Rede von
Hugo
Paul
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! In der letzten Zeit sehen wir eine Wiederbelebung und eine zunehmende Aktivität faschistischer und militaristischer Gruppen und Verbände.
Entgegen dem Potsdamer Abkommen, in dem unter Abschnitt Abrüstung und Entmilitarisierung Deutschlands Abs. A gesagt wird:
Alle Kriegervereine und alle anderen militäri-
schen und halbmilitärischen Organisationen
zusammen mit ihren Vereinen und Unter-
ôrganisationen, die den Interessen der Erhaltung der militärischen Tradition dienen, sind völlig und endgültig aufgelöst, um damit für immer der Wiedergeburt oder Wiederaufrichtung des deutschen Militarismus und Nazismus vorzubeugen,
werden im Zeichen der Remilitarisierung die faschistischen und militaristischen Umtriebe gestattet und in der Praxis in Westdeutschland sogar begünstigt.
Die Tätigkeit der sogenannten Sozialistischen Reichspartei, der Ersten Legion, der Offiziersverbände, das Treffen der SS-Panzerdivision „Großdeutschland", der „Grünen Teufel" usw. dient den Interessen des deutschen und des amerikanischen Monopolkapitals bei der Vorbereitung eines neuen Krieges gegen die friedliebenden Völker der Sowjetunion, die Volksdemokratien und die Bevölkerung der Deutschen Demokratischen Republik, aber sie dient nicht den nationalen Interessen des deutschen Volkes.
Offen propagiert die Erste Legion einen Revanchekrieg gegen die Völker des Ostens. In dem Programm der Legion wird die sofortige Mobilisierung aller geistigen und materiellen Kräfte gegen den Bolschewismus gefordert. Der Kampf soll Mann gegen Mann geführt werden. Die Erste Legion bedient sich auch in ihrer Ausdrucksweise der Hitlerterminologie. Das Soldatentum wird verherrlicht. Wir lesen im Programm der Ersten Legion, eine der Tugenden der Legion sei die Ehre und die Tapferkeit des Soldatentums.
Ich erinnere daran, daß auch der Leitspruch der SS hieß: „Eure Ehre sei Treue!" Programmpunkte der Ersten Legion sind identisch mit dem Hitler-Programm und mit dem Buch Hitlers „Mein Kampf". Die Legion ruft zur Bildung eines Volksheeres auf. Sie spricht sich damit ganz offen für die Organisierung eines neuen Krieges aus; denn die Aufstellung eines solchen Heeres könnte keinen anderen Zweck haben. Die Legion ist darüber hinaus eine Terrorgruppe ähnlich der SS. Sie rühmt sich in ihren Verlautbarungen der Aktivhandlungen gegenüber Arbeitern und Geschäftsleuten, die sich in Westdeutschland der Auffassung widersetzen, unsere Heimat in ein Schlachtfeld zu verwandeln.
Die Panzerdivision „Großdeutschland" erklärte sich auf ihrem Treffen in Kassel unter der Führung von Manteuffel für den Kampf gegen den Osten. In einem Telegramm an den Bundespräsidenten Heuss stellt sich diese SS-Formation
— wie sie selbst sagt: „unter Wahrung bester soldatischer Tradition" — zur Verfügung. — Das Wort „Großdeutschland", Herr Mende,
wurde dieser Division durch den Hitler-Generalstab gegeben. Schon in dem Wort „Großdeutschland" kommt die Revancheabsicht dieser Formation zum Ausdruck. Offen wird die Eroberung des heutigen Gebietes der Deutschen Demokratischen Republik und der Kampf gegen Polen und die Sowjetunion proklamiert!
Bei voller Duldung der Regierung konnten die Sozialistische Reichspartei und andere faschistische Gruppierungen Kundgebungen bei der Beerdigung der Kriegsverbrecher Ohlendorf, Schmidt
u. a. durchführen. Der Empfang des Generals der Fallschirmjäger Ramcke durch den Bundeskanzler Adenauer ist ein weiterer Beweis dafür, daß man die Wiederbelebung des Militarismus und die Politik der Revanche gutheißt und unterstützt.
Die Kräfte der Revanche und des Krieges erblicken in einem neuen Völkermorden unter Führung des USA-Imperialismus eine Chance für das deutsche Monopolkapital. Aber ohne Zweifel würde ein solcher Krieg nur mit der völligen Vernichtung Deutschlands und der Ausrottung unserer Nation enden. Das deutsche Volk hat es noch deutlich in Erinnerung, daß die Kräfte des deutschen Monopolkapitals und des preußisch-deutschen Militarismus einmal unser Volk in ein großes Unglück gebracht haben. Unser Volk ist nicht gewillt — das beweist der Widerstand des Volkes gegen die Remilitarisierung —, sich erneut durch diese Elemente in einen Krieg hetzen zu lassen. Die faschistisch-militärischen Gruppen und Verbände, die sich heute unter Führung Amerikas für einen neuen Krieg gegen die Völker des Ostens erklären, sind zugleich die größten Feinde der Arbeiterschaft und aller wirklichen Demokraten. Ich möchte Sie daran erinnern, daß aus der revanchelüsternen Offizierskaste der Weimarer Zeit, aus der Schwarzen Reichswehr, den Orgesch-Verbänden, der „Reichskriegsflagge", die Mörder von Rathenau, Erzberger und Tausender von Arbeitern gekommen sind. Wir fanden sie später wieder, alle diese Fememörder und Arbeitermörder, die Heines, Schulz und Konsorten, in den SA- und SS-Banden des „Dritten Reiches".
Möge dieser Rückblick allen sozialdemokratischen und christlichen Menschen eine ernste Mahnung sein zur Verstärkung des Kampfes gegen alle faschistisch-militaristischen Verschwörergruppen gegen den Frieden. Im Interesse der Erhaltung des Friedens und der demokratischen Rechte des Volkes fordern wir in voller Übereinstimmung mit den Millionen Menschen in Westdeutschland das Verbot aller faschistisch-militärischen Organisationen und Verbände. Die faschistisch-militärischen Umtriebe aller dieser Gruppen wie der Ersten Legion, der Panzerdivision „Großdeutschland", der „Grünen Teufel" usw. stehen im Gegensatz zu dem Grundgesetz. Die Regierung Adenauer wäre nach dem Grundgesetz längst verpflichtet gewesen, solche Umtriebe schon in den Anfängen unmöglich zu machen. Im Grundgesetz wurde ausdrücklich festgelegt, daß Vereinigungen, die sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, verboten sind.
Wer aber wie diese Organisationen in Revanche, Völkerhetze und Terror macht, handelt illegal und gegen die Interessen des Friedens. Gestützt auf den Art. 9 des Grundgesetzes möge deshalb der Bundestag im Interesse der Erhaltung des Friedens und einer echten Verständigungspolitik mit allen Völkern die Bundesregierung verpflichten, beim Bundesverfassungsgericht sofort das Verbot aller dieser Verbände und Organisationen zu beantragen. Ich appelliere in dieser Angelegenheit an das ganze Haus. Möge sich jeder Abgeordnete der großen Verantwortung bei der Abstimmung über unsern Antrag bewußt sein. Ich ersuche Sie, im Interesse unseres Volkes, im Interesse der Er-
haltung des Friedens für unser Volk und für die Menschheit unserem Antrag zuzustimmen.