der KPD. — Abg. Mayer [Stuttgart]: Woher weißt du?)

    Im Gegenteil, dieses Gesetz ist nichts anderes als ein großangelegter Versuch, den Massen ein großes soziales Werk vorzutäuschen, um damit ihre Zustimmung zu der verderblichen Politik der Wiederaufrüstung und des Krieges zu erkaufen.

    (Sehr richtig! bei der KPD. — Abg. Mayer [Stuttgart] : Da haben wir ja die Platte wieder!)

    Sieben Jahre lang haben Millionen von Menschen vergeblich auf die Einlösung eines Versprechens gewartet. Am Tage der Währungsreform wurde das Versprechen eines sozialen Lastenausgleichs sogar in verbindlicher Form gegeben und seine Einlösung spätestens bis zum 31. Dezember 1948 in Aussicht gestellt. Vier Jahre lang wurden seitdem Sitzungen abgehalten, wurden Paragraphen gedrechselt und Aktenstöße gewendet. Aber es geschah nichts.
    Es ist bezeichnend, daß diese Lastenausgleichsdebatte ausgerechnet zu dem Zeitpunkt aufgezogen wurde, in dem Adenauer hinter dem Rücken dieses Bundestags im forcierten Eiltempo die letzten Vorbereitungen für die Unterzeichnung eines Vertrages trifft. der für unser deutsches Volk eine Entscheidung im Sinne ungeheuerlicher wirtschaft-


    (Rische)

    licher und politischer Tribute, eine Entscheidung über Leben und Tod bedeuten würde.

    (Abg. Mayer [Stuttgart] : Sie haben das falsche Manuskript erwischt!)

    Es erfüllt uns mit großer Sorge, daß dieses Gesetz
    im Zeichen des Generalvertrags und, wie es in der
    Regierungserklärung des Herrn Vizekanzlers
    Blücher heißt, der unmittelbaren militärischen
    Ziele der Regierungspolitik steht. Wir stellen darum fest, daß bei der in Bonn betriebenen Politik
    der Aufrüstung und Kriegsreifmachung jede
    Sozialpolitik über kurz oder lang unmöglich wird.

    (Sehr richtig! bei der KPD.)

    Die Lasten und die Folgen des zweiten Weltkriegs können nicht behoben werden, wenn im Zeichen des Generalvertrags der großen Masse der Bevölkerung unerhörte neue Lasten zur Vorbereitung des dritten Weltkrieges aufgebürdet werden. Der Generalvertrag wird in seinen finanziellen und finanzpolitischen Verpflichtungen dem ganzen deutschen Volke neue Milliardentribute auferlegen und das wirtschaftliche und soziale Geschehen rücksichtslos verändern. Alle gemachten Vorschläge, jede ernstgemeinte Politik der sozialen Sicherung unseres Volkes muß im Zeichen des Generalkriegsvertrags und seiner Auswirkungen letztlich unmöglich werden.
    Flüchtlingsminister Dr. Lukaschek hat die Konsequenzen der Bonner Politik und somit auch dieses Gesetzes am Montagabend in Köln in einer eindeutigen Weise erläutert. Er forderte die Flüchtlinge auf, heute wieder bereit zu sein, Deutschland vor den slawischen Völkern zu schützen,

    (Hört! Hört! bei der KPD)

    so wie es die deutschen Landsmannschaften 700 Jahre hindurch mit Erfolg getan hätten.

    (Hört! Hört! bei der KPD.)

    Er fügte hinzu, die Flüchtlinge sollten ihre Verteidigungsbereitschaft und ihren Pioniergeist einsetzen.

    (Hört! Hört! bei der KPD. — Gegenrufe von der Mitte.)

    Das ist die neueste regierungsamtliche Erläuterung der von Hallstein bereits formulierten Eroberungspolitik bis zum Ural.

    (Sehr wahr! bei der KPD.)

    Das ist eine erneute offene Aufforderung zum Revanchekrieg. Wir sagen ganz klar: wer den Revanchekrieg predigt, Aufrüstungsmaßnahmen empfiehlt oder durchführt, kann keinen Ausgleich. der Lasten des letzten Krieges schaffen, sondern nur neue Lasten für den neuen Krieg.

