Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren! Es ist hier mit Recht üblich, in der ersten Lesung Grundsätzliches herauszustellen. So gestatten Sie mir, zu den beiden Entwürfen, die zur Debatte stehen, auch etwas Grundsätzliches zu sagen. Es stoßen hier, und zwar in einer seltenen Schärfe, das Privateigentum und die Ansprüche der öffentlichen Hand oder die sozialen Fragen aufeinander. Wir müssen uns bei dieser Vorlage bewußt sein, daß es in erster Linie gilt, die Interessen der privaten Eigentümer zu schützen. Ich bin im .Gegensatz zu dem Herrn Vertreter der Sozialdemokratischen Partei der Meinung, daß wir den Art. 14 unserer Verfassung im Auge haben müssen, wenn wir diese Frage entscheiden wollen. Die Vorlagen der Regierung und auch des Abgeordneten Lücke sind derart, daß man auf ihnen aufbauen kann. Wir sind deshalb der Meinung, daß diese beiden Entwürfe den Ausschüssen überwiesen werden sollten.
Ich möchte hier aber mit allem Nachdruck feststellen, daß es gilt, das öffentliche Interesse nicht dadurch zu befriedigen, daß man das private Interesse, das Privateigentum, hintanstellt. Wir müssen für Wohnungen sorgen. Alle Bemühungen — die wir auch unterstützen und von jeher von unserer Gruppe aus unterstützt haben —, in reichlichem Maße Wohnungen herzustellen, sind zum Teil durch die schwierigen Enteignungsbestimmungen des vorigen Jahrhunderts behindert. Wir müssen deshalb unser Augenmerk in erster Linie darauf richten, wie wir diese Enteignungsbestimmungen modern gestalten und den Forderungen der Praxis entsprechend ändern sollen. Wir müssen jedoch unbedingt im Auge behalten, daß das Privateigentum nicht verletzt wird. Ob das in der Regierungsvorlage und in der anderen Vorlage, über die wir heute zu entscheiden haben, in vollem Umfang geschehen ist, will ich jetzt nicht untersuchen. Das würde zu weit führen. Es wird im Ausschuß Gelegenheit geben, das mit aller Gründlichkeit zu besorgen. Wir müssen den Wohnungsbau fördern; aber wir dürfen den Wohnungsbau nicht auf Kosten des Privateigentums und der privaten Rechte fördern.
— Und der Steuerzahler!
— Das sind ja natürlich immer wieder besondere Auffassungen, die wir in dieser Richtung haben, Herr Kollege Meyer. Wir dürfen das Gesamtinteresse — so wesentlich es ist und sosehr wir darauf bedacht sein müssen, es zu befriedigen —doch nicht dadurch in den Vordergrund stellen, daß wir ein allzu großes Opfer von dem Privateigentümer fordern.
Wir müssen im Auge behalten, daß in jedem Grundstück, das der einzelne hat, ob es nun in der Stadt oder auf dem Lande ist,
doch eine sehr große Arbeit steckt und daß die Arbeitsleistung des einzelnen, die dazu geführt hat, dieses Grundstück zu erwerben und zu erhalten, jetzt nicht dadurch beeinträchtigt werden darf, daß dieses Grundstück schließlich in die Hand eines anderen gebracht wird, der sich dann bequem als Eigentümer in das Bett hineinlegen kann, das ihm andere gemacht haben.
Ich gebe ohne weiteres zu, daß es auch auf diesem Gebiet eine Frage der Gerechtigkeit gibt, daß es auch Pflichten gibt, daß das Eigentum Pflichten einschließt. Aber die Gesetzgebung darf die Erfüllung der Pflichten nicht in einer solchen Weise bestimmen, daß die berechtigten Forderungen der Eigentümer irgendwie vergewaltigt werden. Ich glaube, wir sind uns in diesem Punkte auf der Seite der Koalition vielfach einig, und ich hoffe, daß diese Dinge unter Berücksichtigung der Privatinteressen,
unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Eigentümer erledigt werden. Wir werden in den Ausschüssen in dieser Richtung mitarbeiten.