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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag - 158. Sitzung. Bonn, Montag, den 9., Juli 1951 6291 158. Sitzung Bonn, Montag, den 9. Juli 1951. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 6292C, 6311C, 6320C, 6332B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Investitionshilfe der deutschen gewerblichen Wirtschaft (Nr. 2450 der Drucksachen) 6292D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 6292D Cramer (SPD) 6294B Ausschußüberweisung 6294C Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der finanziellen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und dem Land Berlin (Nr. 2417 der Drucksachen) 6294C Dr. Bucerius (CDU), Antragsteller 6294C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 6295B Ausschußüberweisung 6296C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzen zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von GroßBerlin (West) (Nr. 2451 der Drucksachen) 6296C Ausschußüberweisung 6296C Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur einstweiligen Regelung des Treuhandverhältnisses in den Unternehmen des Kohlenbergbaues und der Eisen-und Stahlindustrie (Nr. 2424 der Drucksachen) 6296C Ausschußüberweisung 6296D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung und Abänderung des Gesetzes über den Verkehr mit Zucker ,(Zuckergesetz) (Nr. 2431 der Drucksachen) 6296D Ausschußüberweisung 6296D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Erhebung von Gebühren durch die Außenhandelsstelle des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Nr. 2448 der Drucksachen) 6297A Ausschußüberweisung 6297A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung und Abänderung des Gesetzes über den Verkehr mit Getreide und Futtermitteln (Getreide- gesetz) (Nr. 2449 der Drucksachen) . . 6297A Ausschußüberweisung 6297A Zweite Beratung des Entwurfs eines Strafrechtsänderungsgesetzes (Nrn. 563, 1307 der Drucksachen); Erster Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 2414 der Drucksachen; Umdrucke Nrn. 269, 270, 272, 273) 6297B Dr. Laforet (CSU): als Berichterstatter 6297B als Abgeordneter 6324A Dr. Arndt (SPD): als Berichterstatter 6398B als Abgeordneter . . . . 6303B, 6306C, 6317B, 6325C Fisch (KPD) . 6298D, 6307B, 6311D, 6312B, 6315B, 6316B, 6319D, 6325D Dr. Wahl (CDU), als Berichterstatter 6303C Clausen (SSW) 6306C Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 6309A, 6314D Dr. Kopf (CDU): als Abgeordneter . . . . 6309D, 6318D als Berichterstatter 6328B von Thadden (DRP) . . . . 6310D, 6315B, 6316D, 6331A Renner (KPD): zur Abstimmung . . . . 6311A, 6314C zur Sache 6313D Ehren (CDU) 6313C Matthes (FDP) (zur Geschäftsordnung) 6314C Ewers (DP) 6318A, 6324B Neumayer (FDP), Berichterstatter . 6320D Abstimmungen . . . . . . . . 6303C, 6311A, 6312B, 6314C, 6315A, 6316A, C, 6317A, 6320C, 6327C, 6331D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des GrundSteuergesetzes (Nrn. 1787, 1947, 2013 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 2408 der Drucksachen; Umdrucke Nrn. 268, 271) . 6332B Dr. Kneipp (FDP), Berichterstatter . 6332B Dr. Bertram (Z) 6337B Morgenthaler (CDU) 6338D Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP) . . 6339B Abstimmungen 6337B, 6339A, C zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung des Gesetzes zur Sicherung der Düngemittel-und Saatgutversorgung (Nr. 2216 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (19. Ausschuß) (Nr 2422 der Drucksachen) 6339D Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU), Berichterstatter 6339D Beschlußfassung 6340A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes (Nrn. 2242, 2362 der Drucksachen); Zweiter Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 2407 der Drucksachen; Umdruck Nr. 274) in Verbindung mit der Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Besteuerung des Kleinpflanzertabaks im Erntejahr 1951 (Nr 2452 der Drucksachen) 6340A Dr. Kneipp (FDP): als Berichterstatter 6340B als Antragsteller 6340D Beschlußfassung 6340D 'Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Antrag beim Bundesverfassungsgericht auf Verbot faschistischer und militaristischer Organisationen (Nr. 2402 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Verfassungswidrigkeit des Verbots der Freien Deutschen Jugend (Nr. 2403 der Drucksachen) 6341B Paul (Düsseldorf) (KPD), Antragsteller 6341B Frau Thiele (KPD), Antragstellerin 6342C Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 6344A Majonica (CDU) 6344D Übergang zur Tagesordnung 6344D Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 259) 6345A Beschlußfassung 6345A Nächste Sitzung 6345C Die Sitzung wird um 14 Uhr 4 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Walter Fisch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Meine Damen und Herren! Ich kann mich auf die Behandlung der §§ 129 und 129 a beschränken. In § 129 wird dasselbe Prinzip vertreten, wie es in § 90 a bereits formuliert ist, zu dem ich mich bei der Debatte über den Zweiten Abschnitt der Vorlage schon geäußert habe. In § 129 wird gleichfalls wie in § 90 a ein offener Bruch des Art. 18 des Grundgesetzes legalisiert. Im Art. 9 des Grundgesetzes wird ausdrücklich davon gesprochen, daß die Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit garantiert ist. In Abs. 2 des Art. 9 sind dann bestimmte Einschränkungen vorgesehen. Aber in jedem Falle muß die Entscheidung darüber, ob die Voraussetzungen des Abs. 2 des Art. 9 vorliegen, ob also die Beeinträchtigung des Grundrechts der Vereins- und Koalitionsfreiheit berechtigt ist oder nicht, dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten sein. Dieser Grundsatz des Art. 18 des Grundgesetzes ist hier gebrochen. Aus diesem Grunde hat meine Fraktion den Antrag auf Streichung des ganzen § 129 gestellt.
    Als besondere Delikatesse dieses § 129 möchte ich noch erwähnen, daß hier eine Vorschrift geschaffen ist, durch welche ein System der Zilchtung von Spitzeln, Provokateuren und Denunzianten direkt kultiviert wird.

