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ID0115811600

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag - 158. Sitzung. Bonn, Montag, den 9., Juli 1951 6291 158. Sitzung Bonn, Montag, den 9. Juli 1951. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 6292C, 6311C, 6320C, 6332B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Investitionshilfe der deutschen gewerblichen Wirtschaft (Nr. 2450 der Drucksachen) 6292D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 6292D Cramer (SPD) 6294B Ausschußüberweisung 6294C Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der finanziellen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und dem Land Berlin (Nr. 2417 der Drucksachen) 6294C Dr. Bucerius (CDU), Antragsteller 6294C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 6295B Ausschußüberweisung 6296C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzen zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von GroßBerlin (West) (Nr. 2451 der Drucksachen) 6296C Ausschußüberweisung 6296C Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur einstweiligen Regelung des Treuhandverhältnisses in den Unternehmen des Kohlenbergbaues und der Eisen-und Stahlindustrie (Nr. 2424 der Drucksachen) 6296C Ausschußüberweisung 6296D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung und Abänderung des Gesetzes über den Verkehr mit Zucker ,(Zuckergesetz) (Nr. 2431 der Drucksachen) 6296D Ausschußüberweisung 6296D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Erhebung von Gebühren durch die Außenhandelsstelle des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Nr. 2448 der Drucksachen) 6297A Ausschußüberweisung 6297A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung und Abänderung des Gesetzes über den Verkehr mit Getreide und Futtermitteln (Getreide- gesetz) (Nr. 2449 der Drucksachen) . . 6297A Ausschußüberweisung 6297A Zweite Beratung des Entwurfs eines Strafrechtsänderungsgesetzes (Nrn. 563, 1307 der Drucksachen); Erster Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 2414 der Drucksachen; Umdrucke Nrn. 269, 270, 272, 273) 6297B Dr. Laforet (CSU): als Berichterstatter 6297B als Abgeordneter 6324A Dr. Arndt (SPD): als Berichterstatter 6398B als Abgeordneter . . . . 6303B, 6306C, 6317B, 6325C Fisch (KPD) . 6298D, 6307B, 6311D, 6312B, 6315B, 6316B, 6319D, 6325D Dr. Wahl (CDU), als Berichterstatter 6303C Clausen (SSW) 6306C Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 6309A, 6314D Dr. Kopf (CDU): als Abgeordneter . . . . 6309D, 6318D als Berichterstatter 6328B von Thadden (DRP) . . . . 6310D, 6315B, 6316D, 6331A Renner (KPD): zur Abstimmung . . . . 6311A, 6314C zur Sache 6313D Ehren (CDU) 6313C Matthes (FDP) (zur Geschäftsordnung) 6314C Ewers (DP) 6318A, 6324B Neumayer (FDP), Berichterstatter . 6320D Abstimmungen . . . . . . . . 6303C, 6311A, 6312B, 6314C, 6315A, 6316A, C, 6317A, 6320C, 6327C, 6331D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des GrundSteuergesetzes (Nrn. 1787, 1947, 2013 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 2408 der Drucksachen; Umdrucke Nrn. 268, 271) . 6332B Dr. Kneipp (FDP), Berichterstatter . 6332B Dr. Bertram (Z) 6337B Morgenthaler (CDU) 6338D Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP) . . 6339B Abstimmungen 6337B, 6339A, C zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung des Gesetzes zur Sicherung der Düngemittel-und Saatgutversorgung (Nr. 2216 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (19. Ausschuß) (Nr 2422 der Drucksachen) 6339D Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU), Berichterstatter 6339D Beschlußfassung 6340A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes (Nrn. 2242, 2362 der Drucksachen); Zweiter Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 2407 der Drucksachen; Umdruck Nr. 274) in Verbindung mit der Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Besteuerung des Kleinpflanzertabaks im Erntejahr 1951 (Nr 2452 der Drucksachen) 6340A Dr. Kneipp (FDP): als Berichterstatter 6340B als Antragsteller 6340D Beschlußfassung 6340D 'Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Antrag beim Bundesverfassungsgericht auf Verbot faschistischer und militaristischer Organisationen (Nr. 2402 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Verfassungswidrigkeit des Verbots der Freien Deutschen Jugend (Nr. 2403 der Drucksachen) 6341B Paul (Düsseldorf) (KPD), Antragsteller 6341B Frau Thiele (KPD), Antragstellerin 6342C Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 6344A Majonica (CDU) 6344D Übergang zur Tagesordnung 6344D Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 259) 6345A Beschlußfassung 6345A Nächste Sitzung 6345C Die Sitzung wird um 14 Uhr 4 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Hugo Paul


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Meine Damen und Herren! In der letzten Zeit sehen wir eine Wiederbelebung und eine zunehmende Aktivität faschistischer und militaristischer Gruppen und Verbände.

