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ID0117105800

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 171. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. Oktober 1951 7041 171. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 25. Oktober 1951. Geschäftliche Mitteilungen 7042D, 7043B, '7049D, 7092D Änderung der Tagesordnung 7042D Glückwunsch zum 60. Geburtstag des Abg. Lohmüller 7043A Erste, zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Nrn. 2703, 2742 der Drucksachen) 7043B, 7089A Dr. Wellhausen (FDP), Berichterstatter 7089A Ausschußüberweisung 7043B Beschlußfassung 7089B Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuerrechts (Nr. 2675 der Drucksachen) 7043B Leonhard (CDU) 7043C Müller (Frankfurt) (KPD) 7044A Tenhagen (SPD) 7045A Ausschußüberweisung 7045C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung von Unfällen im Straßenverkehr (Nr. 2674 der Drucksachen) 7045C, 7050A Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 7045C Günther (CDU) 7050A Dr. Reismann (Z) 7051A Baur (Augsburg) (SPD) 7052C Dr. Hoffmann (Schönau) (FDP) . . 7054B Stücklen (CSU) 7055A Dr.-Ing. Decker (BP) 7055B Ausschußüberweisung . . . . . .. . . 7055D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn (Nrn. 2672, 2159 der Drucksachen) 7055D Rümmele (CDU), Berichterstatter . 7056A Beschlußfassung 7056B Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1951 (Nr. 2500 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß): Einzelplan XXIII — Haushalt der Allgemeinen Finanzverwaltung (Nr. 2617 der Drucksachen; Umdrucke Nrn. 316, 317) in Verbindung mit dem Mündlichen Bericht des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß) (Nr. 2600 der Drucksachen; Umdruck Nr. 315) . . . 7056B Wacker (CDU), Berichterstatter . . . 7056B Schoettle (SPD), Berichterstatter . 7058A Müller (Frankfurt) (KPD) 7058C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 7058C Bausch (CDU) 7059B Abstimmungen 7058D, 7059C Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen auf Zustimmung des Bundestages zur Veräußerung eines bundeseigenen Motorschiffes im Werte von über 250 000 DM (Nr. 2684 der Drucksachen) 7059D Beschlußfassung 7059D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens gegen den Abg. Müller (Frankfurt) gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 15. August 1951 (Nr. 2669 der Drucksachen) 7059D Hoogen (CDU), Berichterstatter . . 7060A Frau Thiele (KPD) 7060C Ritzel (SPD) 7061A Beschlußfassung 7061A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens gegen die Abg. Frau Strohbach gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 27. August 1951 (Nr. 2670 der Drucksachen) 7061A Hoogen (CDU), Berichterstatter . . 7061A Frau Thiele (KPD) 7061C Beschlußfassung 7062A Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Außerkraftsetzung des Strafrechtsänderungsgesetzes (Nr. 2554 der Drucksachen); Antrag Umdruck Nr. 344) . 7062A Fisch (KPD), Antragsteller: zur Sache 7062A, 7067B zur Geschäftsordnung 7069A Dr. Greve (SPD): zur Sache 7063C, 7068C zur Geschäftsordnung 7069B Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 7064B Dr. Weber (Koblenz) (CDU) . . . . 7066A Dr. Schneider (FDP) 7068A Beschlußfassung 7068D Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betr. Bundespostgesetz (Nr. 2664 der Drucksachen) '7069B Rademacher (FDP), Antragsteller . 7069B Schuberth, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen 7070A, 7071C Cramer (SPD) 7070B Walter (DP) 7071C Kohl (Heilbronn) (FDP) 7071D Beschlußfassung 7072A Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Einfuhrprogramm zur Deckung lebenswichtigen Bedarfs an Grundnahrungsmitteln (Nr. 2686 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Verordnung über Zolländerungen (Nr. 2687 der Drucksachen) 7072A Kriedemann (SPD), Antragsteller 7072B, 7080A Blücher, Stellvertreter des Bundeskanzlers 7074A, 7081B Fassbender (FDP) 7074C Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU) 7076C, 7081D Niebergall (KPD) 7077C Lampl (BP) 7078B Bauknecht (CDU) 7078D Tobaben (DP) 7079D Ausschußüberweisung 7081D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für den Lastenausgleich (12. Ausschuß) über den von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, BP und des Zentrums eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Stundung von Soforthilfeabgabe und über Teuerungszuschläge zur Unterhaltshilfe (Soforthilfeanpassungsgesetz — SHAnpG) (Nrn. 2708/neu/, 2743 der Drucksachen; Umdrucke Nrn. 345, 346) 7043A, C, 7050A, 7081D Schütz (CSU), Berichterstatter . . . 7082A Dr. Kather (CDU) 7083B Ohlig (SPD) 7084A Dr. Reismann (Z) 7084C, 7087B Dr. Preiß (FDP) 7085B Dr. Horlacher (CSU) 7086A Kunze (CDU) 7087C, 7088D Frommhold (Fraktionslos) 7087D Müller (Frankfurt) (KPD) 7088B Beschlußfassung 7088A, 7089A Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1951 (Nrn. 2500, 2600 bis 2619 der Drucksachen), Zusammenstellung der Beschlüsse in zweiter Beratung (Nr. 2734 der Drucksachen; Umdrucke Nrn. 340, 324) in Verbindung mit dem Mündlichen Bericht des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen (Nr. 2725 der Drucksachen; Umdruck Nr. 342) 7059A, 7089C Ritzel (SPD), Berichterstatter . . . 7090B Bausch (CDU) (zur Abstimmung) . . 7090D Pfender (CDU), Berichterstatter . . 7091B Abstimmungen 7089D, 7090D, 7091D Beratung der Übersicht Nr. 40 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen (Umdruck Nr. 339) 7092D Beschlußfassung 7092D Nächste Sitzung 7092D Die Sitzung wird um 13 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Thomas Dehler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Leonhard hat heute in einem ganz anderen Zusammenhang vor der Allmacht der Bürokratie gewarnt.

