Rede von
Dr.
Robert
Lehr
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der erste Antrag der KPD-Fraktion wünscht, daß das Bundesverfassungsgericht sich mit dem Verbot von zwei Vereinigungen befassen solle.
Das Bundesverfassungsgericht ist nach Art. 21 des Grundgesetzes ausschließlich zuständig für Verbote einer Partei.
Hier handelt es sich um Organisationen, die als solche keine Parteien sind.
Infolgedessen fallen sie unter den Art. 9 Abs. 2, nach welchem festzustellen ist, ob die verfassungsmäßige Ordnung gestört oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung verstoßen ist.
— Eine solche Feststellung treffen ausschließlich die Bundesregierung
oder die Länderregierungen oder die Verwaltungsbehörden, aber nicht das Bundesverfassungsgericht.
Außerdem ist Voraussetzung für eine solche Feststellung, daß diese in dem Antrag genannten Organisationen sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung vergangen haben. Irgendwelche Anhaltspunkte dafür sind bisher nicht festzustellen gewesen.
Der Antrag der Fraktion der KPD ist rechtlich unbegründet. Es bedarf dem Hohen Hause gegenüber keiner besonderen Versicherung oder Hervorhebung, daß die Bundesregierung Organisationen jeder Richtung daraufhin beobachtet, ob ihre Tätigkeit sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richtet.
Soweit zu dem ersten Antrag.
Dann zu dem zweiten Antrag, das Verbot der Freien Deutschen Jugend aufzuheben.
Dieses Verbot ist in dem Ministerialblatt und im Bundesanzeiger ausführlich begründet.
Sie haben Gelegenheit gehabt, alle Einzelheiten dieses Verbots dort nachzuprüfen. Ich erinnere Sie an die Kundgebungen in Bochum und in Stuttgart, an den Widerstand gegen die Polizei in Essen und Gelsenkirchen und am letzten Sonntag in Dortmund.
Und ich muß sagen: selbst wenn eine Dame das hier vorgetragen hat, so bedaure ich, hier das Wort zur Kritik nehmen zu müssen. Es gehört schon ein hohes Maß von Unverfrorenheit dazu, ein solches
Verhalten der FDJ auch noch in Schutz zu nehmen.
Wenn Frau Abgeordnete Thiele dabei in unsanfte Berührung mit der Polizei gekommen ist, so bedaure ich das an sich; denn die Polizei hat nicht den Wunsch, gegen Frauen und Kinder vorzugehen.
Aber ich möchte Ihnen doch den guten Rat geben,
sich als Dame an verfassungswidrigen Angriffen
gegen die Polizei, bei denen mit Steinen, Flaschen
und Zaunlatten gekämpft wird, nicht zu beteiligen.
Die Betätigung der FDJ, meine Damen und Herren, beschränkt sich nicht auf Einzelfälle, sondern ist eine fortgesetzte planmäßige Handlung, die von außen geleitet wird, und zwar geleitet wird nach dem Muster des Partisanenkrieges. Glauben Sie denn, meine Herren von der äußersten Linken, wir hätten nicht längst Ihre Instruktionen in Händen, wir wüßten nicht ganz genau, wer hinter diesen FDJ-Organisationen und -Demonstrationen steht?
Die Betätigung der FDJ bedeutet infolge ihrer Planmäßigkeit und- ihrer zentralen Lenkung von außen einen Angriff gegen die verfassungsmäßige Ordnung des Bundes. Diese Aktionen haben mit den Aktionen anderer kommunistisch gelenkter Aktionen das gemeinsame Endziel, die freiheitliche demokratische Ordnung der Bundesrepublik zu beseitigen. Deshalb sind sie von Rechts wegen verboten und werden mit Nachdruck bekämpft!