    (Zuruf von rechts: Nicht der kommunistischen?) Entgegen dem Potsdamer Abkommen, in dem unter Abschnitt Abrüstung und Entmilitarisierung Deutschlands Abs. A gesagt wird:

    Alle Kriegervereine und alle anderen militäri-
    schen und halbmilitärischen Organisationen
    zusammen mit ihren Vereinen und Unter-
    ôrganisationen, die den Interessen der Erhaltung der militärischen Tradition dienen, sind völlig und endgültig aufgelöst, um damit für immer der Wiedergeburt oder Wiederaufrichtung des deutschen Militarismus und Nazismus vorzubeugen,
    werden im Zeichen der Remilitarisierung die faschistischen und militaristischen Umtriebe gestattet und in der Praxis in Westdeutschland sogar begünstigt.

    (Zuruf rechts: Sie meinen die FDJ!)

    Die Tätigkeit der sogenannten Sozialistischen Reichspartei, der Ersten Legion, der Offiziersverbände, das Treffen der SS-Panzerdivision „Großdeutschland", der „Grünen Teufel" usw. dient den Interessen des deutschen und des amerikanischen Monopolkapitals bei der Vorbereitung eines neuen Krieges gegen die friedliebenden Völker der Sowjetunion, die Volksdemokratien und die Bevölkerung der Deutschen Demokratischen Republik, aber sie dient nicht den nationalen Interessen des deutschen Volkes.
    Offen propagiert die Erste Legion einen Revanchekrieg gegen die Völker des Ostens. In dem Programm der Legion wird die sofortige Mobilisierung aller geistigen und materiellen Kräfte gegen den Bolschewismus gefordert. Der Kampf soll Mann gegen Mann geführt werden. Die Erste Legion bedient sich auch in ihrer Ausdrucksweise der Hitlerterminologie. Das Soldatentum wird verherrlicht. Wir lesen im Programm der Ersten Legion, eine der Tugenden der Legion sei die Ehre und die Tapferkeit des Soldatentums.

    (Abg. Renner: Nachts kleben sie Plakate an!) Ich erinnere daran, daß auch der Leitspruch der SS hieß: „Eure Ehre sei Treue!" Programmpunkte der Ersten Legion sind identisch mit dem Hitler-Programm und mit dem Buch Hitlers „Mein Kampf". Die Legion ruft zur Bildung eines Volksheeres auf. Sie spricht sich damit ganz offen für die Organisierung eines neuen Krieges aus; denn die Aufstellung eines solchen Heeres könnte keinen anderen Zweck haben. Die Legion ist darüber hinaus eine Terrorgruppe ähnlich der SS. Sie rühmt sich in ihren Verlautbarungen der Aktivhandlungen gegenüber Arbeitern und Geschäftsleuten, die sich in Westdeutschland der Auffassung widersetzen, unsere Heimat in ein Schlachtfeld zu verwandeln.

    Die Panzerdivision „Großdeutschland" erklärte sich auf ihrem Treffen in Kassel unter der Führung von Manteuffel für den Kampf gegen den Osten. In einem Telegramm an den Bundespräsidenten Heuss stellt sich diese SS-Formation

    (Abg. Dr. Mende: Das ist keine SSFormation!)

    — wie sie selbst sagt: „unter Wahrung bester soldatischer Tradition" — zur Verfügung. — Das Wort „Großdeutschland", Herr Mende,

    (Abg. Dr. Mende: Das war keine SS-Division!) wurde dieser Division durch den Hitler-Generalstab gegeben. Schon in dem Wort „Großdeutschland" kommt die Revancheabsicht dieser Formation zum Ausdruck. Offen wird die Eroberung des heutigen Gebietes der Deutschen Demokratischen Republik und der Kampf gegen Polen und die Sowjetunion proklamiert!

