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ID0115301700

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    Deutscher Bundestag — 153. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. Juni 1951 6075 153. Sitzung Bonn, Freitag, den 15. Juni 1951 Geschäftliche Mitteilungen 6076A Änderungen der Tagesordnung 6076B Anfrage Nr. 190 der Fraktion der DP. betr finanzielle Lage des Rundfunksenders „Radio Bremen" (Nrn. 2272, 2342 der Drucksachen) 6076B Beratung der Interpellation der Abg. Strauß u. Gen. betr. ERP-Mittel für den Fremdenverkehr (Nr. 1990 der Drucksachen) 6076C Strauß (CSU), Interpellant 6076C Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 6078D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen zur Förderung der deutschen Wirtschaft; Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (13. Ausschuß) (Nrn. 2320, 2089 der Drucksachen) . . . 6076B, 6079C Dr. Preusker (FDP), Berichterstatter 6079C Beschlußfassung 6080B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Preise für Getreide inländischer Erzeugung für das Getreidewirtschaftsjahr 1951/52 (Nr. 2328 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Abg. Dr. Dr. Müller (Bonn), Faßbender, Tobaben, Fürst zu Oettingen-Wallerstein, Dr. Glasmeyer, Donhauser u. Gen. betr. Entwurf eines Gesetzes über die Zahlung von Frühdruschprämien (Nr. 2340 der Drucksachen) 6076B, 6080D Ausschußüberweisung 6080D Erste Beratung des von der Fraktion der SPD. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (Nr. 2303 der Drucksachen) 6080D, 6090D Beratung abgesetzt 6090D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die vorläufige Regelung der Bereitstellung von Bauland (Zweites Wohnungsbaugesetz) (Nr. 2281 der Drucksachen) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von den Abg. Lücke u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Beschaffung von Bauland (Baulandbeschaffungsgesetz) (Nr. 2300 der Drucksachen) 6081A Wildermuth, Bundesminister für Wohnungsbau 6081A Funk (CDU), Antragsteller 6082C Meyer (Bremen) (SPD) 6083D Wirths (FDP) 6085B Dr. Leuchtgens (DP) . . 6087B Dr. Reismann (Z) 6087D Dr. Brönner (CDU) 6089C Ausschußüberweisung 6090C Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des § 86 Abs. 1 des Gesetzes über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundesversorgungsgesetz) (Nr. 2288 der Drucksachen) 6090D Ausschußüberweisung 6090D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Verlängerung der Dauer bestimmter Patente (Nr. 1730 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Patentrecht und gewerblichen Rechtsschutz (16. Ausschuß) (Nr. 2299 der Drucksachen) 6091A Hoogen (CDU), Berichterstatter 6091A, 6092D Schuler (CDU) 6091D Dr.-Ing. Decker (BP) 6092D Abstimmungen 6093C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuerrechts (Dr. 2130 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 2316 der Drucksachen) 6093D Tenhagen (SPD) : als Berichterstatter 6094A als Abgeordneter . . . 6096B, D, 6098B Dr. Dresbach (CDU) 6097B Strauß (CSU) 6098A Dr. Wellhausen (FDP) (zur Abstimmung) 6098C Abstimmungen 6096A, D, 6098B Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Protest gegen Beschlagnahme (Nr. 2235 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Annullierung aller Verpflichtungen der Bundesregierung betr. Remilitarisierung (Nr. 2238 der Drucksachen) . . . 6099A, D Kohl (Stuttgart) (KPD), Antragsteller 6099A Frau Strohbach (KPD), Antragstellerin 6100A Strauß (CSU) 6102C Renner (KPD) 6102D Übergang zur Tagesordnung 6103A Beratung der Übersichten Nr. 30 und Nr. 31 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen (Umdruck Nrn. 204, 225) 6103C Beschlußfassung 6103C Nächste Sitzung 6103C Die Sitzung wird um 9 Uhr 1 Minute durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Carl Wirths


