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ID0117105200

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 171. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. Oktober 1951 7041 171. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 25. Oktober 1951. Geschäftliche Mitteilungen 7042D, 7043B, '7049D, 7092D Änderung der Tagesordnung 7042D Glückwunsch zum 60. Geburtstag des Abg. Lohmüller 7043A Erste, zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Nrn. 2703, 2742 der Drucksachen) 7043B, 7089A Dr. Wellhausen (FDP), Berichterstatter 7089A Ausschußüberweisung 7043B Beschlußfassung 7089B Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuerrechts (Nr. 2675 der Drucksachen) 7043B Leonhard (CDU) 7043C Müller (Frankfurt) (KPD) 7044A Tenhagen (SPD) 7045A Ausschußüberweisung 7045C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung von Unfällen im Straßenverkehr (Nr. 2674 der Drucksachen) 7045C, 7050A Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 7045C Günther (CDU) 7050A Dr. Reismann (Z) 7051A Baur (Augsburg) (SPD) 7052C Dr. Hoffmann (Schönau) (FDP) . . 7054B Stücklen (CSU) 7055A Dr.-Ing. Decker (BP) 7055B Ausschußüberweisung . . . . . .. . . 7055D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn (Nrn. 2672, 2159 der Drucksachen) 7055D Rümmele (CDU), Berichterstatter . 7056A Beschlußfassung 7056B Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1951 (Nr. 2500 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß): Einzelplan XXIII — Haushalt der Allgemeinen Finanzverwaltung (Nr. 2617 der Drucksachen; Umdrucke Nrn. 316, 317) in Verbindung mit dem Mündlichen Bericht des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß) (Nr. 2600 der Drucksachen; Umdruck Nr. 315) . . . 7056B Wacker (CDU), Berichterstatter . . . 7056B Schoettle (SPD), Berichterstatter . 7058A Müller (Frankfurt) (KPD) 7058C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 7058C Bausch (CDU) 7059B Abstimmungen 7058D, 7059C Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen auf Zustimmung des Bundestages zur Veräußerung eines bundeseigenen Motorschiffes im Werte von über 250 000 DM (Nr. 2684 der Drucksachen) 7059D Beschlußfassung 7059D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens gegen den Abg. Müller (Frankfurt) gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 15. August 1951 (Nr. 2669 der Drucksachen) 7059D Hoogen (CDU), Berichterstatter . . 7060A Frau Thiele (KPD) 7060C Ritzel (SPD) 7061A Beschlußfassung 7061A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens gegen die Abg. Frau Strohbach gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 27. August 1951 (Nr. 2670 der Drucksachen) 7061A Hoogen (CDU), Berichterstatter . . 7061A Frau Thiele (KPD) 7061C Beschlußfassung 7062A Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Außerkraftsetzung des Strafrechtsänderungsgesetzes (Nr. 2554 der Drucksachen); Antrag Umdruck Nr. 344) . 7062A Fisch (KPD), Antragsteller: zur Sache 7062A, 7067B zur Geschäftsordnung 7069A Dr. Greve (SPD): zur Sache 7063C, 7068C zur Geschäftsordnung 7069B Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 7064B Dr. Weber (Koblenz) (CDU) . . . . 7066A Dr. Schneider (FDP) 7068A Beschlußfassung 7068D Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betr. Bundespostgesetz (Nr. 2664 der Drucksachen) '7069B Rademacher (FDP), Antragsteller . 7069B Schuberth, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen 7070A, 7071C Cramer (SPD) 7070B Walter (DP) 7071C Kohl (Heilbronn) (FDP) 7071D Beschlußfassung 7072A Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Einfuhrprogramm zur Deckung lebenswichtigen Bedarfs an Grundnahrungsmitteln (Nr. 2686 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Verordnung über Zolländerungen (Nr. 2687 der Drucksachen) 7072A Kriedemann (SPD), Antragsteller 7072B, 7080A Blücher, Stellvertreter des Bundeskanzlers 7074A, 7081B Fassbender (FDP) 7074C Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU) 7076C, 7081D Niebergall (KPD) 7077C Lampl (BP) 7078B Bauknecht (CDU) 7078D Tobaben (DP) 7079D Ausschußüberweisung 7081D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für den Lastenausgleich (12. Ausschuß) über den von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, BP und des Zentrums eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Stundung von Soforthilfeabgabe und über Teuerungszuschläge zur Unterhaltshilfe (Soforthilfeanpassungsgesetz — SHAnpG) (Nrn. 2708/neu/, 2743 der Drucksachen; Umdrucke Nrn. 345, 346) 7043A, C, 7050A, 7081D Schütz (CSU), Berichterstatter . . . 7082A Dr. Kather (CDU) 7083B Ohlig (SPD) 7084A Dr. Reismann (Z) 7084C, 7087B Dr. Preiß (FDP) 7085B Dr. Horlacher (CSU) 7086A Kunze (CDU) 7087C, 7088D Frommhold (Fraktionslos) 7087D Müller (Frankfurt) (KPD) 7088B Beschlußfassung 7088A, 7089A Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1951 (Nrn. 2500, 2600 bis 2619 der Drucksachen), Zusammenstellung der Beschlüsse in zweiter Beratung (Nr. 2734 der Drucksachen; Umdrucke Nrn. 340, 324) in Verbindung mit dem Mündlichen Bericht des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen (Nr. 2725 der Drucksachen; Umdruck Nr. 342) 7059A, 7089C Ritzel (SPD), Berichterstatter . . . 7090B Bausch (CDU) (zur Abstimmung) . . 7090D Pfender (CDU), Berichterstatter . . 7091B Abstimmungen 7089D, 7090D, 7091D Beratung der Übersicht Nr. 40 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen (Umdruck Nr. 339) 7092D Beschlußfassung 7092D Nächste Sitzung 7092D Die Sitzung wird um 13 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Grete Thiele


