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ID0118302200

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    Deutscher Bundestag — 183. Sitzung.- Bonn, Donnerstag, den 10. Januar 1952 7651 183. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 10. Januar 1952. Geschäftliche Mitteilungen . 7651D, 7779A, 7786C Übertritt des Abg. Dr. Fink von der Frak- tion der FU zur Fraktion der CDU/CSU 7652A Fortsetzung der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend den Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl vom 18. April 1951 (Nrn. 2401, 2484, 2950, zu 2950 der Drucksachen; Anträge Nrn. 2971, 2972, 2973, 2974, Umdrucke Nrn. 407, 408, 412) in Verbindung mit der Fortsetzung der ersten und zweiten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der FU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung des Gesetzes betreffend den Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl vom 18. April 1951 (Nr. 2951 der Drucksachen; Antrag Umdruck Nr. 409) . . . 7652A Wirtschaftspolitische Fragen: Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amtes 7652B, 7675A Imig (SPD) 7655B Niebergall (KPD) 7659D Kalbitzer (SPD) 7661B Dr. Preusker ( FDP), als Berichterstatter 7665B Dr. Bertram (FU) 7666C Dr. Nölting (SPD) 7669C Loritz (Fraktionslos) 7677D Paul (Düsseldorf) (KPD) 7685D Müller (Frankfurt) (KPD) 7691D Stegner (FDP) '7697D Dr. Schröder (Düsseldorf) (CDU) . 7702A Kuhlemann (DP) 7705B von Thadden (Fraktionslos) . . . 7706C Sozialpolitische Fragen, Rechtsfragen und allgemeinpolitische Fragen: Albers (CDU) 7710D Birkelbach (SPD) 7714B Harig (KPD) 7716C Grundmann (FDP) 7720D Heix (CDU) 7721D Dr. Wahl (CDU) 7723D Dr. Veit (SPD) 7726B Euler (FDP) 7730C Dr. von Merkatz (DP) 7734D Schoettle (SPD) 7739C Dr. Kreyssig (SPD) 7744A Fisch (KPD) 7747A Fürst zu Oettingen-Wallerstein (FU) 7753D Dr. Mommer (SPD) 7755D Wehner (SPD) 7762A Dr. Tillmanns (CDU) 7765D Dr. Hasemann (FDP) 7769C von Thadden (Fraktionslos) . . . 7771D Frau Strohbach (KPD) 7774B Loritz (Fraktionslos) 7776A zur Abstimmung: Dr. Richter (Niedersachsen) (Fraktionslos) 7776C Goetzendorff (Fraktionslos) . . . 7777B Mellies (SPD) 7779B Abstimmungen 7777D, 7779C Namentliche Abstimmungen . 7778B, 7779B zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung der dritten Beratung: Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) . . . 7780B Dr. Semler (CDU) 7784A Schröter (CDU) (zur Geschäftsordnung) 7785D Abstimmungen 7785D Ausschluß des Abg. Dr. Richter (Niedersachsen) wegen gröblicher Verletzung der Ordnung für drei Sitzungstage 7786C Nächste Sitzung 7779A, 7783D, 7786C Zusammenstellung der namentlichen Abstimmungen über Art. I des Entwurfs eines Gesetzes betr. den Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl vom 18. April 1951 (Nr. 2401 der Drucksachen) und über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD (Umdruck Nr. 407) zu dem gleichen Gesetzentwurf betr. Einfügung eines Art. I a 7787A Die Sitzung wird um 9 Uhr 31 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Namentliche Abstimmungen 1. über Artikel I des Entwurfs eines Gesetzes betreffend den Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl vom 18. April 1951 (Nr. 2401 der Drucksachen), 2. über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend den Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl vom 18. April 1951 (Umdruck Nr. 407). Name 1. I 2. Name 1 2. Abstimmung Abstimmung CDU/CSU Dr. Horlacher Ja Nein Horn Ja Nein Dr. Adenauer Ja Nein Huth Ja Nein Albers Ja Nein Dr. Jaeger Ja Nein Arndgen Ja Nein Junglas Ja Nein Bauereisen Ja Nein Kahn Ja Nein Bauknecht Ja Nein Kaiser Ja Nein Dr. Baur (Württemberg) . Ja Nein Karpf Ja Nein Bausch Ja Nein Dr. Kather Ja Nein Becker (Pirmasens) . . . . Ja Nein Kemmer Ja Nein Blank (Dortmund) . . . . Ja Nein Kemper Ja Nein Bodensteiner Ja Nein Kern Ja Nein Frau Brauksiepe Ja Nein Kiesinger Ja Nein Dr. von Brentano Ja Nein Dr. Kleindinst Ja Nein Brese Ja Nein Dr. Köhler Ja Nein Frau Dr. Brökelschen . . . Ja Nein Dr. Kopf Ja Nein Dr. Brönner Ja Nein Dr. Krone (Berlin) (Berlin) Brookmann Ja Nein Kühling Ja Nein Dr. Bucerius Ja Nein Kuntscher Ja Nein Frau Dietz Ja Nein Kunze Ja Nein Dr. Dresbach Ja Nein Dr. Laforet Ja Nein Eckstein — — Dr. Dr. h. c. Lehr . -- Nein Dr. Edert Ja Nein Leibfried Ja Nein Dr. Ehlers Ja Nein Lenz Ja Nein Ehren Ja Nein Leonhard Ja Nein Dr. Erhard Ja Nein ' Lücke Ja Nein Etzel (Duisburg) Ja Nein Majonica Ja Nein Etzenbach Ja Nein Massoth Ja Nein Even Ja Nein Mayer (Rheinland-Pfalz) . Ja Nein Feldmann Ja Nein Mehs Ja Nein Dr. Fink Ja Nein Mensing Ja Nein Dr. Frey Ja Nein Morgenthaler Ja Nein Fuchs Ja Nein Muckermann Ja Nein Dr. Freiherr von Fürsten- Mühlenberg Ja Nein berg Ja Nein Dr. Dr. Müller (Bonn) . . . Ja Nein Fürst Fugger von Glött . . Ja Nein Müller-Hermann Ja Nein Funk Ja Nein Naegel Ja Nein Gengler Ja Nein Neber Ja Nein Gerns . Ja Nein Nellen Ja Nein Dr. Gerstenmaier — — Neuburger Ja Nein Gibbert Ja Nein Nickl Ja Nein Giencke Ja Nein Frau Niggemeyer Ja Nein Dr. Glasmeyer Ja Nein Dr. Niklas — — Gliising entschuld. entschuld. Dr. Oesterle Ja Nein Gockeln Ja Nein Dr. Orth Ja Nein Dr. Götz Ja Nein Pelster Ja Nein Frau Dr. Gröwel Ja Nein Pfender Ja Nein Günther Ja Nein Dr. Pferdmenges Ja Nein Hagge Ja Nein Dr. Povel Ja Nein Frau Heiler Ja Nein Frau Dr. Probst Ja Nein Heix Ja Nein Dr. Pünder Ja Nein Dr. Henle Ja Nein Raestrup Ja Nein Hilbert Ja Nein Rahn Ja Nein Höfler Ja Nein Frau Dr. Rehling Ja Nein Hohl Ja Nein Frau Rösch Ja Nein Dr. Holzapfel Ja Nein Rümmele Ja Nein Hoogen Ja Nein Sabel Ja Nein Hoppe Ja Nein Schäffer Ja Nein Name 1. 2. Name 1. Abstimmung 2. Abstimmung Scharnberg Ja Nein Franke Nein Ja Dr. Schatz Ja Nein Freidhof Nein Ja Schill Ja Nein Freitag Nein Ja Schmitt (Mainz) Ja Nein Geritzmann Nein Ja Schmitz beurlaubt beurlaubt Gleisner Nein Ja Schmücker . . . . . . Ja Nein Görlinger . Nein Ja Dr. Schröder (Düsseldorf) . Ja Nein Graf Nein Ja Schröter Ja Nein Dr. Greve Nein Ja Schüttler Ja Nein Dr. Gülich Nein Ja Schütz Ja Nein Happe Nein Ja Schuler Ja Nein Heiland Nein Ja Schulze-Pellengahr . . . . Ja Nein Hennig Nein Ja Dr. 