Rede von
Johannes
Albers
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist nicht meine Aufgabe, den Schumanplan in allen seinen Einzelheiten und Auswirkungen zu werten. Ich werde auch nicht dem Herrn Kollegen Schmid antworten. Dies werde ich auch deshalb nicht tun, weil ich nicht über seine Redebegeisterung und auch nicht über seine selbsteigene und sarkastische Rhetorik verfüge. Wir haben ihn ja in den letzten zwei Jahren kennengelernt.
Seine Kritik versuchte, ein dürftiges Nein zur Vorlage zu finden. Ich sehe die Aufgabe meiner Darlegungen darin, erneut das Positive der Vorlage herauszuheben. Mich und Millionen Mitglieder der christlich-sozialen Arbeiterbewegung des Bundes und des Auslandes interessiert in erster Linie die Frage: Was bringt der Schumanplan den arbeitenden Volksschichten? Ist das, was geschaffen werden soll, wirklich ein kapitalistisches Unternehmen? Ist es ein Riesenkartell? Ist es das, was die Gegner von ihm sagen? Und da meine ich, wer die vorliegenden Unterlagen unvoreingenommen prüft, kann eine solche Feststellung nicht treffen.
Die Eigentumsverhältnisse an Kohle und Eisen in den einzelnen Ländern werden von dem Vertrag nicht berührt. Ob Kohle und Eisen sich in Privatbesitz oder in Staatsbesitz befinden, ob und wie die Eigentumsfrage in der Zukunft geregelt werden soll, das ist und bleibt ureigenste Aufgabe jedes der beteiligten Länder.
In Deutschland steht diese Frage noch zur Entscheidung. Es liegt in unserer Zuständigkeit, in welchem Sinn die Regelung des Eigentums an Kohle und Eisen erfolgen soll. Durch unser Ja zum Schumanplan wird uns die Entscheidung hierfür nicht vorweggenommen.
Man wendet ein, daß über die Hohe Behörde ein zu großer Einfluß des Kapitals gegeben sei. Dazu stelle ich fest, daß nach dem Vertrag die Vertreter in den Organen Vertreter der beteiligten Staaten und Völker sein sollen. Darüber, daß es die richtigen Männer und Frauen sind, die neben ihren sachlichen Qualitäten über die notwendige Unabhängigkeit verfügen, haben die Stellen zu entscheiden, die diese Vertreter delegieren. Das sind
wir, und das ist die Regierung. Wir würden unsere Aufgabe nicht richtig erfüllen, wir würden unsere Aufgabe gegenüber unseren Wählern nicht erfüllen, wenn wir hier nicht klar und eindeutig unsere Pflicht sehen würden.
Es ist von großer Bedeutung, daß die Hohe Behörde sich in ihren sachlichen Entscheidungen auf den Beratenden Ausschuß zu stützen hat. Dieser setzt sich zu gleichen Teilen zusammen aus Vertretern der Erzeuger, der Arbeitnehmer und der Verbraucher. Gegenüber Auffassungen, die eine paritätische Besetzung dieses Organs aus Unternehmern und Arbeitnehmern fordern, sehen wir in der Heranziehung der Verbraucher die bessere Lösung. Während wir in Deutschland es noch nicht fertiggebracht haben, ein Organ der überbetrieblichen Mitbestimmung wie den Bundeswirtschaftsrat zu schaffen, ist hier von vornherein in europäischem Rahmen für Kohle und Eisen ein derartiges Organ gebildet worden, das auch den Interessen der Sozialpartner und der Verbraucherschaft Rechnung tragen soll.
— Ich spreche ja ausdrücklich vom Beratenden Ausschuß.
Diese Konstruktion kann für Entscheidungen, die wir demnächst in diesem Hause gerade in bezug auf das überbetriebliche Mitbestimmungsrecht zu fällen haben, wertvolle Anregungen geben.
Wenn ich also zusammenfassend die Struktur und Zusammensetzung der Organe des Schumanplans bewerte, so darf ich feststellen, daß der Plan nicht ein Instrument einseitiger und kapitalistischer Interessen sein kann, sondern ein Zusammenspiel von' Kapital und Arbeit auf europäischer Basis schaffen wird.
