Rede von
Dr.
Karl
Weber
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten ,Damen und Herren! Das Strafrechtsänderungsgesetz vom 31. August 1951 stellt nur einen Teilabschnitt aus der großen Vorlage des Strafrechtsänderungsgesetzes 1950 dar. Es umfaßt nur diejenigen Abschnitte, die dazu dienen sollen, die innere und äußere Sicherheit der Bundesrepublik sicherzustellen gegen Angriffe, die von außen oder innen her erfolgen. Es behandelt also lediglich die Bestimmungen über den Hochverrat und Landesverrat und die sogenannte Staatsgefährdung. Diese Bestimmungen erschienen uns aber auch so notwendig und so dringlich, daß man sich im Rechtsausschuß dazu entschloß, mit Rücksicht auf die großen Schwierigkeiten, die sich der Verabschiedung der gesamten Vorlage entgegenstellten, nunmehr wenigstens beschleunigt diesen Teilabschnitt zu verabschieden. Das ist j a auch am 11. Juli unter Zustimmung des ganzen Hauses mit Ausnahme der äußersten Linken und äußersten Rechten erfreulicherweise geschehen.
Damit war unseren Behörden die Handhabe gegeben, mit der sie die innere und äußere Sicherheit der Bundesrepublik wahren konnten.
Das Strafrechtsänderungsgesetz hat sich ja auf der äußersten Linken von vornherein keiner großen Sympathie erfreut. Es hat uns zwar eins gebracht, daß sich der kommunistische Vertreter nach jahrelanger Abwesenheit endlich einmal wieder im Rechtsausschuß sehen ließ, offenbar weil er Wert darauf legte, dort unterrichtet zu werden, wie man sich in Zukunft einigermaßen diesem Gesetz und seinen Vorschriften entziehen könne.
Aber, wie gesagt, das gesamte Haus hat die Wichtigkeit dieser Vorlage erkannt, und so ist es erfreulicherweise — das betone ich nochmals — dazu gekommen, daß von der ganz überwiegenden Anzahl der Mitglieder des Hauses das Gesetz gebilligt wurde.
Das Vorgehen, das uns jetzt in dem Antrag der kommunistischen Fraktion vorgeschlagen wird, mutet mich nun recht eigenartig an. Herr Kollege Greve hat es ja bereits zutreffend gekennzeichnet. Es galt doch, mit dem Gesetz nunmehr einen Damm gegen diejenigen aufzurichten, die die freiheitliche demokratische Grundordnung zu untergraben suchten. Es galt, denjenigen das Handwerk zu legen, die darauf ausgingen, das Gebäude der demokratischen Grundordnung in Brand zu stecken.
Was uns nun vorgeschlagen wird, das ist etwa so, wie wenn ein großer Schutzdamm um eine Landschaft errichtet worden wäre und man nun, weil einige Wiesen nicht durch einen Damm geschützt werden können, dazu übergehen soll, den gesamten Damm aufzureißen,
oder wie wenn man, weil einige Zimmer eines Hauses nicht geschützt werden können und ausbrennen müssen, das ganze Gebäude abbrennen lassen sollte.
So geht es nicht, meine Herren von links!
Meine Fraktion stimmt dem Abänderungsantrag der Sozialdemokratischen Partei zu. Auch wir — das verhehle ich nicht; darin hat der Herr Kollege Fisch recht — haben außerordentlich bedauert und waren zutiefst enttäuscht — das hat ja der Sprecher meiner Fraktion bereits am Tage der Verkündung des Gesetzes Nr. 62 zum Ausdruck gebracht —, daß sich die Hohe Alliierte Kommission in diesem Augenblick, in dem man über den Abbau des Besatzungsstatuts redet, veranlaßt gesehen hat, von einem meines Erachtens im Besatzungsstatut noch nicht einmal gegebenen Recht Gebrauch zu machen.
Sie hat ein Gesetz erlassen, das so weit geht, daß man sich etwa in die Zeit von 1945 zurückversetzt glaubt, in die Zeit der bedingungslosen Kapitualtion.
Das Besatzungsstatut gibt meines Erachtens — auf diesen Gesichtspunkt sollte die Bundesregierung vor allem Wert legen — nicht ein so weitgehendes Recht, wie es mit dem Erlaß des Gesetzes Nr. 62 in Anspruch genommen worden ist.
Das Besatzungsstatut bezweckt in dem Buchstaben e) der Ziffer 2, den Schutz, das Ansehen, die Sicherheit und die Vorrechte der alliierten Besatzungsstreitkräfte, der alliierten Besatzungsbehörden, ihrer Familienangehörigen, Angestellten und amtlichen Vertreter sicherzustellen, ferner die Deckung der Besatzungskosten und die Befriedigung der sonstigen Bedürfnisse. Das Gesetz Nr. 62 geht aber außerordentlich viel weiter und stellt schlechthin jeden von Strafe frei, der einer der ausländischen Regierungen irgendwelche Informationen gibt., Auf die Sicherheit der Besatzungsbehörden und ihrer Truppen ist es also absolut nicht mehr abgestellt. Insofern sind meines Erachtens auch die nach dem Besatzungsstatut der Hohen Kommission zustehenden Rechte in diesem Gesetz überschritten. Diesen Gesichtspunkt sollte man in den Verhandlungen auf dem Petersberg noch einmal ganz klar und deutlich herausstellen.
In den Verhandlungen im Rechtsausschuß ist alles geschehen, um auf berechtigte Interessen der Besatzung Rücksicht zu nehmen. Gerade deshalb ist der ursprüngliche § 94 abgeändert worden, der nach Meinung der Bundesregierung bereits damals sicherte, daß jemand, der der Besatzung Nachrichten zutrug, an denen sie ein berechtigtes Interesse hat, straffrei bleiben sollte, indem der § 94 in seiner ursprünglichen Fassung bestimmte:
Wer ein Staatsgeheimnis an einen anderen, vor dem es geheimzuhalten ist, gelangen läßt oder es öffentlich bekannt macht und dadurch das Wohl der Bundesrepublik gefährdet, wird bestraft.
Dazu hat die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme zu Änderungsvorschlägen des Bundesrats, wie ja Kollege Neumayer in seinem Bericht treffend hervorgehoben hat, ausgeführt, daß bereits dadurch sichergestellt sei, daß jemand, der an die Besatzungstruppen irgendwelche Geheimnisse weitergebe, sich nicht strafbar mache, wenn er sich im Rahmen dieser bestehenden Sicherheitsvorschriften halte.
Wir haben uns ja über die Anwendung des Besatzungsstatuts in der letzten Zeit hier mehrfach unterhalten müssen. Ich erinnere an die Debatte im Falle Kemritz, ich erinnere an die Debatte über Geschwindigkeitskontrollen durch die amerikanische Militärpolizei und an die Debatte noch in der vorletzten Woche über die Überwachung des Post- und Fernsprechwesens. Wir sind zu allertiefst über diese Handhabung des Besatzungsstatuts in der jetzigen Zeit enttäuscht und wundern uns sehr darüber, daß man es uns gegenüber in der jetzigen Zeit so an Vertrauen fehlen läßt.
Wir halten es für dringend geboten, daß die Bundesregierung von jeder Möglichkeit Gebrauch macht, um die Rechtsgleichheit wiederherzustellen. Meine Fraktion wird deshalb dem Antrage der SPD auf Umdruck Nr. 344 in der Annahme, daß dadurch der Antrag der Kommunistischen Partei erledigt ist, zustimmen.