'Semler Ja Nein Henßler Nein Ja Dr. Serres Ja Nein Herrmann Nein Ja Siebel Ja Nein Hoecker Nein Ja Dr. Solleder Ja Nein Höhne Nein Ja Spies Ja Nein Frau Dr. Hubert Nein Ja Graf von Spreti Ja Nein Imig Nein Ja Stauch Ja Nein Jacobi Nein Ja Frau Dr. Steinbiß . . . . Ja Nein Jacobs Nein Ja Storch Ja Nein Jahn Nein Ja Strauß Ja Nein Kalbfell Nein Ja Struve Ja Nein Kalbitzer Nein Ja Stücklen Ja Nein Frau Keilhack Nein Ja Dr. Tillmanns (Berlin) (Berlin) Keuning Nein Ja Dr. Vogel . Ja Nein Kinat Nein Ja Wacker Ja Nein Frau Kipp-Kaule Nein Ja Wackerzapp Ja Nein Knothe Nein Ja Dr. Wahl Ja Nein Dr. Koch Nein Ja Frau Dr. Weber (Essen) . Ja Nein Frau Korspeter Nein Ja Dr. Weber (Koblenz) . . . Ja Nein Frau Krahnstöver . . . . Nein Ja Dr. Weiß beurlaubt beurlaubt Dr. Kreyssig Nein Ja Winkelheide Ja Nein Kriedemann Nein Ja Dr. Wuermeling Ja Nein Kurlbaum Nein Ja Lange Nein Ja SPD Lausen krank krank Frau Lockmann Nein Ja Frau Albertz Nein Ja Löbe (Berlin) (Berlin) Frau Albrecht Nein Ja Lohmüller krank krank Altmaier Nein Ja Ludwig Nein Ja Frau Ansorge Nein Ja Dr. Luetkens Nein Ja Dr. Arndt Nein Ja Maier (Freiburg) Nein Ja Arnholz Nein Ja Marx Nein Ja Dr. Baade Nein -Ja Matzner Nein Ja Dr. Bärsch Nein Ja Meitmann Nein Ja Baur (Augsburg) Nein Ja Mellies . . . . . . . . . Nein Ja Bazille krank krank Dr. Menzel Nein Ja Behrisch Nein Ja Merten Nein Ja Bergmann Nein Ja Mertins Nein Ja Dr. Bergstraeßer Nein Ja Meyer (Hagen) Nein Ja Berlin Nein Ja Meyer (Bremen) Nein Ja Bettgenhäuser Nein Ja Frau Meyer-Laule . . . . Nein Ja Bielig Nein Ja Mißmahl Nein Ja Birkelbach Nein Ja Dr. Mommer Nein Ja Blachstein Nein Ja Dr. Mücke Nein Ja Dr. Bleiß ....... Nein Ja Müller (Hessen) Nein Ja Böhm Nein Ja Müller (Worms) Nein Ja Brandt (Berlin) (Berlin) Frau Nadig Nein Ja Dr. Brill Nein Ja Neumann (Berlin) (Berlin) Bromme Nein Ja Dr. Nölting Nein Ja Brünen Nein Ja Nowack (Harburg) . . . . Nein Ja Cramer Nein Ja Odenthal Nein Ja Dannebom Nein Ja _ Ohlig Nein Ja Diel Nein Ja 011enhauer Nein Ja Frau Döhring Nein Ja Paul (Württemberg) . . . Nein Ja Eichler Nein Ja Peters Nein Ja Ekstrand Nein Ja Pohle Nein Ja Erler Nein Ja Dr. Preller Nein Ja Faller Nein Ja Priebe Nein Ja
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    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte auf die wesentlichen der gestellten Fragen sogleich antworten. Der erste Punkt, den der Abgeordnete Professor Nölting in den Mittelpunkt seiner Ausführungen gestellt hat, war der, daß es sich bei dem Schumanplan darum handle, die Verfügungsgewalt über das schwerindustrielle Potential aus dem staatlichen souveränen Bereich abzutrennen und auf eine übernationale Instanz zu übertragen. Er sieht, wenn ich ihn richtig verstehe, das Bedenkliche eines solchen Vorganges darin, daß es sich dabei um eine bloße Teilintegration handele. Er befürchtet — und er hat das des näheren dargelegt —, daß am Rande, zwischen der Sphäre, die europäisch vergemeinschaftet ist, und derjenigen, die in nationaler, partikularer Souveränität verbleibt, Reibungen und Schwierigkeiten entstehen werden.
    Die erste Frage ist: was heißt es denn: die Verfügungsgewalt über diese beiden Grundstoffindustrien wird uns genommen und auf eine supranationale Instanz übertragen? Es könnte nach den Ausführungen, die wir soeben gehört haben, so erscheinen, als habe dieses Wort „Verfügungsgewalt", die uns hier genommen wird, einen sehr gewichtigen Inhalt, als ob darin in der Tat die absolute und vollständige Disposition über die Produktion liege, d. h. über die Bedingungen der Produktion und über die Produkte selbst. Das wäre, wenn es so gemeint war, ein Irrtum, und zwar ein fundamentaler Irrtum, ein Irrtum in bezug auf eines der ganz wesentlichen Stücke in der Struktur der europäischen Montangemeinschaft.

