Rede von
Hermann
Ehren
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Anfrage behandelt ein Problem, an dessen Lösung Millionen von Menschen in Deutschland interessiert sind. Ich gehe noch weiter und sage: Die gesamten deutschen Standes- und Kulturorganisationen und -verbände ohne Unterschied ihrer konfessionellen und politischen Einstellung verlangen vom Bundestag, daß er auf diesem Gebiete eine neue Rechtsordnung schafft. Der Herr Berichterstatter hat uns mit dem Kern des Problems bekanntgemacht. Zu der Anfrage hat eine Anzahl von Komponisten den Mitgliedern des Hauses ein Memorandum überreicht. Dort heißt es an einer Stelle:
Zwar gibt uns deutschen Komponisten das Gesetz Rechtsschutz, aber die Verwirklichung unserer Ansprüche stößt in der Öffentlichkeit bedauerlicherweise teilweise auf Schwierigkeiten.
Dazu möchte ich folgendes ausführen.
Jeder Arbeiter ist seines Lohnes wert. Ich billige den deutschen Komponisten — und das spreche ich im Auftrage meiner Fraktion aus — ein Anrecht auf eine gerechte Vergütung ihrer künstlerischen Betätigung zu. Aber so, wie es heute praktiziert wird, geht es einfach nicht.
Nur ein Beispiel. Die Ostvertriebenen in Bottrop veranstalteten im vorigen Sommer ein Kinderfest für ihre Mitglieder. Es waren nur Mitglieder zugelassen. Eintritt wurde nicht erhoben. Die Stadtverwaltung hat angesichts des guten Zweckes die Vergnügungssteuer erlassen. Eine kleine Hauskapelle spielte zur Unterhaltung. Nach acht Tagen bekomme ich als Vorsitzender eine Rechnung von der GEMA über — ich will mich nicht ganz festlegen, glaube aber: 32 DM. Es ist sogar so, daß bei einzelnen Veranstaltungen nicht nur der Verein eine Rechnung bekommt, sondern wir haben Beweise dafür, daß die Kapelle eine Rechnung bekommt, daß der Wirt eine Rechnung bekommt, daß also drei oder mehr Parteien Rechnungen für eine einzige Veranstaltung zugesandt werden.
Meine sehr verehrten Anwesenden, so geht es einfach nicht! Das muß mit aller Deutlichkeit ausgesprochen werden.
Der Herr Minister hat uns einige Vorschläge gemacht. Er hat uns gesagt, daß demnächst ein Gesetz zur Herstellung oder zur Wahrung des Urheberrechtes eingebracht werden soll. Wir begrüßen das außerordentlich. Vielleicht kann ich heute schon ein paar Vorschläge für die Gestaltung oder für die Wahrung dieses Urheberrechtes machen. Der Komponist soll, wenn er ein Werk in Noten setzt, von dem Musikverlag sein Honorar erhalten, und er erhält es auch.
Jeder Musiker, der diese Noten erwirbt, zahlt dadurch einen Teil des Honorars. Es ist der gleiche Vorgang wie bei der Verlegung eines Buches. Der Verlag erwirbt das Manuskript und findet den Schriftsteller ab. Ebensowenig wie ein Autor von jedem Leser seines Buches noch Tantiemen verlangen kann,
ebensowenig kann meines Erachtens ein Komponist eine zehntausendfache Bezahlung verlangen,
wenn es sich um eine Laiendarbietung handelt, die nicht Erwerbszwecken dient. Wenn ich die Zahl der in Deutschland bestehenden Vereine hier anführe — sie wurde ja schon mit 40 000 beziffert —, dann ist die von mir genannte Zahl einer zehntausendfachen Bezahlung tatsächlich keine Übertreibung. Daß die Komponisten von Berufsmusikern, die gegen Bezahlung auftreten, von Theatern, von Konzertdirektionen besondere Tantiemen erhalten müssen, ist für uns ganz selbstverständlich und steht außer Debatte. Worauf es hier ankommt, ist, die großen Organisationen unseres Volkes, die gemeinnützigen Zwecken dienen, die unter großen Opfern Erziehungs- und Bildungsarbeit leisten, von einer unhaltbaren Fessel zu befreien.
Auch hierbei sollen die Komponisten nicht zu kurz kommen. Meinetwegen soll jeder Musiker, der auftritt, nachweisen, daß er Originalnoten er-
worben hat. Hier läßt sich ein Weg finden. Eine solche Regelung liegt meines Erachtens auch im Interesse der Komponisten. Der Zustand, daß Behörden und Verwaltungen eingespannt werden, um einer privaten Erwerbsorganisation zu ihrem Gelde zu verhelfen, ist meines Erachtens vollkommen unhaltbar.
Ich glaube, daß bei der von mir vorgeschlagenen Regelung die Komponisten besser wegkommen, als wenn sie eine eigene Organisation schaffen. Der Herr Minister meinte, dann würde eventuell diese große Spitzelorganisation erst aufkommen. Nein, ich bin anderer Auffassung über den Einsatz einer solchen Organisation, die notwendig wäre, um festzustellen, wo nun ein Kaninchenzuchtverein oder irgendein Kegelklub mal ein Lied in irgendeinem der zehntausend Dörfer gesungen hat.
Wenn diese Herren die Unterhaltung einer solchen Organisation selber bezahlen müßten, würden sie zu der Auffassung kommen, daß sie sich nicht lohnt. Ich glaube, wenn wir zu einer gesetzlichen Regelung kommen, die nicht den einzelnen Verein zwingt, in jedem Falle Honorar zu zahlen, sondern wenn das abgelöst würde, dann würden wir sowohl den Komponisten einen Dienst erweisen und darüber hinaus unsere große, blühende deutsche Vereinsorganisation von einer Fessel befreien, die für die heutigen Verhältnisse einfach nicht mehr tragbar ist.
Ich schlage vor, daß wir die Anfrage dem Ausschuß für Fragen der Presse, des Rundfunks und des Films überweisen und daß wir versuchen, möglichst schnell ein Gesetz zur Verwendung von Urheberrechten fertigzustellen und es dem Hause
möglichst bald zur Beschlußfassung vorzulegen.