    (Abg. Mayer [Stuttgart]: Da habt ihr ja Erfahrung drin!)

    Wo gab es denn das, daß in irgendeiner anderen strafrechtlichen Bestimmung der Mittäter dann straffrei war, wenn er seine Gesinnungs- oder Tatgenossen rechtzeitig „verzinkte"? Seit wann ist es üblich, daß etwa im kriminellen Strafrecht der Dieb dann straffrei ist, wenn er seine Mitganoven vorher angezeigt hat? Das, was Sie also im kriminellen Strafrecht für unzulässig halten, das wollen Sie jetzt hier im politischen Strafrecht kultivieren, indem Sie das verabscheuungswürdigste Element des politischen Lebens, den Spitzel und bezahlten Denunzianten, den „Achtgroschenjungen", durch das Versprechen der Straffreiheit ausdrücklich belohnen.
    In § 129 a hat man eine Notlösung gefunden, ein Kompromiß geschaffen, das nichts Halbes und nichts Ganzes darstellt. Die ursprüngliche Fassung des Regierungsentwurfes sah vor, daß ein Verwaltungsakt, d. h. ein Verbot durch irgendeine Behörde keiner gerichtlichen Nachprüfung bedarf, um rechtmäßig zu werden. Das heißt: eine jede Polizeibehörde soll in der Lage sein, sozusagen rechtmäßige Verbotserlasse herauszugeben, die Rechtsfolgen insoweit haben, als jede Zuwiderhandlung mit Gefängnis, in schweren Fällen mit Zuchthaus bestraft werden kann. Gegen diesen ungeheuerlichen Grundsatz wurde Einspruch erhoben, und zwar nicht nur von meiner Seite. Ich erkenne an, daß es auch aus den Reihen der FDP hier sehr heftigen Widerspruch gegeben hat. Aber was ist dabei herausgekommen? Nicht der Grundsatz, der in Art. 18 des Grundgesetzes festgelegt ist, nämlich daß über die Verwirkung eines Grundrechts allein das Bundesverfassungsgericht zu entscheiden habe, sondern das Bundesverwaltungsgericht bzw. das oberste Verwaltungsgericht eines Landes wurde eingeschaltet. Wir können weder dem Bundesverwaltungsgericht noch dem obersten Verwaltungsgericht eines Landes das Recht einräumen, über die Rechtmäßigkeit des Entzuges eines Grundrechtes zu bestimmen. Hierfür ist laut Grundgesetz einzig und allein das Bundesverfassungsgericht zuständig. Wer also vorhat, mit dem § 129 a diese Bestimmung des Grundgesetzes abzuändern, macht sich des Bruches des Grundgesetzes schuldig und muß sich darum gefallen lassen, daß draußen im Lande alle seine Verbote, die er rechtfertigt oder befürwortet, als verfassungswidrig, als dem Grundgesetz widersprechend bezeichnet werden.

    (Beifall bei der KPD.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung zu Art. 2.
Ich komme zur Abstimmung zunächst über den Abänderungsantrag der Fraktion der KPD, Umdruck Nr. 270 Ziffer 21, betreffend Streichung der Ziffer 2 des Art. 2. Ich bitte die Damen und Herren, die dieser Streichung zustimmen wollen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Die Streichung ist abgelehnt.
Dann lasse ich über den Abänderungsantrag auf Streichung der Ziffer 3 des § 129 abstimmen; das ist die Ziffer 22 des Umdrucks Nr. 270. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Der Antrag ist gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.


(Präsident Dr. Ehlers)

Nunmehr stimmen wir ab über den Abänderungsantrag zu Art. 2 Ziffer 4, Ziffer 23 des Umdrucks Nr. 270. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Abänderungsantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Der Antrag ist gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Ich komme nun zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten von Thadden und Frommhold, Umdruck Nr. 272 Ziffer 1. Das ist der Antrag, den Herr Abgeordneter von Thadden vorhin kurz begründet hat. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Abänderungsantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Gegen 2 Stimmen abgelehnt.
Damit sind die Abänderungsanträge zu Art. 2 erledigt.
Ich komme zur Abstimmung über den Art. 2 in der Ausschußfassung. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. - Gegen wenige Stimmen angenommen.
Nunmehr rufe ich auf Art. 3, — Art. 4, — Art. 5, — Art. 6, — Art. 7, — Art. 8, — Einleitung und Überschrift. — Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung.
Ich komme zur Abstimmung über die aufgerufenen Artikel einschließlich Einleitung und Überschrift. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Gegen wenige Stimmen angenommen.
Darf ich unterstellen, daß über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD am Schluß der dritten Beratung abgestimmt werden soll?

(Zustimmung.)

