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    Deutscher Bundestag — 190. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. Februar 1952 8095 190. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 7. Februar 1952. Geschäftliche Mitteilungen 8095B Entgegennahme einer Erklärung der Bundesregierung (Frage eines deutschen Verteidigungsbeitrages und der Errichtung einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft; Saarfrage; Atlantikpaktfrage) . . 8095B Dr. Adenauer, Bundeskanzler 8095C, 8141B Unterbrechung der Sitzung 8108C Besprechung der Erklärung der Bundesregierung 8108D Ollenhauer (SPD) 8108D Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 8117A Strauß (CSU) 8118A Euler (FDP) 8128D Dr. Wahl '(CDU) 8134B Reimann (KPD) 8135D Majonica (CDU) 8141C Kiesinger (CDU) 8142C Dr. Tillmanns (CDU) 8145D Nächste Sitzung 8148D Die Sitzung wird um 9 Uhr 36 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Konrad Adenauer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Sie legen bei uns in der Bundesrepublik keinen Wert darauf, daß die kommunistische Partei nach außen besonders stark erscheint. Dafür haben sie bei uns bisher 48 kommunistische Tarnorganisationen geschaffen.

    (Hört! Hört! bei den Regierungsparteien. — Zuruf von der KPD: Und Ihre amerikanischen Organisationen?)

    Sie haben in großem Umfange ihre Mitglieder aus (D) der politischen Arbeit herausgezogen und versucht,
    in den Gewerkschaften

    (Zuruf von der KPD: Aha!)

    und bei anderen Organisationen die Minierarbeit an Stellen zu beginnen und fortzusetzen, wo sie glauben, größere Macht in ihre Hand bekommen zu können.

    (Abg. Frau Strohbach: Jede Opposition ist „kommunistisch"!)

    Wie stark die Minierarbeit bei uns ist, mögen Sie daraus ersehen, daß die Kommunistische Partei bei uns 10 bis 12 Millionen D-Mark für Propaganda-und Minierarbeit zur Verfügung hat.

    (Zuruf von der KPD: Immer hergeben! — Abg. Frau Strohbach: Sie meinen wohl die von Herrn Kaiser! — Zuruf von der Mitte: Die Sirene!)

    Wenn Sie dazu sich vor Augen halten, welche Wühlarbeit in Frankreich und Italien stattfindet, so ist das Ziel der sowjetrussischen Politik ganz eindeutig und klar: Sie wollen im Wege des kalten Krieges, der bald diese, bald jene Form annehmen kann,

    (Zuruf von der KPD: Sie wollen den Schießkrieg!)

    in erster Linie die Bundesrepublik und im weiteren Verlauf ganz Westeuropa in ihre Hand bringen.

    (Sehr richtig! in der Mitte und rechts. — Zuruf von der KPD: Foster Dulles!)

    Ich möchte Ihnen noch eine Ziffer nennen, aus der
    Sie ersehen können, wie stark die Kommunisten
    versuchen, sich bei uns zu infiltrieren und Pro-


    (Bundeskanzler Dr. Adenauer)

    pagandaarbeit zu leisten. Täglich werden bei uns in der Bundesrepublik 30 bis 40 t Propagandamaterial beschlagnahmt.

    (Hört! Hört! in der Mitte. — Zuruf von der KPD: Das ist Demokratie! — Lachen und weitere Zurufe von der KPD.)

    Das Ziel der sowjetrussischen Politik in bezug auf die Bundesrepublik ist, die Bundesrepublik zu neutralisieren. Es liegt Sowjetrußland nichts daran, dieses Land in zerstörtem Zustand in Besitz zu bekommen.

    (Abg. Frau Thiele: S i e wollen es zerstören!) Aber es liegt Sowjetrußland sehr viel daran, dieses Land mit seinem Potential an Kriegsmaterial und an Menschenmaterial in seine Hand zu bekommen, weil es weiß, daß es dann ohne weiteres das übrige Westeuropa auch in seine Hand bekommt, und weil es sich dann stark genug fühlt, den Krieg gegen die Vereinigten Staaten zu führen.


    (Lebhafte Zurufe von der KPD. — Abg. Frau Strohbach: Das sind bloß Behauptungen, die müßte man beweisen, Herr Bundeskanzler! Glocke des Präsidenten.)