    (Abg. Dr. Nölting: Bei Mangellagen!)

    — Ich komme darauf. — Diese Montangemeinschaft ist nämlich nicht ein Gebilde, das im Stile eines, sagen wir einmal grob: Staatssozialismus einem Überstaat, eben dieser europäischen Gemeinschaft, im Sinne zentralverwaltungswirtschaftlicher oder planwirtschaftlicher Vorstellungen die volle Verfügung über die Produktion zuweist. Die wirtschaftspolitische Grundanschauung des Plans — das muß einmal gesagt werden — ist nicht die einer Planwirtschaft. Das Produzieren selbst bleibt Angelegenheit der Unternehmungen, in deren Händen es liegt. Es ist dieser supranationalen Hohen Behörde auch nicht gestattet, durch Befehle und Verbote in den Produktionsvorgang oder auch den Absatzvorgang unmittelbar einzuwirken.

    (Abg. Müller [Frankfurt] : Der Schumanplan ist ja etwas ganz anderes!)

    Diese Feststellung ist schon einmal in die Formel zusammengefaßt worden — deren Autor ich übrigens nicht bin —, daß es sich bei der Grundanschauung des Schumanplanes um die Vorstellung von einer „organisierten Konkurrenz" handele. Das ist der entscheidende Gesichtspunkt. Das heißt, die Träger wirtschaftlichen Geschehens und wirtschaftlichen Handelns bleiben die Unternehmungen. Diese Unternehmungen treten miteinander in Wettbewerb. Die Hohe Behörde hat nur die Aufgabe, wenn dieser Wettbewerbsvorgang in Störungen gerät, regulierend, koordinierend, reagierend einzuwirken. Diese Wirtschaftsverwaltung 'ist nicht eine solche totalitären Stils, die das Wirtschaften aus den Händen der wirtschaftlichen Unternehmungen in irgendeine staatliche oder überstaatliche Instanz überträgt. Das ist der eine Punkt.
    Nun wird gesagt, selbst in dieser Begrenzung sei die Herausnahme eines Teils der Volkswirtschaft gefährlich. Ich gebe zu und habe es immer zugegeben, daß hier in der Tat eines der schwierigsten Sachprobleme, vielleicht das schwierigste Sachproblem des Schumanplans überhaupt, vor uns liegt. Ob diese Schwierigkeiten Anlaß genug sind, zu dem Gesamtwerk Nein zu sagen, ist eine andere Frage.
    Was ich jetzt sage, begrenzt weiter die Aussage, gegen die ich mich vorhin .gewandt habe. Der Hohen Behörde wird nur die vorhin beschriebene wirtschaftspolitische Zuständigkeit zugemessen. Es ist nicht so, wie es nach einer Bemerkung des Herrn Abgeordneten Professor Nölting scheinen könnte, daß die Übertragung von Zuständigkeiten der Hohen Behörde das Recht gäbe, in alles — ich habe das Wort Beschäftigungsverhältnis in Erinnerung behalten — einzugreifen, was zu den Produktionsbedingungen innerhalb der Grundindustrien gehört. Wenn das der Sinn jener Bemerkung gewesen ist, so ist sie unrichtig, und zwar zweifellos unrichtig. Wir haben in dem Plan eine deutliche Trennung zwischen wirtschaftspolitischen Funktionen und anderen vollzogen. Man kann das so formulieren, daß alle anderen Funktionen, die für das gute Wirtschaften in den Grundstoffindustrien gleichfalls bedeutsam sind, wie die Steuerpolitik, Sozialpolitik und alles andere, zu der allgemeinen „Geographie" gehören, in die die einzelnen nationalen Volkswirtschaften und ihre Grundindustrien eingebettet sind. So wenig wir die Vorteile, die die natürliche, physikalische Geographie dem einen oder anderen Partner in diesem Werke zuschanzt, beseitigen wollen — wir Deutsche haben ja am allerwenigsten Anlaß, so etwas zu wollen —, so wenig haben wir in die sozialpolitische, in die finanzpolitische, handelsrechtliche und sonstige Geographie eingreifen wollen.
    Nun wird gesagt, das sei es ja gerade, was die Sache so schwierig macht. Wie kann man denn annehmen, daß ein System funktionieren wird, bei dem — ich gebrauche ein Wort des Herrn Redners — eine Amputation vorgenommen, also die Grundindustrie aus der „Verfügungsgewalt" des Staates herausgelöst wird? Es ist gesagt worden, das fordere doch mit Notwendigkeit, mit einer naturgesetzlichen Notwendigkeit eine Integration auch des