— Die Antragsteller sind offenbar damit einverstanden.
Damit, meine Damen und Herren, ist die zweite Beratung dieses Gesetzentwurfes beendet.
Meine Damen und Herren, ich bin gebeten worden, bekanntzugeben, daß der Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten um 8 Uhr eine Sitzung abhält.

(Abg. Kriedemann: 20 Uhr!)

— Um 8 Uhr, also in 2 Minuten, Herr Abgeordneter Kriedemann! — Außerdem bin ich gebeten worden, mitzuteilen, daß die Sitzung des Ausschusses für Kulturpolitik heute ausfällt.
Ich rufe nun auf Punkt 9 der Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundsteuergesetzes (Nrn. 1787, 1947, 2013 der Drucksachen);
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 2408 der Drucksachen; Umdrucke Nrn. 268, 271).

(Erste Beratung: 116. Sitzung.)

Der Ältestenrat schlägt Ihnen eine Höchstaussprachezeit von 60 Minuten vor. Ich darf annehmen, daß das Haus damit einverstanden ist und sie nicht ausnutzen wird.

(Heiterkeit.)

Das Wort hat als Berichterstatter Herr Abgeordneter Dr. Kneipp.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Otto Kneipp


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf zunächst darauf hinweisen, daß es sich um sieben Drucksachen handelt, über die ich namens des Finanz-und Steuerausschusses zu berichten habe, und zwar führe ich diese Drucksachen mit Nummern an, weil sie in der Tagesordnung leider nicht erschöpfend angegeben sind. Sie müssen aber nachher, bei der Abstimmung, darauf zurückkommen. Es sind die Drucksachen Nrn. 1490, 1749, 1787, 1947, 2013, 2020 und 2408. Bei den Drucksachen Nrn. 1490 und 2020 handelt es sich um die Anträge des Zentrums betreffend Befreiung landwirtschaftlichen Kleinbesitzes von der Grundsteuer und bei Drucksache Nr. 1749 um den Antrag Dr. Frey betreffend Fortschreibungen von Einheitswerten.
    Zum Grundsteuergesetz selbst darf ich folgendes sagen. Die Regierung, wollte mit dieser Vorlage eine Reihe von Ungerechtigkeiten, die sich im „Dritten Reich" bei der Schaffung des Grundsteuergesetzes eingeschlichen hatten, beseitigen und den Umfang der Befreiungen auch nach der gemeinnützigen und kirchlichen Seite hin weiter herausstellen. Vor allen Dingen wollte sie die Grundsteuer-Billigkeitsrichtlinien, die bisher in Gestalt einer besonderen Verordnung bestanden haben und in einer Reihe von Ländern heute noch bestehen, aufheben und in den Gesetzeskomplex einarbeiten.
    Der Ausschuß hat bei Art. I Abs. 1 unter b) das Wort „kirchlichen" gestrichen. Das wird den Nichteingeweihten wenig verständlich sein. Es könnte der Eindruck erweckt werden, als ob durch die Streichung des Wortes „kirchlichen" irgendwie ein Angriff auf kirchlich genutzte Grundstücke gestartet werden sollte. Dem ist aber nicht so. Das Wort „kirchlich" kommt ja an späterer Stelle in der Ziffer 5 des § 4 Buchstabe d) völlig erschöpfend zur Geltung, so daß sich also das Wort „kirchliche" einmal nach Ansicht des Ausschusses erübrigen ließ. Dafür ist das Wort „gemeinnützige" eingeschaltet worden, um herauszustellen, daß auch alle diejenigen Grundstücke, die gemeinnützigen Zwecken dienen, von der Grundsteuer befreit werden sollen. Das ist eine Ausweitung gegenüber dem bisherigen Grundsteuergesetz.
    Schließlich ist bei Ziffer 5 die Frage aufgeworfen worden, wie es mit der Besteuerung des kirchlichen Grundbesitzes schlechthin gehen soll. Ich muß Sie hier mit recht umfangreichen Verhandlungen des Ausschusses vertraut machen, weil ja ein Abänderungsantrag zu dieser Ziffer vorliegt und bereits früher vorgelegen hatte, der dem Hause seinerzeit Veranlassung gab, den ganzen Gesetzentwurf nebst dem Abänderungsantrag Dr. Bertram und Genossen an den Ausschuß zurückzuverweisen.
    In der Begründung des Gesetzes wird bereits darauf hingewiesen, daß die Vertreter der in Frage kommenden Kirchen beim Aufbau des Gesetzes durch das Finanzministerium — als also das Gesetz noch in statu nascendi war — die Bitte vorgetragen hätten, man möge unter allen Umständen die Befreiung des kirchlichen Grundbesitzes wenigstens dort eintreten lassen, wo die Kirchen in den einzelnen Ländern vor dem Erlaß des Grundsteuergesetzes im Jahre 1936 Grundsteuerfreiheit für gewisse ihnen gehörende Grundobjekte genossen hätten. Das Finanzministerium hat dieses Ansinnen der Kirchen abgelehnt. Es hat sich dabei von der Überlegung leiten lassen, daß man seinerzeit bei der Verreichlichung der Grundsteuer auch die in den einzelnen Ländern bestehenden Befreiungen zugunsten kirchlicher Objekte nicht habe übernehmen können, sondern daß man bei der Schaffung eines Reichsgesetzes über die Grundsteuer — wie es damals ja im Jahre 1936 geschah —