    Dieser Gedanke der Neutralisierung Deutschlands,
    meine Damen und Herren,

    (Abg. Niebergall: So schlecht hat es nicht einmal Goebbels gemacht!)

    hat namentlich im Jahre 1950 in manchen politischen Kreisen Frankreichs Gehör gefunden; ich betone ausdrücklich: nicht in Kreisen der damaligen oder der heutigen französischen Regierung. Aber wir Deutsche müssen, wenn wir uns über die ganze Situation klar werden wollen, daran denken, daß es eine jahrzehntelange Linie der französischen Außenpolitik war, im Verein mit Rußland Deutschland niederzuhalten, und daß jetzt auf einmal —

    (Zurufe von der KPD — Abg. Frau Thiele: Geschichtsfälscher! — Lachen und Unruhe in der Mitte und rechts)

    und daß jetzt auf einmal an Frankreich und an die französischen Politiker die Frage herantritt, ob sie bereit sind, auf diese frühere Linie ihrer Politik zu verzichten

    (Oho! bei der KPD)

    und zusammen mit Deutschland und den anderen westeuropäischen Ländern einen festen Damm gegen Sowjetrußland zu bilden.

    (Abg. Renner: Wer hat eigentlich die Separatistenpolitik gemacht?' — Abg. Rische: Ein neues München?!)

    Wenn ich die sowjetrussische Politik noch weiter kennzeichnen soll, meine Damen und Herren, dann brauche ich Sie nur hinzuweisen auf Korea,

    (Zurufe von der KPD)

    auf Rotchina,

    (Unruhe bei der KPD)

    auf Persien, auf Ägypten,

    (Sehr richtig! bei der KPD)

    auf Indochina, auf Indonesien.

    (Abg. Rische: Wo deutsche Soldaten sterben! — Abg. Strauß: Durch russische Munition! — Abg. Renner: Alles die „Radfahrer"!)

    (Abg. Rische: Das sagte Goebbels auch! Un-
    erhört sowas! — Abg. Renner: Eine richtige
    Kriegsrede, die Sie halten!)
    Was, meine Damen und Herren, würde es für uns Deutsche bedeuten, wenn es Sowjetrußland gelänge, im Wege des kalten Krieges, sagen wir einmal: im Wege der Neutralisierung Deutschlands, uns in die Hand zu bekommen? Hier in diesem Hause sind seit seinem Bestehen erschütternde Darstellungen des Loses unserer deutschen Brüder im Osten gegeben worden.

    (Sehr richtig! in der Mitte. — Zurufe von der KPD.)

    Noch gestern wurde von diesem Platze aus in packender Weise darüber gesprochen.

    (Abg. Frau Strohbach: So ähnlich wie die Sudetendeutschen, was?)

    Für uns, meine Damen und Herren, würde ein Einbeziehen der Bundesrepublik in die sowjetrussische Machtsphäre nichts anderes bedeuten als Sklaverei und Ausbeutung,

    (Sehr richtig! in der Mitte)

    nichts anderes als Vernichtung alles dessen, was dem deutschen Volke das Leben überhaupt noch lebenswert macht.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien und bei der FU. — Abg. Rische: Das ist die innere Aggression!)

    Leider sind die Menschen außerordentlich vergeßlich,

    (Abg. Frau Strohbach: Ja, leider, sehr richtig!) aber wenn unsere aus Rußland heimgekehrten Kriegsgefangenen sich daran erinnern, was sie in Sowjetrußland gesehen und erlitten haben, wenn wir auf die Rufe derjenigen hörten, derjenigen Deutschen, früherer Soldaten, verschleppter Männer, (Zurufe von der KPD)

    verschleppter Frauen und Mädchen, die jetzt noch in der Sklaverei dort verharren müssen, wenn wir die nötige Zeit dafür hätten, die Schilderung dessen zu lesen, was Sowjetrußland bei seinem Einbruch in Deutschland an den armen wehrlosen Männern und Frauen alles verübt hat,

    (Sehr richtig! bei den Regierungsparteien. — Abg. Dr. Mende: „Frau, komm!" — Abg. Frau Strohbach: Haben d i e den Krieg angefangen? — Abg. Dr. Mommer: Jawohl, Stalin genau so wie Hitler! — Beifall in der Mitte. — Weitere Zurufe. — Glocke des Präsidenten.)

    dann würden wir mit Schaudern erkennen, in welch ungeheurer Gefahr hier die Freiheit und alles das — ich wiederhole es —, was uns lebenswert erscheint, schwebt.

