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ID0113801200

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag - 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. April 1951 5425 138. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 25. April 1951 Geschäftliche Mitteilungen 5426D Eintritt des Abg. Merten in den Bundestag 5426D Mandatsniederlegung des Abg. Nuding . . 5426D Zur Tagesordnung 5432B, 5466C Dritte Beratung des Entwurfs eines zweiten Gesetzes über die Neugliederung in den Ländern Baden, Württemberg -Baden und Württemberg-Hohenzollern (Nrn. 821, 1752, 1849, 2160 der Drucksachen) . . 5427A, 5442C Maier (Freiburg) (SPD) 5427A Dr. Kopf (CDU) . . 5429D, 5448C, 5449B Dr. Fink (BP) 5432B Dr. von Merkatz (DP) 5433C Freudenberg (FDP -Hosp.) 5435A Dr. Hamacher (Z): zur Sache 5436B zur Abstimmung 5446D Kiesinger (CDU) 5437C, 5448D Mayer (Stuttgart) (FDP) 5438D von Thadden (DRP) 5439C, 5448A Fisch (KPD) 5440A Wohleb, Staatspräsident von Baden 5440D Dr. Jaeger (CSU) 5442D Dr. Wuermeling (CDU) 5444B Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) . . 5444D Mehs (CDU) 5445B, 5447C Erler (SPD) 5446B Farke (DP) 5447D Abstimmungen . . 5442D, 5446D, 5448A, 5449A Wahl der Wahlmänner zur Wahl der Richter beim Bundesverfassungsgericht (Umdruck Nr. 157) 5432B, 5442A Dr. Seelos (BP) (zur Abstimmung) . 5442A Beschlußfassung 5442B, 5449B, 5460C Beratung des Antrags der Fraktion des Zentrums betr. Erhöhung der Dienstbezüge der Angehörigen des öffentlichen Dienstes (Nr. 2096 der Drucksachen) . . 5449C Pannenbecker (Z), Antragsteller . 5449D Gundelach (KPD) 5451D Dr. Wuermeling (CDU) 5452B Dr. Menzel (SPD) 5453B Dr. Nowack (Rheinland-Pfalz) . . 5454C Ausschußüberweisung 5455B Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Aufhebung des Verbots der „Wahrheit" und der „Volkstimme" durch die Alliierte Hohe Kommission (Nr. 2125 der Drucksachen) 5455B Fisch (KPD), Antragsteller 5455B Bausch (CDU) 5457B Übergang zur Tagesordnung 5457C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften über das Schiffsregister (Nr. 2184 der Drucksachen) 5457C Beschlußfassung 5457D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den vorläufigen Handels- und Schifffahrtsvertrag vom 19. Dezember 1950 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Island (Nr. 2150 der Drucksachen) 5457D Ausschußüberweisung 5457D Erste Beratung des von den Abg. Dr. Dr Müller (Bonn), Dr. Horlacher u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über den Verkehr mit Zucker (Nr. 2107 der Drucksachen) 5458A Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU), Antragsteller 5458A Ausschußüberweisung 5458C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Verlängerung der Zuckerungsfrist bei Wein (Nr. 2163 der Drucksachen) 5458C Ausschußüberweisung 5458C Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (Nr. 2148 der Drucksachen) 5458C Renner (KPD) : zur Geschäftsordnung 5458D zur Sache 5461B Mende (FDP), Antragsteller . . . 5459B Dr. Laforet (CSU) 5460D Bazille (SPD) 5462B Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 5464A Frau Kalinke (DP) 5464C, 5465C Frau Arnold (Z) 5465A Ausschußüberweisung 5465B Erste Beratung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung und Überleitung von Vorschriften auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes (Nr. 2164 der Drucksachen) 5465C Ausschußüberweisung 5465C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Behandlung wiederkehrender Leistungen bei der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen (Nr. 2051 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 2156 der Drucksachen) 5465C Dr. Wahl (CDU), Berichterstatter . 5465D Beschlußfassung 5466A Fortsetzung der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Erbschaftsteuergesetzes (Nr. 1575 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 2077 der Drucksachen, Änderungsanträge Umdruck Nrn. 79, 120 [neu], 126) 5466A, 5469B Eickhoff (DP), Berichterstatter . . . 