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine Damen und Herren! Einige Punkte der Kritik des Herrn Kollegen Meyer kann ich mir selbst zu eigen machen, bei anderen lege ich die Kritik von genau der entgegengesetzten Seite an. Ich bin mit dem Herrn Kollegen Meyer durchaus einig, wenn er sagt, man solle das gesamte Bau- und Bodenrecht bundeseinheitlich regeln. Ich stimme ihm darin zu, daß hier auch zu der Behandlung der Materie im Ministerium etwas Kritisches zu sagen ist. Den großen Entwurf haben wir im vorigen Sommer bekommen. Dann hat man dieses Baulandbeschaffungsgesetz herausgenommen, das aber durch die dreizehn Gesetzentwürfe hindurch wohl eine Odyssee mitgemacht hat, so daß wahrscheinlich der Verfasser des ursprünglichen Gesetzentwurfs den nunmehr vorliegenden Entwurf nicht mehr wiedererkennen wird.
    Ich bin mit dem Herrn Kollegen Meyer auch darin einig, daß die Absicht im vorigen Jahre durchaus dahin ging, ein Baulandbeschaffungsgesetz nicht nur für den Wohnungsbau, sondern auch für den Wiederaufbau zu schaffen. Weil wir das wollten, haben wir die entsprechenden Enteignungsbestimmungen aus dem ersten Entwurf des Bundeswohnungsbaugesetzes herausgenommen. Wir waren der Auffassung, daß man gerade den Wiederaufbau unserer Städte fördern müsse durch die Regulierung und bundesgesetzliche Regelung der bisherigen Enteignungsbestimmungen alter Art, der Länderregelungen und dessen, was sich nach 1945 ergeben hat.
    Wenn man schon hier in diesem Gesetzentwurf eine Regelung für den Gemeinbedarf trifft, dann muß man davon ausgehen, daß man, soweit dieser Gemeinbedarf — und das wird der größte Teil sein — sich auf die Verbreiterung der Straßen, Durchlüftung der Stadtkerne bezieht, nicht an der neuen Bauflucht stehenbleiben kann und das, was an Grundstücken im Privatbesitz dahintersteckt, den bisherigen Länderregelungen oder der Regelung nach altem Recht überlassen kann. Man muß dann auch das regeln, und ich spreche die Erwartung aus, daß es uns im Ausschuß gelingen wird, die entsprechenden Vorschläge in das Gesetz hineinzubringen.
    Meine Damen und Herren! Was wir in dem Gesetzentwurf vermissen, das ist eine gewisse Rangfolge der Enteignung. Ich habe den Eindruck, als ob nun der Entwurf, fußend auf dem vom vorigen Jahre, etwas zu sehr im luftleeren Raum konstruiert worden ist und auf die Bedürfnisse der Praxis des Wiederaufbaues zu wenig Rücksicht nimmt. ich bin der Meinung, daß zunächst einmal, wenn man enteignen will, das Land der öffentlichen Hand herangezogen werden muß,

    (Beifall in der Mitte)

    und ich bin der Meinung, daß man hier auch an dem Landbesitz etwa der Bundesbahn, der nicht zu Betriebszwecken notwendig ist, nicht vorbeikommt. Sie sträubt sich mit Händen und Füßen dagegen. Sie hat eine ganze Reihe von Grundstücken, die auch als Bauland geeignet sind. Auch dieser öffentliche Besitz muß zunächst herangezogen werden. Dann muß eine weitere Rang- oder Stufenfolge dadurch geschaffen werden, daß wir an die Trümmergrundstücke herankommen, zweitens an die Baulücken, drittens an das Land an ausgebauten Straßen. Ich bin der Meinung, daß man unerschlossenes Bauland nur dann enteignen soll, wenn sonst kein Weg gegeben ist, um etwa Kleinsiedlungen und Eigenheime zu erstellen.
    Aber wenn man sich etwa mit der Enteignung der Trümmergrundstücke beschäftigt, muß man — hier widerspreche ich dem Herrn Kollegen Meyer —, davon ausgehen, daß der Eigentümer des Trümmergrundstücks sein Haus, sein Gebäude


    (Wirths)

    durch den Krieg verloren hat; er kann nicht damit rechnen, daß er eine Entschädigung durch den Lastenausgleich bekommt; im Gegenteil, wir haben eine ganze Reihe von Fällen, in denen die Trümmergrundstücke noch zum Lastenausgleich beitragen müssen. Ich sehe da keinen Weg, wie man diese Leute in ihren Besitzverhältnissen, in ihren Vermögenswerten noch mehr einschränken soll. Ich bin andererseits der Meinung, daß man, gerade zur Förderung des Wiederaufbaues, diese Leute mehr unterstützen sollte, und ich glaube, ehe man an die Enteignung eines solchen Grundstücks herangeht, muß man dem Besitzer einen Weg weisen, wie er selber wieder aufbauen kann,

    (Sehr richtig!)

    d. h. man muß gerade aus städtebaulichen Gründen diesen Leuten bevorzugt mit der Hergabe von Landesmitteln dienen.

    (Abg. Dr. Preusker: Jawohl!)