    Bei voller Duldung der Regierung konnten die Sozialistische Reichspartei und andere faschistische Gruppierungen Kundgebungen bei der Beerdigung der Kriegsverbrecher Ohlendorf, Schmidt


    (Paul [Düsseldorf])

    u. a. durchführen. Der Empfang des Generals der Fallschirmjäger Ramcke durch den Bundeskanzler Adenauer ist ein weiterer Beweis dafür, daß man die Wiederbelebung des Militarismus und die Politik der Revanche gutheißt und unterstützt.
    Die Kräfte der Revanche und des Krieges erblicken in einem neuen Völkermorden unter Führung des USA-Imperialismus eine Chance für das deutsche Monopolkapital. Aber ohne Zweifel würde ein solcher Krieg nur mit der völligen Vernichtung Deutschlands und der Ausrottung unserer Nation enden. Das deutsche Volk hat es noch deutlich in Erinnerung, daß die Kräfte des deutschen Monopolkapitals und des preußisch-deutschen Militarismus einmal unser Volk in ein großes Unglück gebracht haben. Unser Volk ist nicht gewillt — das beweist der Widerstand des Volkes gegen die Remilitarisierung —, sich erneut durch diese Elemente in einen Krieg hetzen zu lassen. Die faschistisch-militärischen Gruppen und Verbände, die sich heute unter Führung Amerikas für einen neuen Krieg gegen die Völker des Ostens erklären, sind zugleich die größten Feinde der Arbeiterschaft und aller wirklichen Demokraten. Ich möchte Sie daran erinnern, daß aus der revanchelüsternen Offizierskaste der Weimarer Zeit, aus der Schwarzen Reichswehr, den Orgesch-Verbänden, der „Reichskriegsflagge", die Mörder von Rathenau, Erzberger und Tausender von Arbeitern gekommen sind. Wir fanden sie später wieder, alle diese Fememörder und Arbeitermörder, die Heines, Schulz und Konsorten, in den SA- und SS-Banden des „Dritten Reiches".

    (Abg. Strauß: Und jetzt bei der Volkspolizei!)

    Möge dieser Rückblick allen sozialdemokratischen und christlichen Menschen eine ernste Mahnung sein zur Verstärkung des Kampfes gegen alle faschistisch-militaristischen Verschwörergruppen gegen den Frieden. Im Interesse der Erhaltung des Friedens und der demokratischen Rechte des Volkes fordern wir in voller Übereinstimmung mit den Millionen Menschen in Westdeutschland das Verbot aller faschistisch-militärischen Organisationen und Verbände. Die faschistisch-militärischen Umtriebe aller dieser Gruppen wie der Ersten Legion, der Panzerdivision „Großdeutschland", der „Grünen Teufel" usw. stehen im Gegensatz zu dem Grundgesetz. Die Regierung Adenauer wäre nach dem Grundgesetz längst verpflichtet gewesen, solche Umtriebe schon in den Anfängen unmöglich zu machen. Im Grundgesetz wurde ausdrücklich festgelegt, daß Vereinigungen, die sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, verboten sind.

    (Abg. Mayer [Stuttgart] : Also weg mit der FDJ!)

    Wer aber wie diese Organisationen in Revanche, Völkerhetze und Terror macht, handelt illegal und gegen die Interessen des Friedens. Gestützt auf den Art. 9 des Grundgesetzes möge deshalb der Bundestag im Interesse der Erhaltung des Friedens und einer echten Verständigungspolitik mit allen Völkern die Bundesregierung verpflichten, beim Bundesverfassungsgericht sofort das Verbot aller dieser Verbände und Organisationen zu beantragen. Ich appelliere in dieser Angelegenheit an das ganze Haus. Möge sich jeder Abgeordnete der großen Verantwortung bei der Abstimmung über unsern Antrag bewußt sein. Ich ersuche Sie, im Interesse unseres Volkes, im Interesse der Er-
    haltung des Friedens für unser Volk und für die Menschheit unserem Antrag zuzustimmen.

    (Beifall bei der KPD.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort zur Begründung des Antrags unter Punkt 12 b der Tagesordnung hat Frau Abgeordnete Thiele.

(Unruhe und Zurufe in der Mitte. — Gegenrufe des Abg. Renner.)

— Das Wort hat Frau Abgeordnete Thiele; ich habe ihr das Wort gegeben.

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    Rede von Grete Thiele


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Mit der Drucksache Nr. 2403 legt Ihnen die KPD-Fraktion heute einen Antrag vor, der fordert, das von der Bundesregierung am 26. Juni 1951 ausgesprochene Verbot der FDJ und die gegen ihre Organe ergriffenen Maßnahmen für rechtsunwirksam zu erklären und demzufolge sofort aufzuheben. Das Verbot der FDJ ist verfassungswidrig, weil die Bundesregierung nicht befugt ist, in die Zuständigkeit der Rechtsprechung einzugreifen, soweit diese durch Gesetz begründet ist. Das ergibt sich aus dem im Grundgesetz verankerten Prinzip der Dreiteilung der Gewalten und aus der Bestimmung, daß die Gerichte unabhängig sind, d. h. daß die Staatsorgane sich nicht in die Rechtsprechung einmischen dürfen. Es ist aber eindeutig bestimmt, daß die Feststellung, ob eine Vereinigung nach Art. 9 des Grundgesetzes verboten ist, dem Gericht, nämlich dem Bundesverfassungsgericht, vorbehalten ist. Das ergibt, sich aus Art. 18 Satz 2 des Grundgesetzes.

