Rede von
Dr.
Thomas
Dehler
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Bedeutsamer ist der Antrag auf Aufhebung des Abs. 3 des § 88. Meine Damen und Herren, Sie würden den Strafvorschriften gegen die Staatsgefährdung die Wirksamkeit nehmen, wenn Sie den Abs. 3 streichen würden. Ich kann den Vorwürfen, als ob es sich um Festlegung eines politischen Prinzips oder gar um den Versuch handle, politische Gesinnung unter Strafe zu stellen,
keinesfalls zustimmen. Richtig ist, es handelt sich um eine Generalklausel, die zum Teil negativ gefaßt ist, die aber unentbehrlich ist, wenn wir den Staatsfeinden wirksam begegnen wollen. Ich kann auch nicht anerkennen, daß der Abs. 3 des § 88 ein unbestimmtes oder ein unbestimmbares Strafrecht darstelle. Es wird ja nicht so sein, daß die Staatsfeinde gleichzeitig Verfassungsrechtler sind, und es wird nicht ohne weiteres möglich sein, einem Staatsfeind, der mit den Mitteln der kalten Revolution
dem Staate entgegentritt, nachzuweisen, daß er die
Absicht hat, ganz bestimmte verfassungsrechtliche
Grundsätze zu ändern, so wie sie in Abs. 2 des § 88 niedergelegt sind.
Es muß genügen — und das ist nicht Willkür, sondern scharf und bestimmt genug umschriebenes Strafrecht —, daß der Staatsfeind versucht, die Grundordnung des Bundes schlechthin zu beseitigen, ein Gewalt- und Terrorsystem zu errichten. Dieser Nachweis muß hinreichend sein, um die Bestimmungen der Staatsgefährdung zur Anwendung zu bringen.
Meine Damen und Herren, hier bewegen wir uns bereits auf einem durchaus rechtlich fundierten Boden.
Sie haben, als Sie das Gesetz zum Schutze der persönlichen Freiheit beschlossen haben, bereits Tatbestände verwendet, die dem Abs. 3 des § 88 dieses Entwurfes entsprechen, als es darum ging, die Tatbestände der Verschleppung und der politischen Verdächtigung zu umschreiben. Hier sind schon die Begriffe Gewalt- und Willkürmaßnahmen zur Kennzeichnung der kommunistischen Handlungen verwendet worden. Genau so hat der Oberste Gerichtshof für die britische Zone
— ja, ja — das nazistische Regime umschrieben, nämlich mit der gleichen Nomenklatur als Gewalt-und Willkürmaßnahmen.
Meine Damen und Herren, Sie würden unserem Versuch, mit den Mitteln des Strafrechts Umsturzbewegungen von rechts und links zu begegnen, die Schärfe nehmen, wenn Sie den Abs. 3 des § 88 dieses Entwurfes streichen würden.