    Es ist leider festzustellen, daß in den meisten unserer Städte die Planungsämter und die Verwaltungen allgemein sich viel zuwenig um diese Dinge
    kümmern und den an sich aufbauwilligen Trümmergrundstücksbesitzern viel zuwenig Hilfe geben.

    (Sehr gut!)

    Überlegen Sie sich einmal, wieviel Gelände an ausgebauten Straßen zur Verfügung steht! Ich glaube, der Ausschuß wird gut daran tun, sich aus einer Reihe von Großstädten eine Übersicht geben zu lassen. Ich kann Ihnen aus meiner Heimatstadt Wuppertal sagen, daß wir nicht weniger als 197 km Straßenfronten an ausgebauten Straßen haben und an Baulücken, die durch Kriegseinwirkung entstanden sind. Wenn Sie davon all das abziehen, was auf Grund der neuen Planung als Bauland nicht mehr verwertbar ist, dann können wir an ausgebauten Straßen immerhin soviel Menschen ansiedeln, daß die Einwohnerzahl unserer Stadt die Halbe-Millionen-Grenze überschreiten würde; aber diesen Ehrgeiz haben wir gar nicht. Das beweist, daß man für den mehrgeschossigen Bau zunächst einmal unter allen Umständen auf dieses Land an ausgebauten Straßen zurückgreifen muß, mit anderen Worten, daß man nicht neues Gelände zu erschließen braucht. Man sollte also nicht im Wege der Enteignung Gelände erwerben, um auf ihm drei- oder viergeschossige Mietwohnhäuser aufzubauen.
    Bezüglich des unerschlossenen Geländes müssen wir uns überlegen, welchen Zwecken es jetzt dient. Ist es landwirtschaftlich genutzt, dann gibt es sehr große Schwierigkeiten. Ich glaube nicht, daß wir es uns leisten können, in erheblichem Umfange landwirtschaftlich genutztes Gelände zu nehmen. Das zwingt uns dann automatisch dazu, uns etwa die Landschaftsschutzbestimmungen vorzunehmen und hier Änderungen zu treffen. Das können wir, weil in vielen Großstädten nach dem Kriege auch Baumbestände abgeholzt worden sind, und ich kann mir vorstellen, daß eine Aufforstung durch Obstbäume in Gärten sehr viel dienlicher ist, als wenn man etwa wieder Kiefern oder Laubbäume anpflanzt.
    Eine wichtige Gruppe, die uns beim Wiederaufbau außerordentlich hemmt, ist im Gesetz unberücksichtigt geblieben. Ich meine die Restitutionsgrundstücke. Der Ausschuß wird sich überlegen müssen, ob nicht die Möglichkeit besteht, die Enteignung, die dann vielleicht nur durch die öffentliche Hand zu vollziehen wäre, auch auf Restitutionsgrundstücke auszudehnen. Sollte das in diesem Gesetz nicht möglich sein, dann müßten wir dafür ein besonderes Gesetz vorsehen, denn dazu ist die Zustimmung der Hohen Kommission notwendig. Die Tatsache, daß brachliegende Grundstücke eben wegen der Restitution dem Zugriff nicht zugänglich sind, hemmt uns beim Wiederaufbau in sehr starkem Maße.
    Ich vermisse in dem Gesetz einen Hinweis an die Grundstückseigentümer — in dem Entwurf der Abgeordneten Lücke und Genossen ist das dankenswerterweise geschehen — auf die Möglichkeiten, die im Gesetz über das Wohnungseigentum liegen.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Eine ganze Reihe von ausgebombten Grundstücksbesitzern hätte die Möglichkeit, wiederaufzubauen durch die Hereinnahme Dritter, die eine Wohnung oder eine gewerbliche Einheit erwerben wollen, und zwar gerade auf dem Wege des Wohnungseigentums und des Teileigentums. Für viele dieser Grundstücksbesitzer kommt dadurch das Kapital, das jetzt gewissermaßen tot in ihren Grundstücken liegt, wieder zum Leben.
    Wir werden ferner prüfen müssen, wieweit diese Bestimmungen mit der jetzt in Gang befindlichen Umlegung in Einklang zu bringen sind. Wir haben in allen Ländern die Landesaufbaugesetze. Die Umlegungsbestimmungen variieren nicht allzu sehr. Aber das Durchführungsverfahren ist außerordentlich kompliziert und dauert viele Monate. Erst kommt der Leitfaden, dann kommen die Durchführungspläne, und dann muß die Sache erst Instanzen durchlaufen, auch auf der Ebene der Selbstverwaltung. Wenn man also auch Grundstücke, die nur dem Wiederaufbau, also weniger dem Wohnungsbau dienen sollen, mit hereinnehmen will, dann muß auch diese Frage geklärt werden.
    Meine Damen und Herren, es ist hier auch viel über den Grundstückspreis und die Entwicklung der Grundstückspreise geredet worden. Im Gesetz wird von dem zulässigen Höchstpreis gesprochen; das ist der Stoppreis, der seinerseits auf Gutachten der Preisbehörden oder Sachverständiger basiert. Diese Gutachten haben ihrerseits die Preissammlung aus den letzten Jahrzehnten zur Grundlage, und Sie können feststellen, daß der Verkehrswert, also der gemeine Wert, manchmal unter diesem Stoppreis liegt. Die große Frage ist die: Was geschieht, wenn man den Preisstopp beseitigen würde? Ich bin der Meinung, daß im Stadtkern die Preise erheblich sinken würden,