    (Erneute Zurufe von der KPD.)

    Ich kenne die deutsche Bürokratie von innen her und habe viel Respekt vor ihr. Um so größer ist meine Sorge über die Bürokratie der Besatzungsmächte geworden. Ein Musterbeispiel dafür, meine Damen und Herren, ist das Gesetz Nr. 62 der Alliierten Hohen Kommission; und es lohnt sich, sich damit etwas abzugeben.

    (Zurufe von der KPD.)

    Man möchte fragen: Weiß Mister Truman, was hier vorgeht?

    (Lachen und Zurufe bei der KPD. — Zustimmung in der Mitte.)

    Sie wissen, es handelt sich um das Problem, wieweit die Weitergabe von Staatsgeheimnissen

    (Zurufe von der KPD)

    an die Besatzungsmächte nach den Bestimmungen unseres Strafgesetzbuches, und zwar in der Form des Strafrechtsänderungsgesetzes, strafbar ist, das Sie, meine Damen und Herren, am 11. Juli dieses Jahres beschlossen haben und das alles andere ist
    — das möchte ich doch noch einmal deutlich sagen
    — als ein Blitzgesetz,

    (Zuruf von der KPD)

    das ein Gesetz ist, das — das weiß auch der Herr Abgeordnete Fisch — in allen Einzelheiten reiflichst erwogen worden ist.

    (Fortgesetzte Zurufe bei der KPD.)

    Das ist ein echtes Problem; denn es ist nicht unsere Schuld, aber es ist eine geschichtliche Tatsache, daß wir ein Besatzungsrecht haben, das dem deutschen Recht zum Teil noch überlagert ist, und daß es auf Grund dieses Besatzungsrechtes auch die Pflicht geben kann, den Besatzungsmächten Mitteilungen zu machen, daß also die Besatzungsmächte, so wie die Dinge jetzt liegen, auf Grund des Besatzungsstatuts noch die Möglichkeit haben, Deutsche zu Mitteilungen zu verpflichten. Es ist ein Problem, das wir von Anfang an erkannt und dem wir Rechnung zu tragen versucht haben.

    (Vizepräsident Dr. Schäfer übernimmt den Vorsitz.)

    Wir haben deshalb nicht die alte Bestimmung unseres Strafgesetzbuches aufgenommen, wonach jede Weitergabe eines Staatsgeheimnisses an eine" fremde Regierung strafbar war , sondern haben von vornherein anders formuliert, haben festgelegt, daß derjenige, der ein Staatsgeheimnis an einen andern, vor dem es geheimzuhalten ist,

    (Lachen und Zurufe bei der KPD)

    gelangen läßt und der dadurch das Wohl dessen gefährdet, für den das Geheimnis zu wahren ist, wegen Landesverrates zu bestrafen ist.