    (Laute Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Ich habe gestern eine Zuschrift des Verbandes der Sowjetzonenflüchtlinge bekommen.

    (Lachen bei der KPD und Zuruf: Organisiert, was? — Abg. Müller [Frankfurt]: Fabriziert vom Kaiser-Ministerium? — Abg. Renner: Nach eigener ministerieller Darstellung sind 80 % davon kriminelle Elemente, diese „Flüchtlinge".)

    — Ach, Herr Renner, Sie haben mal eine Zeit gehabt, wo Sie ganz nette und kluge Zurufe gemacht haben,

    (Abg. Schröter: Ist schon lange her!) aber leider ist sie vorbei.


    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Renner: Die Zurufe entsprechen der Gefährlichkeit Ihrer verbrecherischen Politik! — Weitere Zurufe von der KPD. — Abg. Dr. Mende: Müller ist ja auch weg!)



    (Bundeskanzler Dr. Adenauer)

    0 Diese Zuschrift des Verbandes der Sowjetzonenflüchtlinge, die mir zugeschickt worden ist mit der Bitte, sie hier dem Bundestag bekanntzugeben,

    (Zuruf von der KPD: Ist gut organisiert!)

    ist zu umfangreich, als daß ich das tun könnte. Aber wer von Ihnen sie lesen will, dem steht sie zur Verfügung. Es ist erschütternd, ihr zu entnehmen, was diese armen Menschen, die geflüchtet sind, dort haben ertragen müssen.
    Ich möchte nun dazu übergehen, meine Damen und Herren, Ihnen in möglichst großen Zügen die Struktur des Vertragswerks und seinen wesentlichen Inhalt mitzuteilen,

    (Abg. Rische: Jetzt wird die Katze aus dem Sack gelassen!)

    um das es sich augenblicklich handelt. Es handelt sich zunächst um den Abschluß eines Generalvertrags, wie er genannt ist,

    (Zuruf von der KPD: Militärpakt!)

    der als wesentlichen Inhalt hat die Beseitigung des Besatzungsstatuts, und zweitens um einen Vertrag über die Bildung einer europäischen Verteidigungsgemeinschaft.
    Was den Generalvertrag angeht, so ist die rechtliche Lage zur Zeit die folgende. Der Generalvertrag würde geschlossen werden zwischen den drei Westalliierten — den Vereinigten Staaten, Großbritanhien, Frankreich — und der Bundesrepublik. Er ist auf der Außenministerkonferenz, die vor einiger Zeit in Paris stattgefunden hat — nicht zu verwechseln mit den Außenministerkonferenzen über die Bildung einer europäischen Verteidigungsgemeinschaft —, nicht paraphiert worden, aber man hat sich über den Wortlaut geeinigt. Aus diesem Generalvertrag muß ich Ihnen eine Anzahl 3) wesentlicher Punkte mitteilen.

    (Abg. Fisch: Warum lesen Sie ihn nicht ganz vor?!)

    Der Generalvertrag enthält zunächst eine Präambel,

    (Abg. Reimann: Das ist ganz neu!)

    in der folgende wesentliche Punkte stehen.

    (Abg. Rische: Haben Sie alles schon gesagt!) Zunächst wird festgestellt, daß es das gemeinsame Ziel der Signatarstaaten ist, die Bundesrepublik auf der Grundlage der Gleichberechtigung in die europäische Gemeinschaft einzugliedern — und jetzt kommt ein sehr wichtiger Satz, den ich Ihnen wörtlich vorlesen möchte —,


    (Abg. Rische: Das andere war nicht wörtlich?!)

    „die sich ihrerseits in die sich entwickelnde atlantische Gemeinschaft einfügen wird".

    (Abg. Rische: In den Kriegspakt!)

    Ich werde auf diesen letzten Satz bei der Besprechung der Spannungen, die augenblicklich herrschen, noch zurückkommen.
    In einem weiteren Passus wird festgestellt, daß die Schaffung eines völlig freien und vereinigten Deutschlands auf friedlichem Wege und die Herbeiführung einer frei vereinbarten friedensvertraglichen Regelung ein grundlegendes und gemeinsames Ziel der Signatarstaaten ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der KPD.)

