Rede von
Dr.
Wilhelm
Laforet
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mir ist die Aufgabe zugewiesen, den Sonderberichten der Herren Referentent eine kurze Einleitung vorauszuschicken.
Der Rechtsausschuß legt Ihnen einen ersten Mündlichen Bericht über einen Teil einer langen Arbeit vor, die dem Schutz des Staates dient. Der Rechtsausschuß ging von dem Gedanken aus, daß sich der Staat auf Freiheit und Ordnung gründen muß, daß aber der Staat Freiheit und Ordnung und damit sich selbst aufgibt, wenn er sich nicht wirksam gegen diejenigen schützt, die die Freiheit zur Untergrabung und Störung der verfassungsmäßigen Ordnung mißbrauchen. Dieser Schutz soll mit gesetzlichen Mitteln des Strafrechts erreicht werden. Sie sollen der Freiheit auf dem Wege des Rechts dienen. Die Begründung zum Strafrechtsänderungsgesetz sagt mit Recht:
Das Recht ist das Fundament jeder Gemeinschaftsordnung. Gesetze sind nicht nur Schranken, sondern auch Schutzwehr der Freiheit, und wahre Freiheit ist . . . nur dort zu finden, wo Gesetz und Recht herrschen.
Damit werden aber auch die Schwierigkeiten vor Augen geführt, die dem Gesetzgeber bei der Erfüllung der gestellten Aufgabe entgegentreten. Das Gesetz soll dem Richter die Tatbestände solcher Verfehlungen unterbreiten, die zur Erkennung von Strafen führen sollen. Dem Richter kann nie die Feststellung des subjektiven Tatbestandes abgenommen werden; aber hinsichtlich des objektiven Tatbestandes darf der Gesetzgeber nur solche Tatbestände unter Strafe stellen, die vom Richter klar erkannt werden können.
Die Bausteine zur Errichtung dieses Sicherungsbaues des Staates hat der Rechtsausschuß einerseits dem Entwurf eines Gesetzes gegen die Feinde der Demokratie entnommen, den die Fraktion der SPD am 15. Februar 1950, Drucksache Nr. 563, eingebracht hat, andererseits dem Gesetzgebungswerk zur Änderung des Strafgesetzbuchs, das die Bundesregierung nach Anhörung des Bundesrats am 4. September 1950 vorgelegt hat . Die Anträge und Anregungen des Bundesrats zu diesem Gesetzentwurf haben dem Rechtsausschuß wertvolle Hilfe gegeben.
Der Ausschuß hat sich nach kurzer Tätigkeit von Unterausschüssen in 20 Sitzungen mit dem Gegenstand befaßt. Die eingehende Beratung hat jedoch gezeigt, daß es unmöglich ist, den gesamten Rechtsstoff in abschließender Beschlußfassung so rasch zu erledigen, wie es das unabweisbare Bedürfnis nach einer sofortigen Staatssicherung verlangt. Die Innenminister der Länder, das Bundesamt für Verfassungsschutz und die Verfassungsschutzämter der Länder haben sich in entscheidenden Fragen des Verfassungsschutzes als handlungsunfähig bezeichnet, solange nicht die zur Zeit fehlenden strafrechtlichen Vorschriften die Rechtsgrundlage zum Einschreiten bieten. Übereinstimmend mit dem Vorschlag des Bundesjustizministeriums und des Bundesinnenministeriums hat sich deshalb der Rechtsausschuß entschlossen,_ aus den Entwürfen die für den Staatsschutz ganz unentbehrlichen Vorschriften auszuwählen und sie in einem ersten Teil der Strafrechtsänderung gesondert dem Hohen Haus zu unterbreiten.
Dabei ist zu beachten, daß hinsichtlich des Landesverrats zur Zeit eine völlige Lücke besteht; hinsichtlich des Hochverrats dagegen ist in Art. 143 des Grundgesetzes eine Notregelung gegeben. Das Grundgesetz selbst hat jedoch vorgesehen, daß dieser Notlösung eine endgültige Regelung durch Bundesgesetz zu folgen hat. Diese Regelung soll jetzt getroffen werden. Mit ihrem Wirksamwerden treten die Bestimmungen des Art. 143 des Grundgesetzes außer Geltung. Völliges Neuland auf schwierigem Rechtsgebiet wird mit den Bestimmungen über Staatsgefährdung betreten. Auch hier waren die Vorschläge, die zur Änderung des schweizerischen Strafgesetzbuches gemacht worden sind, von besonderer Bedeutung.
Unerläßlich erschien es, in den strafrechtlichen Bestimmungen eine Sicherung des Vollzugs des Art. 9 Abs. 2 des Grundgesetzes vorzusehen, der Vereinigungen verbietet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder
gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten. Soweit es sich um Parteien im Sinne des Art. 21 des Grundgesetzes handelt, kann eine Strafverfolgung nur stattfinden, wenn zunächst das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit der Partei festgestellt hat. Hier sind andererseits die Vorschriften zum Vollzug der §§ 42 und 47 des 'Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht gegeben.
Die sachlichen Änderungen des Strafrechts machten es unerläßlich, Teile des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozeßordnung neu zu fassen. Auch hierzu darf ich die näheren Ausführungen dem Herrn Sonderberichterstatter überlassen. Der Rechtsausschuß vertritt als Ziel, daß in jedem Falle ein doppelter -Rechtszug gegeben sein muß, wenn auch der zweite Rechtszug eine Revisionsinstanz sein kann. Der Herr Bundesjustizminister hat dem Rechtsausschuß zugesagt, daß eine alsbald zu erwartende neue Vorlage der Bundesregierung diesem Ziele dienen soll.
Nach mir werden Ihnen die Herren Referenten für die einzelnen Abschnitte Bericht erstatten. Ich glaube, daß ich auch im Sinne des Rechtsausschusses spreche, wenn ich den Herren Sachbearbeitern der Bundesregierung, insbesondere des Bundesjustizministeriums, den besonderen Dank der Mitglieder des Rechtsausschusses für ihre dem Rechtsausschuß gegebene Hilfe ausspreche.