    (Abg. Rische: Also doch zweierlei Recht!)

    Meine Damen und Herren, die Verhandlungen mit den Alliierten über diese Frage laufen seit dem Mai 1950. Ich erzähle Ihnen das gerne, damit Sie erfahren, was Leid und Freud eines Bundesministers in dieser Zeit ist.

    (Aha-Rufe bei der KPD.)

    — Sie sagen „Aha"! — Natürlich! Sie sind die wesentlich Schuldigen an der geschichtlichen Entwicklung,

    (Zurufe von der KPD)

    die dazu geführt hat, daß wir unsere Freiheit verscherzt haben

    (fortgesetzte Zurufe von der KPD)

    und daß wir sie erst wieder mühsam zurückgewinnen müssen.
    Schon im Mai 1950 fanden Besprechungen zwischen der Alliierten Hohen Kommission und meinem Ministerium zur Klärung dieser Frage statt. Ich habe der Alliierten Hohen Kommission in allen Einzelheiten dargelegt, daß ihren Interessen in jeder Hinsicht Rechnung getragen ist; aber sie hat auf die Vorkommnisse in der Zeit der Rheinlandbesetzung —in den zwanziger Jahren —, die zu Schwierigkeiten geführt haben, abgestellt;


    (Bundesjustizminister Dr. Dehler)

    sie hat auf Urteile abgehoben, die damals unter der Gültigkeit des alten Strafgesetzbuches gefällt worden sind, und hat ihre Bedenken aufrechterhalten. Sie hat damals gefordert, es solle in das Gesetz aufgenommen werden — man höre! —, daß die Weitergabe sogenannter Staatsgeheimnisse an die Alliierte Hohe Kommission nicht als strafbarer Verrat von Geheimnissen angesehen werden soll. Sie hat auch noch gefordert, daß die Bestimmungen unseres Strafrechtsänderungsgesetzes so gefaßt werden, daß Privatpersonen nicht aus Furcht vor einer Strafverfolgung seitens einer Regierung von Parteigängern wegen Verrats von Geheimnissen, der das Wohl des Staates gefährdet, davon abgehalten werden, Dinge zur Kenntnis der Öffentlichkeit zu bringen. Ich habe alle Bedenken, die die Alliierten hatten, nach meiner Meinung überzeugend widerlegt und dargestellt, daß die Fassung, die wir gewählt haben, der Rechtslage sowie der politischen Lage und der Sachlage in jeder Hinsicht gerecht wird.
    Im August 1950 hat dann eine erneute Besprechung zwischen meinem Ministerium und Mr. Bowie stattgefunden. Ich weiß nicht, ob Sie wissen, wer Mr. Bowie ist. Wenn Sie das nicht wissen, — na, dann werde ich es Ihnen sagen: eine graue Eminenz, meine Damen und Herren, einer der einflußreichsten Leute, einer der Männer, die an allen Wendepunkten der politischen Entscheidungen der letzten Jahre standen, ob das Entnazifizierung, ob das Entflechtung war oder ob das Neuordnung der Besitzverhältnisse im Rhein- und Ruhrgebiet war. Wir haben diesem Manne im August 1950 die Dinge dargelegt, und er schien zufriedengestellt. Wir haben dann unsern Entwurf in den Gesetzgebungsgang gegeben und in der Begründung eingehend dargelegt, daß die Rücksichten, die auf den Besatzungszustand zu nehmen sind, in meinem Entwurf zweifellos genommen worden sind.

    (Hört! Hört! bei der KPD.)

    — Ja, wir leben ja leider Gottes nicht in den Wolken, sondern in einer sehr bitteren und harten Wirklichkeit.
    Es sind dann im Oktober 1950 erneut Bedenken erhoben worden, und das Bundeskabinett hat sich mit dem Problem befaßt. Es hat dazu Stellung genommen und hat meinen Standpunkt gebilligt. Das ist der Alliierten Hohen Kommission mitgeteilt worden.

    (Abg. Rische: Was ist geschehen?)

    — Ich erzähle es Ihnen ja in allen Einzelheiten; genauer kann man es ja gar nicht erzählen. (Zuruf von der KPD: Das geht aber weiter!)

