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    Deutscher Bundestag — 175. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. November 1951 716i) 17 5. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 15. November 1951. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 7170C, 7200A Anfrage Nr. 221 der Fraktion der FDP betr. Personelle Besetzung des Spruchsenats in Soforthilfesachen in Bad Homberg v. d. H. (Nrn. 2717, 2822 der Drucksachen) . . . . 7170D Anfrage Nr. 224 der Abg. Dr. Frey, Dr. Horlacher, Dr. Dr. Müller (Bonn), Dannemann, Tobaben, Lampl u. Gen. betr. Diplomlandwirte in der Bundesfinanzverwaltung (Nrn. 2729, 2823 der Drucksachen) 7170D Vorlage einer Denkschrift des Bundesministers der Justiz über die Zuziehung von Schöffen oder Geschworenen und die Schaffung eines zweiten Rechtszuges in Hoch- und Landesverratssachen . . . . 7170D Bericht des Bundesministers der Finanzen über Einsparungsmöglichkeiten im Besatzungslastenhaushalt (Nr. 2824 der Drucksachen) 7170D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Angelegenheiten der inneren Verwaltung (24. Ausschuß) über den Antrag, der Fraktion der DP betr. Verteilung der Sitze für noch zu errichtende Bundesbehörden und über den Antrag der Abgeordneten Dr. Baade u. Gen. betr. Errichtung einer obersten Bundesbehörde in Kiel (Nrn. 2738, 2498, 1392 der Drucksachen) 7171A Von der Tagesordnung abgesetzt . . 7171A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Besoldungsrechts (Nr. 2783 der Drucksachen) 7171A Dr. Eckert, Finanzminister des Landes Baden, Berichterstatter 7171A Beschlußfassung 7172A Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP und des Zentrums eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung der Facharztordnung für die deutschen Ärzte an die Fortschritte der medizinischen Wissenschaft und Praxis (Nr. 2255 der Drucksachen; Mündlicher Bericht des Ausschusses für Fragen des Gesundheitswesens (32. Ausschuß) (Nr. 2761 der Drucksachen) 7172A Frau Dr. Hubert (SPD), Berichterstatterin 7172B Frau Dr. Steinbiß (CDU) 7172D Pohle (SPD) 7173A, 7175A Dr. Hammer (FDP) 7174C, 7175C Mayerhofer (BP) 7174D Abstimmungen 7174D, 7175C Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Rückgabe von Kunstgegenständen (Nr. 2707 der Drucksachen) 7175D Dr.-Ing. Decker (BP), Antragsteller 7175D Paul (FDP) 7176C Hennig (SPD) 7177A von Thadden (Fraktionslos) 7177B Beschlußfassung 7177C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Angelegenheiten der inneren Verwaltung (24. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der DP betr. Unterbringung geisteskranker Personen (Nrn 2736, 1248 der Drucksachen) 7177C Frau Nadig (SPD), als Berichterstatterin 7177B als Abgeordnete 7178C Dr. Hammer (FDP) 7178A Ewers (DP) 7179A Frau Dr. Steinbiß (CDU) 7179C Beschlußfassung 7179D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Angelegenheiten der inneren Verwaltung (24. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Volkholz, Dr. Fink, Strauß u. Gen. betr. Durchführung der Bewaffnung der Jägerschaft (Nrn. 2737, 1080 der Drucksachen) 7179D Huth (CDU), Berichterstatter . . . 7180A Beschlußfassung 7180B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Angelegenheiten der inneren Verwaltung (24. Ausschuß) über den An- trag der Zentrumsfraktion betr. Gesetzgebungsrahmen und über den Antrag der Zentrumsfraktion betr. Fundstellennachweis für Gesetze (Nrn. 2739, 360, 1374 der Drucksachen) 7180B Dr. Reismann (Z), Berichterstatter . . 7180C Dr. Kopf (CDU) (zur Geschäftsordnung) 7181B Ausschußüberweisung 7181B Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Rückerstattung feststellbaren ehemals jüdischen Vermögens (Restitution) (Nr. 2447 der Drucksachen) 7181B Dr. Etzel (Bamberg) (BP), Antragsteller 7181C, 7186D Dr. Horlacher (CSU) 7183D Dr. Arndt (SPD) 7184C Dr. Richter (Niedersachsen) (Fraktionslos) 7185A, 7207C Schoettle (SPD) 7185D Mellies (SPD) 7185D Dr. Schneider (FDP) 7186B Ausschußüberweisung 7187B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Fragen der öffentlichen Fürsorge (31. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD zur Interpellation betr. Winterbeihilfe (Nrn. 2805, 2724 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Sozialpolitik (21. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Gewährung von Winterbeihilfen (Nrn. 2806, 2539 der Drucksachen) . . . . 7187B Junglas (CDU), Berichterstatter . . . 7187C Schüttler (CDU), Berichterstatter . 7188B Mellies (SPD) 7188B Renner (KPD) 7188C Beschlußfassung 7189D Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Sofortige Wiedergutmachung von Manöverschäden (Nr. 2747 der Drucksachen) 7189D Ausschußüberweisung 7189D Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Bekanntgabe des Entwurfs des „Generalvertrags" zwischen der Bundesrepublik und den Herren Hohen Kommissaren (Nr. 2760 der Drucksachen) 7189D Renner (KPD), Antragsteller: zur Sache 7190A zur Geschäftsordnung 7192C Dr. Krone (CDU) 7192C Übergang zur Tagesordnung 7193A Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Inlandsporto im Brief- und Postkartenverkehr zwischen europäischen Staaten (Nr. 2705 der Drucksachen; Umdruck Nr. 361) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Europäisches Abkommen über gebührenfreie Benutzung der staatlichen Verkehrsmittel (Nr. 2706 der Drucksachen) 7193B Dr. Etzel (Bamberg) (BP), Antragsteller 7193B Dr. Schneider, Staatssekretär im Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen 7193C Dr. Mommer (SPD) 7194C Dr.-Ing. Decker (BP) 7195D Strauß (CSU) 7196A Kohl (Heilbronn) (FDP) 7197A von Thadden (Fraktionslos) . . . 7197B Ausschußüberweisung (Antrag Nr. 2705 der Drucksachen) 7197C Übergang zur Tagesordnung (Antrag Nr. 2706 der Drucksachen) 7197C Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Gebietliche Verteilung des eingeführten Weizens (Nr. 2740 der Drucksachen) 7197C Lampl (BP), Antragsteller . 7197C, 7199A Dr. Horlacher (CSU) 7198C Kriedemann (SPD) 7199B Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU) . . . 7199B Margulies (FDP) 7199D Beschlußfassung 7200A Dr. Sonnemann, Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten . . . 7198D Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 355) 7200B Beschlußfassung 7200B Beratung der Interpellation der Fraktion der SPD betr. Staatsvertrag der Länder Baden, Rheinland-Pfalz und Württemberg-Hohenzollern über den Südwestfunk (Nr. 2692 der Drucksachen) 7200B Jacobs (SPD), Interpellant . 7200B, 7206C Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 7204A Dr. Mende (FDP) 7205A Persönliche Bemerkung: Dr. Richter (Niedersachsen) (Fraktionslos) 7207C Nächste Sitzung 7208D Die Sitzung wird um 13 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Carlo Schmid


