Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann leider der Spannung, mit der der Herr Kollege Muckermann und angeblich nach seiner Meinung auch das Haus auf meine Antwort warten, nicht gerecht werden. Er hat an sich die Dinge, wenn auch von der einen Seite aus gesehen — aber man sieht ja im Leben alles subjektiv —, durchaus zutreffend dargelegt und besonders die Rechtslage, wie sie jetzt gegeben ist, geschildert. Die Bundesregierung kann daran an sich nichts ändern; denn die Entscheidung über die Ansprüche der GEMA obliegen dem Gericht, aber nicht der Bundesregierung oder einer Verwaltungsbehörde.
Ich werde gefragt, ob mir die Beschwerden über das Verhalten der GEMA bekannt sind. Ich möchte sagen, beinahe Tag für Tag laufen bei uns solche Beschwerden ein, und wer jemals an der Rechtsprechung draußen beteiligt war, weiß, wie häufig die Konflikte zwischen früher der „Stagma", jetzt der „GEMA" und irgendwelchen Musikverbrauchern die Gerichte beschäftigt haben. Wir haben nicht die Möglichkeit, in diese Rechtsbeziehungen unmittelbar einzuwirken. Die GEMA ist ein privater Verein.
Die gesetzlichen Vorschriften, die auch der Herr Abgeordnete Muckermann zutreffend wiedergegeben hat, die in der nationalsozialistischen Zeit die Möglichkeit des Eingreifens der staatlichen Stellen geschaffen hatten, sind zweifellos nicht mehr in Geltung. Wir haben also keine Chance, aktuell irgend etwas zu tun.
Wir waren aber nicht müßig; sondern wir haben die Frage, ob ein Gesetz über die Verwertungsgesellschaften auf dem Gebiete des Urheberrechts geschaffen werden soll, schon eingehend behandelt und sind zu einer Bejahung gekommen. Dieses Gesetz soll eine Staatsaufsicht über solche Verwertungsgesellschaften vorsehen. Ich habe dann bereits in meinem Ministerium im Januar dieses Jahres eine Zusammenkunft aller Beteiligten veranlaßt — besonders also auch der Vertreter der GEMA und der Vertreter der Kommunalbehörden — und habe eine Verständigung erzielt. Ich habe im Bundesanzeiger vom 15. Januar das Ergebnis dieser Zusammenkunft veröffentlicht. Vielleicht ist es das beste, ich gebe es Ihnen wieder:
Am 10. Januar 1952 fand im Bundesjustizministerium eine Besprechung über mehrere mit der GEMA .... zusammenhängende Fragen statt. An der Besprechung nahmen außer Vertretern der GEMA u. a. teil: Vertreter der Bundesministerien des Innern und für Wirtschaft, der Landesinnen- und Kultusministerien, des Deutschen Städtetags und des Deutschen Gemeindetages sowie des Polizeipräsidenten von Berlin. Es wurde der Absicht des
Bundesjustizministeriums zugestimmt, ein Gesetz über urheberrechtliche Verwertungsgesellschaften in Verbindung mit der Urheberrechtsreform vorzubereiten. Die GEMA hat sich im Interesse eines vertrauensvollen Zusammenwirkens mit amtlichen Stellen für die Zeit bis zum Inkrafttreten eines solchen Gesetzes bereit erklärt, dem Bundesjustizministerium jede gewünschte Auskunft über ihre Geschäftsführung und Organisation zu erteilen und einen Vertreter des Ministeriums jeweils zu den Sitzungen ihrer Gesellschaftsorgane einzuladen. Auf Grund dessen haben die Vertreter der Spitzenverbände der Städte und Gemeinden in Aussicht genommen, die bisherige Auskunfterteilung gegenüber der GEMA gegen entsprechende Kostenerstattung beizubehalten. Verhandlungen mit dem Ziele einer endgültigen Regelung werden zwischen den kommunalen Spitzenverbänden und der GEMA demnächst aufgenommen werden. Das Bundesjustizministerium wird seine Befugnisse im engen Einvernehmen mit dem Bundesinnenministerium ausüben.
Ich glaube, man muß sagen, daß diese Vereinbarung der GEMA mit meinem Ministerium, mit den Kommunalbehörden und mit den interessierten Stellen durchaus fair und loyal ist. Ich habe die Möglichkeit, die Geschäftsgebarung der GEMA zu überwachen und zusammen mit dem Innenministerium dauernd Einfluß zu nehmen, also nach dem Rechten zu schauen.