    Der Standpunkt des Kabinetts ist Anfang Januar dieses Jahres den Alliierten mitgeteilt worden, und es ist niemals mehr ein Wort des Widerspruchs gekommen.
    In den Beratungen des Rechtsausschusses wurde dann eine kleine Umredaktion vorgenommen, die aber an dem sachlichen Gehalt der Bestimmungen gar nichts ändert. Die Bestimmung, die in dem jetzt neu geschaffenen § 99 Abs. 2 des Strafgesetzbuches enthalten ist, lautet:
    Verrat im Sinne dieses Abschnittes begeht, wer vorsätzlich ein Staatsgeheimnis an einen Unbefugten gelangen läßt oder es öffentlich bekanntmacht und dadurch das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährdet.
    Der Herr Kollege Neumayer hat bei der Berichterstattung über die Beratungen des Rechtsausschusses die Sachlage nach meiner Meinung überzeugend dargelegt. Er hat damals ausgeführt: Unter „Unbefugten" in diesem Sinne ist zu verstehen, daß das Geheimnis jemanden übermittelt wird, vor dem es geheimzuhalten ist. Diese Fassung ist gewählt worden, weil eine verräterische Handlung dann nicht vorliegt, wenn unter den Handelnden eine Offenbarungspflicht besteht. Eine solche Offenbarungspflicht kann auf Grund internationalen Rechts gegeben sein, sie kann auch auf Besatzungsrecht beruhen.
    Das ist die einwandfreie klare Darstellung unseres Standpunktes.
    Das Gesetz ist dann von Ihnen am 11. Juli dieses Jahres angenommen worden. Am 13. Juli kam dann plötzlich ein Protestschreiben der Alliierten Hohen Kommission, in dem mitgeteilt wurde, die Alliierte Hohe Kommission habe erfahren, daß im Bundestag der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches eingebracht worden sei, nachdem länger als ein Jahr über die Dinge verhandelt worden war!

    (Zuruf von der KPD: Die Stimme des Herrn!)

    Es wurde behauptet, der Entwurf befasse sich auch mit der Verhinderung des Angriffskrieges, der Herstellung von Waffen, Munition oder sonstigem Kriegsgerät. Sie haben in Erinnerung, daß meine Novelle zum Strafgesetzbuch geteilt worden ist, daß alle die Dinge, die nicht aktuell sind, zunächst zurückgestellt worden sind und daß nur der eigentliche Schutz des Staates, die Hochverratsbestimmungen, die Bestimmungen gegen die Staatsgefährdung und die Landesverratsbestimmungen vorgezogen worden sind.
    Die Bundesregierung hat dann sofort geantwortet. Sie hat die Situation genau dargelegt und alles getan, um die entstandenen Zweifel auszuräumen. Es hat dann ein eingehender Briefwechsel stattgefunden, es haben neue Verhandlungen stattgefunden. Wir haben alles getan, was nur irgendwie möglich war. Es ist richtig, daß, wie der Herr Abgeordnete Fisch es darlegt, im Rahmen dieser Verhandlungen auch von mir zugesagt worden ist, ich werde in Auslegung der richtigen Rechtsauffassung über die Landesverratsbestimmungen eine Dienstanweisung an den Oberbundesanwalt geben, so daß kein Zweifel darüber bestehen kann, daß derjenige, der den Besatzungsmächten auf Grund einer Rechtspflicht ein Staatsgeheimnis offenbart, nicht strafbar sein kann. Auch diese Dinge haben nichts genützt. Man hat am Ende erklärt, man wolle ein eigenes Gesetz erlassen.
    Das Kabinett hat sich dann nochmals am 28. August eingehend mit der Frage befaßt und hat am 29. August dem Generalsekretär der Alliierten Hohen Kommission mitgeteilt, daß die Bundesregierung von den Absichten der Alliierten Hohen Kommission erfahren habe, im Anschluß an das Strafrechtsänderungsgesetz ein besonderes Gesetz zur Sicherung der alliierten Interessen zu erlassen. Die Bundesregierung hat geltend gemacht, daß der Erlaß eines solchen Gesetzes nicht notwendig und politisch sehr unerwünscht sei. Sie hat dringend darum gebeten, von dieser beabsichtigten Maßnahme Abstand zu nehmen, und hat diesen Standpunkt im einzelnen begründet.
    Die Alliierte Hohe Kommission hat erneut erwidert und hat sich auf die Kritik bezogen, die im


    (Bundesjustizminister Dr. Dehler)

