Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wenn wir hier über den Schumanplan diskutieren, dann gibt es eigentlich zwei Pläne: einmal den französischen Plan und zum anderen den deutschen Plan.
— Ich wollte gerade darauf zu sprechen kommen, Herr Dr. Schröder. Fest steht aber doch das eine, daß es über denselben Text zwei verschiedene Auslegungen gibt.
— Ich komme darauf; lassen Sie mich doch aussprechen! Ich bin in dem . guten Glauben, daß in
solchen Fällen immer die Meinung desjenigen ausschlaggebend ist, der der Stärkere ist.
— Ja, wir können uns doch nicht einbilden, das wir das sind!
— Es kommt hier nicht auf den Gegensatz oder Nichtgegensatz an; ich glaube, diese Bemerkung war doch wohl sehr deplaziert.
Ich habe gesagt, daß das Gesetz Nr. 27 der drei Besatzungsmächte nun einmal ausschlaggebend ist. Aber die Dekonzentration ist in der Zwischenzeit Gegenstand eines Übereinkommens zwischen den drei Mächten und der Bundesregierung gewesen. Darauf beruft man sich immer. Diese Übereinkunft
— das sagt jetzt Herr Schuman selbst — bleibt bestehen und ist endgültig wie alle internationalen Übereinkommen. Es muß von der Hohen Behörde respektiert und angewandt werden.. Wir brauchen uns also in Zukunft über irgendwelche Dekonzentrationsmaßnahmen gar nicht aufzuregen; denn hier besteht Einverständnis zwischen der Bundesregierung und den Hohen Alliierten.
— Ja. Das zeigt aber auch in aller Deutlichkeit, warum der Kampf um die Erhaltung des DKV so ungeheuer schwierig war. Bis vier Tage vor der Unterzeichnung war ein Plan ausgearbeitet worden, der eine großzügige Regelung vorsah — mit dem Resultat, daß er selbstverständlich wieder torpediert wurde. Ich will dabei auf die Einzelheiten gar nicht eingehen; die können Sie im Bericht des Berichterstatters viel besser nachlesen. Es ist bei den Vorschlägen eben so, daß wir bei der Zusammensetzung der Alliierten Hohen Kommission das Spiel von vornherein immer 2 : 1 verloren haben.
— Nein, das sind keine Meinungen, das sind Tatsachen.
Wenn ich nun zu dem jetzt erarbeiteten Vorschlag, der auch im Bericht des Berichterstatters enthalten ist, komme, so möchte ich nicht auf die Frage eingehen, ob dieser Vorschlag zweckmäßig ist oder nicht zweckmäßig ist. Denn weder die Regierung noch das Hohe Haus wissen, wie eine endgültige Regelung aussehen wird. Das weiß in diesem Moment kein Mensch, und der Herr Professor Hallstein hatte schon vollständig recht, wenn er in einer Sitzung des Außenpolitischen Ausschusses auf die Frage: Wie sieht nun die endgültige Regelung aus? Kann diese Regelung dem Plenum vorgelegt werden? sagte: Ich glaube nicht, daß das möglich ist. Wir stehen also heute vor der Tatsache, etwas zu ratifizieren, ohne daß wir die Vorbedingungen kennen.
Und ich glaube, nicht nur die SPD — —
Nicht nur die SPD, die in der Drucksache Nr. 2484 unter Ziffer 5 ihre Bedenken angemeldet hat, nicht nur die Gewerkschaften, die vor allen Dingen auf Klarheit bestanden, weil sie wissen, wieviel davon abhängt, denn nicht nur die am Bergbau Beteiligten sind darin interessiert, nein, hier handelt es sich doch um eine Maßnahme, die die gesamte deutsche Wirtschaft betrifft.
Keineswegs kann man zur Erledigung des DKV nun einfach. sagen: Wir können beruhigt über diese Frage hinweggehen. Alles steht noch offen. Und wenn ich mir vorstelle,. wie die einzelnen Vorschläge bisher behandelt worden sind, dann kann man nur mit dem größten Pessimismus zu dieser Frage Stellung nehmen.