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Weitere Wortmeldungen scheinen nicht vorzuliegen.


    (Vizepräsident Dr. Schmid)

    Wir kommen zur Abstimmung. Es ist der Antrag gestellt worden, den Antrag an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu überweisen.

    (Zuruf von der Mitte: Nicht überweisen!) Wer für die Überweisung dieses Antrages an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Letzteres ist die Mehrheit.

    Nun muß ich über den Antrag selbst abstimmen lassen.

    (Abg. Hilbert: Für erledigt erklären!)

    — Nein, es ist der Antrag gestellt, ihn anzunehmen; also muß ich darüber abstimmen lassen.

    (Abg. Strauß: Die Abstimmung war unklar; wir bitten um Wiederholung! — Abg. Hilbert: Die Erklärung der Regierung für erledigt erklären!)

    Wer für die Annahme dieses Antrages ist, den bitte
    ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Letzteres war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
    Meine Damen und Herren, ich habe bekanntzugeben, daß das Mitglied des USA-Kongresses Armstrong gern eine Ansprache an interessierte Abgeordnete des Hauses halten möchte, und zwar um 20 Uhr drüben im Ruheraum. Die Kolleginnen und Kollegen, die sich diese Ansprache anhören wollen, sind eingeladen, sich dort einzufinden.
    Dann rufe ich auf Punkt 15 der Tagesordnung: Beratung des interfraktionellen Antrags betreffend Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 355).
    Die Liste soll durch einen Antrag der kommunistischen Fraktion auf Drucksache Nr. 2809 betreffend Freigabe von Lebensmitteln ergänzt werden.
    — Ich stelle fest, daß das Haus damit einverstanden ist, daß die Liste ergänzt wird.
    Wer für die Überweisung der auf Umdruck Nr. 355 verzeichneten Anträge an die zuständigen Ausschüsse unid für Überweisung des Antrags Nr. 2809 der Drucksachen an den Ausschuß für Wirtschaft ist, den bitte ich, die Hand zu erheben.
    — Gegenprobe! — Angenommen.
    Nun rufe ich auf Punkt 3 der Tagesordnung, der zurückgestellt worden war:
    Beratung der Interpellation der Fraktion der SPD betreffend Staatsvertrag der Länder Baden, Rheinland-Pfalz und Württemberg-Hohenzollern über den Südwestfunk (Nr. 2692 der Drucksachen).
    Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Jacobs. — Der Ältestenrat schlägt für die Begründung 20 Minuten und für die allgemeine Aussprache 90 Minuten vor.

    (Zuruf: 60 Minuten!)