    Ich bitte Sie, gerade diesen Passus in seiner eminenten Bedeutung zu würdigen. Zunächst bekennen sich darin — und auch noch an einer anderen Stelle des Generalvertrags — die drei Westalliierten, die Vereinigten Staaten, Großbritannien und Frankreich, zu dem gemeinsamen Ziel, auf friedlichem Wege ein völlig freies und vereinigtes Deutschland zu schaffen.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der KPD.)

    Weiter ist dadurch festgelegt, daß es für uns nicht, wie seinerzeit beim Versailler Vertrag, einen Diktatfrieden gibt,

    (Abg. Rische: Das ist mehr als Versailles!) sondern daß der Friedensvertrag frei vereinbart werden muß.


    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Renner: Diktatfrieden von Versailles!! — Weitere Zurufe von der KPD.)

    Weiter ist festgestellt, daß die Beibehaltung des Besatzungsstatuts und die sich daraus ergebenden Befugnisse zum Eingreifen in die inneren Angelegenheiten der Bundesrepublik mit dem Vertrag unvereinbar sind und daß die drei Mächte nur solche besonderen Rechte aufrechterhalten wollen, deren Beibehaltung im Hinblick auf die Besonderheiten der internationalen Lage,

    (Zuruf von der KPD: Aha!)

    das heißt auf deutsch: im Hinblick auf das Verhalten und die Einstellung Sowjetrußlands,

    (Abg. Fisch: Lesen Sie doch diese Vorbehalte mal vor!)

    und im gemeinsamen Interesse aller vier Signatar-staaten erforderlich ist.

    (Zuruf von der KPD: Militärdiktatur! — Weitere Zurufe von der KPD. — Unruhe rechts und in der Mitte.)

    An einer anderen Stelle der Präambel ist nochmals betont, daß die vier Mächte alles das, was vereinbart werden soll, als wesentliche Schritte zur Erreichung ihres gemeinsamen Ziels eines in die westeuropäische Gemeinschaft integrierten wiedervereinigten Deutschlands anerkennen. Damit ist zum Ausdruck gebracht — und das wird in einem der Artikel des Vertragsentwurfs wiederholt —, daß nach der Wiedervereinigung Deutschlands dem ganzen Deutschland die Vorteile dieses Vertrags zuteil werden sollen, und zwar ohne weiteres.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Rische: Ohne uns, ohne das Volk!)

    Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich einen Satz, auf den ich später zurückkomme, vorwegnehmen: Ich glaube, daß wir die Wiedervereinigung Deutschlands nur erreichen werden mit Hilfe der drei Westalliierten,

    (Abg. Rische: Krieg heißt das!) niemals mit Hilfe der Sowjetunion.


    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf von der KPD: Die Katze ist aus dem Sack!)

    In den Artikeln selbst ist weiter bestimmt; daß die Bundesrepublik volle Macht über ihre inneren und äußeren Angelegenheiten hat, mit gewissen Ausnahmen, auf die ich jetzt kommen werde, daß also die drei Mächte das Besatzungsstatut aufheben, daß die Alliierte Hohe Kommission sowie die Dienststellen der Landeskommissare aufgelöst und daß in Zukunft die Beziehungen zwischen den drei Mächten und der Bundesrepublik durch Botschafter unterhalten werden.

    (Abg. Rische: Nach dem Muster des Herrn Grandval!)



    (Bundeskanzler Dr. Adenauer)

    Die Vorbehalte des Vertrags, die im Hinblick auf die internationale Lage gemacht werden, beziehen sich auf die Stationierung von Streitkräften in Deutschland und den Schutz ihrer Sicherheit, auf Berlin und auf Deutschland als Ganzes einschließlich der Wiedervereinigung Deutschlands.

    (Abg. Rische: Das ist die Kriegsbasis!)

    Wenn wir soweit sind, wird ja im einzelnen zunächst im Ausschuß darüber gesprochen werden, auch darüber, daß wir diesen Vorbehalten nur zustimmen können, weil sie im Interesse unserer Sicherheit, im Interesse Berlins und im Interesse der Wiedervereinigung Deutschlands liegen. Bezüglich der Truppen, die von den drei Mächten im Bundesgebiet stationiert werden, ist ausdrücklich gesagt, daß sie die Aufgabe haben, die freie Welt zu verteidigen, der die Bundesrepublik und Berlin angehören.

