Rede von
Fritz
Schäffer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die in der Drucksache Nr. 3032 gestellten Fragen darf ich wie folgt beantworten.
1. Die Alliierte Hohe Kommission hat nach Verabschiedung des Gesetzes durch Bundestag und Bundesrat gegen die Verkündung des Gesetzes keine formellen Bedenken erhoben, wohl aber mündlich einige Bestimmungen beanstandet, ohne den materiellen Inhalt des Gesetzes dabei zu berühren.
2. Das Gesetz ist am 4. Januar 1952 mit Wissen der Alliierten Hohen Kommission verkündet worden,
um eine Verzögerung des Wirksamwerdens der materiellen Bestimmungen des Gesetzes zu vermeiden. Die Alliierte Hohe Kommission hatte sich zu diesem Zeitpunkt noch ihre endgültige Stellungnahme darüber vorbehalten, ob sie die bereits mündlich vorgebrachten Bedenken fallen lassen könne oder aufrechterhalten müsse.
3. Die Bundesregierung ist nach dem Bekanntwerden des Aufhebungsbeschlusses zweimal bei der Alliierten Hohen Kommission vorstellig geworden und hat auf die bedenklichen politischen Folgen des Einspruchs hingewiesen. Die Alliierte Hohe Kommission hat jedoch in ihrer Antwort auf die besonderen Verhältnisse in Berlin verwiesen, die erforderten, daß alles vermieden werde, was geeignet sei, die politische Stellung der Besatzungsmächte in Berlin zu gefährden. Deshalb sei sie gezwungen gewesen, einige Bestimmungen des Gesetzes aufzuheben, die mittelbar oder ausdrücklich erkennen ließen, daß Berlin in den Geltungsbereich des Grundgesetzes einbezogen und Bundesrecht als solches in Berlin anwendbar sein solle.
4. Nach der von mir veranlaßten Veröffentlichung der aufgehobenen Bestimmungen im Bundesgesetzblatt steht der in § 19 Abs. 1 vorgesehenen Übernahme des Gesetzes durch Berlin kein Hindernis mehr entgegen. Wenngleich die mit dem Gesetz beabsichtigte Einbeziehung Berlins in das Finanzsystem des Bundes infolge der Entscheidung der Alliierten Hohen Kommission nicht mehr voll gewährleistet ist, vertritt die Bundesregierung doch die Auffassung, daß das Gesetz auch in der abgeänderten Form vollziehbar ist. Die Bundesregierung läßt sich dabei von der Überzeugung leiten, daß das Abgeordnetenhaus und der Senat des Landes Berlin den in § 1 des Gesetzes festgelegten, das gesamte Gesetz beherrschenden Grundsatz uneingeschränkt beachten werde. Der Bundesminister der Finanzen hat dem Regierenden Bürgermeister von Berlin mit Schreiben vom 31. Januar 1952 von dieser Auffassung der Bundesregierung Kenntnis gegeben und ihn unter dieser Voraussetzung gebeten, die Übernahme des Gesetzes nach Art. 87 Abs. 2 der Verfassung von Berlin in die Wege zu leiten. Die Bundesregierung glaubt, daß es auf diese Weise trotz der durch die Entscheidung der Alliierten Hohen Kommission abgeschwächten Wirkung des Gesetzes gelingen wird, das mit dem Gesetz verfolgte Ziel zu erreichen. Im übrigen wird auf die Bestimmung des § 19 Abs. 2 des Gesetzes verwiesen. Danach bildet die Durchführung des Gesetzes durch das Land Berlin die Voraussetzung für die finanziellen Leistungen, zu denen der Bund nach den Bestimmungen dieses Gesetzes gegenüber dem Lande Berlin verpflichtet ist.
Meine Damen und Herren, ich darf dazu noch einige Worte hinzufügen. Als wir seinerzeit das Dritte Überleitungsgesetz, das sogenannte Berlin-Gesetz, gemacht haben, waren alle Parteien in diesem Hause und auch sämtliche Richtungen im Land und in der Stadt Berlin der Überzeugung, daß damit nach außen hin ein Bekenntnis der untrennbaren Verbundenheit zwischen der Bundesrepublik und der Stadt Berlin niedergelegt und dokumentiert werde. Wir haben uns in der Bundesrepublik nicht nur auf die finanzielle und wirtschaftliche Hilfe für die Stadt Berlin beschränkt, sondern wir wollten vor der ganzen Welt immer bezeugen, daß die Hilfe, die wir der Stadt Berlin geben, ein Beitrag dazu ist, die seelische Widerstandskraft der Stadt Berlin aufrechtzuerhalten und damit eine Hilfe für die Erhaltung des Weltfriedens zu gewährleisten.
Wenn die seelische Widerstandskraft der Stadt Berlin nicht gehalten werden könnte, würde unter Umständen ein Schritt der vierten Besatzungsmacht ausgelöst werden können, der nach dem Versprechen, das die drei westlichen Alliierten der Welt gegeben haben, ein Anlaß sein könnte, diesen Schritt als Angriff auf die drei alliierten Mächte selber zu betrachten.
Es sollte in der Welt anerkannt werden, daß alles, was die Bundesrepublik Deutschland für die Stadt Berlin tut, getan wird, um den Weltfrieden zu bewahren, und damit der Verteidigung des Friedens genau so dient wie alle Maßnahmen, die etwa von anderen Ländern auf militärischem Gebiete getroffen werden.