Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren! Wir werden bei der dritten Lesung die Möglichkeit haben, uns noch einmal zu den Grundfragen zu äußern, die mit diesem Gesetz in Zusammenhang stehen. Ich möchte, zumal das Hohe Haus nicht allzu gut besetzt ist, darauf verzichten, wie mein Herr Vorredner jetzt an dieser Stelle grundsätzliche Ausführungen zu machen, und mich vielmehr darauf beschränken, die Anträge der Koalitionsparteien auf Umdruck
Nr. 380 zu begründen. Der Umdruck Nr. 381 hat lediglich redaktionelle Bedeutung. Er ist dadurch bedingt, daß wir einen neuen Tatbestand einfügen. Wir sind bereit, alle Vorschläge zu prüfen, die redaktionelle Vereinfachungen bringen, etwa in dem Sinne, wie es in einem Antrag geschehen ist, wo überhaupt nur von „Schäden" gesprochen und auf die Aufzählung der einzelnen Schadensarten verzichtet wird. Darüber müssen wir nachher noch bei den einzelnen Paragraphen sprechen.
Umdruck Nr. 380 enthält den Antrag, in § 1 einen neuen Schadenstatbestand einzufügen, den wir als „Ostschäden" bezeichnet haben. Wir haben diesen Ausdruck gewählt, weil wir gern einen kurzen Ausdruck haben wollten und uns dieser Ausdruck immerhin noch der beste zu sein schien, der den Tatbestand, um den es hier geht, einigermaßen charakterisiert. Ich darf zur Verdeutlichung des Tatbestandes auf den § 4 a verweisen. Meine Freunde haben im Ausschuß immer wieder darauf hingewiesen, daß wir der alteingesessenen westdeutschen Bevölkerung nicht schwere Abgabenlasten auferlegen können, wenn wir nicht auf der anderen Seite bereit sind, diese Mitbürger beim Lastenausgleich entsprechend zu berücksichtigen hinsichtlich der Schäden, die sie in den jetzt unter polnischer Verwaltung stehenden Ostgebieten erlitten haben. Provinzen wie Ostpreußen, Schlesien und Pommern haben sehr enge wirtschaftliche Beziehungen zum Westen gehabt. Vor allem gilt das für Schlesien, wo schon durch den Bergbau immer sehr enge wirtschaftliche Beziehungen zu Nordrhein-Westfalen bestanden haben. Auf diese Weise gibt es hier im Westen eine große Zahl von Mitbürgern, die in den Ostprovinzen Vermögen besitzen. Diese Vermögensobjekte unterliegen demselben Schicksal wie die Vermögen der Heimatvertriebenen.
Die Frage, wie und in welchem Umfang diese Vermögensverluste entschädigt werden, ist eine Frage, die im allgemeinen Lastenausgleichsgesetz geregelt werden mula. Vor allem hat die Frage auch fur ale sogenannte Kompensation oder Saldierung Bedeutung. Diese Schäden müssen bei der Abgabepflicht berücksichtigt werden, die auf dem westdeutschen Vermögen ruht. Der Ausschuß hat sich dankenswerterweise nach wiederholten Vorstößen schließlich beim Lastenausgleichsgesetz dazu entschlossen, diese Vermögensschäden der alteingesessenen westdeutschen Bevölkerung im Rahmen des allgemeinen Lastenausgleichsgesetzes zu berücksichtigen. Daraus ergab sich angesichts der Bedeutung der Frage die Notwendigkeit, diese Art von Schäden nunmehr auch in dem Feststellungsgesetz zu berücksichtigen. Aus diesem Grunde haben wir den Änderungsantrag zu § 1 und § 4 a eingebracht.
In diesem Antrag ist besonders wichtig der Stichtag des 31. Dezember 1944. Über diesen Stichtag haben eingehende Beratungen stattgefunden. Wir haben uns zu diesem Datum entschlossen, weil wir der Ansicht sind, daß etwa von diesem Termin an die eigentlichen Vertreibungen einsetzten. Selbstverständlich hat jeder solcher Stichtag etwas Willkürliches. Es gibt immer Fälle, die sich mit einem solchen Stichtag nicht vereinbaren lassen. Aber es ist einfach nicht möglich, hier alle Härten völlig auszuschließen.
Was nun die örtliche Abgrenzung angeht, so ist hier ein Gegensatz zu dem Tatbestand in dem Antrag der sozialdemokratischen Fraktion vorhanden.