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    während in den besseren Wohnvierteln draußen die Preise allerdings steigen würden. Letzteres könnte uns gleichgültig sein, denn das ist keine Angelegenheit des Wiederaufbaus und auch keine Angelegenheit des sozialen Wohnungsbaus. Wir wären auf diesem Gebiete einen wesentlichen Schritt weiter, wenn man erreicht hätte, daß der Wert der Grundstücke und der Wert auch der Trümmergrundstücke bei der Finanzierung des Wiederaufbaus auch dem Erwerber voll angerechnet würden. Solange in vielen Ländern dieser Wert überhaupt nicht, in anderen nur mit einer Verzinsung angerechnet wird, die netto nachher 2 % ausmacht, ist ein Grundstücksumsatz überhaupt nicht möglich. Würden wir den Grundstücksmarkt ankurbeln, dann brauchten wir sehr häufig gar nicht zu Enteignungsmaßnahmen zu greifen.
    Ich bin nun der Meinung, daß man gerade aus dem vorhin genannten Grunde, nämlich daß man den Trümmergrundstücksbesitzer nicht noch schlechter behandeln kann, als er durch das Schicksal und die Nachkriegszeit schon behandelt worden


    (Wirths)

    ist, eine Sonderregelung für die Gemeinden nicht generell treffen kann. Ich könnte mir vorstellen, daß man gewisse Ausnahmebestimmungen vorsieht. Aber eine Bevorzugung der Gemeinden darf nach meinem Dafürhalten nicht erfolgen.
    Ich bedaure mit dem Kollegen Meyer, daß der Bundesrat die Verfahrensvorschriften bei Enteignungsbehörden und auch die Vorschriften über den Rechtsweg gestrichen hat. Andererseits bin ich im Gegensatz zu ihm der Auffassung, daß die Baulandkammern — eine Konstruktion, wie sie das Gesetz jetzt vorsieht —, besetzt mit Richtern der ordentlichen Gerichte und der Verwaltungsgerichte, ein durchaus geeignetes Instrument sind. Ich bin nicht der Ansicht, Kollege Meyer, daß das Verfahren bei den Verwaltungsgerichten schneller geht. Ich glaube vielmehr, daß es noch langwieriger sein wird, einmal, weil die Verwaltungsrichter außerordentlich überlastet sind, zum andern, weil sie weitab vom Schuß sitzen. Die Baulandkammern im Bereich der Landgerichte sind nahebei. Ihnen stehen sofort Sachverständige zur Verfügung, die die notwendigen Kenntnisse auf dem Grundstücksmarkt haben. Das Interesse der öffentlichen Hand wird durch die Verwaltungsrichter gewahrt, die den Behördengang besser kennen. Andererseits ist es nicht richtig, wenn man erklärt, das sei eine ureigene Sache der Verwaltungsgerichte, weil es sich um Anordnungen der Verwaltung handele. Nein, in vielen Fällen wird die Enteignungsbehörde nur, sagen wir einmal, eine Clearingstelle für den Übergang von Grundeigentum aus privater Hand in andere private Hand sein.
    Ich glaube also, daß die Konstruktion des Rechtsweges im Entwurf gut ist. Ich bin auch der Meinung, daß gerade die Bestimmungen über die Ausführungsanordnung richtig sind. Ich weiß allerdings im Augenblick nicht, wie wir im Ausschuß zu einer einheitlichen Meinung kommen sollen; aber ich nehme gern zur Kenntnis, daß der Herr Kollege Meyer für seine Fraktion die Bereitwilligkeit erklärt hat, positiv mitzuarbeiten. Nach den Erfahrungen, die wir in unseren Ausschüssen gemacht haben, werden wir die Probleme sicher in loyaler und sachlicher Weise zu klären versuchen und werden dann hoffentlich in ganz kurzer Zeit dem Hause unsere Vorschläge machen können.