    Der Abgeordnete Jacobs hat gebeten, falls er seine Redezeit für die Begründung überschreiten sollte, dies auf die Redezeit der Fraktion für die Aussprache anzurechnen. Wenn wir dem zustimmen, folgen wir einer Übung des Hauses. — Bitte, Herr Abgeordneter!
    Jacobs (SPD), Interpellant: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! So wichtig und notwendig es gewesen wäre, wenn der Herr Bundesinnenminister, der den Wunsch hatte, an dieser Debatte teilzunehmen, dazu auch Gelegenheit bekommen hätte — nicht nur, weil dann die Minister-hank nicht mehr so ausgesprochen leer wäre, sondern auch, weil uns die Hoffnung bewegt, daß sein Dabeisein uns vielleicht hätte Veranlassung geben können, zu glauben, in ihm in diesem Fall einen sattelgerechten Reiter auf dem parlamentarischen Gaul zu wissen —, so ist anderseits die Angelegenheit — auch in ihrer zeitlichen Behandlung — zu ernst, als daß eine weitere Hinausschiebung am Platze wäre. Interpellationen werden in der Regel von den zuständigen Parlamenten und den Regierungen, an die sie gerichtet sind, weniger nach dem beurteilt, was sie beinhalten, sondern mehr nach ihrer politischen Herkunft und dem quantitativen Gehalt der Interpellanten.
    Weil der sozialdemokratischen Fraktion als der Interpellantin des hier mit zur Debatte gestellten Fragenkomplexes sehr daran gelegen war und noch ist, das von mir zu begründende Anliegen möglichst zu einem solchen des gesamten Hauses werden zu lassen, hatten sich ihre für diese Frage zuständigen Mitglieder an die sachverständigen Mitglieder anderer demokratischer Fraktionen dieses Hohen Hauses gewandt, um durch das, was man eine interfraktionelle Demarche zu nennen pflegt, dieser von vornherein wenigstens den parlamentarischen Initiativerfolg zu sichern. Aus mir im einzelnen nicht bekannten Gründen ist daraus nichts geworden. Das bedauern wir sehr. Trotzdem hegen wir die Hoffnung, daß im Hinblick auf die ebenso sachliche wie temperamentvolle, ja zum Teil sogar leidenschaftliche Anteilnahme und Reaktion, die dieser Staatsvertrag der Länder Baden, Rheinland-Pfalz und Württemberg-Hohenzollern über den Südwestfunk in der Repräsentanz der öffentlichen Meinung gefunden hat, Ihnen allen, meine Damen und Herren, Veranlassung gegeben ist, Versäumtes in der Sache dadurch nachzuholen, daß sie erstens mir zuhören, womit Sie ja gleichzeitig einer sonn- i täglichen Empfehlung des Herrn Präsidenten dieses Hohen Hauses entsprechen würden,

    (Sehr gut! rechts)

    und zum andern Ihre Bereitschaft zu erkennen geben, im Anschluß an meine Begründung in eine sachliche Diskussion über den ganzen Fragenkomplex einzutreten.
    Wenn meine Fraktion sich erst vor Monatsfrist zur Einbringung dieser Interpellation entschlossen hat — ohne dann auf die sofortige Behandlung zu drängen —, geschah dies, weil sie bis dato die Hoffnung nicht aufgegeben hatte, es möge den Vertragskontrahenten noch die Einsicht kommen, daß das, was ihre Referenten erzeugt haben, doch eine greuliche, wasserköpfige Mißgeburt ist, bei der selbst die wohlmeinendste Nachbarin damit rechnen müßte, der Geschmacklosigkeit bezichtigt zu werden, wenn sie mit dem Hinweis zu trösten versuchte: „Er steht ihm aber jut!"

    (Heiterkeit.)

    Ich meine das selbstverständlich nur bildlich. Oder anders ausgedrückt: Mit dieser — gelinde gesagt — Fleißarbeit demokratischer Konvertiten sollten sich die in Frage kommenden Länderregierungen und die zuständigen Parlamente besser nicht identifizieren. Zur Ehre und zum Ruhm der Landtage von Baden und Württemberg-Hohenzollern sei gesagt, daß sie sich bis heute auch noch nicht zu Vätern dieser Mißgeburt bekannt haben.

    (Abg. Hilbert: Wir haben ja dort keine Landtage mehr!)

    — Es bestand Gelegenheit, sich dazu zu bekennen. — Übereifer ist, besonders in der Politik,
    sicherlich kein Gradmesser für Qualität, und, um


    (Jacobs)