    (Dr. Kneipp)

    möglichst alle Steuerobjekte, die in der Gemeinde lägen, nach denselben Grundsätzen habe zur Grundsteuer heranziehen müssen.
    Das Bild, das sich damals dem Gesetzgeber hinsichtlich der der Kirche gehörenden Grundstücke bot, war sehr buntscheckig. In einer Reihe von Ländern waren die Pfarrhäuser — also die Dienstwohnungen der Geistlichen — und die Pfarrländereien von der Grundsteuer befreit. Dagegen waren in allen Ländern die der Kirche gehörenden landwirtschaftlich und auf sonstige Weise genutzten Grundstücke, die nicht unter den Begriff „Pfarrländerei" fallen, bereits zu der Grundsteuer herangezogen worden.
    Ich muß Ihnen also doch den Begriff „Pfarrländereien" vielleicht noch näher darlegen; denn was unter dem Begriff „Pfarrhäuser" zu verstehen ist, bedarf keiner näheren Erläuterung. Das steht einwandfrei und eindeutig nach jeder Richtung hin fest. Unter „Pfarrländereien" werden diejenigen Grundstücke verstanden, die in ihrer Nutzung unmittelbar den Geistlichen zur Verfügung stehen, also solche Grundstücke, deren Ertrag — einerlei, ob die Geistlichen den Ertrag durch eigene Bebauung oder ob sie ihn durch Verpachtung erzielen — selbst vereinnahmen dürfen. Das übrige, die große Masse der Grundstücke der Kirche, war überall grundsteuerpflichtig. Dabei handelt es sich also um den großen Umfang kirchlichen Grundbesitzes, dessen Ertrag — meistens Pachtertrag — den Landeskirchen oder den bischöflichen Ordinariaten zufloß und von diesen im Rahmen des Ordinariatsbezirks oder im Rahmen des landeskirchlichen Bezirks den Gemeinden zufloß oder zur Bezahlung der Pfarrgehälter verwandt wurde.
    Einige Länder haben die Freistellung der Pfarrländereien und der Pfarrhäuser schon seit einer I Reihe von Jahren aufgehoben. Im Jahre 1911 hat z. B. Hessen in seinem Gemeindeumlagegesetz sämtlichen kirchlichen Grundbesitz, also auch die Pfarrhäuser und die Pfarrländereien, zur Grundsteuer herangezogen. Dasselbe hat Lübeck getan. In Bayern waren zwar die Pfarrhäuser von der Grundsteuer befreit, während die Pfarrländereien dort grundsteuerpflichtig waren. In Preußen lagen die Verhältnisse ja ziemlich einheitlich auf derselben Ebene. Preußen hat sich mit seinem Kommunalabgabengesetz im Jahre 1893 mit der Frage der Besteuerung kirchlichen Grundbesitzes beschäftigt, und Preußen hat in diesem Kommunalabgabengesetz, das von dem damaligen Finanzminister Miguel gestartet wurde, festgelegt, daß da, wo bisher kirchlich genutzte Grundstücke von den kommunalen Abgaben freigestellt wurden, sie auch weiterhin freigestellt sein sollen. Das Preußische Grundsteuergesetz vom Februar 1923 hat diese Bestimmung des Kommunalabgabengesetzes übernommen. Es ist also so gewesen, daß in Preußen praktisch bis zum Jahre 1936 die der Kirche gehörenden Pfarrländereien einschließlich der Pfarrhäuser von der Grundsteuer freigestellt waren.
    Nun hat sich der Reichsgesetzgeber bereits nach dem Erlaß des Reichsbewertungsgesetzes im Jahre 1925/26 mit dem Gedanken der Schaffung eines Reichsgrundsteuergesetzes befaßt. Bereits im Jahre 1928 wurde ein sogenanntes Grundsteuerrahmengesetz erlassen, das aber eine ins Gewicht fallende Bedeutung nicht gewann. Nur MecklenburgSchwerin hat dieses Grundsteuerrahmengesetz als Grundlage für seine Grundsteuerveranlagung genommen. Erst mit dem Jahre 1936 kam dann dieses Grundsteuergesetz zustande.