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Gestatten Sie mir eine Vorbemerkung. Hier in diesem Hause wird soviel von Erlassen und Verordnungen usw. geredet. Aber ich denke, Sie sollten sich doch einmal Gedanken darüber machen, daß diese Erlasse und Verordnungen durch eine Unzahl von Gerichtsurteilen inzwischen als verfassungswidrig hingestellt worden sind.

    (Hört! Hört! und Sehr richtig! bei der KPD.)

    Auch in dem Antrag, der jetzt hier vorgetragen worden ist, geht es um eine verfassungswidrige Handlung von Polizeiorganen. Frau Strohbach hat lediglich die Siegel von den Räumen der KPD — nicht, wie der Berichterstatter feststellte, von einer Schule der FDJ — entfernt. Es waren Räume der KPD, die für Schulungszwecke benutzt worden sind. Von ihrer Handlung hat, wie der Berichterstatter schon sagte, Frau Strohbach sofort dem zuständigen Landeskommissariat Kenntnis gegeben, um damit auszudrücken, daß diese Handlung nur dazu diente, den verfassungsrechtlichen Zustand wieder herzustellen. Wie sehr das ihr Recht, ja auch hier wiederum ihre Pflicht war, möchte ich Ihnen an einer Rede des ehemaligen Ministerpräsidenten und heutigen Justizministers von Nordrhein-Westfalen, Herrn Dr. Amelunxen, aufzeigen. Am 6. November 1946 sprach der damalige Ministerpräsident Dr. Amelunxen zu den Studenten der Kölner Universität wie folgt:
    Bei Ihrem Rechtsstudium werden Sie lernen, daß der Widerstand eine geheiligte Pflicht der Bürger ist und immer sein muß, wenn eine Regierung die verfassungsmäßig gewährleisteten Rechte und Freiheiten mißachtet.

    (Sehr gut! bei der KPD.)

    Und im Oktober 1946 stellte Dr. Amelunxen in einer Rede in Düsseldorf folgendes fest:
    In der neuen französischen Verfassung befindet sich ein Paragraph, der höchste Beachtung verdient. Er besagt in prägnanter Kürze, daß der Widerstand in jeder Form eine geheiligte und gebieterische Pflicht jedes Bürgers ist, wenn eine Regierung die verfassungsmäßig gewährleisteten Rechte und Freiheiten mißachtet.