Meine verehrten Damen und Herren, wenn die Bundesregierung und der Herr Bundeskanzler sich seit mehr als fünf Vierteljahren um die Schaffung des Schumanplans bemühten, so haben sie ja auch einen Auftrag dieses Parlaments erfüllt, ja, ich glaube sagen zu dürfen, der Kanzler hat sogar einen Auftrag der Opposition erfüllt. Ich habe vor mir liegen einen Auszug aus der Rede des Herrn Dr. Schumacher zur Saarfrage vom 10. März 1950 in diesem Hause. Mit Genehmigung des Herrn Präsidenten darf ich die markantesten Sätze aus den damaligen Ausführungen des Herrn Dr. Schumacher wiederholen. Er sagte:
Man sollte jetzt von unserer Seite den Versuch machen, unter Betonung der europäischen Kooperation und in streng europäischem Rahmen im Geiste der Gemeinsamkeit auf das Ziel einer größtmöglichen wirtschaftlichen Vereinigung Europas loszugehen.
Ohne Zweifel ist es eine gute Sache, wenn Frankreich und Deutschland gerade wegen der besonderen Spannung zwischen diesen Ländern und ihren Wirtschaften auch den Anfang bei der konkreten Behandlung dieser Themen machen;
denn wenn Frankreich und Deutschland nicht
die Formel der ökonomischen Symbiose für die
Zeit nach dem Aufhören des Marshallplans
finden, dann konkurrieren sie sich mit den 1952
vorhandenen europäischen Überkapazitäten in Grund und Boden. Die Völker erzeugen durch eine falsche Politik in Europa eine Arbeitslosigkeit, die dem östlichen Totalitarismus eine vorher noch nie gekannte Chance gibt.
Darum, meine Damen und Herren, steuern wir auf das Ziel eines Friedensvertrages mit Deutschland. Aber solange er nicht realisiert ist, sollten wir besonders auf wirtschaftspolitischem Gebiet, nicht auf territorialem Gebiet, das Ziel angehen, Anfänge zu schaffen in der gegenseitigen wirtschaftlichen Berücksichtigung der Interessen Frankreichs und Deutschlands durch direkte Fühlungnahme. Mit anderen Worten, ich rede hier einer Initiative zu Verhandlungen mit Frankreich speziell auf wirtschaftspolitischem Gebiet das Wort, Verhandlungen, die größer sind und tiefer gehen als das, was Handelsvertragsabkommen hervorbringen können, die einen französisch-deutschen Freundschaftsvertrag bringen.
Ich glaube, daß im Schumanplan diese Voraussetzungen für einen deutsch-französischen Friedensvertrag, wie es auch der Herr Dr. Schumacher wünschte, gegeben sind.
Wenn es aber anders wäre, so muß ich jetzt die Frage stellen, würden dann die Gewerkschaften in einem solch objektiven Verhältnis zum Schuman-plan stehen? Gewiß sind noch Wünsche offen. Wir kennen diese Wünsche: Aufhebung der Diskriminierung aus dem Besatzungsrecht, Aufhebung der Ruhrbehörde und der noch bestehenden Produktionsbeschränkungen. Der Herr Bundeskanzler hat heute früh zu dem Antrag der SPD in mehr oder weniger positiver Weise Stellung genommen. Ich frage Sie: Wird unsere Ausgangsposition besser, wenn wir den Schumanplan ablehnen? Wir meinen, nur durch Mitarbeit, Mitgestaltung und Mitverantwortung bei der europäischen Neuordnung kann unsere Situation auf politischem und wirtschaftlichem Gebiet verbessert werden.
Das haben auch die Gewerkschaften in ihrer Stellungnahme mit berücksichtigt und herausgestellt. Gerade die Gewerkschaftsvertreter der anderen fünf am Schumanplan beteiligten Länder — mögen sie aus dem Internationalen Bund der Freien Gewerkschaften oder aus der Christlichen Gewerkschaftsinternationale kommen — haben sich in vorbildlicher und kameradschaftlicher Weise für die Gleichberechtigung Deutschlands eingesetzt. Männer wie Oldenbroek vom Internationalen Bund der Freien Gewerkschaften und Serrarens von der Christlichen Gewerkschafts-Internationale sind uns wohl auch Mitgaranten dafür, daß der Sinn und der Zweck des Schumanplans erfüllt wird.