    (c kritisch unter die kritische Lupe genommen und von verschiedenen Kollegen darauf hingewiesen, daß damals die nazistische Gesetzgebung ja sozusagen im Schwange gewesen wäre und daß nationalsozialistische Gedankengänge dieses Grundsteuergesetz des Jahres 1936 besonders stark infiziert hätten. Es läßt sich nicht bestreiten, daß eine Reihe von Befreiungen nazistischer Gebäude oder der NSDAP oder ihren Gliederungen gehörender Gebäude in dieses Grundsteuergesetz hineingenommen wurde. Die Vertreter der Bundesregierung haben aber immer wieder erklärt, daß die Grundlage der Heranziehung auch der kirchlichen Grundstücke zur Grundsteuer der Gemeinden bereits zu einer Zeit geschaffen worden wäre, ehe überhaupt die Möglichkeit gegeben gewesen ' sei, nazistische Gedankengänge in ein solches Gesetz hineinzuarbeiten, d. h. also, daß aus dem Referentenentwurf sozusagen diese Hinzuziehung wesentlich früher geboren worden sei. Deshalb hat sich jetzt auch die Bundesregierung wieder auf den Standpunkt gestellt, daß in dieses Grundsteuergesetz weiterhin die volle Steuerpflicht der Kirchen auch für Pfarrländereien und Pfarrhäuser eingesetzt werden müsse. Die Bundesregierung hat sich weiter vori dem Gedanken leiten lassen, daß sie, wenn nun einmal das Reich mit seiner umfassenden Gesetzgebungsmacht eingegriffen hätte, nicht mehr auf gewisse Ländereigenheiten hätte Rücksicht nehmen können. Das Reich hätte unter allen Umständen dann praktisch ja alle Objekte heranziehen müssen, die nur irgend wie im Blickfeld des Gemeindesteuergläubigers gestanden hätten. Aus diesem Grunde sei es zu erklären. Seinerzeit wurde ja die Beschlußfassung ausgesetzt und der Gesetzentwurf dem Ausschuß zurückgegeben, damit er sich eingehend mit dem Antrag Bertram beschäftigen könne. Der Ausschuß hat mit Rücksicht auf die Beschlüsse dieses Hohen Hauses zu dieser Frage den Rechtsausschuß eingespannt. Dem Rechtsausschuß lag also zunächst der Antrag Bertram vor. Ich gehe auf diese Sache deshalb sehr ausführlich ein, weil Ihnen ja nachher ein Antrag Bertram in derselben Form hier zur Beratung und Beschlußfassung vorgelegt wird. Der damalige Antrag Bertram lautete: . . . Dienstgrundstücke und Dienstwohnungen der Geistlichen und Kirchendiener in dem Umfange, in dem sie nach den vor dem 1. April 1938 geltenden landesrechtlichen Vorschriften befreit waren. § 5 des Gesetzes, § 25 der Verordnung zur Durchführung des Grundsteuergesetzes sind insoweit nicht anzuwenden. Daraufhin hat der Finanzausschuß eine klare und präzise Frage dem Rechtsausschuß gestellt. Diese Frage lautete: Sind Grundsteuerbefreiungen, die vor 1936 in einzelnen Ländern den Kirchen gewährt wurden, als Staatsleistungen im Sinne des Art. 140 des Grundgesetzes oder des Art. 138 der Weimarer Verfassung zu betrachten, und zwar auch dann, wenn die Grundsteuer nicht dem Staat, sondern den Gemeinden zufließt? Ich habe leider an der Sitzung des Rechtsausschusses nicht teilgenommen, habe aber das Protokoll, das aufgenommen wurde, recht eingehend nachgesehen, und das Ergebnis der Beschlußfassung des Rechtsausschusses wurde auch im Finanzausschuß bekanntgegeben, so daß ich den wesentlichen Inhalt dieser Niederschrift über diese Entscheidung, diesen Vorschlag des Rechtsausschusses hier vortragen kann. Im Rechtsausschuß haben sich die Kollegen Wahl und Arndt mit der Frage beschäftigt, und beide kamen schließlich zu demselben Endergebnis. Der Ausschuß hat gegen die Vorschläge dieser beiden Kollegen keine Erinnerung erhoben, so daßin der Sprache des Rechtsausschusses ein einstimmiger Beschluß zustande kam. Es ist darauf hingewiesen worden, daß der Art. 138 der Weimarer Verfassung heute noch gelte. In ihm heißt es, daß, wenn Staatsleistungen an die Kirchen erbracht worden seien, sie nicht ohne Entschädigung abgelöst werden können und daß Grundsätze für diese Entschädigung der Kirchen durch das Reich aufzustellen gewesen wären. Es bedeutet dies keine entschädigungslose Streichung von Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften. Nach Art. 140 des Grundgesetzes wäre der Art. 138 der Weimarer Verfassung als Inhalt des Grundgesetzes übernommen worden. Es handle sich also um die Frage, ob Grundsteuerbefreiungen als Staatsleistungen im Sinne des Art. 138 der Weimarer Verfassung zu gelten hätten. Es wurde Anschütz angeführt, der sich dahin ausgedrückt hätte: Staatsleistungen sind nicht nur Geldleistungen, sondern auch andere geldwerte Leistungen. Der Rechtsausschuß kam schließlich, wie bereits erwähnt, zur Bejahung dieser Frage. Der Finanzausschuß hat trotzdem mit Mehrheit beschlossen, es bei der bisherigen Grundsteuerpflicht für Pf arrhäuser und Pfarrländereien zu belassen. Er ließ sich bei diesem seinem Beschluß von folgenden Gedankengängen leiten: Zunächst hat dieses Grundsteuergesetz schon 13 Jahre lang bestanden. Die Kirchen sind mit ihren Pfarrhäusern und Pfarrländereien in die Grundsteuerpflicht hineingewachsen. Es würde nicht verstanden werden können, wenn man bei der damaligen Verreichlichung eine Befreiung aufhob und sie jetzt wieder den Kirchen zukommen lassen würde. (Zuruf von der CDU: „Entsetzlich" wäre das!)


    (Dr. Kneipp)

    Weiterhin war bei der Mehrheit des Ausschusses der Gedanke maßgebend, daß die Gemeinden ja auf diese Steuerobjekte unter allen Umständen angewiesen seien, daß die Gemeinden unter besonders schweren Bedingungen arbeiten, daß gerade die Grund- und Gewerbesteuer als die Objektsteuern den Gemeinden zur Verfügung stehen, daß die Gemeinden auch bei etwaigen Finanzausgleichen wohl nicht in allen Ländern besonders gut wegkämen und daß man ihnen aus diesem Grunde unter allen Umständen auch dieses Steuerobjekt belassen müsse.