Herr Kollege Muckermann hat mit Recht darauf hingewiesen, daß sich besonders jugendfördernde und landsmannschaftliche Vereine getroffen fühlen. Aber das kann man bei der augenblicklichen Rechtslage nicht der GEMA zur Last legen, sondern es beruht auf dem Urheberrecht, und es ist eine Frage, inwieweit wir hier eine Änderung durchzuführen haben. Damit rühre ich schon die Frage 2 der Großen Anfrage an:
Wann beabsichtigt die Bundesregierung, dem Bundestag ein Gesetz zur Reform des Urheberrechts bzw. über urheberrechtliche Verwertungsgesellschaften vorzulegen?
Eine Änderung des Urheberrechtsgesetzes ist von meinem Ministerium schon seit längerem vorbereitet. Wir haben eine Sachverständigenkommission gebildet, die ihre Arbeiten, wenigstens die vorbereitenden Arbeiten, im wesentlichen bereits abgeschlossen hat. Der Entwurf des neuen Urheberrechtsgesetzes wird jetzt in meinem Ministerium ausgearbeitet. Ich hoffe, ihn recht bald veröffentlichen und der Diskussion der Interessierten unterbreiten zu können.
Die vom Herrn Kollegen Muckermann angerührte Frage der Vertragshilfe, die von den kommunalen Stellen der GEMA gewährt wird, ist auch nicht ganz einfach. Sie wurde früher auf Grund eines Erlasses des Reichsministers für „Volksaufklärung und Propaganda" vom 5. Oktober 1936 gewährt. Diese Art der Vertragshilfe ist in der Praxis beibehalten worden. Die Bedenken, die dagegen geäußert werden, sind, glaube ich, nicht gerechtfertigt. Auf keinen Fall kann man behaupten, daß die Erteilung der Auskünfte durch die Vergnügungssteuerbehörden — das ist der übliche Weg — das Steuergeheimnis verletze; denn über den Ertrag der Musikveranstaltungen wird j a keine Auskunft gegeben, sondern ausschließlich über Zeit, Ort und Art dieser Veranstaltungen. Wollte man daran ernstlich Anstoß nehmen, so wäre erst die GEMA
genötigt, den Spitzelapparat aufzubauen, von dem Herr Kollege Muckermann spricht, und das wäre noch viel verhängnisvoller und würde vor allem natürlich einen nutzlosen Aufwand bedeuten, der sicherlich der Klärung der uns hier interessierenden Fragen im beiderseitigen Interesse nicht nützen würde.
Dann wird noch gefragt:
An welche internationalen Verpflichtungen ist die Regierung in bezug auf Urheberrechte gebunden?
Auf dem Gebiete des Urheberrechts bestehen mehrere internationale Abkommen und Verträge. Das wichtigste dieser Abkommen ist die am 2. Juni 1928 in Rom revidierte Berner Übereinkunft zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst, der über vierzig europäische und außereuropäische Staaten angehören. Diese Übereinkunft ist am 26. Juni 1948 in Brüssel einer erneuten Revision unterzogen worden. Wir haben zwar an dieser Konferenz nicht teilgenommen, haben aber die Absicht, dieser Brüsseler Fassung der Übereinkunft nach Durchführung unserer Urheberrechtsreform beizutreten. Ein weiteres internationales Abkommen, an das wir gebunden sind, ist die Übereinkunft von Montevideo betreffend den Schutz von Werken der Literatur und Kunst vom 11. Januar 1889. Daneben bestehen verschiedene zweiseitige Verträge mit ausländischen Staaten über den gegenseitigen Schutz des Urheberrechts. Der wichtigste davon ist unser Übereinkommen mit den Vereinigten Staaten von Amerika über den gegenseitigen Schutz der Urheberrechte vom 15. Januar 1892. Die Weitergeltung dieses Übereinkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den
I) Vereinigten Staaten von Amerika ist nach dem Kriege von den Vereinigten Staaten ausdrücklich bestätigt worden.
Ich fasse also zusammen: Es wird von uns alles geschehen, um die Dinge in Oranung zu bringen. Wir werden mit möglichster Beschleunigung die Reform des Urheberrechts durchführen, und wir werden zusätzlich auch ein Gesetz über die Verwertungsgesellschaften auf dem Gebiete des Urheberrechts Ihnen vorlegen. Bis diese Gesetze in Kraft treten, haben wir auf jeden Fall eine Zwischenlösung getroffen, die nach meiner Meinung verhindern wird, daß sich die manchmal aufgetretenen Härten fortsetzen.