    (Sehr wahr! bei der KPD. — Zuruf von der Mitte: Siehe Rußland!)

    Das zeigen schon Geist und Buchstabe des Gesetzes selbst. Es ist eindeutig darauf gerichtet, die wirklich Besitzenden, die Aktienbesitzer, die Kriegs- und Währungsgewinnler zu schonen. Fast zur Hälfte stammt das echte Aufkommen aus der öffentlichen Hand.

    (Zuruf von der Mitte: Na, na!)

    Was man jedoch der öffentlichen Hand nimmt, muß sich in Form neuer Belastungen in den Gemeinden, Kreisen und Städten zuungunsten der sozial Schwachen und somit der Masse der Geschädigten auswirken.
    Dagegen ist die Belastung für die Großbesitzer bei diesem Gesetz viel niedriger als beim Soforthilfegesetz. Während die große Masse der Geschädigten mit geringen Almosen abgespeist wird, erhalten ca. 12 000 große Vermögensbesitzer, darunter die Besitzer von Vermögenswerten der oberschlesischen Schwerindustrie, weit über 400 Millionen DM aus diesem Lastenausgleichsfonds. Ich möchte für diese Feststellung die „Frankfurter Rundschau", eine angesehene bürgerliche Zeitung, zitieren:

    (Lachen in der Mitte und Zuruf: Bürgerliche Zeitung?)

    Wer kein Vermögen an Geld, Wertpapieren oder Grundbesitz besaß, bekommt nichts, auch wenn er durch den Krieg Wohnsitz oder Existenz verlor, die früher ihn und seine Familie ernährten. Eine klägliche Hausratentschädigung ist der einzige, wenn auch kümmerliche soziale Lichtblick im herzlosen Dunkel der materiellen Quote.
    Damit ist der unsoziale Geist dieses Gesetzes am besten charakterisiert.
    Die kommunistische Bundestagsfraktion steht ausdrücklich zu ihren in der zweiten Lesung eingebrachten Anträgen.

    (Zuruf rechts: Sie sind ja gar keine Fraktion!)

    Unsere Forderungen entsprechen den Wünschen
    der Geschädigten wie auch den berechtigten Sorgen
    der großen Masse der durch dieses Gesetz zu belastenden kleinen Besitzer. Ich möchte hier eindeutig erklären, daß die von uns aufgestellte Belastungshöchstgrenze von 40 000 DM im Hinblick
    auf die gesamte Belastungspolitik gerechtfertigt ist.

    (Sehr richtig! bei der KPD.)

    Die Vermögensheranziehung, gestaffelt nach den Gesichtspunkten der stärkeren Belastung des großen Besitzes, ist die einzige sozial vertretbare Konsequenz überhaupt.

    (Sehr richtig! bei der KPD.)

    Das vorliegende Gesetz belastet jedoch die kleinen Besitzer, die Eigentümer von Siedlungshäusern, darunter Bergarbeiter, ferner Handwerksbetriebe, Winzer und Bauern mit ihren Grundstücken, also Menschen, die im Zeichen der Kriegsvorbereitungen unter der Last der Steuern, Abgaben und Zölle bereits sehr schwer stöhnen, während durch die Investitionspolitik die Urheber des zweiten und die Vorbereiter des dritten Weltkrieges ausdrücklich mit Milliardenbeträgen belohnt werden.
    Man hat im Verlauf der Debatte unsere Vorschläge und unsere guten Argumente durch Hinweise auf die Lösung des Flüchtlingsproblems in der Deutschen Demokratischen Republik

    (Zuruf von der Mitte: Aha!)

    zu entkräften versucht. In der Deutschen Demokratischen Republik wurden allein 95 000 Flüchtlinge und insgesamt 500 000 sonstige landlose Menschen mit Grund und Boden versorgt.

    (Zuruf von der Mitte: Und hinterher in die Gefängnisse gesteckt!)