Und wer wollte daran zweifeln, daß die mächtigen internationalen Organisationen der Bergarbeiter und der Metallarbeiter nicht in der Lage wären, einseitige und den europäischen und den Arbeiterinteressen abträgliche Entwicklungen zu verhindern?
So mächtig die Gewerkschaften aber auch sind, eins vermögen sie nicht: in einem in sich zerrissenen Europa, in dem zu eng gewordenen Rahmen der Nationalwirtschaften auf die Dauer soziale Sicherheit und sozialen Fortschritt zu gewährleisten. Es ist ein untrügliches Zeichen für die gefährliche
Situation, in der wir uns befinden, daß die Produktivität der europäischen Arbeit kaum noch ein
Drittel der Produktivität der amerikanischen beträgt. Das liegt doch beileibe nicht an mangelnder
Tüchtigkeit und mangelndem Fleiß der europäischen und insbesondere der deutschen Arbeiter;
das liegt doch einzig und allein an der Desorganisation der europäischen Wirtschaft und der zurückgebliebenen technischen Ausrüstung der Betriebe.
Die Überwindung dieses Zustandes erfordert gerade vom Standpunkt der Interessen der breiten Schichten unseres Volkes zwingend die europäische Wirtschaftseinheit. Jetzt wird der Zusammenschluß allen beteiligten Völkern die Chance zum sozialen Fortschritt und zur Wohlfahrt geben können. Die Voraussetzungen dafür, daß dieser Fortschritt wirklich den breitesten Volksschichten zugute kommt, sind durch die heutige starke staats-
und wirtschaftspolitische Stellung der Arbeitnehmerschaft und ihrer gewerkschaftlichen Organisationen weit mehr als je gegeben.
Die sich im europäischen Rahmen vollziehende Arbeitsteilung, die Ausnutzung günstiger Standortbedingungen und dazu der leistungssteigernde Wettbewerb sind, wie heute früh schon verschiedentlich betont wurde, die Voraussetzungen für eine größere Kreditwürdigkeit und damit für eine bessere technische Ausrüstung der beteiligten Unternehmen. Damit ist dann aber auch die Gewißheit für eine Erhöhung des Sozialprodukts gegeben. Bei der Verteilung dieses vergrößerten Sozialproduktes befinden sich die Gewerkschaften auf ihrem ureigensten Aufgabengebiet. Überlassen wir also ruhig die Sorgen um die Hebung der wirtschaftlichen und sozialen Lage, auch die Sorgen um den gerechten Anteil am Sozialprodukt, den Gewerkschaften.
Für die beteiligte Arbeitnehmerschaft ist es natürlich von großem Interesse, zu wissen, inwieweit die neue Gemeinschaft auf ihre Arbeitsbedingungen einwirkt. Dazu ist zu sagen, daß die Fragen der Arbeitsbedingungen und der sozialen Leistungen durch den Schumanplan nicht berührt werden. Eine Verschlechterung der sozialpolitischen Verhältnisse braucht daher nicht befürchtet zu werden, im Gegenteil! Es ist selbstverständlich, daß der Schumanplan mit der Zeit zu einer einheitlichen, fortschrittlicheren europäischen Sozialpolitik führen wird, die auch uns neue Impulse in der sozialpolitischen Gestaltung geben kann und geben wird. Uns Deutschen ist dabei die Aufgabe gestellt, so wie bisher in der Sozialpolitik anregend und führend mitzuwirken, dann aber nicht mehr allein auf dem Gebiete der Bundesrepublik, sondern auf gesamteuropäischem Boden.