    (Zuruf von der KPD: Das war bei Hitlers Okkupationstruppen genauso!)

    — Ich weiß nicht, ob das ein russischer Vertreter ist, der da zwischenruft,

    (Sehr gut! rechts — Abg. Renner: Ach wie geistreich, Herr Dr. Adenauer!)

    ich kann mich nur dem anschließen, was gestern der Herr Kollege Neumann von diesem Platze aus über diese Zwischenrufer gesagt hat.

    (Zuruf von ddr KPD: Goebbels Neuordnung in Europa!)

    In einem der Artikel befindet sich folgende Bestimmung: „Die Bundesrepublik wird sich an der europäischen Verteidigungsgemeinschaft beteiligen, um zur gemeinsamen Verteidigung der freien Welt beizutragen". Gegen diese Bestimmung ist von einer Fraktion dieses Hauses, bzw. von der hinter ihr stehenden Partei, ein schweres Bedenken erhoben worden. Man hat ausgeführt, daß ein Junktim, eine Verbindung zwischen dem Generalvertrag und dem Eintritt in die europäische Verteidigungsgemeinschaft für sie nicht tragbar sei. Wenn wir in der Lage sein werden — ich bin es jetzt nicht, nicht etwa durch den Inhalt des Generalvertrags, ich würde ihm liebend gern der deutschen Öffentlichkeit im vollen Wortlaut unterbreiten,

    (Zuruf von der KPD: Wer hindert Sie denn daran? Raus mit der Sprache! — Gegenruf rechts: Sie kennen ihn doch schon!)

    aber ich bin leider durch internationale Rücksichten — —

    (Abg. Renner: Aha!)

    — Na, dafür müssen S i e doch Verständnis haben.

    (Heiterkeit und Beifall.)

    Ich bin leider durch internationale Rücksichten — —

    (Abg. Renner: Das ist der Petersberg, der über Ihnen thront!)

    — — Ach, verehrter Herr Renner, ich will Ihnen sagen, wann ich zuletzt auf dem Petersberg gewesen bin: im April des vergangenen Jahres.

    (Zuruf von der KPD: Dann macht man das jetzt woanders. — Gegenruf rechts: Wann waren Sie zuletzt in Karlshorst?)

    Meine Damen und Herren! Der Inhalt dieses Entwurfs eines Generalvertrags schließt, wie ich Ihnen eben ausgeführt habe, die Verständigung über eine gemeinsame Politik der vier Signatarmächte über die Wiedervereinigung Deutschlands auf friedlichem Wege und über die gemeinsame Verteidigung und den gemeinsamen Schutz der Freiheit in sich. Daraus ergibt sich nach meiner Meinung ganz zwangsläufig, daß diese beiden Dinge, die Bildung einer europäischen Verteidigungsgemeinschaft und das Vertragwerden dieses Entwurfs durch innerliche Gründe miteinander verbunden sind. Man hätte diese beiden Vertragswerke genau so gut in einem Vertragswerk zusammenbinden können. Das hätte aber den Nachteil gehabt, daß die Vorverhandlungen sich unendlich verlangsamt hätten. Wenn Sie die beiden Vertragsentwürfe einmal zusammen in den Händen halten, dann werden Sie — davon bin ich fest überzeugt — mit mir darin übereinstimmen, daß alles das innerlich so miteinander zusammenhängt, daß man es gar nicht voneinander trennen kann.

    (Abg. Rische! Sehr richtig! — Abg. Renner: Das war das, was wir gesagt haben! — Weiterer Zuruf von der KPD: Alles ist auf die deutschen ' Divisionen abgestellt! — Gegenruf rechts: Mundhalten!)

    — Meine Damen und Herren, wenn ich über die Geschäftsführung dieses Hauses zu bestimmen hätte,

    (Rufe von der KPD: Aha!)

    dann würde ich folgendes tun.

    (Abg. Fisch: Dann wäre Lehr Präsident!)

    Ich würde, sobald die Zwischenrufe einer Fraktion eine bestimmte Zeit überschreiten, diese Zeit der Fraktion auf ihre Redezeit anrechnen.

    (Sehr richtig! in der Mitte. — Glocke des Präsidenten. — Zurufe von der KPD.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren, ich hatte mir diesen Hinweis bereits vor einer halben Stunde gestattet.