    Eine Reihe von Gesetzen der Regierung sieht darüber hinaus die politische und soziale Gleichstellung der Ausgesiedelten mit allen Bürgern vor. Diese Gleichstellung ist heute — nach einigen Schwierigkeiten der Nachkriegszeit — vollends erreicht.

    (Abg. Pelster: Sie sind jetzt alle rechtlos!)

    Ja, es ist heute so, daß die Menschen der Deutschen Demokratischen Republik ihren Grund und Boden, ihre erworbene Gleichstellung, ihren individuellen und ihren volkseigenen Besitz gegen alle


    (Rische)

    Angriffe, woher sie auch kommen mögen, mit Entschlossenheit verteidigen werden.

    (Sehr wahr! bei der KPD.)

    Die stärksten Stützen der demokratischen Ordnung sowie der politischen und sozialen Gesetzlichkeit sind die ehemaligen Flüchtlinge, Bauern und Arbeiter, die sich gegen die Expansionsbestrebungen reaktionärer militaristischer Kreise der Bundesrepublik und gegen jeden Anschlag auf ihre errungene soziale Ordnung mit a 11 e n Mitteln zur Wehr setzen werden. Niemand sollte sich darum wundern, wenn das Volk in der Deutschen Demokratischen Republik die notwendigen Maßnahmen zur Verteidigung der demokratischen Ordnung ergreift.

    (Sehr gut! bei der KPD.)

    Es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß die besten Voraussetzungen für einen sozial gerechten Ausgleich aller Schäden in einem friedlichen, wiedervereinigten demokratischen Deutschland gegeben sind.

    (Abg. Dr. Reif: Sehr richtig!)

    Wir sagen ganz klar, daß die Geburtsurkunde eines wirklichen Lastenausgleichs die Urkunde über einen gerechten Frieden für unser ganzes Volk in Ost- und Westdeutschland sein würde.

    (Sehr gut! bei der KPD. — Abg. Dr. Reif: Da seid ihr aber nicht beteiligt!)

    Gerade in dieser Stunde müssen darum alle Versuche unternommen werden, über die Durchführung freier Wahlen zu einer deutschen Nationalversammlung

    (Zuruf von der Mitte: Sie wollen ja keine freien Wahlen!)

    eine deutsche Regierung als Vertragskontrahenten zu schaffen. Wenn man ernstlich will, gibt es überhaupt keine Schwierigkeit, dies morgen schon zu verwirklichen; dazu bedarf es keines umständlichen Notenkrieges. Die Konsequenz bleibt aber auch: der Generalvertrag darf nicht unterzeichnet werden! Wir Kommunisten freuen uns ehrlich auf den Tag, an dem wir in einem friedlichen wiedervereinigten Deutschland nach Abschluß eines gerechten Friedensvertrages mit allen demokratischen Kräften unseres Volkes ein großzügiges Programm des Wiederaufbaus durchführen können. Im Rahmen eines friedlichen Wiederaufbaus, im Rahmen eines ungehinderten Einsatzes unserer friedlichen Wirtschaftskräfte im Export sowie im innerdeutschen Handel ergeben sich alle Möglichkeiten, um unsere Industrie auf volle Touren zu bringen. Statt Stahl für Panzer

    (Abg. Pelster: Ja, machen Sie das bloß in der Ostzone!)

    den Friedensstahl für den sozialen Wohnungsbau, um den Wiederaufbau unserer Städte und Kulturstätten in Angriff zu nehmen! Dieses Deutschland wird blühen, wird fruchtbare Acker und blühende Gemeinwesen haben

    (Lachen und Zurufe)

    und damit zu gleicher Zeit die gesündeste Grundlage abgeben für soziale Sicherheit, für die Eingliederung der Opfer des zweiten Weltkrieges in ein gesundes, soziales und demokratisches Staatswesen.
    Uns hat es auch sehr befremdet, daß die sozialdemokratische Fraktion im Rahmen der Debatte über dieses Gesetz in vielen kleinen und großen Fragen, die sich ergaben, dieses große gemeinsame Grundprinzip aller kleinen Leute und aller wahrhaften Deutschen nicht konsequent zum Ausdruck brachte.

