Rede von
Dr.
Helmut
Bertram
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)
Meine Damen und Herren! Die Zahlenbeispiele gehen von einer falschen Voraussetzung aus, und zwar insofern
— das können Sie ja noch gar nicht wissen, weil Sie gar nicht wissen, was ich sagen will! —, und zwar insofern, als bei der getrennten Veranlagung von der Steuerklasse II ausgegangen wird, während nach unserem Antrag bei der getrennten Veranlagung der Ehegatten jeder einzelne nach der Steuerklasse I veranlagt werden soll.
Man kann deshalb doch auch nur die Steuerbeträge der Steuerklasse I, nämlich für Nichtverheiratete, zusammenrechnen und nicht einen ganz anderen Antrag zugrundelegen, der überhaupt nicht gestellt worden ist. Hier wird so getan, als wenn zusammengerechnet werden sollte die Begünstigung, die die Ehegatten in der Steuerklasse II genießen, auch dann noch, wenn unser Antrag angenommen werden sollte. Insofern liegt eben ein grundsätzlicher Rechenfehler vor, und dieser wirkt sich, wie ich das schon dargelegt habe, dahin aus, daß sich erst bei einem Einkommen von 1400 DM eine Überschneidung ergibt.
Wir haben schon in der zweiten Lesung darauf hingewiesen, daß unseres Erachtens die geltende Rechtslage — die geltende Rechtslage wohlgemerkt!
— gegen Art. 6 des Grundgesetzes verstößt. Art. 6 des Grundgesetzes ist in Art. 117 nicht aufgeführt,
Es ist deshalb erforderlich, daß, um der geltenden Rechtslage nach dem Grundgesetz nachzukommen, unser Antrag angenommen wird, d. h. daß die getrennte Veranlagung durchgeführt wird, daß Mann und Frau getrennt veranlagt werden, weil wir sonst gegen das Grundgesetz verstoßen. Es ist in Art. 117 nur Art. 3 aufgeführt, nicht Art. 6, und eine Übergangszeit für Art. 6 gibt es gar nicht. Ich bitte deshalb, die Ausführungen des Bundesfinanzministers, die darauf hinauslaufen, die Sache sei ja nicht so wichtig, richtig zu verstehen, d. h. also, daß nur das nicht selbständige Arbeitseinkommen der Ehefrau noch für das laufende Jahr von der Zusammenveranlagung befreit sein würde. Aber, meine Damen und Herren, ist das denn richtig? Wenn die Ehefrau einen Betrieb hat und der Mann irgendwo als Buchhalter arbeitet, dann tritt jetzt schon der kuriose Zustand ein, daß beide zusammen veranlagt werden. Was halten Sie von diesem merkwürdigen Gleichheitsprinzip, daß zwar die Ehefrau gemäß § 43 der Durchführungsverordnung zum Einkommensteuergesetz nicht zusammen veranlagt wird, wenn sie in einem dem Mann fremden Betrieb in nicht selbständiger Arbeit tätig ist, daß aber im umgekehrten Falle, wenn der Mann in nicht selbständiger Arbeit tätig ist, die Zusammenveranlagung erfolgt? Daß das nicht Gleichheit vor dem Gesetz ist, liegt doch auf der Hand, und selbst der kühnste juristische Haarspalter kann nicht behaupten, das sei Gleichheit vor dem Gesetz.
Ich glaube, ich brauche die Beispiele nicht auszuführen. Auch für den Fall der selbständigen Arbeit, wenn zwei in selbständiger Arbeit stehen, ergeben sich natürlich die gleichen Folgerungen. Ich will das hier nicht wiederholen, um die Debatte nicht auszudehnen.
Es ist deshalb von entscheidender Bedeutung, daß Sie bereits jetzt unserem Antrag zustimmen, der meiner Ansicht nach der einzige ist, der mit den Bestimmungen des Grundgesetzes vereinbar ist.