    (Zuruf von der Mitte: Irrtum!)

    Ich muß ebenso wie mein Kollege Fisch darauf hinweisen, daß es der Bundesjustizminister Dr. Dehler war, der die Aufnahme dieser Bestimmung mit der Begründung gefordert hat, daß der ganze Artikel ohne den Satz 2 wertlos sei und in den Polizeistaat gehöre. Dr. Dehler führte dazu aus, daß jede Polizeibehörde die Grundrechte außer Kraft setzen könne, wenn nicht die Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts für die Entscheidung über die Grundrechtsverwirkung begründet werde. Daraufhin stimmten der Hauptausschuß und das Plenum des Parlamentarischen Rates der jetzigen. Formulierung zu, die wie folgt lautet:
    Die Verwirkung und ihr Ausmaß werden durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen.
    In der Begründung zum Verbot der FDJ wird die FDJ als eine Vereinigung bezeichnet, die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richte. Ich frage Sie, meine Herren und Damen: Ist es gegen die verfassungsmäßige Ordnung, wenn eine Jugendorganisation für Frieden und Völkerverständigung kämpft?

    (Lachen.)

    Ist es gegen die verfassungsmäßige Ordnung, wenn eine Jugendorganisation nach ihrem Programm ihre ganze Tätigkeit auf die Verwirklichung der 4 Grundrechte richtet, die wie folgt lauten: politische Freiheit für die Jugend, Wahlrecht ab 18 Jahre, Recht auf Bildung, Recht auf Arbeit und Arbeitsschutz und Recht auf kulturelle Betätigung? Wenn das, meine Herren und Damen, gegen die verfassungsmäßige Ordnung ist — das ist nämlich die Tätigkeit der FDJ —,

    (anhaltende lebhafte Zurufe)

    dann haben Sie allerdings recht mit Ihrem Verbot.
    ,(Abg. Strauß: Jeden Tag ein neuer Witz!)



    (Frau Thiele)

    Die Vorgeschichte des Verbots verdient aber auch beachtet zu werden. Bereits Monate vorher, beginnend im Oktober vorigen Jahres, wurden zur Verhinderung des „Tages der Hunderttausend" willkürlich Mitglieder der FDJ aus dem Ruhrgebiet aus ihren Wohnungen, aus ihren Betrieben heraus verhaftet.

    (Bravo-Rufe in der Mitte.)

    Seit Monaten werden Kulturveranstaltungen der FDJ provozierend durch die Polizei gestört und aufgelöst,

    (fortgesetzte lebhafte Zurufe)

    und wahllos wird auf Frauen, Kinder und Jugendliche eingeschlagen, damit daraus ein Widerstand der FDJ gegen die Staatsgewalt konstruiert werden kann. Meine Herren und Damen, dieses Zeichen der Demokratie, dieses Zeichen Ihrer Demokratie, Herr Dr. Lehr, den Gummiknüppel, den habe ich selbst dermaßen zu spüren bekommen, daß ich in den Krankenwagen gelegt werden mußte.

    (Anhaltende Zurufe von der KPD. — Gegenrufe von der Mitte und rechts.)

    — Schämen Sie sich, meine Herren und Damen!

    (Beifall und Unruhe bei der KPD.)

    Und so war es auch bei der Kundgebung der jungen deutschen Patrioten hier in der Nähe des Petersberges, hier vor der westdeutschen Zwingburg, als die Polizei eingegriffen hat. Das sollte nämlich der äußere Anlaß zum Verbot der FDJ werden, wie es der Innenminister Dr. Lehr hier im Bundestag sehr deutlich und für meine Begriffe, Herr Dr. Lehr, zynisch und brutal gesagt hat.

    (Zuruf von der KPD: Er grinst noch dazu! — Fortgesetzte lebhafte Zurufe.)