    (Abg. Mayer [Stuttgart] : Hören Sie zu, Herr Mellies!)

    Jegliche Tolerierung der von Bonn aus betriebenen verderblichen Politik muß sich verderblich auch auf die deutsche Sozialdemokratie auswirken.

    (Abg. Dr. Reif: Soll das eine Drohung sein?)

    Dies gilt sowohl für das Lastenausgleichsgesetz als auch für das angedrohte Wahl-, Parteien- und Versammlungsgesetz, ganz zu schweigen von dem Betriebsverfassungsgesetz,

    (Abg. Pelster: Das kennen Sie ja gar nicht!) das auf den kampfentschlossenen Willen der Arbeiterschaft stößt. Die deutsche Sozialdemokratie steht an einem geschichtlichen Wendepunkt.


    (Lachen und Zurufe.)

    Sie muß sich heute in den kleinen wie in den großen Schicksalsfragen

    (Abg. Mayer [Stuttgart]: Herr Mellies!) eindeutig bekennen gegen Bonn, gegen Adenauer, aber kämpfen für Deutschland und für den Frieden.


    (Abg. Ehren: Mit euch zusammen!)

    Geredet, möchte ich sagen, ist auf seiten der Sozialdemokratie heute genug. Die Mitglieder der Sozialdemokratie und die Mitglieder der Gewerkschaften verlangen aber von dieser Sozialdemokratischen Partei entscheidende Taten.

    (Abg. Mayer [Stuttgart] : Die hören noch nicht mal hin! — Heiterkeit.)

    Man hat von seiten der Regierungskoalition gesagt, man beabsichtige, dieses Gesetz später durch Novellen zu verbessern. Wir erklären schon heute, daß mit der Unterzeichnung des Generalkriegsvertrages diese hier geöffnete Tür nichts anderes bedeutet, als die kläglichen Bestimmungen auch dieses Gesetzes im gegebenen Zeitpunkt noch weiter zu verschlechtern.
    Die kommunistische Fraktion sieht sich darum nicht in der Lage, die Verantwortung für ein solches Gesetzgebungswerk zu übernehmen. Wir lehnen dieses Gesetz ab,

    (Zuruf rechts: Das ist aber neu!)

    werden aber, soweit es sich um einzelne positive Bestimmungen handelt, diese mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln mit der Masse der Geschädigten gegen unweigerlich kommende Angriffe verteidigen.

    (Zuruf von der Mitte: Da ist nichts mehr zu verteidigen! Papierkorb!)

    Wir sagen aber allen klipp und klar: der gerechteste Lastenausgleich

    (Zuruf rechts: Das ist der Kommunismus!)

    ist der Friedensvertrag. Die gesündeste Grundlage
    für soziale Gleichstellung und sozialen Wohlstand
    ist ein friedliches, wiedervereinigtes Deutschland.

    (Beifall bei der KPD. — Abg. Mayer [Stuttgart]: Was habt ihr denn in der Ostzone gemacht?)

    Ein gerechter Lastenausgleich — jawohl, aber Sicherung durch einen Friedensvertrag in einem wiedervereinigten demokratischen 'Deutschland.

    (Beifall bei der KPD. — Zuruf von der Mitte: Unter kommunistischer Führung!)

    — Warum denn unter kommunistischer Führung? Machen Sie doch mit!



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Atzenroth.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Karl Atzenroth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine Damen und Herren! Da ich das Pech habe, gerade an dieser Stelle auf der Rednerliste zu stehen, ist es meine Aufgabe, zu versuchen, die Debatte wieder in eine sachliche Form zu bringen.

    (Abg. Rische: Es war sachlich genug!)