    ein Wort eines Rezensenten des neuesten Buches von Arthur Koestler zu gebrauchen:
    Kreuzfahrer der Politik — auch wenn sie vorgeben, es im Namen der Demokratie zu tun — sind mit und ohne Haken immer ein Kreuz für ihre Völker. Man kann sie gut entbehren.
    Nichts wäre der Sache weniger dienlich, als jetzt noch aus einem falsch verstandenen Prestigebedürfnis heraus an dem Übernommenen und ursprünglich Gewollten festzuhalten. Ich darf mir in diesem Zusammenhang den geziemenden oder — ich überlasse es Ihrer Beurteilung — nicht geziemenden Hinweis erlauben, daß es ja auch in der Vergangenheit nicht wenige bedeutende polilitische Männer gegeben hat — ich denke da an Talleyrand und einige andere historische Standardfiguren —, die oftmals Einsicht durch Umkehr bewiesen haben, was sie in unserem Erinnerungsbild nicht geringer erscheinen läßt.
    Es bestand also hinreichend Möglichkeit, zu dieser Einsicht zu gelangen, da kaum Gelegenheit gegeben war, sich nicht vom anhaltenden Protest der öffentlichen Meinung zu überzeugen, selbst nicht in den hartnäckigen und wohl nur seltenen Fällen ministerieller Ungeneigtheit, überhaupt um die Meinung der Gazetten wissen zu wollen. Dafür war der Bogen zu weit gespannt, und in seltener Einmütigkeit erwies sich die Einheitsfront des politischen Journalismus gegen dieses Vertragswerk, eine Front, die noch über den alphabetischen Telephonjargon von Aristoteles über Xanthippe hinaus in diesem Falle von Adenauer bis zum Z.K. reicht.
    Das, was in dem durch unsere Interpellation beanstandeten Vertragswerk enthalten ist — sowohl im Hinblick auf das Staatsrechtliche als auch auf den materiellen Inhalt der Bestimmungen —, schafft Fakten von wesentlicher politischer Bedeutung. Daran ändert auch nichts die Tatsache, daß dieses Vertragswerk noch nicht zum Zuge gekommen ist, weil das Urteil des Bundesverfassungsgerichts in der Frage der staatlichen Neuordnung des Südwestraumes aufschiebende Wirkung gehabt hat. Weil dem so ist und weil wir unsere Interpellation in der Sache nach wie vor als gerechtfertigt erachten, legen wir Wert darauf, in diesem speziellen Fall das Wort „Interpellation" im Sinne der Ursprünglichkeit seiner Bedeutung aufgefaßt zu sehen, d. h. also mit dem Ziel der vorläufigen Aufhebung der Maßnahmen und der Ersetzung des Staatsvertrags in der uns nach Form und Inhalt einzig möglich erscheinenden Weise.
    Der Staatsvertrag scheint uns nach zwei Richtungen Fragen aufzuwerfen, an deren Behandlung ein außerordentliches Interesse vorliegen muß, wollen wir nicht Gefahr laufen, uns ohne zwingenden Grund der rechtlichen Basis zu begeben, die unsere Zuständigkeit begründet. Wie schon aus dem Text der Interpellation ersichtlich, handelt es sich einmal um das Verhältnis des Bundes zu den Ländern. Im Weiteren geht es um die Frage, in welchem Umfang sich dieser Staatsvertrag über den Südwestfunk im Widerspruch zu den im Grundgesetz garantierten Grundfreiheiten befindet.
    Erstens: Der Staatsvertrag greift in die dem Bund gemäß Art. 73 Ziffer 7 des Grundgesetzes zustehenden Rechte ein und schmälert für die Zukunft die Rechtsposition des Bundes im Verhältnis zu den Ländern.
    Zweitens: Der Staatsvertrag verletzt trotz der in der gemeinsamen Erklärung der drei Ministerpräsidenten versuchten Abschwächung das dem Südwestfunk bisher ebenso wie allen andern westdeutschen Rundfunkanstalten zugestandene Recht der freien Meinungsäußerung, verletzt damit Art. 5 des Bonner Grundgesetzes und die in der praktischen Handhabung des Rechtes der Rundfunkanstalten bisher gegebene Lage.
    Drittens: Der Staatsvertrag ist kein geeignetes Mittel, zur Aufhebung des Besatzungsrechtes — ich möchte einschränkend sagen: des Besatzungsrechtes hinsichtlich des Rundfunks — beizutragen, sondern bringt im Gegenteil die Gefahr mit sich, daß durch die Vorgänge, die sich anläßlich seines Abschlusses ereignet haben, Veranlassung für die Verlängerung des Besatzungsrechts und Mißtrauen in unsere Fähigkeit, föderalistische Vorbehalte mit demokratischen Grundsätzen in Einklang zu bringen, entstehen können.
    In geradezu souveräner Mißachtung nun einmal bestehender Zuständigkeiten des Bundes sind diese übergangen worden. Der § 23 des Vertrages und das, was er materiell beinhaltet, ist eine durch nichts zu rechtfertigende Kompetenzüberschreitung der vertragschließenden Länder gegenüber dem Bund. Nach dem genannten Paragraphen beispielsweise ist das Vermögen des Südwestfunks reines Ländervermögen, an dem der Bund keinerlei Anteil hat. Ich weiß, daß gegen diese Behauptung der Einwand kommen wird, daß es sich keinesfalls um eine Präjudizierung der Vermögensverhältnisse aus früherer Zeit handeln soll, sondern mit dieser Bestimmung lediglich die Quasi-Konfiskation des Vermögens, das nachträglich, nach Bildung der Länder, erworben ist, zum Ausdruck kommen soll. Aber ich kann mir nicht vorstellen, wie und unter welchen Umständen eine solche Inventur zu klaren und zu rechtfertigenden Ergebnissen kommen könnte.
    Vor dem Eingreifen der Besatzungsmächte war das Rundfunkvermögen Reichsvermögen, und während der Besatzungsdauer sind außer den Vermögensstücken, die der Funk von Post und Reichsrundfunkgesellschaft übernommen hat, die laufenden Einnahmen aus den Zahlungen der Bundespost durch Abführung der Hörergebühren geleistet worden.
    Auch wenn ich darauf verzichten muß, weitere Einzelheiten des Vertrages zum Nachweis effektiver Kompetenzüberschreitungen heranzuziehen, ergibt sich die Rechtsunwirksamkeit des Staatsvertrages schon dadurch, daß der Bund gemäß Art. 73 Ziffer 7 mit Art. 93 des Grundgesetzes gegebenenfalls sein Mitbestimmungsrecht im Wege der Klage vor dem Bundesverfassungsgericht geltend zu machen hätte.
    Außer auf die Debatte im Parlamentarischen Rat über diese und ähnliche Artikel des Grundgesetzes, die der Hauptausschuß in seiner Sitzung vom 5. Januar 1949 eingehend beraten hatte, wobei sich die Beratung mit dem die ausschließliche Gesetzgebung des Bundes regelnden Artikel befaßte, kann ich mich in diesem Zusammenhang auf die Ausführungen von v. Mangoldt in seinem Kommentar zum Bonner Grundgesetz, Anmerkung zu Art. 73 Ziffer 7 am Ende, berufen.

    (Sehr richtig! rechts.)