    (Staatssekretär Dr. Hallstein)

    Restes. Allerdings! Wir glauben das auch. Wir glauben auch, daß die Schwierigkeiten, die hier entstehen und die ich gar nicht leugne und die noch niemals geleugnet worden sind, nur. eine Lösung zulassen, nämlich eine Lösung nach vorne. "

    (Sehr gut! bei den Regierungsparteien.)

    Es gibt in dieser Situation angesichts des europäischen Gefälles, das durch dieses Werk hergestellt
    wird, nach unserer festen Überzeugung keinen anderen Ausweg als den einer weiteren Integration.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wenn Sie mich fragen, wie wird man sich inzwischen . behelfen, bis diese Restintegration vollzogen ist, so ist meine Antwort eine doppelte.
    Einmal ist eben aus diesem Grunde ein Organ geschaffen worden, dessen Existenzberechtigung sonst etwas schwieriger zu begründen wäre, obwohl sie auch begründbar ist, nämlich der Ministerrat. Die vornehmste Funktion des Ministerrats ist es gerade, die Friktionen zu bewältigen, die aus der Tatsache entstehen, daß nur die wirtschaftspolitische Zuständigkeit, also das, was nach der traditionellen Ressortverteilung in den europäischen Ländern in den Händen eines Wirtschaftsministers liegt, auf die Hohe Behörde übertragen worden ist, nicht aber die Funktionen, die für diese Grundindustrien gleichfalls wichtig sind: die Funktionen der Finanzminister, der Arbeitsminister, der Justizminister, der Verkehrsminister usw. Wir sind sicher — und in dieser Auffassung werden wir durch die Erfahrungen in den wirtschaftspolitischen europäischen Gremien, die heute bereits bestehen, gestützt —, daß die Gewöhnung der Wirtschaftsminister dieser Montan-Unionsländer daran, sich über ihre Sorgen auszusprechen und den Versuch zu machen, diese Friktionen zu beseitigen, das Gewicht der Tendenzen nach europäischen Lösungen — nach „europa-wirtschaftlichen Lösungen", haben Sie gesagt — noch verstärken wird. Das ist nicht ein nachträglich theoretisch festgestelltes, zufälliges Ergebnis dieser Entwicklung, sondern ein Teil des Plans. Insofern sind diese Schwierigkeiten selbst und die Fragen, die hier entstehen, ein positives und fortschrittliches Element des Werks und nicht sein Mangel.
    Dazu kommt ein Zweites. Sie selbst, Herr Abgeordneter, haben die Interdependenz der wirtschaftlichen Gegebenheiten angerufen. Freilich haben Sie daraus gewisse Schwierigkeiten gefolgert, die sich ergeben würden. Ich bin auch in diesem Punkte, nämlich im Glauben an die Interdependenz der wirtschaftlichen Gegebenheiten, ein Optimist. Ich bin sicher, das zweite Element — und dazu braucht man gar nichts Organisatorisches zu tun —, das uns helfen wird, aus jenen Schwierigkeiten herauszukommen, ist eben die Interdependenz der wirtschaftlichen Vorgänge.

    (Sehr gut! bei den Regierungsparteien.)