    (auf Rheinland-Pfalz hingewiesen, wo dann gar drei besondere Arten von Recht entstehen würden. Rheinhessen als eine Provinz von Rheinland-Pfalz hat j a als ehemaliger hessischer Landesteil seit 1911 bzw. 1913 praktisch die Grundsteuerpflicht aller kirchlichen Objekte in Hessen miterlebt. Die Pfalz hat als bayerischer Landesteil nur eine Grundsteuerfreiheit der Pfarrhäuser gehabt, und der übrige Teil von Rheinland-Pfalz, der j a zu Preußen gehörte, hätte dann per Saldo die ehemals preußische Grundsteuerfreiheit von Pfarrländereien und Pfarrhäusern. Der Ausschuß glaubte, hier nur dadurch helfen zu können, daß er sich auf dem Boden weiter bewegte, der im Jahre 1938 beschritten worden war. Ich darf damit dieses Gebiet wohl verlassen und darf mich nunmehr den weiteren Beschlüssen des Ausschusses zuwenden. Sie sehen in Ziffer f)

    Die Frage der Jugendherbergen, Jugendsportheime und Freizeitlager für Jugendliche finden Sie in 2 b entsprechend behandelt. Es war dem Ausschuß selbstverständlich, daß alle derartigen Einrichtungen wie Jugendherbergen, Jugendsportheime und Freizeitlager für Jugendliche von der Grundsteuer befreit sein sollten, weil sie ja gerade der Jugend in einer besonders wichtigen Sache zu dienen berufen sind.
    Unter 2 d ist dann für Wohnräume, die für die Aufnahme erholungsbedürftiger oder hilfsbedürftiger Personen bestimmt sind, in den Gebäuden, die wegen Benutzung für gemeinnützige oder mildtätige Zwecke befreit sind, die Grundsteuerfreiheit nochmals ausdrücklich herausgestellt worden.
    Eine sehr lange Aussprache ergab sich bei Ziffer 5, die von der Fälligkeit der Grundsteuer handelt. Die Worte „mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde" sind gestrichen worden. Es war von der Regierung vorgesehen, daß jede Änderung in den Hebeterminen der Gemeinden von der Aufsichtsbehörde genehmigt werden mußte. Der Ausschuß glaubte, daß man den Gemeinden hier doch völlig freie Hand lassen könne, weil j a die Möglichkeit eines Ausbalanzierens, eines Änderns der in Frage kommenden Termine sowieso schon eingeengt sei. Andererseits stellte man sich auf den Standpunkt, es sei doch wirklich nicht nötig, sich in einer solchen Bagatellsache noch irgendwie durch die Behörde, durch die vorgesetzte Dienststelle einschalten zu müssen. Ausweichmöglichkeiten bestehen ja für die Gemeinden kaum noch; und dann kann man j a wohl auch annehmen, daß sich die bisher seit einer Reihe von Jahren geltenden Hebe-


    (Dr. Kneipp)