    In der Bestimmung des § 23 liegt eine Disposition der Länder über Mittel, an denen der Bund interessiert sein muß, mindestens beteiligt zu sein.
    Als dem Rundfunkrat des Südwestfunks der Text des Staatsvertrags bekannt wurde, in dem kein Wort vom Bund stand, hat er innerhalb der


    (Jacobs)

    Grenzen seiner Befugnisse auf diesen unmöglichen Zustand hingewiesen — was immerhin kennzeichnend ist im Hinblick auf die Animosität der Regierungsstellen gegen die Funktionsfähigkeit der Einrichtungen, genannt Rundfunk- und Verwaltungsrat — und die Regierungen gebeten, wenigstens in einigen besonders krassen Punkten den Staatsvertrag abzuändern und die Bundesregierung mit den Länderregierungen wenigstens insofern auf eine Stufe zu stellen, als auch die Bundesregierung für ihre wichtigen Mitteilungen ebenso Sendezeiten beanspruchen dürfe wie die vertragschließenden Länder.
    Dann wurde auf die rechtlichen Bedenken aufmerksam gemacht, wonach im Falle der Auflösung des Südwestfunks durch die vorgesehene relativ kurzfristige Kündigungszeit des Vertrages das ganze Vermögen nur auf die Länder übergehen soll. Das Vermögen des Südwestfunks stammt aber aus den Werten, die kraft der Ordonnance 188 als der bisherigen Rechtsgrundlage aus Post-, also früherem Reichseigentum auf den Südwestfunk übergegangen sind, und aus den Hörergebühren, die auf Grund der Sende- und Empfangshoheit, die auch nicht den Ländern zusteht, von der Post eingezogen und bis auf den 20 %igen Postanteil an den Südwestfunk abgeführt worden sind.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Es wäre ungerecht, meine Damen und Herren, nicht zu sagen, daß der Bund doch auch in diesem Vertragswerk in einem gewissen Zusammenhang erwähnt ist. Es ist sogar besonders interessant für Sie, zu erfahren, in welchem Zusammenhang in diesem Vertrag der Bund erwähnt ist. Ich meine damit die Ziffer 8 der gemeinsamen Erklärung der Länderregierungen über ihre Bereitschaft, beim Bund für eine Befreiung von Umsatzsteuer und für eine günstige Regelung für den Südwestfunk bei der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer eintreten zu wollen. Obwohl im Interesse einer nicht gering zu erachtenden auch zukünftigen Qualitätssteigerung der Rundfunkdarbietungen gewiß nichts gegen die Absicht einzuwenden ist, für eine Befreiung des Rundfunks von ihn sonst hemmenden und belastenden Steuern einzutreten, ist es doch sehr bemerkenswert, daß diese Generosität wohl nur deshalb zu finden ist, weil sie ausschließlich zu Lasten des Bundes ginge, da hinsichtlich der Steuern, die auch in diesem Falle die Länder für sich einziehen, gar nicht von dieser Art von Befreiung die Rede ist. Ich finde, meine Damen und Herren: Großzügigkeit mit den Geldern anderer Leute mindert den Wert solcher Absichten und setzt doch wohl auch den Willen voraus, fremder Leute Finger im eigenen Portefeuille wühlen zu lassen.
    Als die Länderregierungen sahen, daß die gesamte öffentliche Meinung bis — und das ist durchaus verständlich! — auf die von der rheinisch-pfälzischen Regierung herausgegebene „Staatszeitung" gegen den Staatsvertrag Stellung nahm und etwas zu ihrer Beruhigung geschehen mußte, haben sie eine gemeinsame Erklärung zunächst telefonisch unterzeichnet, weil die Sache ja so furchtbar eilig war,

    (Zuruf von der SPD: Geht das?)

    eine Erklärung, in der mit vielen Worten wenig gesagt war und nichts, was die gefährlichen Bestimmungen des Staatsvertrages abgeändert hätte. — Ja, ich habe den Eindruck, als ob die Länder manchen Organisationen hierin voraus sind
    und bei solchen Dingen auch schon das Telefon als Ersatz benutzen können.
    Aber auch in diesem Chaos von Nuancierungen, genannt gemeinsame Erklärung, ist wiederum der Bund völlig übergangen, damit der Griff auf das Vermögen der Anstalt, das bisher nicht Ländervermögen war, beschränkt und dem Bund nicht einmal das bescheidene Recht der Einräumung von Sendezeiten für wichtige Mitteilungen zugestanden worden.
    Wir werden uns im Verlauf der Debatte wie anschließend in den zuständigen Ausschüssen sicherlich noch mit diesem ganzen Fragenkomplex beschäftigen müssen, da die Frage, was Bundessache und was Ländersache ist, noch keinesfalls ausdiskutiert ist.
    Es ist sicherlich kein Zweifel an der Annahme erlaubt, daß sich die vertragschließenden Länder bei der Abfassung dieses monströsen Vertragswerks etwas gedacht haben. Ganz gewiß hatten sie dabei ein bestimmtes Ziel im Auge, und zwar in der Sache sehr massiv, obzwar sonst geradezu diabolische Bemühungen erkennbar sind, mit Rücksicht auf die Wirkung in der Öffentlichkeit es dieser möglichst zu verschweigen.
    Ich weiß nicht, ob dieser Staatsvertrag bei dem kürzlich kreierten Karnevalsschlager: „Man kann auch alles übertreiben!" Pate gestanden hat. Aber im wohlverstandenen Interesse der beteiligten Länder darf daran erinnert werden, daß, wenn auch der Appetit beim Essen zu kommen pflegt, es auch dem Gourmand schlecht bekommt, wenn er mehr ißt, als er zu verdauen in der Lage ist.
    Sehen Sie sich einmal dieses Vertragswerk und die — hier muß man schon sagen — Verspeisungsfolge an. Die bisherige Organisation des Südwestfunks sah, wie bei den übrigen westdeutschen Rundfunkanstalten, vor, daß der Intendant die Anstalt öffentlichen Rechts leitete, daß er aber seinen Etat von dem Rundfunkrat vorgeschlagen bekam, daß ein Verwaltungsrat gebildet wurde, der die Verwaltung, die technische Geschäftsführung dauernd überwachte, und daß vom Rundfunkrat ein Programmausschuß gewählt wurde, der den Intendanten in der Programmgestaltung beriet. Die Prüfung der Jahresrechnung erfolgte durch den Verwaltungsrat nach Einholung eines Prüfungsberichts von einem vom Lande Rheinland-Pfalz ernannten Sachverständigen. Die Genehmigung der Jahresrechnung und Erteilung der Entlastung war wiederum eine Sache des Rundfunkrats. Im Rundfunkrat saß natürlich auch ein Vertreter einer jeden der drei Regierungen. Im übrigen wurden die Rundfunkratsmitglieder von den Institutionen des öffentlichen Lebens gewählt, denen man ein besonderes Interesse für den Rundfunk zutraute. Der Rundfunkrat selber wählte seinerseits wiederum den Verwaltungsrat.
    Der Staatsvertrag hat nun keinesfalls seine Absicht, den Funk zu säkularisieren, aufgegeben, sondern — und dies ist, glaube ich, noch ein besonderer Vorwurf gegen ihn — er sucht sein Ziel durch ein sorgfältig ausgeklügeltes Netz von Paragraphen zu erreichen, das der geschickte Fischer dann im gegebenen Moment zusammenziehen kann. Während der Verwaltungsrat bisher nur ein kaufmännischtechnisches Kontrollorgan war und es seinem Wesen gemäß auch nur sein kann, das mit der Programmgestaltung außer hinsichtlich der Kosten nichts zu tun hatte, wird ihm nach diesem Staatsvertrag die entscheidende Machtstellung einge-

