Rede von
Dr.
Josef
Brönner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit diesem Gesetzentwurf beschreiten wir eines der schwierigsten Rechtsgebiete: das Gebiet der Rechte und Pflichten des Eigentums; und weiter behandeln wir wiederum eine der wichtigsten sozialen Fragen. Wir sind uns darüber klar, daß die Bindungen im Grundgesetz unter allen Umständen einzuhalten sind. Wir haben lange Erörterungen darüber angestellt, ob das Grundgesetz geändert werden müßte, um ein wirksames und brauchbares Baulandbeschaffungsgesetz zu ermöglichen, oder ob wir es auch im Rahmen des Grundgesetzes erreichen. Wir sind uns darüber einig geworden, in Rahmen des Grundgesetzes das Äußerste zu versuchen, um ein schnelles und wirksames Verfahren durchführen zu können.
Zunächst einiges über den Begriff des Eigentums. Ich will mich nicht über den Inhalt dieser beiden Gesetzentwürfe verbreiten, weil der Inhalt schon von verschiedenen Rednern dargelegt worden ist; aber ich glaube über das Eigentum und seinen Begriff einige grundsätzliche Ausführungen machen zu müssen. Das Eigentum ist im Grundgesetz gewährleistet, aber das Eigentum verpflichtet auch nach dem Grundgesetz. Die Schranken nach hüben und drüben sind durch Gesetz zu bestimmen.
Da wird man sagen können: Je ärmer und notleidender ein Volk ist, desto größer ist die Verpflichtung des Eigentums, und je reicher ein Volk ist, desto mehr kann man das Eigentum respektieren und auf freien Wegen gehen lassen. Dieser Grundgedanke ist für unsere Betrachtung, wie wir das notwendige Bauland beschaffen wollen, maßgebend.
Wir brauchen das Bauland für die Kleinsiedlung, für das Eigenheim, für das Wohnungseigentum, für den Wiederaufbau der Städte. Wir brauchen diese Baulandbeschaffung, besonders um den Heimatvertriebenen und denen, die in den Städten ein Heim verloren haben, einen leichteren, sichereren und schnelleren Weg zu schaffen, damit sie wieder zu Eigentum, damit sie wieder zu einer Wohnung kommen.
Das Eigentum, das hier angepackt werden muß, muß also im Rahmen des Art. 14 des Grundgesetzes behandelt werden. Eine Vorschrift dieses Artikels ist vor allem hervorzuheben; sie lautet, daß die Gesetzgebung, die Verwaltung und Rechtsprechung den Grundrechten entsprechen muß. Das Eigentum ist ein Grundrecht, das nach Art. 19 in seinem
Wesensgehalt nicht angetastet werden darf. Daher müssen wir die Entschädigung für das enteignete Grundstück usw., überhaupt die ganze Enteignung, nach den im Grundgesetz geltenden Vorschriften beschließen.
Wir haben bei der Beratung über diesen Entwurf weiter verlangt, daß endlich ein bundeseinheitliches Gesetz zur Beschaffung von Bauland herausgebracht wird. Wir haben zwar fast in allen Ländern Enteignungsgesetze. Es hat sich aber herausgestellt, daß einerseits die Vielfalt und dann wiederum die Schwierigkeit und die Langwierigkeit der Durchführung dieser Enteignung eben ein bundeseinheitliches, schnell arbeitendes Baulandenteignungsgesetz notwendig machen.
Wir wissen auch, daß in diesem Gesetz noch mancherlei Mängel enthalten sind, einmal der Mangel, daß der Wertzuwachs und die Grundrente durch das Gesetz nicht erfaßt werden.
Wir wären am liebsten auch an diese Seite des Problems herangegangen; aber nach Prüfung der vielfältigen Fragen kamen wir zu der Überzeugung, es handle sich um ein so schwieriges und so umfangreiches Gebiet, daß wir es nicht so schnell bewältigen können, wie wir diesen Gesetzentwurf durchbringen möchten. Es ist außerdem eine steuerliche Angelegenheit, eine Frage, die durch eine Wertzuwachssteuer oder auf ähnliche Weise einmal geregelt werden soll oder geregelt werden muß.
Ferner brauchen wir ein einheitliches Bundesbaugesetz. , Wenn heute ein Baumeister einer Stadt vom Süden nach dem Norden umzieht, dann muß er erst 'anfangen, die Baugesetze der einzelnen Länder zu studieren. Daher brauchen wir — ähnlich wie das Erste Bundeswohnungsbaugesetz und wie das Baulandbeschaffungsgesetz — ein Bundesbaurecht, das in einem einheitlichen Gesetzentwurf von unserem Ministerium in allernächster Zeit vorgelegt werden sollte. Die Grundarbeiten dafür liegen vor. Wir haben eine Menge von Aufsätzen über dieses Gebiet in die Hand bekommen. Vielleicht legen wir Ihnen auch vom Ausschuß eine Entschließung bei der zweiten und dritten Beratung dieses Gesetzentwurfs vor, wonach die Regierung aufgefordert wird, diesen Gesetzentwurf in einer bestimmten Zeit vorzulegen.
Meine verehrten Frauen und Männer! Wir sind uns klar darüber, daß wir damit eine der wichtigsten sozialen Aufgaben in Angriff nehmen, ähnlich wie beim Ersten Wohnungsbaugesetz. Bei diesem Gesetz haben wir im Ausschuß einheitlich zusammengearbeitet. Wir haben Ihnen von allen Fraktionen aus einen einheitlichen Antrag vorgelegt. Ich bin der Überzeugung, wir werden auch dieses überaus schwierige Gesetz in unserem Ausschuß für Wohnungsbau und in dem für Bau- und Bodenrecht so geschlossen und einheitlich behandeln, daß wir wiederum mit einem gemeinsamen Antrag vor Sie hintreten können. Wir glauben, daß die Unterlagen, die wir von zwei Seiten vorgelegt bekommen haben, uns reichliches und wertvolles Material liefern und daß durch diese beiden Anträge eine Bereicherung in die Beratung hineingekommen ist. Es soll keine Konkurrenz sein; aber wir sahen uns, gerade weil der Gesetzentwurf so lange auf sich warten ließ, verpflichtet, selbst etwas zu erarbeiten. So haben wir eine wertvolle Grundlage, wir haben den Willen zur Zusammenarbeit und wir werden bestimmt diesen Gesetzentwurf einheitlich beraten und dem Hohen Hause möglichst bald als Antrag vorlegen können.