    Sie wird dahin führen, daß auch in den Bereichen, die unmittelbar durch die Anwendung dieses Plans nicht gedeckt werden, die Ausgleichung und damit Europäisierung der Wirtschaften entstehen wird, deren wir bedürfen, um im wirtschaftlichen Bereich zu dem zu kommen, was Sie mit einem treffenden Ausdruck eine Europawirtschaft nennen.
    Noch einmal: Was geschieht durch diesen Plan, um eine europawirtschaftliche Realität, einen wirtschaftlichen Großraum, eine einheitliche europäische Wirtschaftspolitik auf begrenztem Bereich herzustellen? Es ist doch vornehmlich das, daß die Einschränkungen, die Dämme niedergelegt werden, die bisher die einzelnen Teile dieses gesamten europäischen Raums voneinander trennen. Das ist ja doch die eigentliche Leistung des Plans, nicht die Übertragung irgendwelcher planerischen Befugnisse, Wirtschaftsführungsbefugnisse, an die Hohe Behörde, sondern die Wegräumung jener Schrebergärten-zäune, von denen ich heute früh gesprochen habe, und die Verantwortung dafür, daß sie weggeräumt bleiben. Das nämlich ist die vornehmste Aufgabe. Und das ist wiederum der Sinn des Ausdrucks „organisierte Konkurrenz", daß die Daten, die eine wirkliche europäische Wirtschaft auf dem Gebiet der Grundindustrien ermöglichen, nicht nachträglich wieder beseitigt werden oder, um denselben Gedanken anders und mehr individualrechtlich auszudrücken: die Fürsorge dafür, daß innerhalb dieses Raumes keine Diskriminierungen stattfinden.
    Damit bin ich bei dem zweiten Hauptargument, das Sie, Herr Abgeordneter, soeben vorgebracht haben; das ist wieder das Argument der Gleichbehandlung der Konsumenten innerhalb des gemeinsamen Raumes. Hier besteht ein enger-Zusammenhang mit dem, was ich über die Zuständigkeit und Aufgaben der Hohen Behörde gesagt habe. Ich habe vorhin ausgeführt, man darf sich die Hohe Behörde nicht als eine Konzernleitung vorstellen,

    (Zuruf von der KPD: Das ist sie!)

    d. h. als eine Instanz, die selber wirtschaftet, die wirtschaftliche Entschlüsse faßt. Das ist sie nicht. Das ist sie nicht nur aus den Gründen nicht, die ich soeben dargelegt habe, sondern aus einem weiteren Grunde, weil, wenn wir uns fragen, auf welcher Parteiseite: Produzenten- oder Konsumentenseite, die Hohe Behörde steht, die Antwort lautet: auch und eher auf der Seite der Konsumenten.

    (Zuruf von der KPD: Hast du 'ne Ahnung!)

    Das ist es j a, was dem ganzen Plan seine letzte Rechtfertigung verleiht, daß er den europäischen Konsumenten von all den Einzelwirkungen des Unsinns befreien soll, den wir gegenwärtig in der Möglichkeit vor uns sehen, Europäer gegenüber anderen Europäern deshalb zu diskriminieren, weil sie nicht demselben Nationalstaat angehören.

    (Zustimmung in der Mitte. — Zurufe links.)

    Das ist die Grundidee des Planes. Und hier hilft, kann ich nur noch einmal sagen, kein Mundspitzen, hier muß gepfiffen werden. Wenn wir Europa wollen, müssen wir auch die Gleichbehandlung der Europäer in Europa und vor europäischen Instanzen wollen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf links.)

    Wenn ich in diesem Zusammenhang ein Argument nicht verstanden habe, dann war es auf dem Gebiet der Sozialpolitik der Hinweis darauf, durch diesen Plan könnten Wanderungsbewegungen zum Vorteil einer anderen europäischen Provinz als der deutschen ausgelöst werden.

    (Abg. Albers: Wollen wir ja gerade!)

    Ja, wenn wir die europäische Wirklichkeit nicht
    auch dadurch realisieren wollen, daß wir die Freizügigkeit in diesem europäischen Raum herstellen,

    (Sehr richtig! in der Mitte)

    dann muß ich noch einmal fragen: Wie sieht das Europabild derer aus, die zwar sagen, daß sie Europa wollen, aber überall dort, wo nun aus dieser Aussage konkrete Konsequenzen gezogen werden sollen, uns entgegenhalten: Es darf uns aber nicht


    (Staatssekretär Dr. Hallstein)

    I die Alleinverfügung über diese oder jene Möglichkeit kosten?!

    (Lebhafte Zustimmung bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der SPD.)