    (Beifall bei der FDP und in der Mitte.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Leuchtgens.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Meine Damen und Herren! Es ist hier mit Recht üblich, in der ersten Lesung Grundsätzliches herauszustellen. So gestatten Sie mir, zu den beiden Entwürfen, die zur Debatte stehen, auch etwas Grundsätzliches zu sagen. Es stoßen hier, und zwar in einer seltenen Schärfe, das Privateigentum und die Ansprüche der öffentlichen Hand oder die sozialen Fragen aufeinander. Wir müssen uns bei dieser Vorlage bewußt sein, daß es in erster Linie gilt, die Interessen der privaten Eigentümer zu schützen. Ich bin im .Gegensatz zu dem Herrn Vertreter der Sozialdemokratischen Partei der Meinung, daß wir den Art. 14 unserer Verfassung im Auge haben müssen, wenn wir diese Frage entscheiden wollen. Die Vorlagen der Regierung und auch des Abgeordneten Lücke sind derart, daß man auf ihnen aufbauen kann. Wir sind deshalb der Meinung, daß diese beiden Entwürfe den Ausschüssen überwiesen werden sollten.
    Ich möchte hier aber mit allem Nachdruck feststellen, daß es gilt, das öffentliche Interesse nicht dadurch zu befriedigen, daß man das private Interesse, das Privateigentum, hintanstellt. Wir müssen für Wohnungen sorgen. Alle Bemühungen — die wir auch unterstützen und von jeher von unserer Gruppe aus unterstützt haben —, in reichlichem Maße Wohnungen herzustellen, sind zum Teil durch die schwierigen Enteignungsbestimmungen des vorigen Jahrhunderts behindert. Wir müssen deshalb unser Augenmerk in erster Linie darauf richten, wie wir diese Enteignungsbestimmungen modern gestalten und den Forderungen der Praxis entsprechend ändern sollen. Wir müssen jedoch unbedingt im Auge behalten, daß das Privateigentum nicht verletzt wird. Ob das in der Regierungsvorlage und in der anderen Vorlage, über die wir heute zu entscheiden haben, in vollem Umfang geschehen ist, will ich jetzt nicht untersuchen. Das würde zu weit führen. Es wird im Ausschuß Gelegenheit geben, das mit aller Gründlichkeit zu besorgen. Wir müssen den Wohnungsbau fördern; aber wir dürfen den Wohnungsbau nicht auf Kosten des Privateigentums und der privaten Rechte fördern.

    (Abg. Meyer [Bremen]: Des Steuerzahlers!)

    — Und der Steuerzahler! (Abg. Meyer [Bremen]: Das ist billiger!)

    — Das sind ja natürlich immer wieder besondere Auffassungen, die wir in dieser Richtung haben, Herr Kollege Meyer. Wir dürfen das Gesamtinteresse — so wesentlich es ist und sosehr wir darauf bedacht sein müssen, es zu befriedigen —doch nicht dadurch in den Vordergrund stellen, daß wir ein allzu großes Opfer von dem Privateigentümer fordern.

    (Abg. Lücke: Gerechtigkeit schaffen!)

    Wir müssen im Auge behalten, daß in jedem Grundstück, das der einzelne hat, ob es nun in der Stadt oder auf dem Lande ist,

    (Abg. Lücke: Eigentum verpflichtet! Steht im Grundgesetz!)

    doch eine sehr große Arbeit steckt und daß die Arbeitsleistung des einzelnen, die dazu geführt hat, dieses Grundstück zu erwerben und zu erhalten, jetzt nicht dadurch beeinträchtigt werden darf, daß dieses Grundstück schließlich in die Hand eines anderen gebracht wird, der sich dann bequem als Eigentümer in das Bett hineinlegen kann, das ihm andere gemacht haben.
    Ich gebe ohne weiteres zu, daß es auch auf diesem Gebiet eine Frage der Gerechtigkeit gibt, daß es auch Pflichten gibt, daß das Eigentum Pflichten einschließt. Aber die Gesetzgebung darf die Erfüllung der Pflichten nicht in einer solchen Weise bestimmen, daß die berechtigten Forderungen der Eigentümer irgendwie vergewaltigt werden. Ich glaube, wir sind uns in diesem Punkte auf der Seite der Koalition vielfach einig, und ich hoffe, daß diese Dinge unter Berücksichtigung der Privatinteressen,

    (Abg. Lücke: Der berechtigten!)

    unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Eigentümer erledigt werden. Wir werden in den Ausschüssen in dieser Richtung mitarbeiten.