    termine eingespielt haben, so daß wohl keine Gemeinde noch irgendwie Veranlassung dazu fände, Abänderungen zu treffen.
    Im Abschnitt III a finden Sie den sogenannten Erlaß der Grundsteuer rechtlich untermauert. Ich hatte schon vorhin zu Beginn meiner Ausführungen auf die Grundsteuer-Billigkeitsrichtlinien hingewiesen und erklärt, daß sich diese Grundsteuer-Billigkeitsrichtlinien in einer Reihe von Jahren unstreitig bewährt haben. Das Grundsteuergesetz sieht ja nach wie vor die Grundsteuer als eine Objektsteuer an, bei der die Grundsteuer auch dann noch an das Objekt gebunden ist, wenn das Objekt in seinem Ertrage teilweise oder nahezu ganz ausfällt. Man will den Gemeinden ja schließlich die Grundsteuer soweit wie möglich lassen. Es ist durchaus verständlich — und auch in den Grundsteuer-Billigkeitsrichtlinien war dies schon so —, daß ein Grund für den Erlaß oder Teilerlaß bei geringem Ausfall an Ertrag aus dem Objekt nicht gegeben war.
    Nun haben die Grundsteuer-Billigkeitsrichtlinien heute nur noch in einigen wenigen Ländern Geltung. Im Jahre 1945 sind die GrundsteuerBilligkeitsrichtlinien von den meisten Ländern, besonders im süddeutschen Raum, aufgehoben worden. Sowohl für die Regierung als auch für den Ausschuß war also die Frage am Platze: Sollen wir nun wieder besondere Grundsteuer-Billigkeitsrichtlinien erlassen oder sollen wir die Grundsteuer-Billigkeitsrichtlinien in irgendeiner Form in das Gesetz selbst einarbeiten? Es ist klar, daß Billigkeitsrichtlinien irgendwelcher Art auch heute noch ein unbedingtes Erfordernis sind und daß der Objekteigentümer dann, wenn der Ertrag durch Gott weiß was für Maßnahmen, die hier im einzelnen nicht näher zu erörtern sind, ausfällt, das Recht haben muß, mit einem Erlaßantrage bei seiner Gemeinde vorstellig zu werden. Gewiß besteht auch für die Gemeinden ganz allgemein der § 131 der Abgabenordnung. In diesem § 131 der Abgabenordnung ist klar und eindeutig für den Staat, für das Land wie für den Bund, auch für die Gemeinden festgelegt, daß Billigkeitsmaßnahmen von jeder Gemeinde schlechthin getroffen werden können, wenn eine solche Billigkeit am Platze ist. Aber der § 131 der Abgabenordnung schlägt nicht überall durch.
    Dem Ausschuß kam es darauf an, doch die Fälle herauszustellen, bei denen der Erlaß der Grundsteuer ein unbedingtes Muß ist, also dann, wenn sozusagen eine Katastrophe über den einen oder anderen Grundsteuerpflichtigen hereingebrochen ist, die ihm restlos die Möglichkeit nimmt, seine Grundsteuer zu zahlen. In § 26 a finden Sie die Bestimmung, daß einem landwirtschaftlichen Betrieb die Grundsteuer erlassen werden muß, wenn im Erlaßzeitraum infolge von Katastrophen irgendwelcher Art, die ich hier nicht näher herausstellen will, der Ertrag um mehr als 50 % gesunken ist. Es war im Ausschuß beantragt worden, von 50 auf 30 °/o herunterzugehen. Der Antrag verfiel der Ablehnung. Es war im Ausschuß weiter beantragt worden, auch die aufzuforstenden Waldflächen für eine Reihe von Jahren mit einer verminderten Grundsteuer heranzuziehen. Der Antrag ist damit begründet worden, daß heute eine außerordentlich große Anzahl von Aufforstungsflächen vorhanden sei und daß Forstflächen in den ersten Jahren nach der Aufforstung nur einen bescheidenen Ertrag abwerfen, wenn überhaupt einen Ertrag. Das stand im Ausschuß fest. Trotzdem lehnte der Ausschuß aber auch diesen Antrag ab.
    Es war immer wieder die Forderung erhoben worden, man möge doch auch für den Hausbesitz und gegebenenfalls für das Gewerbe irgendeine Bestimmung in das Gesetz aufnehmen, die diesen Sparten des Grundbesitzes die Möglichkeit einräumt, auch ohne den § 131 der Abgabenordnung einen entsprechenden Nachlaß der Grundsteuer zu fordern. Nach längeren Verhandlungen ist schließlich beschlossen worden, in Art. II unter Buchstabe k) eine Bestimmung vorzusehen, nach der die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats eine Verordnung „über den Erlaß eines Teiles der Grundsteuer in Fällen wesentlicher Ertragsminderung" erlassen darf. Man hat also einen, wenn auch schwachen Abglanz der Grundsteuer-Billigkeitsrichtlinien dadurch wieder eingeführt, daß man auf dem Wege der mehr oder minder beliebten Ermächtigung der Bundesregierung die Möglichkeit gibt, hier nach dem Rechten zu sehen und allzu große Schäden auszuschalten. Das zu den Grundsteuer-Billigkeitsrichtlinien.
    Ich muß nun einen Fehler richtigstellen, der sich leider beim Umdruck eingestellt hat. Es heißt auf Drucksache Nr. 2013 „Art. I Nr. 7: 26 a erhält folgende Ziffer 4". Es muß heißen „Art. I Nr. 8: § 29 erhält folgenden Abs. 4". Ich bitte, das in Ihrer Drucksache Nr. 2013 handschriftlich zu berichtigen.
    Es handelt sich bei der Ziffer 8 zu dem § 29 um die Frage der sogenannten Arbeiterwohnstätten. Arbeiterwohnstätten waren im „Dritten Reich", wenn ich den Ausdruck erwähnen darf, steuerbegünstigt. Man wollte den Bau dieser Arbeiterwohnstätten fördern, um gerade die für die Arbeiter dringend nötigen Wohnungen zu verbilligen. Man hat im Gesetz demgemäß die Grundsteuerfreiheit für diese Arbeiterwohnstätten auf zwanzig Jahre festgelegt. Allerdings hat man den Gemeinden nicht zugemutet, auf diese Grundsteuer zu verzichten, sondern man hat das Reich verpflichtet, diesen Grundsteuerausfall den Gemeinden zu ersetzen. Sie wissen, daß wir in unserem Wohnungsgesetz in gewissem Umfang für Wohnungen Grundsteuerfreiheit auf zehn Jahre festgelegt haben. Damals war für die Arbeiterwohnstätten festgelegt worden, daß die Grundstücke zwanzig Jahre lang Grundsteuerfreiheit genießen, daß aber die Gemeinden selbst durch das Reich schadlos gehalten würden. Diese zwanzig Jahre sind noch nicht vorbei, sie laufen praktisch erst nach 1960 aus. Eine ganze Anzahl Länder hat aus eigenen Geldern diese Arbeiterwohnstättenbeihilfen oder Grundsteuerbeihilfen weitergezahlt. Andere Länder haben das abgelehnt. Es entstand die große Frage: Was soll geschehen? Der Bundesrat hat nun beschlossen, daß der Bund diese Beträge weiterzahlen sollte, während auf der andern Seite die Bundesregierung die Bestimmung festgelegt haben wollte, daß das Land die Beihilfe zu zahlen hat. Sie sagte sich, nach den Bestimmungen des Grundgesetzes ist zwar noch bundesrechtlich die Grundsteuerfrage zu regeln, aber die Länder haben jetzt hinsichtlich der Grundsteuer wesentlich andere Einwirkungsmöglichkeiten. Die Grundsteuer kommt restlos und erschöpfend den Gemeinden zugute. Also müssen die Länder den Gemeinden diese Grundsteuer für die Arbeiterwohnstätten bezahlen.
    Der Ausschuß hat schließlich dieses Hin- und Herschieben dadurch abgeschlossen, daß er erklärt hat: Wir machen den Bund für diese Beträge bis zum natürlichen Ablauf haftbar. Er hat eine entsprechende Bestimmung getroffen für den § 29. Auch der Bundesfinanzminister hat sich zu dieser


