Rede von
Richard
Stücklen
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich begrüße es, daß ich durch die Behandlung der Drucksache Nr. 3133 Gelegenheit finde, auch über den Rahmen des Bundestags hinaus an das Ohr der Länder und Gemeinden zu sprechen. Die Ausbreitung und die Entwicklung der Regiebetriebe haben Formen angenommen, die uns zu ernster Besorgnis Anlaß geben. Besonders in den letzten Jahren sind Behörden und öffentliche Anstalten dazu übergegangen, gewerbliche Betriebe des Handwerks und Handels in einem solchen Umfange zu errichten, daß dadurch die mit Eigenrisiko und Eigenverantwortung tätigen selbständigen Gewerbetreibenden auf das schwerste gefährdet werden. Das widerspricht nicht nur dem Sinn einer ganzen Reihe von Länderverfassungen, die zur Förderung der selbständigen Betriebe in Handwerk, Handel und Gewerbe verpflichten, sondern verletzt auch den Grundsatz, daß sich der Staat und die Verwaltung nur insoweit wirtschaftlich betätigen sollen, als die entsprechenden wirtschaftlichen Aufgaben nicht besser von den Trägern der Wirtschaft selbst erfüllt werden können. Nicht alle Länder haben so eindeutig und positiv zu der Frage Stellung genommen wie Bayern in seiner neuen Gemeindeordnung.
Es wäre sehr zu begrüßen, wenn auch andere Länder des Bundesgebiets, die diese Haltung heute noch nicht einnehmen, sich dem Beispiel Bayerns zumindest in dieser Frage anschließen würden.
Es gibt selbstverständlich eine ganze Reihe von berechtigten Regiebetrieben, und es ist keinesfalls unsere Absicht, zu verlangen, daß diese abgeschafft werden sollen. Keiner von uns ist so vermessen, von der Bundesbahn zu erwarten, daß sie die zur Aufrechterhaltung ihres Fahrbetriebs notwendigen eigenen Werkstätten abschafft. Aber wir sehen nicht ein, daß die Bahnmeistereien der Deutschen Bundesbahn eigene Tüncher, Installateure, Tischler usw. beschäftigen. Die von diesen Gruppen wahrgenommenen Aufgaben könnten besser von der Privatwirtschaft erledigt werden. Ähnlich liegen die Verhältnisse bei der Deutschen Bundespost, wenn auch in wesentlich gemilderter Form. Auch wir im Deutschen Bundestag sind nicht ganz frei von diesen Regiebetrieben. Die Verwaltung des Deutschen Bundestags beschäftigt, zwei Buchbinder und hat die Absicht, diese Buchbinderei — so wurde mir gesagt — in nächster Zeit zu vergrößern. Seit über fünf Monaten hat die Bibliothek des Deutschen Bundestags keine Aufträge mehr an die Bonner Buchbinder vergeben. In der gleichen Weise betätigen sich das Bundesinnenministerium
und das Auswärtige Amt. Ich würde also bitten,
daß der Herr Präsident mit seiner Verwaltung
Rücksprache nimmt und diese für uns nicht wünschenswerte Einrichtung der Regiebetriebe auf der
Ebene des Bundestags nach Möglichkeit abschafft.
— Wenn das Ihre offizielle Einstellung zu den Regiebetrieben wäre, wenn Sie das mit „Krämerseele" abtun würden, dann, glaube ich, dürften Sie nicht in der Presse eine andere Haltung einnehmen.
Was sich allerdings auf dem Gebiet der Justizverwaltung abspielt, ist einer besonderen Betrachtung wert. Durch die Ausnutzung der billigen Arbeitskraft der Strafgefangenen werden in den Strafanstalten Arbeiten ausgeführt, die für einige wenige Unternehmer einen nicht gerechtfertigten Gewinn abwerfen und diese daher unverdient in eine bessere Wettbewerbslage bringen. Ich würde den Herrn Justizminister bitten — ich stelle ihm gern auf Wunsch Material zur Verfügung —, diese Materie anläßlich einer Justizministerkonferenz zu besprechen und für Abhilfe zu sorgen.
Bei dem Antrag der CDU/CSU, Drucksache Nr. 3133, geht es um das entscheidende Prinzip, daß nicht Staat und Behörde die wirtschaftliche Entwicklung der Klein- und Mittelbetriebe hemmen oder gar gefährden dürfen. Es geht um die Erhaltung wertvoller Substanz aus wirtschaftlichen und staatspolitischen Gründen. Ich erlaube mir daher, dem Hohen Hause zu empfehlen, diesen Antrag Drucksache Nr. 3133 anzunehmen.