    Bundesrat an dem Strafrechtsänderungsgesetz geübt worden ist. Der Bundesrat hat aber an ganz anderen Bestimmungen Kritik geübt, nicht an den hier einschlägigen Bestimmungen über den Landesverrat. Die Alliierte Hohe Kommission hat diese Motivierung dann auch zur Begründung ihres Standpunkts an die Öffentlichkeit gegeben, und sie hat am 31. August dieses alliierte Gesetz erlassen.
    Die Bundesregierung hat alles getan, um diese von ihr auf das tiefste bedauerte und nach ihrer Meinung nicht erforderliche Maßnahme zu verhindern. Sie begrüßt es, wenn der Bundestag seinerseits diesen Standpunkt einnimmt, und ist bereit, eine entsprechende Stellungnahme an die Alliierte Hohe Kommission, weiterzuleiten.

    (Beifall bei der Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Weber.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Karl Weber


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten ,Damen und Herren! Das Strafrechtsänderungsgesetz vom 31. August 1951 stellt nur einen Teilabschnitt aus der großen Vorlage des Strafrechtsänderungsgesetzes 1950 dar. Es umfaßt nur diejenigen Abschnitte, die dazu dienen sollen, die innere und äußere Sicherheit der Bundesrepublik sicherzustellen gegen Angriffe, die von außen oder innen her erfolgen. Es behandelt also lediglich die Bestimmungen über den Hochverrat und Landesverrat und die sogenannte Staatsgefährdung. Diese Bestimmungen erschienen uns aber auch so notwendig und so dringlich, daß man sich im Rechtsausschuß dazu entschloß, mit Rücksicht auf die großen Schwierigkeiten, die sich der Verabschiedung der gesamten Vorlage entgegenstellten, nunmehr wenigstens beschleunigt diesen Teilabschnitt zu verabschieden. Das ist j a auch am 11. Juli unter Zustimmung des ganzen Hauses mit Ausnahme der äußersten Linken und äußersten Rechten erfreulicherweise geschehen.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Damit war unseren Behörden die Handhabe gegeben, mit der sie die innere und äußere Sicherheit der Bundesrepublik wahren konnten.
    Das Strafrechtsänderungsgesetz hat sich ja auf der äußersten Linken von vornherein keiner großen Sympathie erfreut. Es hat uns zwar eins gebracht, daß sich der kommunistische Vertreter nach jahrelanger Abwesenheit endlich einmal wieder im Rechtsausschuß sehen ließ, offenbar weil er Wert darauf legte, dort unterrichtet zu werden, wie man sich in Zukunft einigermaßen diesem Gesetz und seinen Vorschriften entziehen könne.

    (Lachen bei der KPD.)

    Aber, wie gesagt, das gesamte Haus hat die Wichtigkeit dieser Vorlage erkannt, und so ist es erfreulicherweise — das betone ich nochmals — dazu gekommen, daß von der ganz überwiegenden Anzahl der Mitglieder des Hauses das Gesetz gebilligt wurde.
    Das Vorgehen, das uns jetzt in dem Antrag der kommunistischen Fraktion vorgeschlagen wird, mutet mich nun recht eigenartig an. Herr Kollege Greve hat es ja bereits zutreffend gekennzeichnet. Es galt doch, mit dem Gesetz nunmehr einen Damm gegen diejenigen aufzurichten, die die freiheitliche demokratische Grundordnung zu untergraben suchten. Es galt, denjenigen das Handwerk zu legen, die darauf ausgingen, das Gebäude der demokratischen Grundordnung in Brand zu stecken.
    Was uns nun vorgeschlagen wird, das ist etwa so, wie wenn ein großer Schutzdamm um eine Landschaft errichtet worden wäre und man nun, weil einige Wiesen nicht durch einen Damm geschützt werden können, dazu übergehen soll, den gesamten Damm aufzureißen,

    (Zurufe von der KPD)

    oder wie wenn man, weil einige Zimmer eines Hauses nicht geschützt werden können und ausbrennen müssen, das ganze Gebäude abbrennen lassen sollte.

    (Zuruf von der KPD: Herrlich!)

    So geht es nicht, meine Herren von links!

    (Abg. Rische: Sie stecken den Brand selber an! — Weitere Zurufe und Unruhe bei der KPD.)