Wir haben im Ausschuß immer wieder die Frage 1 geprüft, wie die Vertriebenen aus der Sowjetzone im Rahmen dieses Gesetzes zu behandeln sind. Es unterliegt keinem Zweifel, daß hier besondere Tatbestände vorliegen. Auf der anderen Seite haben diese unglücklichen Mitbürger, die unter Gefahren für Leib und Leben ihre Heimat in der mitteldeutschen Zone aufgeben mußten, einen unbedingten Anspruch darauf, in ihren Nöten Berücksichtigung zu finden, und können verlangen, daß wir ihnen im Rahmen des nur irgendwie Möglichen helfen. Wir sind deswegen auch der Ansicht, daß in § 40 Abs. 3 des Gesetzes von vornherein eine Ermächtigung eingebaut werden mußte, daß die Regierung durch Rechtsverordnung vor allem die aus der Sowjetzone Vertriebenen in den Kreis der Feststellungsberechtigten aufnehmen kann. Ich verweise ausdrücklich auf diese in dem Gesetz vorgesehene Ermächtigung. Wir sind darüber hinaus der Ansicht, daß wir unabhängig von der Entscheidung der Regierung schon in dem allgemeinen Lastenausgleichsgesetz bei dem Härtefonds Vorschriften dahingehend schaffen müssen, daß zum mindesten die Sozialleistungen auch den unter Gefahr für Leib und Leben aus der Ostzone Vertriebenen zugute kommen müssen. Auf der anderen Seite darf man nicht übersehen, was von größter politischer Tragweite ist, daß die mitteldeutsche Zone unter deutscher Verwaltung steht. Darin besteht der große Unterschied gegenüber den Gebieten östlich der Oder und Neiße, wo es eine deutsche Verwaltung nicht mehr gibt. Wir würden es deswegen für politisch nicht klug halten, wenn man diese Unterschiede hier einfach verwischte und sie nicht deutlich in der Art und Weise, wie dieser Fragenkomplex geregelt wird, in Erscheinung treten ließe.
Aus diesem Grunde haben wir die vorliegende Formulierung des § 4 a gewählt und den Begriff der Ostschäden bewußt auf die Vermögensverluste abgestellt, die in den Gebieten östlich der Oder und Neiße eingetreten sind. Daß darin Härten liegen, ist sicher. Aber ich betone noch einmal, wir sind der Überzeugung, daß die Fragen der Vertriebenen aus der mitteldeutschen Zone von der Regierung besonders geregelt werden und uns ein besonderes, den gegebenen Tatbeständen Rechnung tragendes Gesetz so rasch wie möglich vorgelegt werden sollte. Wir glauben nicht, daß die Dinge so bleiben können, wie sie augenblicklich sind. Auch kann dies Problem nicht allen zufriedenstell end beim allgemeinen Lastenausgleichsgesetz im Rahmen des Härtefonds geregelt werden. Das ist keine ausreichende Regelung.
Ich darf bitten, diesen § 4 a bzw. die Ergänzung zu § 1 anzunehmen und auf diese Weise wenigstens einen Teil der Kritik auszuschließen, die gegenüber der früheren Fassung des Feststellungsgesetzes geäußert wurde. Dabei darf ich darauf hinweisen: im Ausschuß haben sich die Kollegen von der SPD keineswegs sofort für diese Erweiterung erklärt, sondern sie haben uns zunächst die kalte Schulter gezeigt. Wir freuen uns aber, daß wir nun an sich darüber einig sind — —
— Herr Kollege Kriedemann, wir sind uns aber jedenfalls insoweit einig, als auch in Ihrem Antrag, wenn ich ihn richtig verstehe, die Vermögensverluste der westdeutschen Bevölkerung östlich der
Oder- und Neiße-Linie nach Ihrem Tatbestand berücksichtigt werden sollen.
— Wir schließen sie nicht aus,
Herr Kollege Kriedemann, sondern wir sehen
nach wie vor den § 40 Abs. 3 vor, aus den Gründen, die wir im Ausschuß erörtert und die ich
hier kurz vorgetragen habe. Wir sind außerdem
der Ansicht — um das nochmals ganz klarzustellen —, daß die Regierung hier raschestens
eine besondere Vorlage machen sollte. Wenn die Regierung das nicht tut, dann können wir es ja, Herr Kollege, im Wege des Initiativgesetzes machen.
Aber wir halten im Rahmen dieses Gesetzes aus den dargelegten Gründen eine solche Ausdehnung des Tatbestandes nicht für zweckmäßig.