Nein, ich sagte eben — Sie haben es infolge des Lärms, der hier herrscht, vielleicht nicht ganz gehört —: Ich gebe mein Ehrenwort darauf, daß ich, wenn Sie. heute einen Antrag auf vorzeitige Auflösung des Bundestags stellen, mit Begeisterung für die •Auflösung des Bundestags mitstimmen werde; übrigens für jeden Antrag, der von irgendeiner Seite des Hauses auf Auflösung des Bundestags kommt.
— Nein, den Gefallen tue ich Ihnen nicht. Es müssen einige hier herinnen sein, die ihre Knie nicht beugen vor dem Götzen Baal.
Es müssen einige herinnen sein, die ihre Knie nicht beugen vor dem mächtigen Einfluß der Schwerindustrie, die heute schon wieder mit aller Kraft dahin tendiert, erstens ein Bombengeschäft zu machen — im übertragenen wie im wörtlichen Sinne des Wortes -- und zweitens die Rechte des Volkes mit Füßen zu treten. Da mache ich nicht mit! Trotzdem oder gerade weil ich kein Sozialdemokrat bin, halte ich es für meine Verpflichtung, als Vertreter der bürgerlichen Kreise, der kleinbürgerlichen vor allem — wenn man überhaupt mit diesen alten überholten Begrenzungen wie bürgerlich oder nichtbürgerlich noch daherkommen will —, mich einzusetzen für die Rechte des deutschen Arbeiters, für die Rechte des deutschen Mittelstandes, für die Rechte der Millionen Menschen, denen es lausig und dreckig genug geht, während die Großindustrie oder wenigstens ein großer Teil von ihr die schamlosesten Gewinne zu buchen versteht. Fragen Sie doch mal, welche Kapitalien sich schon auf den Konten dieser Herren angesammelt haben, allerdings auf Konten, die oft nicht innerhalb der deutschen Grenzen liegen! Orientieren Sie sich, wie hoch die schweizerischen Wirtschafts-
zeitungen, die „Neue Zürcher Zeitung", in ihrem Wirtschaftsteil und andere, die Fluchtkapital-beträge bereits schätzen, die da so vom Norden über den Rhein aus Deutschland rübergewandert sind. Und woher kommen diese Beträge?
— Nein, weil das Nationaleinkommen nicht genügend auf breitere Schultern verteilt wird. Das ist es! Und genau dieselben Kreise, die wirtschaftlich klug zu handeln meinen, vergessen in Wirklichkeit die Worte des alten Ford, der sagte: Großer Reichtum und große Einnahmen lassen sich nur dann rechtfertigen, wenn sie verbunden sind mit einer Aufteilung des Volksvermögens auf möglichst breite Bevölkerungsschichten!
Diese Kreise der Schwerindustrie, nicht bloß in Deutschland, setzen schon wieder aufs falsche Pferd. Sie brauchen solche Überbehörden, wo ihnen die Parlamente aller Länder einschließlich Frankreichs und Italiens nichts mehr oder fast nichts mehr zu sagen haben. Für die ist der Schumanplan das rechte Mittel, um ihre Kassen weiter zu füllen. Für die Völker in Deutschland, in Frankreich, in Italien, in Belgien, in Holland und in Luxemburg wird er sich nicht bloß als ein zweischneidiges Schwert erweisen, sondern als ein Schwert, das den Leuten wirtschaftlich bald die Gurgel abschneiden kann.
Meine Damen und Herren! Wir warnen in letzter Minute!
Wir warnen — weil wir unsere Pflicht tun wollen
gegenüber unseren Wählern und gegenüber unserem Volk — davor, den Schumanplan anzunehmen und ein neues wirtschaftliches Ermächtigungsgesetz zu schaffen, das unbeschränkte oder fast unbeschränkte Vollmachten an Behörden gibt, die
sich nicht einmal innerhalb Deutschlands befinden,
auf die wir fast keinen oder nur einen geringfügigen Einfluß haben. Wir warnen davor, so wie ich
als junger Mann — ich war damals noch nicht Abgeordneter — Freunde von Ihnen davor gewarnt
habe, mit Ja zum Ermächtigungsgesetz zu stimmen.
— Nein, ich war 1933 nicht in der Schweiz! Sagen Sie nicht solche Unwahrheiten! Ich war Rechtsanwalt in München. Ich verbitte es mir, beständig mit solchen unwahren Vorwürfen von Ihnen bedacht zu werden, vielleicht weil Sie wissen, daß ich gegen Sie strafgerichtlich nichts machen kann, wenn Sie hier herinnen solche Unwahrheiten äußern.
— Vielleicht waren Sie auch einmal dort! Ihr Bundeskanzler war erst im vorigen Sommer am Bürgenstock droben.
Aber ich war nicht in der Schweiz mit den Geldern, die aus deutschen Steuergeldern kommen wie das Gehalt Dr. Adenauers!
Nein, damit war ich nicht in der Schweiz. Wenn Sie es genau wissen wollen: ich war damals als junger Mann auf Einladung von Bekannten dort. — Es ist schon so, aber nicht etwa mit Steuergeldern des deutschen Volkes, die jemand in seiner Eigenschaft als Bundesminister oder Bundeskanzler bekommen hat. Ich glaube, das gehört sich nicht!Die
Gelder sollte er lieber in deutschen Kurorten ausgeben. Aber wenn Dr. Adenauer schon in diesem erstklassigen, feudalen Luxushotel auf dem Bürgenstock in der Schweiz war — —