    Meine Fraktion stimmt dem Abänderungsantrag der Sozialdemokratischen Partei zu. Auch wir — das verhehle ich nicht; darin hat der Herr Kollege Fisch recht — haben außerordentlich bedauert und waren zutiefst enttäuscht — das hat ja der Sprecher meiner Fraktion bereits am Tage der Verkündung des Gesetzes Nr. 62 zum Ausdruck gebracht —, daß sich die Hohe Alliierte Kommission in diesem Augenblick, in dem man über den Abbau des Besatzungsstatuts redet, veranlaßt gesehen hat, von einem meines Erachtens im Besatzungsstatut noch nicht einmal gegebenen Recht Gebrauch zu machen.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Sie hat ein Gesetz erlassen, das so weit geht, daß man sich etwa in die Zeit von 1945 zurückversetzt glaubt, in die Zeit der bedingungslosen Kapitualtion.

    (Zurufe von der KPD.)

    Das Besatzungsstatut gibt meines Erachtens — auf diesen Gesichtspunkt sollte die Bundesregierung vor allem Wert legen — nicht ein so weitgehendes Recht, wie es mit dem Erlaß des Gesetzes Nr. 62 in Anspruch genommen worden ist.

    (Abg. Dr. Laforet: Sehr richtig!)

    Das Besatzungsstatut bezweckt in dem Buchstaben e) der Ziffer 2, den Schutz, das Ansehen, die Sicherheit und die Vorrechte der alliierten Besatzungsstreitkräfte, der alliierten Besatzungsbehörden, ihrer Familienangehörigen, Angestellten und amtlichen Vertreter sicherzustellen, ferner die Deckung der Besatzungskosten und die Befriedigung der sonstigen Bedürfnisse. Das Gesetz Nr. 62 geht aber außerordentlich viel weiter und stellt schlechthin jeden von Strafe frei, der einer der ausländischen Regierungen irgendwelche Informationen gibt., Auf die Sicherheit der Besatzungsbehörden und ihrer Truppen ist es also absolut nicht mehr abgestellt. Insofern sind meines Erachtens auch die nach dem Besatzungsstatut der Hohen Kommission zustehenden Rechte in diesem Gesetz überschritten. Diesen Gesichtspunkt sollte man in den Verhandlungen auf dem Petersberg noch einmal ganz klar und deutlich herausstellen.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    In den Verhandlungen im Rechtsausschuß ist alles geschehen, um auf berechtigte Interessen der Besatzung Rücksicht zu nehmen. Gerade deshalb ist der ursprüngliche § 94 abgeändert worden, der nach Meinung der Bundesregierung bereits damals sicherte, daß jemand, der der Besatzung Nachrichten zutrug, an denen sie ein berechtigtes Interesse hat, straffrei bleiben sollte, indem der § 94 in seiner ursprünglichen Fassung bestimmte:


    (Dr. Weber [Koblenz])

    Wer ein Staatsgeheimnis an einen anderen, vor dem es geheimzuhalten ist, gelangen läßt oder es öffentlich bekannt macht und dadurch das Wohl der Bundesrepublik gefährdet, wird bestraft.
    Dazu hat die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme zu Änderungsvorschlägen des Bundesrats, wie ja Kollege Neumayer in seinem Bericht treffend hervorgehoben hat, ausgeführt, daß bereits dadurch sichergestellt sei, daß jemand, der an die Besatzungstruppen irgendwelche Geheimnisse weitergebe, sich nicht strafbar mache, wenn er sich im Rahmen dieser bestehenden Sicherheitsvorschriften halte.
    Wir haben uns ja über die Anwendung des Besatzungsstatuts in der letzten Zeit hier mehrfach unterhalten müssen. Ich erinnere an die Debatte im Falle Kemritz, ich erinnere an die Debatte über Geschwindigkeitskontrollen durch die amerikanische Militärpolizei und an die Debatte noch in der vorletzten Woche über die Überwachung des Post- und Fernsprechwesens. Wir sind zu allertiefst über diese Handhabung des Besatzungsstatuts in der jetzigen Zeit enttäuscht und wundern uns sehr darüber, daß man es uns gegenüber in der jetzigen Zeit so an Vertrauen fehlen läßt.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Wir halten es für dringend geboten, daß die Bundesregierung von jeder Möglichkeit Gebrauch macht, um die Rechtsgleichheit wiederherzustellen. Meine Fraktion wird deshalb dem Antrage der SPD auf Umdruck Nr. 344 in der Annahme, daß dadurch der Antrag der Kommunistischen Partei erledigt ist, zustimmen.

    (Beifall rechts und in der Mitte.)