Rede von
Alfred
Loritz
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(Fraktionslos)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (WAV)
Nein, bayrisch, bayrisch!
Meine Damen und Herren! Ich sage hier lediglich, was in dem Vertrag selbst drinsteht und was jeder Jurist
nach dem klaren, deutlichen Wortlaut der Bestimmungen daraus entnehmen muß, außer er bindet sich Scheuklappen vor die Augen und ein schwarzes Tuch, damit er nichts sieht.,
Meine Damen und Herren! Sofern die Übergangszeit in die Rüstungskonjunktur fällt, mag es gehen; sofern die Rüstungskonjunktur während dieser Übergangszeit abbricht, werden gerade diese Übergangsbestimmungen eine entsetzliche Wirkung
auf einen ganz großen Teil der deutschen Volkswirtschaft haben.
Meine Damen und Herren! Es wird sich bei der Erörterung der rein juristischen Punkte, bei der Erörterung der rein allgemein-politischen Fragen noch manches zu diesem Plan sagen lassen. Ich kann hier vielleicht eines davon mit einem Satz vorwegnehmen, weil es auch für wirtschaftliche Fragen relevant ist: Der nicht bloß politische, sonder auch wirtschaftliche und wirtschaftspolitische Kardinalfehler in der Konzeption des Herrn Bundeskanzlers und des Schumanplans ist der: Man berücksichtigt nicht, daß eine der' prominentesten Wirtschaftsmächte Europas, nämlich England, sich von diesem Plan distanziert und fernhält. Der Herr Bundeskanzler hat uns gestern darauf gesagt: Es distanziert sich ja gar nicht! — Da haben Herr Churchill usw. einen Beschluß zusammengebastelt oder einen Brief geschrieben oder was weiß ich, was alles nicht für das englische Parlament bindend ist. Denn nur das englische Parlament könnte entscheiden! Also, England will einen Beobachter in die Haute Autorité schicken. — Ja, was bedeutet denn das schon? Das bedeutet nicht, daß England mitmacht oder dem Plan günstig gesinnt ist. Das bedeutet nur, daß England einen Wachposten hineinschickt, der schaut, was dort beschlossen wird. Sonst hat dieser Beobachter keine Bedeutung. Es ist sehr bezeichnend, daß England auch nicht teilweise mitmacht, obwohl England immerhin ein Stahlproduzent von weiß Gott wie hohen Qualitäten ist. Ich weiß auch nicht, ob der Mangel an Kohle in England für lange Zeit so andauern könnte wie heute. Jedenfalls sollte uns das Verhalten Englands zu denken geben.
Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, besser gesagt: Wirtschaftsgemeinschaft der zivilisierten Menschheit — ausgezeichnet! Aber nicht eine Gemeinschaft, die auf relativ so wenigen Pfeilern aufgebaut ist wie dieser Schumanplan. Ich betone nochmals, das, was ich jetzt sagte, richtet sich keineswegs gegen die berechtigten Interessen der französischen Stahlindustrie. Zweiseitige Verträge
— ich habe es Ihnen schon gesagt —, ist das, was wir Ihnen als positiven Vorschlag zu machen haben. S i e werden ja darüber lachen; das weiß ich.
— Wer „wir" sind? — Das sind die 670 000 Wähler, die ihre Stimme der WAV gegeben haben, die nur durch einige Mätzchen, nur durch undemokratische Mätzchen
darum gebracht worden sind, daß diese ihre Stimmen hier voll zur Geltung kommen, weil nämlich leider nach der geltenden Verfassung Abgeordnete die Farbe wechseln dürfen, selbst wenn sie ihren Wählern versprochen haben, daß sie in der Partei bleiben, in die sie gewählt wurden, und selbst wenn solche Abgeordnete nicht einmal ihre Wähler und ihre Parteimitglieder danach gefragt haben, ob die mit dem Überlaufen zur Regierung einverstanden sind!
Ich spreche im Namen der 670 000 Wähler, die uns damals ihr Vertrauen geschenkt haben.
Wenn Sie meinen, daß ich nicht mehr berechtigt bin, in deren Namen zu sprechen,
dann haben S i e doch ein wunderbares Mittel: 1 Lösen Sie so rasch wie möglich diesen Bundestag auf! Ich hänge nicht an meinem Mandat. Es dreht sich nicht darum, ob ich wieder in dieses Parlament hereinkomme,
sondern es dreht sich darum, daß das Volk dann die Möglichkeit hat, incidenter darüber abzustimmen, ob Sie noch dem Gesamtwillen des Volkes hinsichtlich Schumanplan, hinsichtlich Plevenplan usw. entsprechen oder nicht. Das können Sie jederzeit riskieren. Ich stehe Ihnen gern zur Verfügung. Wenn Sie heute den Antrag auf Auflösung des Parlaments stellen, verspreche ich Ihnen auf mein Ehrenwort, daß ich für die Auflösung des Parlaments mitstimmen werde.
— Ich habe Ihnen, glaube ich, noch keinen Grund
dazu gegeben, mir mein Ehrenwort zu bestreiten.
Im übrigen: Wiederholen Sie mir das bitte außerhalb dieses Hauses, dann werden Sie meine Meinung hören!