    (Sehr gut! bei der KPD.)

    Sehen Sie, meine Herren und Damen, das sind Gedanken, die Sie sich auch einmal machen sollten, wenn Sie dem vorliegenden Antrag nähertreten. Diese Ausführungen des heutigen Justizministers von Nordrhein-Westfalen sind einer Schrift entnommen, die 1946/47 erschienen ist. Vielleicht waren Sie damals auch noch einer solchen Auffassung. Sie sollten sich aber auch unter den heutigen Bedingungen diese Auffassung zu eigen machen. Die Tatsache, daß nach einigen Tagen die Räume der KPD wieder freigegeben werden mußten, als Verhandlungen dieserhalb begannen, zeigt, daß Frau Strohbach im Recht war und daß die Polizeiorgane verfassungs- und rechtswidrig gehandelt haben.


    (Frau Thiele)

    Ich bitte daher das Hohe Haus, auch diesem Antrag auf Aufhebung der Immunität nicht zuzustimmen, sondern ihn abzulehnen.

    (Beifall bei der KPD.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Ich lasse abstimmen. Wer für die Annahme des Antrags Drucksache Nr. 2670 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Gegen die Stimmen der kommunistischen Fraktion und einige weitere Stimmen der Deutschen Partei angenommen.
Ich rufe auf Punkt 9 der Tagesordnung:
Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Außerkraftsetzung des Strafrechtsänderungsgesetzes (Nr. 2554 der Drucksachen).
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, für die Begründung 10 Minuten, für die allgemeine Aussprache 40 Minuten festzusetzen. — Das Haus hat so beschlossen.
Wer begründet? - Das Wort hat der Abgeordnete Fisch.

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    Rede von Walter Fisch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei erschien kürzlich ein Artikel eines Mannes, der sich in der Vergangenheit um die Wahrung von Rechtsgrundsätzen einige Verdienste erworben hat. Der Verfasser ist der frühere Generalsekretär der Deutschen Liga für Menschenrechte. In diesem Artikel wird das sogenannte Blitzgesetz eindeutig und klar abgelehnt. Es mutet etwas seltsam an, daß ein solcher Artikel im Organ derjenigen Partei erscheint, die hier am 11. Juli diesem Gesetz ihre Zustimmung gegeben hat. Nichtsdestoweniger möchte ich meinen Ausführungen einige interessante Hinweise aus diesem Artikel voranschicken. Der Verfasser erwähnt, daß in der Weimarer Zeit die Kurve der Landesverratsprozesse steil in die Höhe ging. Gegenüber 18 Landesverratsprozessen im Durchschnitt der Jahre 1882 bis 1891, 19 Prozessen im Jahre 1910 stieg die Anzahl der Landesverratsprozesse im Jahre 1921 auf 111, 1924 auf 516, 1925 auf 561 und schließlich in den Jahren 1927 und folgende auf Tausende Verfahren.

    (Hört! Hört! bei der KPD.)