    So kann man Europa nicht bauen.
    Der nächste Punkt betraf die Frage der Anwendung des Besatzungsrechts, und zwar seiner fortgesetzten Anwendung auf Gebiete, die nicht dem Schumanplan unterliegen. Hier liegt es so: Wir haben die Befreiung von diesen Fesselungen erreicht, weil ihr Fortbestand — ich sage nicht: mit dem Geist; da dieses Wort nicht beliebt ist, will ich versuchen, 'es zu vermeiden — mit dem Vertrag selbst in Widerspruch steht, weil ein Fortbestand jener Beschränkungen, insbesondere der Zuständigkeit des Sicherheitsamtes, eine diskriminierende Behandlung im Sinne des Vertrags wäre und weil das Verbot der Diskriminierung eine Regel dieses Schumanplan-Rechtes ist, die alle anderen Bestimmungen des Vertrags an Wirkung schlägt. Es ist, wenn sie den Ausdruck erlauben, eine Art Verfassungsgrundsatz der Montangemeinschaft, an dem nicht vorbeigegangen werden kann.
    Nun gibt es doch nur folgende Alternative: Entweder man hätte in den Schumanplan Weitere Gebiete einbeziehen sollen. Wenn ich die Ausführungen, die wir vorhin gehört haben, so verstehen soll, daß sie eine Anregung dazu sind, den Anwendungsbereich des Schumanplans zu erweitern, so nehme ich das für meine Person freudig zur Kenntnis. Wir haben j a auch schon feststellen können, daß beispielsweise in unserer weiterverarbeitenden Industrie eine große Neigung dazu besteht.

    (Abg. Kalbitzer: Aber nicht bei den Franzosen, das ist der Unterschied!)

    Ich habe es absichtlich vermieden, etwas an Zitaten vorzubringen —, wenn ich nun doch auf das Zitieren eingehen muß, so möchte ich in Parenthese sagen: Es- wäre wirklich leicht, namentlich gegenüber dem, was hier über die Vorteile gesagt worden ist, die der Plan im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit der französischen Industrie bringt, all das anzuführen, was die Leute, denen dieser „Vorteil" zugedacht ist, nämlich die Leute von der französischen Schwerindustrie, selber darüber 'denken.

    (Fortgesetzte Zurufe.)

    Wollen wir nicht diese Zitate aus der Betrachtung ausschalten! Wir haben doch unsere Entscheidung auf unser eigenes Urteil zu gründen.

    (Zustimmung in der Mitte. — Zurufe von der SPD.)

    Ich sage: ich bin ja damit einverstanden, daß wir den Anwendungsbereich des Schumanplans erweitern; und dann kommen weitere Beschränkungen ebenso in Hinfall, wie das bisher schon auf dem Anwendungsbereich des Schumanplans wegen des Widerspruchs mit dem Besatzungsrecht der Fall gewesen ist.
    Dann ein Wort über die Ausgleichszahlungen. Ist nicht die Tatsache der Ausgleichszahlungen doch ein kleines Fragezeichen hinter die oft so generell vorgebrachte These, daß unsere Startbedingungen so ungünstig sind? Warum sind denn diese Ausgleichszahlungen eingeführt worden? Deshalb, weil namentlich für die belgische Kohleproduktion — das ist der symptomatische, der illutrativste Fall — in der Tat die Produktionsbedingungen in einem Maße ungünstiger sind als der Durchschnitt der Produktionsbedingungen im übrigen MontanUnion-Raum, daß man, wenn man von Belgien die
    Einbeziehung dieser Grundindustrien fordern wollte, etwas tun mußte, um die Schockwirkung der plötzlichen Einführung zu mildern, um also an Stelle — wenn Sie mir die Fortsetzung dieses Bildes gestatten — des Dammbruchs, der durch den Schumanplan herbeigeführt wird, ein System von Schleusen zu setzen, von Schleusen, die eine Zeitlang, nämlich für den Übergangszeitraum, manipuliert werden und es so möglich machen, eine Angleichung des Pegelstandes diesseits und jenseits dieses Dammes in einer vernünftigen, für die nationale Volkswirtschaft nicht störenden Form herbeizuführen.
    Eine Bemerkung, die der Herr Abgeordnete zu den Zuständigkeiten des Gerichtshofs gemacht hat, muß ich schon jetzt beantworten. Es wird sich vielleicht im weiteren Gang der Debatte eine Gelegenheit ergeben, dazu noch etwas zu sagen. Ich will mich jetzt darauf beschränken zu sagen, daß es unrichtig ist, zu behaupten, der Gerichtshof könne nur Formalitäten nachprüfen. Ich bin gern bereit, das, was ich hier sage, später, wenn von diesen rechtlichen Dingen die Rede ist, ausführlicher zu begründen.
    Und schließlich die letzte Frage, die ausdrücklich an die Bundesregierung gerichtet worden ist: Ob wir die Zusicherung geben können, daß, wenn wir eine Breitbandstraße aus Amerika kaufen können, keine Hindernisse dagegen bestehen, daß wir sie auch einbauen können. Ja, wir können diese Zusicherung geben! Es ist der zweifellose Inhalt des Vertrags, daß das geschehen kann.