5469B Dr. Horlacher (CSU) 5470A Dr. Gülich (SPD) 5471A, 54'73D Dr. Kneipp (FDP) 5473A Dr. Bertram (Z) 5473C, 5474A Dannemann (FDP) 5474A Abstimmungen 5474B, D Weiterberatung wegen Beschlußunfähigkeit vertagt 5475A Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1500 der Drucksachen); Mündliche Berichte des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß): Einzelplan V — Haushalt des Bundesministeriums für Angelegenheiten des Marshallplans (Nr. 1905 der Drucksachen) 5466B Strauß (CSU) (zur Geschäftsordnung) 5466B Beratung abgesetzt 5466B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Post- und Fernmeldewesen (28. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der BP betr. Neue Wellenlänge für Radio München (Nrn. 2016, 1137 der Drucksachen) 5466C Beratung zurückgestellt 5466C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Post- und Fernmeldewesen (28. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Herausgabe neuer Briefmarken durch die Bundespost (Nrn 2035, 1797 der Drucksachen) 5466C Stahl (FDP), Berichterstatter . . . 5466C Dr. Bergstraeßer (SPD) 5467B Schuberth, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen . . 5468C Beschlußfassung 5469D Beschlußunfähigkeit und nächste Sitzung 5475C Die Sitzung wird um 13 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Hans-Joachim von Merkatz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor einigen Tagen habe ich in der „Welt" vom 21. April 1951 einen Aufsatz gelesen mit dem Titel „Deutschland zwischen Föderalismus und Zentralismus". Es hätte besser geheißen: Föderalismus und Unitarismus. In unvoreingenommener und im allgemeinen objektiver Weise werden hier die zur Zeit marktgängigen Argumente für und noch mehr gegen den föderalistischen Staatsaufbau zusammengestellt. Hauptargument gegen den Föderalismus ist, daß wir es bei unseren heutigen Ländern größtenteils mit künstlichen Gebilden zu tun haben, denen es auch noch anhängt, daß sie von den Besatzungsmächten ohne Rücksicht auf historisch-landsmannschaftliche Zusammenhänge geschaffen wurden, während früher insbesondere die süddeutschen Länder wie etwa Bayern, Baden und Württemberg ein sehr eigenes Profil hatten, dessen Wirkung wir noch heute in der besonderen Art von bäuerlich -handwerklichem Bürgerstolz vor allem im Südwesten verspüren. Dieses Argument ist nicht leicht zu nehmen. Ich glaube tatsächlich, daß weiteste Bevölkerungsschichten in ihrem Bewußtsein mit einigen unserer neuen Ländergebilde noch nicht recht etwas anzufangen wissen.
    Man kann natürlich überhaupt verschiedener Ansicht über die Zweckmäßigkeit eines bundesstaatlichen Aufbaues sein. Meine Damen und Herren, ich persönlich bejahe das bündische Zusammenwirken der Glieder, ich bejahe eine Aufgabenteilung im Sinne des Subsidiaritätsprinzips, da sie die beste Erziehung zum demokratischen Mitverantwortungsbewußtsein ist. Ich weiß aber auch, daß andere die Regierungstätigkeit lieber im Sinne einer allgemeinen Planung von einer Zentrale aus aufgefaßt wissen möchten. Wie dem auch sei: Anhänger und Gegner des bundesstaatlichen Prinzips müssen von den gegebenen Tatsachen ausgehen. Eine solche gegebene Tatsache ist für uns das Grundgesetz, in welchem ein gemäßigtes bundesstaatliches Prinzip verkörpert ist. Ob wir diese Struktur des Grundgesetzes begrüßen oder nicht, es ist unsere gemeinsame Aufgabe, daraus das Beste zu machen.
    Wenn nun bei Anhängern und Gegnern dieses Prinzips Einigkeit darüber besteht, daß das Funktionieren dieses Prinzips dadurch belastet wird, daß wir zuwenig Länder haben, die im geschichtlichen Bewußtsein ihrer Bevölkerung verwurzelt sind, so sollten wir doch dort, wo ein solches geschichtliches Bewußtsein trotz fünfjähriger Unterbrechung noch lebendig ist, die Realisierung dieses Bewußtseins nicht künstlich unmöglich machen.