    Was ergibt sich aus dieser Feststellung? Es ergibt sich, daß, je mehr die geheime Aufrüstung in der Zeit der Weimarer Republik anwuchs, je mehr die schwarze Reichswehr und andere geheime militaristische Machenschaften die Öffentlichkeit beunruhigten und je näher man dem Hitler-Regime kam, desto höher die Zahl der Landesverratsprozesse wurde. Allerdings wurden diese Prozesse nicht gegen die Schuldigen angestrengt, die Deutschland dem Hitler-Regime und dem Kriege entgegenführten, nicht geführt gegen die eigentlichen großen Spione fremder Mächte, sondern sie wurden geführt gegen die Freunde des Friedens, gegen die Feinde Hitlers, gegen die Feinde der offenen und geheimen Militarisierung. Wie das Ende dieser Entwicklung war, wissen Sie. Zu der Zeit, als schließlich der Gipfelpunkt der Kurve der Landesverratsprozesse gegen links erreicht war, ergriff Hitler die Macht.
    Das Blitzgesetz des Jahres 1951 schafft ähnliche Tatbestände und hat ähnliche Funktionen zu erfüllen. Durch dieses Gesetz sollen diejenigen getroffen werden, die sich der Politik der Aufrüstung entgegenstellen, die sich der Auslieferung Westdeutschlands an die Kriegsverschwörung des Westens entgegenstellen, die sich der Politik der Ausplünderung unseres Volkes durch die reaktionäre Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik widersetzen, und insbesondere sollen diejenigen getroffen werden, die sich der Verewigung der Spaltung Deutschlands entgegenstellen. Ich möchte hier an den eigentlichen Kernpunkt des Gesetzes erinnern. Es heißt schließlich in einer ganzen Reihe von Paragraphen immer in der gleichen Weise, daß derjenige bestraft werden soll, der die Absicht hat, „den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen", d. h. es wird die Gesinnung bestraft, die Gesinnung derjenigen Menschen, die das Provisorium der Bundesrepublik, die gemäß Beschlüssen der westlichen Alliierten geschaffen wurde, ablösen wollen durch eine deutsche Republik, die dem Willen und dem freien Selbstbestimmungsrecht aller Deutschen entspricht.
    Hier soll aber bestraft werden, wer zu diesem Zweck die Zusammenarbeit mit Kräften außerhalb der Bundesrepublik, also mit Kräften in der Deutschen Demokratischen Republik, anstrebt. Ist es nicht grotesk, daß solche Bestimmungen gerade jetzt angewandt werden sollen, in einer Situation, in der immer breitere Massen die Diskussion darüber erfaßt, wie die Einheit Deutschlands wiederhergestellt, wie das Provisorium der Bundesrepublik überwunden werden kann? Ist es nicht grotesk, daß gerade jetzt mit Zuchthaus unter der diffamierenden Beschuldigung, Landesverrat begangen zu haben, bestraft werden soll, wer sich dagegen wehrt, daß das Provisorium der Bundesrepublik in eine endgültige Tatsache umgewandelt a wird, wer sich dagegen wehrt, daß die Einheit Deutschlands auf Jahrzehnte hinaus verhindert werden soll? Allein aus diesem Grunde muß jetzt und sofort dieses die Einheit Deutschlands verhindernde Gesetz außer Kraft gesetzt werden.
    Es gibt in dem erwähnten Artikel noch einen zweiten Hinweis von Interesse. Es heißt dort, daß die Anwendung des Landesverratsparagraphen in einem Land, welches von einer ausländischen Macht besetzt gehalten oder kontrolliert wird, ein unlösbarer Widerspruch sei. Nun, an demselben Tag, an dem der Bundespräsident seine Unterschrift unter das Blitzgesetz setzte, erschien das Gesetz Nr. 62 der Alliierten Hohen Kommission, in dem ausdrücklich „Agenten und Mittelsmänner der Besatzungsmächte" von den Landesverratsbestimmungen dieses Gesetzes ausgenommen werden.

    (Hört! Hört! bei der KPD.)

    Damit wurde zweierlei Recht geschaffen, damit wurde der Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz gebrochen, und damit wurde das Blitzgesetz in seiner Gesamtheit zur Unhaltbarkeit verurteilt. Stellen Sie sich doch einmal die Situation vor, wenn jetzt diejenigen Herren, die sich vor kurzem — wie es heißt — des Dokumentendiebstahls in der Bundeskanzlei schuldig gemacht haben, vor Gericht gestellt werden! Die linke Hälfte dieser Herren, die die Dokumente an die Franzosen ausgegeben haben, bleibt straffrei; die rechte Hälfte, die die Dokumente an den Parteiapparat der SPD ausgeliefert hat, soll bestraft werden. Und stellte man sich vor, daß dieselben Herren etwa noch die gleichen Dokumente an Parteien der Deutschen Demokratischen Republik ausgeliefert hätten, dann


    (Fisch)

    würde man erfahren, daß sie dafür mit lebenslänglichem Zuchthaus bestraft würden.

    (Sehr gut! bei der KPD. — Lachen in der Mitte und rechts.)