    (Zuruf von der Mitte: Absolut richtig!)

    Dann war noch der Verdacht ausgesprochen worden — und damit will ich schließen —, daß der Bau des Moselkanals eine Maßnahme sei, die nicht nur nicht europawirtschaftlich sei, sondern die zudem wahrscheinlich das erste Projekt sein werde, das aus den Mitteln der Montangemeinschaft finanziert werde. Darüber kann ich eine beruhigende Erklärung abgeben, nämlich die, daß es sich um eine Finanzierung handelt, die nicht in dem unmittelbaren Anwendungsbereich des Planes liegt. Da der Bau eines Moselkanals nicht ein Vorgang der Grundindustrien ist, bedarf es für eine solche Entscheidung der einstimmigen Zustimmung des Ministerrats. Wir haben also alle Garantien, dabei auch unser Interesse gewahrt zu sehen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Kalbitzer: Das habe ich auch gesagt!)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Loritz.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Alfred Loritz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (WAV)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (WAV)

    Meine Damen und Herren! Als ich gerade die Rede des Herrn Staatssekretärs hörte, da dachte ich, ich könnte vielleicht nicht mehr lesen. Aber ich habe mich unterdessen davon überzeugt, daß anscheinend der Herr Staatssekretär Hallstein das nicht mehr kann und daß e r die einzelnen Bestimmungen des Schumanplans nicht genügend im Kopfe hat. Ich habe mir wortwörtlich mitgeschrieben, was er sagte. Er sagte während seiner Ausführungen, „es sei der Hohen Behörde nicht gestattet, durch Befehle oder Verbote" — ich habe wörtlich mitgeschrieben — „in den Absatzvorgang einzugreifen". Lesen Sie sich doch bitte, Herr Dr. Hallstein, einmal die ausdrücklichen Bestimmungen des Schumanplans hier durch! Lesen Sie mal, was da drin steht!

    (Sehr richtig! links.)



    (Loritz)

    Fangen wir gleich mal mit dem Art. 47 an, der einer der Hauptpfeiler des Absatzes „Wirtschafts-und Sozialbestimmungen" ist. Lesen Sie doch hier zuerst die Generalklausel:
    Die Hohe Behörde kann die für die Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen Auskünfte einholen. Sie kann die erforderlichen Nachprüfungen vornehmen lassen.
    Und so weiter.

    (Zuruf rechts: Ja und?)

    — Warten Sie nur in Ihrem jugendlichen Ungestüm! Sie werden den nächsten Satz gleich hören: Diejenigen, die das nicht tun, riskieren, daß die Hohe Behörde gegen Unternehmen, die ihren Verpflichtungen aus Entscheidungen, die in Durchführung der Bestimmungen des Artikel erlassen worden sind, nicht nachkommen, Strafen bis zum Betrag von 1 % des Jahresumsatzes festsetzt und Zwangsgelder bis zum Höchstbetrag von 5 % des durchschnittlichen Tagesumsatzes für jeden Tag des Verzugs. Ist das keine Hinderung der betreffenden Unternehmen? Ist das kein Eingriff in die Produktion?

    (Zuruf von der Mitte.)

    Herr Staatssekretär, ich weiß bald nicht mehr, was ich dazu noch sagen soll,

    (erneute Zurufe und Lachen-in der Mitte)

    wenn ein prominenter Vertreter der Regierung
    wie Sie uns diesen Artikel absichtlich nicht zitiert.
    Oder nehmen Sie mal den /Art. 66 vor, in dem es heißt, daß die Hohe Behörde Geldbußen bis zum Betrag von 3 oder 10 oder 15 % der Höhe der Vermögenswerte festsetzen kann. Die Hohe Behörde kann Durchführungsmaßnahmen ergreifen, wenn die Beteiligten ihren angeblichen Verpflichtungen nicht nachkommen; sie kann einen Treuhänder für jede einzelne private Fabrik ernennen lassen, sie kann einen Zwangsverkauf für jedes private Unternehmen vornehmen. Damit verstößt sie gegen die Grundsätze unserer Bundesverfassung, die für jeden das Recht des Eigentums garantiert, das nur durch Richterspruch aberkannt werden kann. Sie — die Schumanplan-Behörde — kann alle Rechtsgeschäfte, die von irgendeinem Unternehmen vorgenommen worden sind, für nichtig erklären.