    (Sehr gut! bei der DP.)

    Daß das geschichtliche Eigenbewußtsein in den Ländern Baden und Württemberg noch eine Realität ist, erweist sich schon aus der Art und Weise der Debatte für und wider diese alten Länder in diesem Hause. Unserem Disput, wieweit diese alten Länder nun in der Form, in der sie in das Bewußtsein der Bevölkerung eingegangen sind, auf einen Beschluß des Regensburger Reichstages, den


    (Dr. von Merkatz)

    Reichsdeputationshauptschluß, wieweit sie auf Napoleon oder auf die hier rühmend erwähnte Stephanie Beauharnais zurückgehen, wieweit sie auf den Wiener Kongreß zurückzuführen sind, möchte ich nur ein Interesse für berufsmäßige Historiker beimessen. Die Tatsache des in eineinhalb Jahrhunderten gewachsenen Gefühls für die Länder Baden und Württemberg bleibt unabhängig von ihrem Ursprung bestehen. Gerade das sogenannte „Musterländle" Baden hat in diesen anderthalb Jahrhunderten eine mustergültige deutsche und zu seiner Zeit reichstreue Haltung gezeigt,

    (Zustimmung bei der DP)

    es hat als erstes süddeutsches Land auf einen Zusammenschluß im Reiche geradezu gedrängt. In Baden hat es niemals, auch nicht in den Jahren nach dem ersten und dem zweiten Weltkrieg, auch nur den geringsten Ansatz etwaiger seperatistischer Neigungen gegeben,

    (Sehr richtig! bei der DP)

    so daß die Unterstellung in dieser Richtung, die auch hier in den Debatten angeklungen ist, als böswillig bezeichnet werden muß, auch vor der Geschichte dieses Landes.
    Die gegen die Wiederherstellung der Länder Baden und Württemberg vorgebrachten wirtschaftlichen Gesichtspunkte scheinen mir ebenfalls weitgehend Zweckargumente zu sein. Wir leben nicht mehr in der Zeit vor der Gründung des Deutschen Zollvereins oder gar des Merkantilismus. Wir wünschen nicht, daß die Länder der Bundesrepublik autarke Wirtschaftseinheiten sind, die unabhängig vom Bund ihr Leben fristen können, sondern wir sehen gerade in der gegenseitigen wirtschaftlichen Zusammenarbeit der Länder einen Wesenszug des modernen bündischen Zusammenwirkens. Ländergrenzen sind keine Wirtschaftsgrenzen mehr.

    (Abg. Dr. Schmid [Tübingen]: Aber Wirtschaftsverwaltungsgrenzen!)

    Das Wesen der Wirtschaft liegt nicht in ihrer Verwaltung! Das ist das sozialdemokratische Konzept, das Sie hiermit zum Ausdruck bringen.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Darin liegt der Kern des Unterschiedes unserer Auffassung, Herr Professor Schmid. Es war mir sehr interessant, daß Sie diesen Zwischenruf gemacht haben.
    Im übrigen ist sogar dem Restlande Südbaden anläßlich des Finanzausgleichs ausdrücklich bestätigt worden, daß es lebensfähig ist, lebensfähiger als manches andere Land.

    (Sehr richtig! bei der CDU.)

    Außerdem darf ich an die vom Herrn Bundesfinanzminister geäußerten Vorschläge eines internen Finanzausgleichs zwischen den benachbarten Ländern erinnern. Hier könnte sich die so oft betonte gegenseitige Liebe der Badener und der Württemberger auch ohne einen Südweststaat mühelos bewähren.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Das Schlagwort von der „Kleinstaaterei", das aus einer Zeit stammt, die kein bündisches Zusammenwirken kleiner Staaten kannte, wirkt hier noch stärker als die klugen Worte, die etwa Augustinus oder auch Jacob Burckhardt über die Vorzüge der kleinen Staaten gefunden haben. Denn der Mensch lebt ja bekanntlich nicht vom Brot allein. Das Wesen, das in diesen Staaten liegt, ist auch der kulturelle Zusammenhang, sozusagen das Lebensklima,
    das sich politisch hier bildet. Glaubt man wirklich, es sei dem Bund zuträglicher, wenn er nur aus etwa fünf größeren Ländern besteht? Die Erfahrung zeigt, daß es zum mindesten sehr fraglich ist, ob nicht größere Länder schwerer zu der Einsicht zu bewegen sind, daß es Aufgaben gibt, die sich nicht auf Landesebene erfüllen lassen, ob nicht kleine Länder geneigter sind, dem Bunde zu geben, was des Bundes ist.

    (Zustimmung bei der CDU.)