Es kann freilich nicht übersehen werden, daß in den Jahren des Übergangs gewisse wirtschaftliche Schwierigkeiten eintreten können, durch deren Auswirkungen auch die Arbeiterschaft betroffen werden kann. Wir können nun aber mit Befriedigung feststellen, daß der Vertrag für derartige Fälle besondere Schutzmaßnahmen zugunsten der Arbeiterschaft vorsieht. Es ist der Hohen Behörde insbesondere zur verpflichtenden Auflage gemacht,, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um etwa freiwerdende Arbeitskräfte wieder sinnvoll in den Arbeitsprozeß einzugliedern. Mit dieser Frage beschäftigen sich schon die Gewerkschaften in Belgien.
Ich habe heute morgen in der „Welt der Arbeit" zur Kenntnis nehmen müssen, daß die christlichen Gewerkschaften, die freien Gewerkschaften und die liberalen Gewerkschaften von Belgien in den letzten Tagen zusammengetreten sind, um für ihr Land gerade die Auswirkungen des Schumanplans zu überprüfen und festzustellen, inwieweit die belgische Arbeiterschaft hier miterfaßt wird. Sie wird miterfaßt. Das wissen unsere Freunde in Belgien; aber sie sagen immer wieder klar und deutlich: Wenn wir auch mit diesen Schwierigkeiten zu rechnen haben, wir stehen mit einem positiven Ja zu dem Schumanplan, weil wir von ihm im Laufe der Jahre eine Besserung unserer gesamten sozialen Verhältnisse erwarten.
Von größter Wichtigkeit erscheint mir auch die Bestimmung, daß die Hohe Behörde bindende Empfehlungen für die Hebung des Lohnniveaus rückständiger Länder geben kann. Damit wird ein ungezügelter zwischenstaatlicher Konkurrenzkampf auf Kosten der Arbeiter verhindert. Darin scheint mir ein besonders großer Fortschritt zu liegen. Wie oft in der Geschichte wurden berechtigte soziale Ansprüche der Arbeiterschaft mit dem Argument abgelehnt, daß man sich bei der Erfüllung dieser Ansprüche im zwischenstaatlichen Konkurrenzkampf nicht mehr behaupten könne. Hier ist nun mit dem Gedanken aufgeräumt, daß gesteigerte wirtschaftliche Rentabilität nur durch Verschlechterung der sozialen Bedingungen erkauft werden kann.
Die Bestimmung des Vertrags, durch welche die Hohe Behörde verpflichtet wird, durch technischen Fortschritt ausgelöste Arbeitslosigkeit zu verhüten oder zu beseitigen, wurde gelegentlich, insbesondere aus französischen Kreisen heraus, als wirtschaftsfeindlich bezeichnet. Dem vermag ich nicht zu folgen. Gewiß ist diese Verpflichtung eine wirtschaftliche Belastung; diese Belastung muß aber von der Wirtschaft getragen werden, weil die Wirtschaft nicht Selbstzweck ist. Der arbeitende Mensch ist nicht mehr Objekt der, Wirtschaft. Die Übernahme von Mitverantwortung für das Schicksal des arbeitenden Menschen durch die Wirtschaft und ihr Eintreten für ihn in schwierigen Zeiten ist so ein Akt der sozialen Gerechtigkeit.
Sie wird letztlich auch die Leistungskraft der Wirtschaft steigern und damit in Wahrheit dem echten Fortschritt dienen. Der neugeschaffene Wirtschaftsgroßraum wird die Sicherung des Arbeitsplatzes und die Wiedereingliederung von Arbeitslosen erleichtern.
Die im Zusammenhang mit dem Schumanplan vorgesehene Freizügigkeit der Kohle- und Stahlarbeiter innerhalb des ganzen Wirtschaftsbereiches betrachte ich als eine der bedeutungsvollsten Maßnahmen nicht nur in wirtschaftlicher, sondern auch in politischer Hinsicht.