    Jacobs)
    räumt; denn der Intendant wird an seine Beschlüsse auch hinsichtlich des Programms gebunden.
    Trotz dieser Vermehrung der Aufgaben des Verwaltungsrats wird dieser von 11 bzw. 12 Mitgliedern auf 9 Mitglieder verkleinert, und — merken Sie die Absicht — von diesen 9 Mitgliedern werden nicht wie bisher alle vom Rundfunkrat gewählt, sondern nur 6, während 3 von den Regierungen ernannt werden. Die 6 vom Rundfunkrat gewählten Mitglieder sind persönliche Mitglieder und daher unvertretbar. Für den Fall ihres Unvermögens, an einer Sitzung teilzunehmen, fällt ihre Stimme aus. Die 3 Regierungsvertreter sind aber ersetzbar. Sie erscheinen also in jeder Sitzung, einmal als Minister, einmal als Oberregierungsrat und einmal als Ministerialrat.
    Die Regierungen erhalten also durch diese an ihre Weisungen gebundenen und zum Bericht verpflichteten Beamten einen Einblick in jeden geschäftlichen Vorgang der Anstalt. Sie können aber ihren Einfluß nicht nur durch einen auswechselbaren Vertreter im Verwaltungsrat geltend machen, sondern sie haben sogar ein Recht der Beanstandung des Haushalts, den bisher der Rundfunkrat in letzter Instanz beschlossen hat. Darüber hinaus haben sie ein Kündigungsrecht, erstmalig zum 1. April 1954, dann jedes Jahr, so daß jede Forderung der Regierung nicht nur an der Beanstandung des Haushalts, sondern auch in der Kündigung des Vertrags überhaupt eine von keinem Intendanten übersehbare Unterstützung findet. Wenn die Regierungen nicht wollen, kommt nämlich überhaupt kein Etat zustande, ganz abgesehen davon, daß es für eine Rundfunkanstalt völlig unmöglich ist, langfristig zu planen, wenn das Damoklesschwert der Kündigung dauernd über ihrem Haupt schwebt. Diese Kündigungsmöglichkeit ist widersinnig, oder sie hat vielmehr nur dann einen Sinn, und zwar einen sehr schlauen Sinn, möchte ich sagen, wenn sie beim ersten Termin ausgenutzt wird, um damit das aus Nicht-Ländervermögen bestehende Anstaltseigentum in das Ländervermögen zu überführen und dann eine Anstalt nach eigenem Gutdünken aufzubauen, in deren Statuten die Abhängigkeit von der Länderregierung nicht mehr schamhaft verschwiegen zu werden braucht.
    Sie sehen also, daß überkompensierte Minderwertigkeitskomplexe nicht auf von Statur kleine Menschen beschränkt bleiben, sondern anscheinend ihren Niederschlag auch in kleinen Staatsgebilden finden. Dieser Staatsvertrag ist eine Politik mit Pauken und Trompeten, allerdings ausgeführt in der Disharmonie der Töne einer Duodezkapelle. Andererseits: wieviel beklagenswerter Mangel an Vertrauen in das Funktionieren anderer demokratischer Einrichtungen, die sich in der Zwischenzeit in unserem Volke gebildet haben, als der Parlamente und Regierungen! Wie soll das, was man unter Demokratie doch nur verstehen kann, in unserem Volk zum Tragen kommen, wenn man von vornherein die demokratische Honorigkeit von Einrichtungen wie Rundfunk- und Verwaltungsrat in Zweifel zieht? Bei so viel Eigensüchtigkeit und angemaßter Unfehlbarkeit ist doch mit Recht die Frage nach der Unterscheidung eines demokratischen Staatssystems von einem anderen erlaubt.
    Angesichts dieses Tatbestandes dürfen Sie es mir nicht verübeln, wenn ich — wie Bernhard Shaw in seinem „Kaiser von Amerika" — frage: „Warum soll ein guter König nicht besser als ein schlechter Minister sein?" Ich will hier keine Debatte über die Monarchie führen, ich denke nicht daran; denn sie wäre in unserer Situation ein Streit um des Kaisers Bart. Aber wann begreifen endlich gewisse Leute, nachdem die hellhörige Presse und andere interessierte Organisationen, die Parteien, einschließlich der Millionenorganisation der Gewerkschaften, es längst gemerkt haben, daß mit der unbotmäßigen — —

    (Zurufe von der FDP: Natürlich! — Aha!)