    Als diese Doppelgesetzgebung damals bekannt wurde, erhob sich unter den großen Parteien dieses Hauses ein großes Geschrei. Die CDU erklärte ihr „äußerstes Befremden", und der Sprecher der SPD-Fraktion erklärte diese Maßnahme des Petersberges für einen „Todesstoß auf den demokratischen Gedanken". Aber ich stelle hier fest, daß diese Erklärungen an dem wirklichen Tatbestand vorübergehen. Denn man wußte in allen maßgeblichen Stellen von vornherein, daß die Besatzungsmächte für sich ein Ausnahmerecht geltend machen und es auch vom Bundesjustizministerium ausdrücklich bestätigt erhalten haben. Ich weise hier auf die Ausführungen des Herrn Generalstaatsanwalts Schafheutle hin, die er bei der Debatte über diese Frage im Rechtsausschuß am 27. Juni gemacht hat. Er hat damals ausdrücklich erklärt — ich möchte das hier wörtlich zitieren —: „Soweit die Besatzungsmächte nach dem Besatzungsstatut ein Recht hätten, sich über staatliche Angelegenheiten Aufklärung zu verschaffen, läge in der Weitergabe eines solchen Staatsgeheimnisses an eine solche Besatzungsmacht keine Verratshandlung; das werde durch die Einfügung des Wortes ,an einen Unbefugten' geklärt." — Somit also wird die Besatzungsmacht ausdrücklich als ein „Befugter" für den Empfang von Staatsgeheimnissen erklärt.

    (Hört! Hört! bei der KPD.)

    „Damit" — sagt Herr Schafheutle weiter — „würden die Besatzungsmächte gedeckt, soweit nach dem Besatzungsstatut oder einer späteren Regelung ein solches Recht bestehe."
    Meine Damen und Herren, auch der Herr Bundesjustizminister hat erklärt, daß er dem Petersberg selbst Vorschläge gemacht habe, die alle Bedenken der Alliierten hätten entkräften sollen, ohne daß man sich durch eine solche offene Darstellung der Dinge vor aller Öffentlichkeit bloßstellen lassen müsse. In der Erklärung des Bundesjustizministeriums vom 2. September wird nicht gegen den Inhalt des Gesetzes der Hohen Kommission polemisiert, sondern es wird nur bedauert, daß der Petersberg in die Haltung der Bundesregierung so wenig Vertrauen habe. Die Bundesregierung hätte wiederholt in mündlichen und schriftlichen Vorstellungen zum Ausdruck gebracht, daß sie mit den Auffassungen der Alliierten Hohen Kommission völlig übereinstimme.
    '(Glocke des Präsidenten.)

    — Ich komme zum Schluß! — Es ist klar, daß die Herren Dehler und Lehr einen solchen Zustand der Rechtsverwilderung, des Verfassungsbruchs, ein solches System des prinzipienlosen Hilfsdienstes für die Besatzungsmächte durchaus billigen.

    (Na, na! in der Mitte.)

    Ihnen ist jedes Mittel recht und billig, wenn es darum geht, die Kräfte, die für den Frieden und für die Einheit Deutschlands kämpfen, zu beinträchtigen. Aber, meine Damen und Herren, wenn Sie doch hier von den Prinzipien einer rechtsstaatlichen Ordnung sprechen, von den Grundsätzen der Freiheit der Persönlichkeit, wenn Sie dafür eintreten, daß seitens der UNO eine Kommission eingesetzt werde, die die Voraussetzungen für freie Wahlen in ganz Deutschland prüfen solle, — hier, meine Damen und Herren, hier haben Sie Gelegenheit, auf dem Boden der Bundesrepublik zu beweisen, ob und wie Sie es ernst meinen mit den demokratischen Grundrechten, vor allem mit dem Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz. Wenn für Sie das Wort von der Freiheit des Menschen keine Phrase ist, dann müssen Sie heute gemäß dem Antrag meiner Fraktion die sofortige Außerkraftsetzung dieses Gesetzes beschließen.

    (Beifall bei der KPD.)