Meine Damen -und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Die Aussprache ist damit geschlossen.
Herr Abgeordneter Bergstraeßer hat für seine Fraktion im Anschluß an diese Große Anfrage einen Antrag gestellt. Er hat ihn selbst verlesen; ich glaube, daß ich mir die Wiederholung ersparen
kann. Ich bitte diejenigen, die diesem Antrag zustimmen, die Hand zu erheben. —
Überweisung an den Kulturausschuß! — Ich bitte um die Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Meine Damen und Herren, es ist beantragt worden, die große Anfrage zu überweisen. Das ist nach § 107 der Geschäftsordnung nicht möglich, sondern es können nur Anträge zu einer Großen Anfrage überwiesen werden. Das ist mit dem Beschluß vorhin geschehen. Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe nun Punkt 3 der Tagesordnung auf: Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Gesetz über die Stellung des Landes Berlin im Finanzsystem des Bundes (Nr. 3032 der Drucksachen).
Das Wort zur Begründung der Großen Anfrage hat Herr Abgeordneter Brandt.
Brandt , Anfragender: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion wünscht nicht, den Vorgang, auf den sich unsere Große Anfrage Drucksache Nr. 3032 bezieht, zu dramatisieren. Wir wünschen aber mit allem Ernst und mit allem Nachdruck vor diesem Hohen Hause klarzustellen, daß wir das alliierte Eingreifen gegen das Dritte Überleitungsgesetz für bedauerlich und daß wir die Art dieses Eingreifens für in der Sache unmöglich halten. Wir haben es mit einer Behandlung des Parlaments zu tun, die mit dem Geist der vielbesprochenen Partnerschaft unserer Meinung nach schwer zu vereinbaren ist.
Wie sind die Tatsachen? Der Bundestag hat am 13. Dezember nach monatelangen Beratungen dieses Dritte Überleitungsgesetz verabschiedet. Auch der Bundesrat hat noch vor Weihnachten dem Gesetz zugestimmt. Am 4. Januar ist die Verkündung und am 9. Januar die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt erfolgt. Am 17. Januar ist dann der Einspruch der Alliierten Hohen Kommission in Form einer Note an den Herrn Bundeskanzler gekommen. Die sozialdemokratische Fraktion möchte wissen, ob es richtig ist, daß der Bundesregierung zunächst der Rat erteilt worden ist, mit der Verkündung und Veröffentlichung des Gesetzes zu warten, daß die Verkündung dann aber vorgenommen worden ist, nachdem ein neuer Bescheid der Alliierten Hohen Kommission gekommen war, es stünde einer Verkündung nichts mehr im Wege.
Ich möchte hier ausdrücklich sagen, daß ich zwar einer der Abgeordneten aus Berlin bin, aber nicht zu diesem Thema spreche, weil es sich hier unserer Meinung nach um einen Vorgang handelte, der zwischen Berlin und der Alliierten Hohen Kornmission auszutragen wäre. Es handelt sich hier einzig und allein um einen Vorgang zwischen dem Bund und dem Bundesparlament auf der einen Seite und der Alliierten Hohen Kommission auf der andern Seite, und es handelt sich dabei nicht nur um eine unserer Meinung nach eigenartige Haltung gegenüber dem gewählten deutschen Parlament, sondern auch um eine peinliche Behandlung des Bundespräsidenten als des obersten Repräsentanten der Bundesrepublik Deutschland.
Der Alliierten Hohen Kommission geht es offensichtlich um die Unterstreichung der Sonderlage
Berlins und um die Unterstreichung der Rechte und Pflichten, die die Westmächte aus Viermächte- abkommen über Berlin ableiten, Abkommen, die — das sei bei dieser Gelegenheit gesagt — leider der deutschen Seite bis auf den heutigen Tag nie vollständig zur Kenntnis gebracht worden sind.
Wir haben Verständnis für Überlegungen, die aus der insularen Lage Berlins und aus der Lage der alliierten Truppen in Berlin abgeleitet werden. Aber wir fragen uns: erstens, ob die pedantische Rücksichtnahme auf die Sowjets in solchen Fragen in irgendeinem angemessenen Verhältnis zu den dauernden sowjetischen Übergriffen steht, die gerade in Berlin immer wieder zu registrieren sind;
und wir fragen uns zweitens, welche vernünftigen Gründe dagegen sprechen können, daß Berlin im Rahmen der außenpolitischen und besatzungsrechtlichen Gegebenheiten, wie sie 1949 skizziert wurden, mit den andern Ländern des Bundes gleichgestellt wird.
Wir halten die Begründung — um das jetzt noch anzudeuten — in der alliierten Note vom 17. Januar und vor allen Dingen in der Presseverlautbarung der Alliierten Hohen Kommission vom 18. Januar in doppelter Hinsicht für abwegig: einmal insofern, als die Begrundung in der amierten Note an die Bundesregierung davon spricht, daß Berlin als nicht zum Geltungsbereich des Grundgesetzes gehörig bezeichnet wird. Das ist ein Widerspruch zu der Rechtslage, die sich bei der Verabschiedung des Grundgesetzes ergeben hat. Denn nach der Rechtslage, wie sie bei der Verabschiedung des Grundgesetzes gegeben war, gehört Berlin nicht in gleichem Maße zur Bundesrepublik wie die elf westdeutschen Länder; aber es gehört zum Bund.
Wir müssen uns mit aller Entschiedenheit gegen Auslegungen wehren, die einer Ausklammerung Berlins in der Folge gleichkommen könnten.
In der Note ist davon gesprochen, daß Berlin nicht stillschweigend in den Bund aufgenommen werden dürfe. Unserer Meinung nach handelt es sich weder um eine stillschweigende noch um eine andersartige Aufnahme, sondern darum, daß Berlin dazu gehört, wenn es auch mit Einschränkungen dazu gehört. Ebenso meinen wir, daß Bundesrecht dann, wenn es von Berlin übernommen ist, in Berlin als Bundesrecht gelten muß, vor allen Dingen auf dem im 3. Überleitungsgesetz abgehandelten Gebiet, weil die finanzwirtschaftlichen Auswirkungen davon beeinträchtigt werden, ob Bundesrecht, wenn es einmal übernommen ist, als unabänderliches Bundesrecht weiter gilt oder willkürlich abgeändert werden kann.
Wir möchten — um das abschließend zu sagen — wissen, was die Bundesregierung getan hat, um den deutschen Rechtsstandpunkt in dieser Frage zur Geltung zu bringen, um auf die politischen Folgen des Einspruchs aufmerksam zu machen, und was sie getan hat, um die materielle Wirksamkeit jenes Gesetzes zu sichern, von dem wir uns versprochen hatten, daß es eine leidige Periode der Beziehungen zwischen dem Bund und Berlin zum Abschluß bringen würde, und zwar zu einem Abschluß im Sinne der unlösbaren Zugehörigkeit der Hauptstadt Berlin zur Bundesrepublik Deutschland.