    — Mindestens so wichtig wie eine Ärztekammer, wenigstens was die Menge anbelangt, Herr Kollege Dr. Hammer! — Ich sage, ich lege Wert auf die Betonung der Worte „unbotmäßige Bevormundung". Wann begreifen diese Leute, daß durch solche Methoden der sowieso schon stark strapazierte demokratische Gaul eines Tages zu Tode geritten sein wird? Eine Rundfunkanstalt ist nicht schon deshalb undemokratisch und staatsgefährlich, weil sie sich nicht mit allen Maßnahmen oder Unterlassungen der jeweiligen Regierung solidarisch erklärt. Kluge Leute sollten aber auch wissen, daß bei aller Anerkennung des Bedürfnisses, im Rundfunk um eine Politik im Interesse des Staates zu wissen, das beim Hörer um so eher ankommt, je weniger der Rundfunk gegängelt wird. Wer Ohren hat zu hören, wird immer wieder die Bestätigung dafür bekommen, daß eine in eigener Zuständigkeit und Freiwilligkeit zustande gekommene politische Sendung eines Rundfunks, die naturgemäß nicht antidemokratischen Charakters sein darf, beim Hörer auf viel besseren und fruchtbareren Boden fällt, als es durch sogenannte amtliche Verlautbarungen möglich wäre. Oder etwa, auf die Presse angewandt, da sie ihrem Wesen gemäß vom Rundfunk gar nicht getrennt werden kann: sie wurde deshalb auch bei der Erörterung des Staatsvertrages mit Recht hellhörig, weil sie gewisse Befürchtungen hinsichtlich der damit präjudizierten Beeinträchtigung der Meinungsfreiheit der Presse hatte. Ein durchaus objektiver, mit ein bißchen Wohlwollen gewürzter Artikel — um nur einen Namen zu nennen — von Walter Henkels dient doch dem Verständnis der parlamentarischen Einrichtungen und ihrer Reputation bei der Bevölkerung weit mehr, als es durch alle anderen Arten, insbesondere durch eine Art, die ein Staatsrundfunk vermitteln könnte, der Fall ist.
    Worauf es, meine Damen und Herren, ankommen muß, das ist, mit bemüht zu bleiben, daß in unseren Rundfunkanstalten immer — mindestens an der entscheidenden Stelle — Demokraten tätig sind. Und wer um die leitenden Männer in den westdeutschen Rundfunkanstalten weiß — das gilt in besonderem Ausmaß für den Südwestfunk —, der weiß, daß nach dieser Richtung auf sie manchmal viel mehr Verlaß ist als auf so manche Ministerialbeamten, die bei ihren gelegentlichen Zusammenkünften im quasi Bonner nationalbolschewistischen Hauptquartier aus ihrer antidemokratischen Gesinnung durchaus kein Hehl machen.
    Gewiß — um am Schluß noch auf ein weiteres Argument einzugehen —, unser aus vielen Gründen berechtigtes Bedürfnis, an Stelle von Besatzungsrecht deutsches Recht zu setzen, kann und darf keinesfalls zur Folge haben, aus alliierter Vormundschaft nur deshalb entlassen zu werden, um, ledig dieser Bevormundung, gewisse beklagenswerte Zustände der Vergangenheit wieder fröhliche Urständ feiern zu lassen.
    Gönnen Sie mir, meine Damen und Herren, den Erfolg, nicht auf taube Ohren gestoßen zu sein, auch wenn Sie der Meinung sind, daß ich persönlich


    (Jacobs)

    es nicht verdient habe; aber die Sache ist es, die es
    verdient, und sie allein sollte beredter Anwalt sein.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Herr Bundesminister des Innern.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Robert Lehr


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine dringende Verpflichtung nach außerhalb, die mich den ganzen Tag in Anspruch nahm, hat mir erst im letzten Augenblick gestattet, hier vor dem Hohen Hause zu erscheinen. Die Fraktion der SPD hat in ihrer Interpellation, die Ihnen in der Drucksache Nr. 2692 vorliegt, die Auffassung vertreten, daß der Staatsvertrag über den Südwestfunk in bedenklicher Weise das Bundesrundfunkgesetz präjudiziere, das in meinem Hause in der Vorbereitung begriffen ist. Sie hat deshalb die Anfrage an die Bundesregierung gerichtet, was diese zu tun gedenkt, um das Inkrafttreten des Staatsvertrages zu verhindern.
    Im Namen der Bundesregierung erwidere ich folgendes. Die Bundesregierung hatte in dieser Angelegenheit aus gleicher Besorgnis Fühlung mit den drei beteiligten Landesregierungen genommen. Diese Verhandlungen schweben noch und sind nicht abgeschlossen. Gerade beim Betreten des Hohen Hauses habe ich eben noch einen Schriftsatz der drei Herren Ministerpräsidenten vom 14. dieses Monats bekommen, den ich mit meinen Sachbearbeitern noch einmal durchprüfen muß. Er ist sehr aufschlußreich, und deshalb trage ich Ihnen jetzt das Wesentliche dieses Schriftsatzes vor.
    Die drei beteiligten Landesregierungen haben durch ihre Regierungschefs in diesem Schreiben vom 14. November 1951 an den Herrn Bundeskanzler die Erklärung abgegeben, daß nach ihrer Auffassung die folgenden Aufgaben in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes gehören — ich erinnere an den Art. 73 Ziffer 7 des Grundgesetzes —.
    Erstens die Fragen des Trägers der Funkhoheit, die Fragen der Verleihung des Funkhoheitsrechts