    (Dr. Kneipp)

    Bestimmung bekannt. Sie kostet ihm jährlich 15 Millionen DM. Er hat sich nach den Übersichten, die er dem Finanzausschuß immer wieder gegeben hat, in denen die Ausgabeverpflichtungen des Bundes im laufenden und in den nächsten Jahren aufgeführt sind, bereits mit diesen 15 Millionen DM abgefunden. Sie können den Beschluß, den Ihnen der Ausschuß vorschlägt, also wohl unbedenklich fassen. Sie sehen auf Drucksache Nr. 2013, daß der § 29 folgenden Abs. 4 erhalten soll:
    Der Bundesminister der Finanzen wird ermächtigt, nachträglich noch Grundsteuerbeihilfen für solche Arbeiterwohnstätten zu bewilligen, bei welchen die Gewährung der Grundsteuerbeihilfe vorgesehen oder in Aussicht gestellt war, das Verfahren jedoch' infolge der Kriegsereignisse nicht mehr zum Abschluß gekommen ist oder die Arbeiterwohnstätten infolge der Kriegsereignisse nicht bis zum 31. März 1945 bezugsfertig erstellt werden konnten.
    Eine lebhafte Erörterung gab es dann über Art. II Ziffer 1. Hier wurden die §§ 7 bis 10 des Ersten Wohnungsbaugesetzes vom 24. April 1950 gestrichen. Man stellte sich auf den Standpunkt, daß man diese ohne weiteres entbehren könne, weil hier eine Durchführungsverordnung nicht mehr nötig sei. Inzwischen sind ja die Verwaltungsrichtlinien hinsichtlich dieses Teiles des Ersten Wohnungsbaugesetzes erschienen.
    Der Ausschuß hatte sich auch noch mit der Frage der Steuerbefreiung für Neusiedlerstellen des längeren zu befassen. Neusiedlerstellen sind ja bis dato schon immer für eine Reihe von Jahren von der Grundsteuer befreit gewesen. Jeder, der als Siedler neu auftritt, hat in den ersten Jahren be-
    sonders schwer um seine Existenz zu ringen. Er muß sich erst einarbeiten; er muß die Schwierigkeiten der ersten Jahre überwinden. Man muß also einem Neusiedler für eine Reihe von Jahren steuerlich unter die Arme greifen. Das will die Ziffer 1 a auf Seite 7.
    Wir haben diese Steuerbefreiung sogar noch weiter erstreckt. Sie wissen ja, daß das Flüchtlingssiedlungsgesetz, das noch vom Wirtschaftsrat des Vereinigten Wirtschaftsgebiets erlassen worden ist, den Begriff der Flüchtlingssiedlung und den Begriff der wüsten Höfe geschaffen hat. Gerade im Lande Niedersachsen ist ja der Ausdruck „wüste Höfe" bekannt, und die meisten Flüchtlingssiedlungshöfe aus wüsten Höfen heraus sind ja in Niedersachsen geschaffen worden. Man hat deshalb die Ziffer la auf Seite 7 eingeschaltet, um hier noch für eine Reihe von Jahren die Möglichkeit der Unterstützung dieser Betriebe durch Erlaß der Grundsteuer zu schaffen. Allerdings wird hier auch eine Ermächtigung eingeschaltet, die die Voraussetzung für diesen Erlaß erst schaffen soll, und da sich die Grundsteuer nun einmal stark auf die Länderebene ausdehnt, kann diese Verordnung von der Bundesregierung nur im Benehmen mit dem Bundesrat erlassen werden.
    Eine längere Unterhaltung entspann sich noch über die Frage, ob man nicht die Grundsteuer A und B in irgendein Kopplungsverhältnis bringen soll. Man hat ja früher festgelegt, daß die Grundsteuer A und B

    (Zurufe und Händeklatschen)

    in einem gewissen Verhältnis zueinander stehen soll. Dieses Verhältnis hat sich in den letzten Jahren stark verwischt. Das Verhältnis war so, daß die Grundsteuer A durchweg niedriger lag als die
    Grundsteuer B. Ein solches Verhältnis findet sich noch in Nordrhein-Westfalen. Aber in den süddeutchen Ländern hat sich das Verhältnis sehr zuungunsten der Grundsteuer A verschoben. Die Frage wurde im Ausschuß aber dahingehend erweitert, daß man unter allen Umständen dafür Sorge tragen müsse, daß dieses Verhältnis nicht nur zwischen Grundsteuer A und B, sondern zwischen den Realsteuern schlechthin festgelegt werden solle. Sie ersehen diesen Beschluß über das Kopplungsverhältnis aus einer Entschließung, deren Annahme ich Ihnen nachher empfehlen darf.

    (Unruhe. — Erneutes Händeklatschen.) — Ich bin gleich fertig!


    (Abg. Hilbert: Höchste Zeit!)