    Meine Herren und Damen, warum aber wurde die Verfassung gebrochen, und warum wurde dieses Verbot ausgesprochen? Damit hier ein Polizeistaat nach Herrn Dr. Lehr, nach Herrn Dr. Dehler geschaffen wurde, weil die im Grundgesetz verankerten sehr bescheidenen Rechte für das Volk Hindernisse sind für die Verwirklichung der Kriegspläne und für die Aufstellung einer deutschen Wehrmacht, von Ihnen schamhaft „Sicherheitsbeitrag" genannt. Hunderttausende junger Menschen in Westdeutschland sagen heute nicht mehr nur „Ohne uns" dazu, sondern sie sind bereit, ihr eigenes Leben, ihre Zukunft und unsere deutsche Heimat aktiv gegen die Kriegshetzer zu verteidigen.
    Die Freie Deutsche Jugend steht an der Spitze des besten Teils der deutschen Jugend im Kampf für die Erhaltung des Friedens

    (fortgesetzte lebhafte Zurufe — große Unruhe)

    und für die Wahrung der demokratischen Rechte entsprechend ihrem Programm. Ich dachte, es müßte Ihnen selbst langsam langweilig und primitiv sein, immer wieder dieselben lapidaren Zwischenrufe zu machen.

    (Sehr richtig! bei der KPD. — Stürmische Gegenrufe von den Regierungsparteien.)

    Unaufhörlich ist der Zustrom aus allen Teilen der westdeutschen Jugend, die sich zur FDJ, ihren Zielen und ihrem Freiheitskampf bekennen und zu den Weltfestspielen der Jugend und Studenten nach Berlin fahren und damit den Willen der westdeutschen Jugend für Völkerverständigung und Frieden unter Beweis stellen werden.
    Darum wurde das Verbot ausgesprochen, weil die Regierung und alle Kriegstreiber diese Jugend fürchten und sie in ihrem Friedenskampf behindern wollen. Die westdeutsche Jugend aber will keinen
    Krieg, und darum wird Ihnen dieses Verbot nichts nützen. Im Gegenteil, immer mehr junge Menschen werden den Charakter dieses Staates erkennen.

    (Sehr gut! bei der KPD.)

    Niemals wird es einer solchen volksfremden und volksfeindlichen Regierung gelingen, eine Jugend zu verbieten, die das Beste im deutschen Volke repräsentiert.

    (Lachen und anhaltende Zurufe.)

    Und nun hören Sie gut zu — lachen Sie lieber nicht! —: So wie Adolf Hitler und seine Schergen in der Verachtung aller Völker und auch des deutschen Volkes untergegangen sind, wird jede Regierung enden, die sich anmaßt, die Freiheit des deutschen Volkes zu verschachern. Heute schon trifft die Verachtung — —

    (Abg. Strauß: Das Todesurteil für Herrn Pieck! — Fortgesetzte lebhafte Zurufe.)

    — Ich kann warten, meine Herren! — Heute schon trifft die Verachtung alle diejenigen, die mit Terror und Unterdrückung den Boden für die Rekrutierung der ersten 250 000 jungen Deutschen

    (Lachen und andauernde stürmische Zurufe) für den neuen amerikanischen Krieg in Europa vorbereiten.


    (Abg. Strauß: Das ist das Ende von Herrn Ulbricht!)

    Die Jugend in Westdeutschland gibt Ihnen heute schon ihre Antwort darauf. Das zeigen die zugemauerten und damit unbrauchbar gemachten Sprenglöcher an der Loreley. Das zeigen die täglich sich mehrenden Abstimmungsergebnisse zur Volksbefragung gegen die Remilitarisierung Westdeutschlands und für einen Friedensvertrag im Jahre 1951.

    (Zuruf des Abg. Strauß.)

    Die Freie Deutsche Jugend wird immer und unaufhörlich diese Friedensliebe der gesamten westdeutschen Jugend zum Ausdruck bringen und dem deutschen Volk die Pläne der Kriegstreiber enthüllen und den Charakter dieser Regierung aufzeigen. Die blaue Fahne des stolzen Verbandes der FDJ, der heute schon mehr als 3 Millionen Mitglieder zählt, wird in Berlin bei den Weltfestspielen der Jugend und der Studenten auch vor den hunderttausend westdeutschen Jugendlichen vorangetragen werden. Diese blaue Friedensfahne, diese Friedensfahne der 'deutschen Jugend wird so lange in Westdeutschland das Banner der friedliebenden Jugend sein, bis ein einiges, friedliebendes, unabhängiges, demokratisches

    (Zuruf von der Mitte: Kommunistisches!) Deutschland wiederhergestellt und damit der Friede in Europa gesichert ist.


    (Lebhafter Beifall bei der KPD. — Anhaltende Zurufe von allen Seiten des Hauses.)