    Eine „Fronde" von drei von fünf großen Ländern könnte allerdings die Politik einer Bundesregierung eher mattsetzen als ein Zusammenspiel kleinerer Gebilde.
    Die Gegensätze zwischen den Begriffen „konservativ" und „liberal" — wenn ich das noch aussprechen darf — gehören in vielem den vergangenen Zeiten an. Es wird nicht mehr nur von sogenannten Konservativen anerkannt, daß unsere Geschichte nicht erst mit einem Datum der Gegenwart beginnt, wie man uns dies etwa vom 30. Januar 1933 an glauben machen wollte, sondern daß wir Erben auch der vergangenen Geschichte sind und daß wir die beste Pionierarbeit für die Zukunft dann leisten, wenn wir auf dem festen Boden der Vergangenheit aufbauen, wenn wir das geschichtlich Gewachsene der Zukunft nutzbar zu machen suchen. Ich meine dies nicht im Sinne irgendeiner antiquierten Romantik, die rückwärtsschauend Längstvergangenes erstrebt, wie etwa der hier zitierte schwäbische Kreis der Maximilianischen Reichseinteilung, sondern ich meine hiermit eine Auswirkung des tatsächlich noch Gegebenen.
    Trotz alledem wäre es vollkommen verfehlt, hier im Bundestag etwa über die Wiederherstellung der alten Länder zu entscheiden. Das steht uns nicht zu. Wir sollten genügend Selbstbescheidung aufbringen, um das deutsche Volk in diesen Ländern Baden und Württemberg selbst bestimmen zu lassen, ob es in den erst vor fünf Jahren durch die Besatzungsmacht zerschlagenen Ländern Baden und Wirttemberg in unserem Bund leben will oder in einem Südweststaat, wobei schon die Tatsache einer Sonderregelung im Grundgesetz darauf hinweist, daß diese Zerschlagung im Südwesten auf Grund militärischer Zweckmäßigkeiten von uns nicht als endgültig hingenommen wird. Wir sollten, wie gesagt, dem deutschen Volk in diesen alten Ländern die Entscheidung darüber überlassen. Der Gesetzentwurf, wie er uns heute vorliegt, nimmt diese Entscheidung nicht nur vorweg, sondern nimmt sie überhaupt dem beteiligten Volke ab. Seine Wahlkreisgeometrie, die künstlich neu geschaffene Verwaltungsbezirke zu Stimmbezirken macht und die unter Zugrundelegung des Ergebnisses der informatorischen Volksbefragung den Südweststaat herbeiführen will, auch wenn sowohl die Mehrheit der Bevölkerung des alten Landes Baden wie die Mehrheit der Bevölkerung des jetzigen Bundeslandes Baden sich gegen den Südweststaat aussprechen, setzt eine willkürliche Entscheidung des Bundestages an die Stelle einer freien Entscheidung der Bevölkerung.

    (Sehr richtig! bei der CDU.)

    Um dieses Prinzip auf dem Wege der Vermittlung in dem Gesetz zum Tragen zu bringen, darf ich hiermit einen Antrag zur Güte vorlegen, der darauf abgestellt ist, daß die beiden Stimmbezirke des badischen Landes und die beiden Stimmbezirke des württembergischen Landes sich nicht gegenseitig majorisieren können.

    (Beifall bei der CDU und rechts.)




Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Freudenberg.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Richard Freudenberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine Damen und Herren! Wir haben uns in der letzten Woche bei der zweiten Lesung noch einmal grundsätzlich die Standpunkte gegenseitig vorgetragen, die uns bei der Behandlung des Gesetzentwurfes beschäftigen. Ich glaube, es hat sehr wenig Zweck, diese Dinge heute noch einmal grundsätzlich anzuschneiden. Gerade die Ausführungen von Herrn Kollegen Merkatz haben mir bewiesen, daß es sehr schwer ist, jemanden von seiner vorgefaßten Meinung abzubringen. Ich glaube aber, Ihnen doch das eine sagen zu müssen, Herr Kollege Merkatz: daß Sie die Dinge bei uns da unten nicht kennen; denn sonst könnten Sie nicht mit der Hartnäckigkeit, die Ihnen und Ihren Nachbarn so' eigen ist, immer wieder behaupten, daß das badische Volk in seiner Gesamtheit das Ziel will, von dem Sie sprechen. Wir haben uns in Nordbaden schon zweimal dafür entschieden, mit Württemberg zusammenzugehen, und wir sehen durchaus nicht ein, daß wir uns nun von Südbaden her in irgendeine Zwangslage hineinmanövrieren lassen sollen, die mit dem Willen des nordbadischen „Volksteils" einfach nicht übereinstimmt.
    Herr Kollege Kopf, Sie haben sich darauf berufen, daß sich die Städte in Württemberg und Baden in einer Erklärung nicht ganz klar für den Südweststaat ausgesprochen hätten. Mir liegt eine Erklärung des württembergisch -badischen Städteverbandes vom 4. September 1950 vor, in der in der Ziffer 6 zusammengefaßt ist:
    Die nunmehr fünf Jahre währende Zusammenarbeit zwischen württembergischen und badischen Städten hat ergeben, daß dieses gemeinschaftliche Wirken in jeder Beziehung ersprießlich war und nie zu irgendwelchen Benachteiligungen der einen oder der anderen Gruppe von Gemeinden geführt hat.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Was bei den Städten möglich ist, sollte bei den Ländern nicht unmöglich sein.
    Es ist also nicht richtig, daß man überall in ganz Baden auf dem Standpunkt steht, das Zusammenarbeiten mit Württemberg sei unmöglich. Das hat ja auch die Volksbefragung vom 24. September des vergangenen Jahres ergeben, bei der sich gerade die Grenzbezirke für die Zusammenarbeit mit Württemberg ausgesprochen haben.
    Mit starker Mehrheit hat sich der Bundestag bei der, zweiten Lesung für den Gesetzentwurf in der vom Ausschuß erarbeiteten Form entschieden. Ich kann nur hoffen, daß es auch in der dritten Lesung bei dieser Entscheidung bleibt. Daß Herr Wohleb nicht kapitulieren wird, hat er uns gesagt. Aber, Herr Wohleb, ich weiß nicht, ob Sie mit Ihrer unverdrossenen Hartnäckigkeit unserem badischen Volk wirklich einen Gefallen erwiesen haben und erweisen.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Ich glaube, daß Sie sich heute in einer ganz stillen
    Stunde doch fragen müssen: Wäre es nicht klüger
    gewesen, das - vor zwei Jahren getroffene Karlsruher Abkommen Wirklichkeit werden zu lassen?

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Man hat im badischen Volk manchmal durchaus den Eindruck, als ob Sie, Herr Wohleb, zum Teil der Gefangene Ihrer Bürokratie seien. Man hat manchmal durchaus den Eindruck, daß der ganze
    Streit im letzten Ende darum geht, daß die Bürokratie uns ihren Willen aufzwingen will.

    (Sehr gut! bei der FDP und der SPD. — Abg. Dr. Jaeger: Welche: Ihre eigene oder die Stuttgarter?)

    Meine Damen und Herren, wir allerdings stehen auf dem Standpunkt, daß die Zeiten vorbei sind, in denen sich die Bürokratie den Willen des Volkes nach ihrem Geschmack formen kann, und daß jetzt die Zeiten gekommen sind, in denen das Volk seinen Willen sehr klar aussprechen soll und aussprechen muß.
    Zum ersten Mal in der deutschen Geschichte kann eine Bevölkerung von sich aus die Entscheidung darüber treffen, wie es seine innere Verwaltung gestaltet haben will. Früher waren es andere Kräfte, die diese Aufgabe gelöst haben. Wir sollten uns nicht immer wieder durch den Zwang oder die Taktik einer Bürokratie, die mit allen juristischen und sonstigen Finessen die Verhandlungen der letzten zwei Jahre erschwert, in die Länge gezogen und damit unserer badischen Heimat Schaden zugefügt hat, hin- und herzerren lassen.
    In der ersten und zweiten, aber auch in der dritten Lesung ist uns immer wieder vorgehalten worden, das „badische Volk" solle majorisiert werden. Nein, meine Damen und Herren, das ist nicht richtig. Aber wenn ich den Antrag lese, der heute von einem Teil der CDU-Abgeordneten eingebracht worden ist, so muß ich gerade als Badener doch einmal ganz deutlich aussprechen, daß es mir jetzt langsam so zu sein scheint, als ob den in Württemberg Wohnenden der Wille einer Minderheit, nämlich derer, die in Baden wohnen, aufgezwungen werden soll.
    Ich darf als Badener noch betonen, daß die überspitzte Herausstellung badischer Gefühle und badischer Eigenstaatlichkeit nicht dem Willen der Mehrheit der in Baden wohnenden Bevölkerung entspricht. Wenn es eine badische Tradition gibt, so ist es in erster Linie die, niemals eng badisch orientiert gewesen zu sein, gelebt und gehandelt zu haben, sondern in allen Zeiten die engen badischen Landesinteressen denen Gesamtdeutschlands untergeordnet zu haben.