(Beifall und Heiterkeit.)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Konrad Adenauer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren, ich habe eben darauf hingewiesen, daß in der Präambel schon das Ziel der gemeinsamen Politik in bezug auf den Friedensvertrag und die Wiedervereinigung Deutschlands angegeben ist. Um aber die Bedeutung gerade dieses Zieles nachdrücklich zu unterstreichen, ist dasselbe nochmals in einem besonderen Artikel im Entwurf des Generalvertrags niedergelegt; es ist darin wiederholt: Die drei Mächte und die Bundesrepublik sind sich darin einig, daß ein wesentliches Ziel ihrer gemeinsamen Politik eine zwischen Deutschland und seinen ehemaligen Gegnern frei vereinbarte friedensvertragliche Regelung für ganz Deutschland ist, welche die Grundlage für einen dauerhaften Frieden bilden soll. Es ist weiter gesagt, daß bis zum Abschluß dieser friedensvertraglichen Regelung die drei Mächte und die Bundesrepublik zusammenwirken werden, um mit friedlichen Mitteln ihr gemeinsames Ziel eines wiedervereinigten Deutschlands zu erreichen. Es ist nochmals ausdrücklich gesagt, daß dem wiedervereinigten Deutschland in gleicher Weise die Rechte der Bundesrepublik aus diesen Vereinbarungen zustehen werden.
    Endlich möchte ich noch hervorheben: In einem andern Artikel dieses Generalvertrags ist bestimmt, daß ein Schiedsgericht errichtet werden soll, das bei Meinungsverschiedenheiten, die sich zwischen den drei Mächten und der Bundesrepublik aus diesem Vertrag oder einem beigefügten Abkommen ergeben, zuständig ist.
    Ich komme nun zu dem anderen Vertragswerk: dem Vertrag über die Errichtung einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft. Diese Verhandlungen sind, wie Sie wissen, in Paris geführt worden und werden zur Zeit noch dort geführt; sie sind


    (Bundeskanzler Dr. Adenauer)

    sehr weit fortgeschritten, aber noch nicht beendet. Es schweben noch Verhandlungen über verschiedene Punkte, und es sind bezüglich zweier Punkte Spannungen zwischen Frankreich und Deutschland entstanden, auf die ich gleich zurückkommen werde.
    Zu beiden großen Verträgen sind Übergangsverträge — im Sprachgebrauch Annexverträge — in Aussicht genommen. Der . Ausdruck „Annexverträge" ist an sich nicht richtig; es handelt sich um Übergangsverträge, die eine Überleitung bezwecken. Über diese Verträge wird zur Zeit zwischen alliierten Stellen und Stellen der Bundesrepublik intensiv verhandelt. Die Wünsche, die dazu von den drei Westalliierten ausgesprochen worden sind, sind nach meiner Meinung zum Teil berechtigt, zum Teil unberechtigt, sie gehen zum Teil über das Ziel hinaus. Über diese Verträge oder Vertragsentwürfe — zum Teil ist es noch nicht bis zum Entwurf gekommen — wird, wie ich eben sagte, zwischen deutschen und westalliierten Stellen intensiv verhandelt.
    Ich möchte mich nun den Schwierigkeiten zuwenden, die in den letzten Wochen plötzlich zwischen Frankreich und Deutschland entstanden sind. Ich werde, meine Damen und Herren, über diese Schwierigkeiten mit aller Offenheit, aber mit aller Ruhe sprechen und versuchen, Ihnen klarzulegen, woraus vielleicht diese Schwierigkeiten plötzlich entstanden sind und woher in der französischen und auch in der übrigen ausländischen Presse plötzlich eine Welle der Erregung hochgekommen ist, die mit all den vorherigen Verhandlungen und mit der Atmosphäre, die bei den bisherigen Verhandlungen geherrscht hat, schlechterdings nicht vereinbar und unverständlich ist.

    (Abg. Frau Thiele: Ablenkungsmanöver!)

    — Ja, ich vermute, daß Ihre Schutzmacht mit dahinter steht.

    (Lachen bei der KPD. — Abg. Renner: Hat die denn Schuman auch schon in der Tasche?! — Weitere Zurufe von der KPD. — Glocke des Präsidenten.)