Wenn jetzt die Regierungsparteien mit Drucksache Nr. 2974 unter Ziffer 2 beantragen,
darauf hinzuwirken, daß bei der endgültigen Gestaltung des deutschen Kohlenverkaufs den Bestimmungen des § 12 des Abkommens über die Übergangsbestimmungen Rechnung getragen wird,
— meine Herren, dann kommt das doch ein bißchen zu spät.
— Ja, glauben Sie denn nun, daß die Sache des deutschen Kohleenverkaufs mit dem Schumanplan nichts zu tun hat, Herr Etzel?
— Ja, Herr Etzel, es ist doch in Wirklichkeit so — gehen Sie doch auf die Grundtendenz zurück —, daß wir uns nicht gefallen lassen wollen, uns vor dem Start zum gemeinsamen Markt in eine Form hineinpressen zu lassen, die für uns alles andere als annehmbar ist.
(Abg. Etzel [Duisburg] : Auf der einen Seite
haben Sie gesagt, die alliierten Verbraucher
seien für den DKV, und auf der 'anderen
Seite sagen Sie, sie seien dagegen. Was ist
denn nun richtig? — Unruhe. — Glocke des
Präsidenten.)
— Na, Herr Etzel, ich glaube nicht, daß das stimmt, was Sie da sagen.
Auch die Deutsche Kohlenbergbauleitung hat in aller Deutlichkeit darauf hingewiesen, wie weitgehend eine Auflösung des Deutschen Kohlenverkaufs die Kohlenwirtschaft und damit die Belieferung der ganzen Wirtschaft beeinflussen würde. Auch der Bundesrat und Herr Dr. Spiecker als sein Sprecher hatten schon die weitgehende Bedeutung dieser Frage begriffen, wenn er ausführte:
Ich möchte als Verteter von Nordrhein-Westfalen nicht verhehlen, daß uns einige Nachrichten über eine schwerverständliche Einstellung gewisser ausländischer Unterhändler mit ernster Sorge erfüllen, die augenblicklich nicht begreifen können, daß die krisenempfindliche kohlenverknappte deutsche Wirtschaft
das Entstehen anarchistischer Zustände hervorruft, wenn auf dem Gebiet des Kohlenverkaufs jetzt diese Maßnahme eintreten sollte.
Sehen Sie, meine Herren, ich gehe noch weiter. Ich will sagen: Selbst wenn wir eine Lösung in Gestalt eines Vorschlags dieser Kommission hätten, eine Lösung, die nicht nur vernünftig, sondern optimal wäre, dann hätten wir immer noch nichts in der Hand. Ich will mich über die Zweckmäßigkeit der Lösung usw. gar nicht auslassen. Fest steht doch das eine: Keine der Forderungen aller Beteiligten -- Gewerkschaften, DKV, Bundesrat — ist erfüllt worden. Und ich bin überzeugt: Ratifizieren wir den Schumanplan vor der Erfüllung dieser Forderungen, ja, meine Herren, dann geben wir damit die beste Waffe aus der Hand, die wir überhaupt gehabt haben.
Der Herr Bundeskanzler hat im Bundesrat erklärt, er mache den Beitritt zum Schumanplan davon abhängig. Warum handeln wir dann nicht dementsprechend? Die ganze Diskussion, die wir jetzt geführt haben, wäre dann unnötig gewesen.
Aber man muß schon die wahren Gründe sehen, und es ist nicht damit abgetan, daß man sagt: Wer den Schumanplan ablehnt, der ist gegen den europäischen Gedanken. Das wäre ein billiges Argument. Und, Herr Bundeskanzler, auch Sie müßten eigentlich wissen, daß sehr viele Wege nach Rom führen.
Ich darf -im Namen meiner politischen Freunde wohl sagen: Zu der europäischen Gemeinschaft sagen wir ja,
aber wenn man aus diesem hohen Gedanken der
europäischen Gemeinschaft ein Geschäft auf
Kosten Deutschlands machen will, dann sagen wir
nein.