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    und der Sender- und Hörerlizenzgebühren. Das ist der erste Punkt, in dem die drei Herren Ministerpräsidenten ihre Übereinstimmung mit uns dokumentieren.
    Zweitens, sie anerkennen, daß die Verteilung und Überwachung des Wellenplans wiederum nach Art. 73 Ziffer 7 des Grundgesetzes in die ausschließliche Kompetenz des Bundes fällt.
    Drittens, sie anerkennen, daß die Aufstellung technischer Vorschriften zur Funkwellenkontrolle in die ausschließliche Kompetenz des Bundes fällt.
    Viertens, sie anerkennen, daß die Sicherung des Funkgeheimnisses Angelegenheit der Bundesgesetzgebung ist.
    Fünftens, sie anerkennen, daß der Entstörungsdienst in unsere Kompetenz fällt.
    Sechstens, sie anerkennen, daß die Bekämpfung der Schwarzhörer in unsere Kompetenz fällt, und schließlich anerkennen sie das Verbot der Verbreitung unbefugt aufgefangener Nachrichten.
    Das genannte Schreiben fährt folgendermaßen fort:
    Die Punkte 1 und 2
    — die ich eben vortrug — umfassen selbstverständlich auch das Recht des I Bundes, in seiner Gesetzgebung Vorschriften über den Sendebereich zu treffen, der den einzelnen von ihm zugelassenen Sendern zugewiesen ist. Wenn demgegenüber im Vertrag
    — es handelt sich um die §§ 3 und 4 des Vertrags — Bestimmungen aufgenommen worden sind, welche den Sendebereich und die technischen Aufgaben des Südwestfunks betreffen, so füllen diese
    — nach Meinung der drei Herren Ministerpräsidenten —
    ein jedenfalls zur Zeit bestehendes Vakuum aus.
    Es müsse abgewartet werden, ob diese später durch Bundesgesetz abgelöst würden. — Soweit das eben eingegangene Schreiben.
    Diese bemerkenswerten Erklärungen der Herren Ministerpräsidenten beziehen sich also auf den sendetechnischen Bereich des Rundfunks, d. h. auf die gesamte Sendeordnung und auf die künftige zweckmäßige Verteilung der Sender im Bundesgebiet. Aber sie beziehen sich nicht auf den sogenannten kulturellen Bereich des Rundfunks. Hierunter verstehen die Herren Ministerpräsidenten der drei Länder die Organisation der einzelnen das Programm herstellend en Rundfunkanstalt. In diesem Bereich wird dem Bund keinerlei Gesetzgebungsbefugnis zuerkannt.

    (Sehr richtig! auf der äußersten Rechten. — Heiterkeit.)

    Ich habe schon betont, daß ich dieses Schreiben erst bei Betreten des Hauses bekam und mir noch eine Prüfung vorbehalten muß. Sie werden Verständnis dafür haben, daß die Situation angesichts der schwierigen Rechtslage und der Schwierigkeit der tatsächlichen Verhältnisse sehr sorgfältig geprüft werden muß.
    Die Bundesregierung ist bei den Vorverhandlungen auch bestrebt gewesen, den Entwurf des Bundesrundfunkgesetzes in aufrichtiger Zusammenarbeit mit den Ländern zu entwerfen und ihn auf sie abzustimmen. Andererseits aber wird die Bundesregierung in den Verhandlungen mit den Ländern die dem Bund nach Art. 73 Ziffer 7 des Grundgesetzes zukommenden Gesetzgebungskompetenzen wahren. Dabei wird zur Aufklärung noch festzustellen sein, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang das Bundesrundfunkgesetz die Regelung innerorganisatorischer Angelegenheiten der Rundfunkanstalt auf die Länder überträgt.

    (Abg. Jacobs: Hört! Hört!)

    Diese Frage ist heute offen.
    Die Bundesregierung hat in ihren bisherigen Verhandlungen mit Rheinland-Pfalz, mit Baden und mit Württemberg-Hohenzollern auch die Frage angeschnitten, ob sich einige Bestimmungen des Staatsvertrages über den Südwestfunk mit der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes genannten Freiheit der Berichterstattung im Rundfunk vereinbaren lassen. Der Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz hat mir hierzu ein 25 Seiten langes Rechtsgutachten seines Justizministeriums übermittelt, in dem sein Ministerium und er selbst diese Frage bejahen. Aber auch dieses Gutachten, das ebenfalls erst vor wenigen Tagen in meine Hand gelangt ist, muß noch eingehend geprüft werden.

    (Zuruf links: Nicht nur von Ihnen, Herr Minister!)



    (Bundesinnenminister Dr. Dr. h. c. Lehr)

    Die Bundesregierung wird den Bundestag unterrichten, sobald die erwähnten Verhandlungen mit den drei Ländern abgeschlossen sind. In diese Verhandlungen wird der Inhalt des in meinem Hause in Ausarbeitung begriffenen Bundesrundfunkgesetzes bereits hineinspielen. Die Unterrichtung des Bundestages wird daher spätestens mit der Vorlage des Bundesrundfunkgesetzes erfolgen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)