    (Abg. Dr. Jaeger: Aber nicht den württembergischen!)

    Eine badische Irredenta, die sich nun gar zu einer Kampforganisation, einer Baden-Partei nach dem Willen des Herrn Josef Wirth übersteigern soll,

    (Zuruf des Abg. Dr. Schmid [Tübingen])

    eine derartige badische Politik ist nicht badische Tradition, sondern ist höchstens eine Tradition der letzten drei oder vier Jahre, über die die badische Geschichte hoffentlich eines Tages mit Schamröte hinweggehen wird.

    (Beifall bei der FDP und der SPD. — Lebhafter Widerspruch in der Mitte.)

    Unsere Bevölkerung will endlich mit dieser lästigen Frage in Ruhe gelassen werden.

    (Abg. Dr. Schmid [Tübingen]: Richtig! — Zuruf von der Mitte: Wir auch!)

    Gerade die jüngere Generation hat kein Verständnis dafür, daß mit Reminiszenzen Politik getrieben wird.

    (Erneute Zustimmung bei der FDP und der SPD.)

    Aber nicht nur die junge Generation, Herr Wohleb,
    sondern auch sehr viele alte und erfahrene Leute
    vertreten diesen Standpunkt, Leute, von denen Sie


    (Freudenberg)

    ganz genau wissen, daß sie, solange es ein Großherzogtum Baden gegeben hat, sehr gute Badener gewesen sind. Mit Recht hat einmal einer der führenden Landwirte Nordbadens gesagt: „Ja, Herr Wohleb, ich bin ein sehr guter Badener, aber eines dürfen Sie nicht vergessen: Sie sind eben nicht ganz mehr der Großherzog!"

    (Heiterkeit. — Abg. Dr. Schmid [Tübingen]: Das war Meuchelmord!)

    Herr Wohleb, Sie haben mit Ihrer Politik der letzten drei Jahre eine unnötige politische Unruhe in unser Land getragen.

    (Sehr gut! bei der FDP und bei der SPD. — Zuruf von der Mitte: Wer?)

    Weite Kreise wissen allerdings, wie ich vorhin schon sagte, daß Sie zum Teil der Getriebene Ihrer Bürokratie gewesen sind. Ich frage Sie, ob wir, die wir für den Südweststaat sind, irgendwie schlechtere Badener sind als Sie, die Sie glauben, man müsse das Rad der Geschichte zurückdrehen.
    Nun darf ich aber zum Schluß noch folgendes sagen: Wir, die wir für den Südweststaat sind, sehen in der Zusammenfassung der drei Länderverwaltungen zu einer Verwaltung eine wirkliche Verwaltungsvereinfachung. Wer aus diesem Hause hat nicht in den vergangenen Jahren bei Wahlreden oder sonstwie dem deutschen Volke immer wieder gesagt, daß man nun wirklich einmal anfangen müsse, die Verwaltung zu vereinfachen! Meine Damen und Herren, es geht bei uns da unten sehr vielen nicht in den Kopf, daß eine Arbeit, die von einem geleistet werden kann, von dreien oder zweien geleistet werden muß.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Wenn man mit einer Verwaltungsvereinfachung wirklich ernst machen will, darf man dabei nicht nur von unten anfangen, sondern dann muß man den Mut haben, auch oben einmal Verwaltungen zusammenzulegen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Das Volk weiß doch viel zu genau, daß sehr viele Behörden davon leben, daß eine Behörde die andere beschäftigt,

    (Sehr richtig! bei der FDP)

    und das Volk weiß viel zu genau, daß die überflüssigen Behörden nicht bloß sich selbst beschäftigen, sondern daß sie noch mit dem Leerlauf von Verwaltung die armen Opfer, die Bürger, mit ihren Verwaltungskünsten unnötig beschäftgen.

    (Zustimmung bei der FDP.)

    Deswegen, meine Damen und Herren, kann ich Sie nur bitten, den Beschlüssen, die in der zweiten Lesung in diesem Hohen Hause gefaßt worden sind, Ihre Zustimmung zu geben. Wir sind überzeugt, daß auch in einem südwestdeutschen Staat der badische Einfluß nicht verloren gehen wird; denn die Badener sind Manns genug — wenigstens die, die wir Badener nennen, die die wirkliche badische Tradition kennen —, sich selbst gegen die Württemberger zu behaupten.

    (Beifall bei der FDP und bei der SPD.)