    Gerade dieses Gesetz, das so große Opfer fordert

    (Zuruf von der SPD: Von den Geschädigtengruppen!)

    und entsprechend große Hilfen bringen soll, hätte von Anfang an nur mit rein sachlichen Argumenten behandelt werden dürfen. Denn es steht unter der Tragik, daß jede Lösung der Aufgabe, einen Lastenausgleich zu schaffen, als weitgehend unbefriedigend empfunden wird. Bei einem solchen Gesetz ist es leicht, Dinge herauszuzerren, an denen sich propagandistische Angriffe aufhängen lassen. Ich bedauere es daher außerordentlich, daß der Herr Kollege Ollenhauer in seiner Rede den Anfang zu solchem Verfahren gemacht hat.
    Wir haben im Ausschuß sachlich miteinander verhandelt und dabei auch viele Kompromisse gefunden. Daß wir in bestimmten Fällen nicht einig werden konnten, liegt an der grundsätzlichen Verschiedenheit unserer Auffassung. Wir wollten eine gerechte Lösung dieser uns gestellten Aufgabe unter Berücksichtigung der erlittenen Schäden. Sie haben von Anfang an erklärt, man dürfe nicht zurückblicken, sondern müsse sich damit begnügen, die vorhandenen sozialen Mängel und Schäden zu beseitigen. Wenn aber Herr Ollenhauer jetzt plötzlich erklärt, seine Fraktion habe so ungefähr allein das Interesse der Flüchtlinge vertreten, so übersteigt das doch schon das Maß des Erträglichen.

    (Sehr gut! bei der FDP. — Zuruf links.)

