Rede von
Dr.
Konrad
Adenauer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren, ich habe eben darauf hingewiesen, daß in der Präambel schon das Ziel der gemeinsamen Politik in bezug auf den Friedensvertrag und die Wiedervereinigung Deutschlands angegeben ist. Um aber die Bedeutung gerade dieses Zieles nachdrücklich zu unterstreichen, ist dasselbe nochmals in einem besonderen Artikel im Entwurf des Generalvertrags niedergelegt; es ist darin wiederholt: Die drei Mächte und die Bundesrepublik sind sich darin einig, daß ein wesentliches Ziel ihrer gemeinsamen Politik eine zwischen Deutschland und seinen ehemaligen Gegnern frei vereinbarte friedensvertragliche Regelung für ganz Deutschland ist, welche die Grundlage für einen dauerhaften Frieden bilden soll. Es ist weiter gesagt, daß bis zum Abschluß dieser friedensvertraglichen Regelung die drei Mächte und die Bundesrepublik zusammenwirken werden, um mit friedlichen Mitteln ihr gemeinsames Ziel eines wiedervereinigten Deutschlands zu erreichen. Es ist nochmals ausdrücklich gesagt, daß dem wiedervereinigten Deutschland in gleicher Weise die Rechte der Bundesrepublik aus diesen Vereinbarungen zustehen werden.
Endlich möchte ich noch hervorheben: In einem andern Artikel dieses Generalvertrags ist bestimmt, daß ein Schiedsgericht errichtet werden soll, das bei Meinungsverschiedenheiten, die sich zwischen den drei Mächten und der Bundesrepublik aus diesem Vertrag oder einem beigefügten Abkommen ergeben, zuständig ist.
Ich komme nun zu dem anderen Vertragswerk: dem Vertrag über die Errichtung einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft. Diese Verhandlungen sind, wie Sie wissen, in Paris geführt worden und werden zur Zeit noch dort geführt; sie sind
sehr weit fortgeschritten, aber noch nicht beendet. Es schweben noch Verhandlungen über verschiedene Punkte, und es sind bezüglich zweier Punkte Spannungen zwischen Frankreich und Deutschland entstanden, auf die ich gleich zurückkommen werde.
Zu beiden großen Verträgen sind Übergangsverträge — im Sprachgebrauch Annexverträge — in Aussicht genommen. Der . Ausdruck „Annexverträge" ist an sich nicht richtig; es handelt sich um Übergangsverträge, die eine Überleitung bezwecken. Über diese Verträge wird zur Zeit zwischen alliierten Stellen und Stellen der Bundesrepublik intensiv verhandelt. Die Wünsche, die dazu von den drei Westalliierten ausgesprochen worden sind, sind nach meiner Meinung zum Teil berechtigt, zum Teil unberechtigt, sie gehen zum Teil über das Ziel hinaus. Über diese Verträge oder Vertragsentwürfe — zum Teil ist es noch nicht bis zum Entwurf gekommen — wird, wie ich eben sagte, zwischen deutschen und westalliierten Stellen intensiv verhandelt.
Ich möchte mich nun den Schwierigkeiten zuwenden, die in den letzten Wochen plötzlich zwischen Frankreich und Deutschland entstanden sind. Ich werde, meine Damen und Herren, über diese Schwierigkeiten mit aller Offenheit, aber mit aller Ruhe sprechen und versuchen, Ihnen klarzulegen, woraus vielleicht diese Schwierigkeiten plötzlich entstanden sind und woher in der französischen und auch in der übrigen ausländischen Presse plötzlich eine Welle der Erregung hochgekommen ist, die mit all den vorherigen Verhandlungen und mit der Atmosphäre, die bei den bisherigen Verhandlungen geherrscht hat, schlechterdings nicht vereinbar und unverständlich ist.
— Ja, ich vermute, daß Ihre Schutzmacht mit dahinter steht.