Die internationale Arbeiterbewegung, mag sie sozialistisch oder christlich sein, hat stets für Völkerverständigung und Völkerversöhnung gewirkt. Das war eine ihrer großen Leistungen in der Geschichte. Die Arbeiter der verschiedenen Nationen habén sich nach diesem Kriege wieder als erste die Hand gereicht. Jetzt sollen diesem Verständigungswillen der Arbeiterschaft neue Möglichkeiten erschlossen werden. Die Zusammenarbeit der Kohle- und Stahlarbeiter der verschiedenen Nationalitäten im Rahmen des Schumanplans wird diesem Willen zur Verständigung neue Impulse geben, in der europäischen Arbeiterschaft noch mehr als bisher europäisches Bewußtsein wecken und das Gefühl europäischer Gemeinsamkeit lebendig halten. Ich habe nur den Wunsch zum Ausdruck zu bringen, daß die vorgesehene Freizügigkeit durch die beteiligten Regierungen sehr bald realisiert wird.
Der Schumanplan läßt gewiß noch einige Wünsche offen. Durch die Mitwirkung der deutschen Gewerkschaftsvertreter sind in letzter Stunde noch einige wichtige Verbesserungen erreicht worden. Im großen und ganzen muß aber der Plan, so wie er jetzt vorliegt, als eine geeignete Grundlage für die erstrebte übernationale Gemeinschaft von Kohle und Eisen angesehen werden. Ich darf dabei mit Freude feststellen, daß die deutschen und die internationalen Gewerkschaftsorganisationen mit 'jener Verantwortung an den Schumanplan herangegangen sind, die sich aus ihrer Pflicht ergab, für die Sicherung des Friedens in Europa zu wirken und dafür einzutreten, daß der Lebensstandard der arbeitenden Menschen auf jene Höhe gebracht wird, die die Arbeiterschaft außerhalb Europas schon vielfach erreicht hat.
Der Schumanplan erfordert sicherlich von allen beteiligten Völkern noch gewisse Opfer. Diese werden aber nicht vergebens sein. Sie müssen gebracht werden, wenn wir das Fundament für eine bessere Zukunft legen und den Gefahren, die uns bedrohen, entgehen wollen. Ich halte es mit der „Welt der Arbeit", die in ihrer Ausgabe vom 11. Mai dieses Jahres ihre Stellungnahme zusammenfassend wie folgt präzisierte:
Wenn Chaos und Elend verhindert werden sollen, dann ist es notwendig, daß in allen Ländern Vorurteile aufgegeben werden und auf billige egoistische Erfolge, wie sie sich aus der machtpolitischen Lage darbieten, verzichtet wird. Dann ist es erforderlich, daß entschlossen der Aufbau eines neuen Europa begonnen wird, eines Europa, das seine blutige und tragische Vergangenheit vergißt und alle Gedanken und Handlungen auf die Zukunft richtet.
Wir wollen durch unser Ja zum Schumanplan unseren Beitrag zur Verwirklichung dieser ersten europäischen Gemeinschaftsorganisation leisten. Wir sind der Auffassung, daß die noch bestehenden diskriminierenden Bestimmungen des Besatzungsstatuts mit dem Wirksamwerden des Vertrages fallen werden. Wenn freilich vor der Ratifizierung des Vertrages durch den Bundestag eine entsprechende Garantieerklärung der Besatzungsmächte verlangt wird, so verkennt man, glaube ich, die Wirkung eines solchen Verlangens. Wir glauben sagen zu müssen, daß dadurch vielleicht gewisse Wege versperrt werden, daß es aber bei uns gerade liegt, durch unser Ja zum Schumanplan den Willen zur europäischen Gemeinschaft unter Beweis zu stellen und den anderen den Weg leichter zu machen.
Wir geben deshalb dem Gesetzentwurf und dem Schumanplan unsere Zustimmung. Ich bin gewiß, daß die volle Gleichberechtigung der Bundesrepublik Wirkung und Folge dieser Tat und unserer Mitarbeit in der europäischen Gemeinschaft sein wird. Eine Gemeinschaft wird nicht dadurch gebildet, daß man von ihr redet, nicht dadurch, daß man aus Mißtrauen geborene Bedingungen stellt, sondern dadurch, daß man eine Vertrauensbasis schafft und dadurch auch gemeinsame Aufgaben löst. Ich habe für meine Partei, für meine Fraktion, für meine Freunde aus der christlich-sozialen
Arbeiterbewegung und für meine Freunde im Ausland, für meine Freunde in der christlichen Gewerkschafts-Internationale nur ein positives Ja, zur Vorlage abzugeben.