    Wir haben in ehrlichem Bemühen, unserem Volke zu helfen, diese Aufgabe angepackt und sind in der Belastung des erhalten gebliebenen Vermögens bis an die äußerste Grenze gegangen. Diese Tatsache ist zwar bestritten worden, sie wird aber leider schon in kurzer Zeit an manchen Stellen of fen-kundig werden. Wenn aus dem deutschen Volksvermogen zur gleichen Zeit Milliardenleistungen für Besatzungskosten und soziale Aufgaben, Investitionshilfe usw. erbracht werden, so ist das nur unter schärfster Anziehung der Steuerschraube möglich. Kommen dazu noch jährlich fast 2 Milliarden Abgabe für den Lastenausgleich, so ist damit in vielen Fällen die Grenze des Tragbaren bereits überschritten. Die bisherigen Leistungen konnten überhaupt nur dadurch erbracht werden, daß unsere Wirtschaftspolitik diese Erfolge aufgewiesen hat. Hinzu kommt, daß es auch in der Binnenwirtschaft eine Art von Transferproblem gibt, und niemand von uns kann heute schon voraussehen, welche Wirkungen sich aus dieser gewaltigen Eigentumsübertragung — der Vertreter des BHE hat das zwar bestritten, es handelt sich aber tatsächlich um eine gewaltige Eigentumsübertragung — für unsere Volkswirtschaft und für unser nationales Arbeits- und Sozialsystem ergeben werden.
    Die Vermögensabgabe, die hier vorgesehen ist, ist insbesondere bei dem ertraglosen Hausbesitz schon über das erträgliche Maß hinaus gesteigert worden. Die Vorwürfe, daß die Abgabesätze zu niedrig seien, entkräften sich selbst durch die Tatsache, daß in Grenzfällen den Abgabepflichtigen nur noch 40 % ihres Vermögens verbleiben, während die Empfangsberechtigten nach dem jetzigen Entwurf — ebenfalls in Grenzfällen natürlich — Entschädigung bis zur Höhe von 75 % erhalten. Der Ausgleich der Lasten ist hier also fast schon übersteigert.
    Diese Abgabe vom erhalten gebliebenen Vermögen war ja ursprünglich dazu bestimmt, einen Ausgleich für verlorenes Vermögen zu schaffen. Nach der jetzigen Fassung des Gesetzes wird aber ein erheblicher Teil der aus dem Vermögen kommenden Mittel als Hilfe für Bedürftige verwandt, also in den sozialen Teil der Leistungen geleitet. Wir haben diese Regelung von Anfang an unterstützt, und zwar nicht erst nach heftigen Auseinandersetzungen, Herr Kriedemann, wie Sie behauptet haben.
    Wir nehmen daraus aber die Berechtigung zu unserer Forderung, daß zusätzlich auch Mittel aus der öffentlichen nand gegeben werden. Die Linderung von Not, wie sie aus dem verlorenen Krieg entstanden ist, ist Aufgabe des gesamten Volkes, also der Gesamtheit der Steuerzahler, die sich in der öffentlichen Hand zusammenfinden. Die soziale Staffelung ist hierbei durch unser sehr progressives Steuersystem eingebaut. Auch die Heranziehung der Vermögensteuer zum Lastenausgleich ist aus dem Gedanken einer breiteren Streuung des Kreises der Abgabepflichtigen entstanden. Auch die nächste Generation, die in dem jetzt vor uns liegenden Menschenalter zu Vermögen kommt, soll ihren Anteil an der Gesamtlast mittragen.
    Ein Wort noch zur Währungsgewinnabgabe. Es wird beanstandet, daß die sogenannten Währungsgewinne nicht restlos erfaßt werden. Hier liegt nach unserer Meinung ein Versäumnis bei der Währungsreform vor. Was damals voll und ganz zur Verfügung gestanden hätte, wäre heute nur noch unter schweren volkswirtschaftlichen Erschütterungen erfaßbar. Übrigens wird die Hypothekengewinnabgabe in Anlehnung an die Regelung der Umstellungsgrundschulden immer in eine enge Verbindung mit dem Wohnungsbau gebracht, meiner Ansicht nach zu Unrecht. Bei dieser Abgabe handelt es sich um eine sehr harte Maßnahme gegen die Gläubiger, nicht etwa gegen die Hypothekenschuldner. Man sollt vielmehr auf die enge Verbindung dieser Abgabe mit dem Altsparerproblem hinweisen, und wir haben die feste Absicht, uns dieses Problems mit aller Entschlossenheit anzunehmen.
    Wenn unsere Ansichten über den Umfang der Mittel, die für die Wohnraumhilfe eingesetzt werden sollen, auseinandergehen, so darf ich noch darauf hinweisen, daß auch von der Wirtschaft in erheblichem Umfang Wohnraum für Geschädigte geschaffen worden ist. Diese Hilfe sollte man in jeder Weise weiterfördern und stützen.
    Wir alle, die wir eine quotale Entschädigung, also die Hauptentschädigung, begrüßen, bedauern es, daß für diesen wichtigen Zweck gerade in den ersten Jahren so geringe Mittel zur Verfügung stehen. Deshalb drängt sich die Frage auf, ob nicht ein Teil der für Förderungsmaßnahmen vorgesehenen Beträge für eine echte Eingliederung verwendet werden sollte. Wir werden vor allem alle Maßnahmen unterstützen, die dazu dienen, Mittel durch eine Vorfinanzierung zu beschaffen. Im übrigen aber werden wir in der dritten Lesung jeden der Anträge, die uns hier vorgelegt werden, ehrlich prüfen. Wir werden überprüfen, ob wir diesen Gedankengängen zustimmen können.

    (Abg. Seuffert: Also!)



    (Dr. Atzenroth)

    — Wir haben nicht die Absicht, Herr Kollege Seuffert — wie uns einmal bei einer Gelegenheit vorgeworfen worden ist —, rücksichtslos alle Anträge der Opposition mit Mehrheit niederzustimmen. Wir haben nur dann von unserer Mehrheit Gebrauch gemacht, wenn wir uns von den Argumenten, die uns vorgetragen worden sind, nicht haben überzeugen lassen können. Dann werden Sie uns das Recht, von der Mehrheit Gebrauch zu machen, nicht streitig machen können.
    Der Lastenausgleich muß jetzt endlich Wirklichkeit werden, selbst wenn wir noch einzelne Mängel an diesem Gesetz feststellen. Wir werden diesem Gesetz auf jeden Fall zustimmen. Deswegen rufe ich dem Bundestag zu: Fangen wir an!

    (Lachen bei der SPD und bei der KPD. — Abg. Seuffert: Hören wir auf!)