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    Deutscher Bundestag - 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. April 1951 5425 138. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 25. April 1951 Geschäftliche Mitteilungen 5426D Eintritt des Abg. Merten in den Bundestag 5426D Mandatsniederlegung des Abg. Nuding . . 5426D Zur Tagesordnung 5432B, 5466C Dritte Beratung des Entwurfs eines zweiten Gesetzes über die Neugliederung in den Ländern Baden, Württemberg -Baden und Württemberg-Hohenzollern (Nrn. 821, 1752, 1849, 2160 der Drucksachen) . . 5427A, 5442C Maier (Freiburg) (SPD) 5427A Dr. Kopf (CDU) . . 5429D, 5448C, 5449B Dr. Fink (BP) 5432B Dr. von Merkatz (DP) 5433C Freudenberg (FDP -Hosp.) 5435A Dr. Hamacher (Z): zur Sache 5436B zur Abstimmung 5446D Kiesinger (CDU) 5437C, 5448D Mayer (Stuttgart) (FDP) 5438D von Thadden (DRP) 5439C, 5448A Fisch (KPD) 5440A Wohleb, Staatspräsident von Baden 5440D Dr. Jaeger (CSU) 5442D Dr. Wuermeling (CDU) 5444B Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) . . 5444D Mehs (CDU) 5445B, 5447C Erler (SPD) 5446B Farke (DP) 5447D Abstimmungen . . 5442D, 5446D, 5448A, 5449A Wahl der Wahlmänner zur Wahl der Richter beim Bundesverfassungsgericht (Umdruck Nr. 157) 5432B, 5442A Dr. Seelos (BP) (zur Abstimmung) . 5442A Beschlußfassung 5442B, 5449B, 5460C Beratung des Antrags der Fraktion des Zentrums betr. Erhöhung der Dienstbezüge der Angehörigen des öffentlichen Dienstes (Nr. 2096 der Drucksachen) . . 5449C Pannenbecker (Z), Antragsteller . 5449D Gundelach (KPD) 5451D Dr. Wuermeling (CDU) 5452B Dr. Menzel (SPD) 5453B Dr. Nowack (Rheinland-Pfalz) . . 5454C Ausschußüberweisung 5455B Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Aufhebung des Verbots der „Wahrheit" und der „Volkstimme" durch die Alliierte Hohe Kommission (Nr. 2125 der Drucksachen) 5455B Fisch (KPD), Antragsteller 5455B Bausch (CDU) 5457B Übergang zur Tagesordnung 5457C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften über das Schiffsregister (Nr. 2184 der Drucksachen) 5457C Beschlußfassung 5457D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den vorläufigen Handels- und Schifffahrtsvertrag vom 19. Dezember 1950 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Island (Nr. 2150 der Drucksachen) 5457D Ausschußüberweisung 5457D Erste Beratung des von den Abg. Dr. Dr Müller (Bonn), Dr. Horlacher u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über den Verkehr mit Zucker (Nr. 2107 der Drucksachen) 5458A Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU), Antragsteller 5458A Ausschußüberweisung 5458C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Verlängerung der Zuckerungsfrist bei Wein (Nr. 2163 der Drucksachen) 5458C Ausschußüberweisung 5458C Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (Nr. 2148 der Drucksachen) 5458C Renner (KPD) : zur Geschäftsordnung 5458D zur Sache 5461B Mende (FDP), Antragsteller . . . 5459B Dr. Laforet (CSU) 5460D Bazille (SPD) 5462B Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 5464A Frau Kalinke (DP) 5464C, 5465C Frau Arnold (Z) 5465A Ausschußüberweisung 5465B Erste Beratung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung und Überleitung von Vorschriften auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes (Nr. 2164 der Drucksachen) 5465C Ausschußüberweisung 5465C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Behandlung wiederkehrender Leistungen bei der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen (Nr. 2051 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 2156 der Drucksachen) 5465C Dr. Wahl (CDU), Berichterstatter . 5465D Beschlußfassung 5466A Fortsetzung der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Erbschaftsteuergesetzes (Nr. 1575 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 2077 der Drucksachen, Änderungsanträge Umdruck Nrn. 79, 120 [neu], 126) 5466A, 5469B Eickhoff (DP), Berichterstatter . . . 5469B Dr. Horlacher (CSU) 5470A Dr. Gülich (SPD) 5471A, 54'73D Dr. Kneipp (FDP) 5473A Dr. Bertram (Z) 5473C, 5474A Dannemann (FDP) 5474A Abstimmungen 5474B, D Weiterberatung wegen Beschlußunfähigkeit vertagt 5475A Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1500 der Drucksachen); Mündliche Berichte des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß): Einzelplan V — Haushalt des Bundesministeriums für Angelegenheiten des Marshallplans (Nr. 1905 der Drucksachen) 5466B Strauß (CSU) (zur Geschäftsordnung) 5466B Beratung abgesetzt 5466B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Post- und Fernmeldewesen (28. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der BP betr. Neue Wellenlänge für Radio München (Nrn. 2016, 1137 der Drucksachen) 5466C Beratung zurückgestellt 5466C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Post- und Fernmeldewesen (28. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Herausgabe neuer Briefmarken durch die Bundespost (Nrn 2035, 1797 der Drucksachen) 5466C Stahl (FDP), Berichterstatter . . . 5466C Dr. Bergstraeßer (SPD) 5467B Schuberth, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen . . 5468C Beschlußfassung 5469D Beschlußunfähigkeit und nächste Sitzung 5475C Die Sitzung wird um 13 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Conrad Fink


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach den eingehenden Erörterungen über die Neugliederung in den Ländern Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern, wie sie am vergangenen Donnerstag und auch im Verlaufe der heutigen Sitzung bereits stattgefunden haben, erübrigt es sich, das Gesamtproblem des Südweststaates unsererseits noch einmal ausführlich zu behandeln. Trotzdem muß bei der heutigen dritten Lesung auf einzelne wichtige Punkte mit allem Nachdruck erneut eingegangen werden, ehe über die Zukunft und das Schicksal eines deutschen Landes und seines Volkes endgültig entschieden wird.
    Herr Kollege Dr. Schmid hat in der 136. Sitzung das Wort geprägt, daß wir nur dann von Demokratie sprechen können, wenn wir alle bereit sind, uns dem Beschluß einer Mehrheit zu unterwerfen. Ein gutes Wort! Nur darf man dann in Konsequenz dieser durchaus demokratischen Auffassung der Demokratie nicht dadurch in den Rücken fallen, daß man nicht die natürliche und die rechtlich gegebene Mehrheit sprechen läßt, sondern die Entscheidung über einen so wichtigen Punkt einer künstlich geschaffenen Mehrheit anheimstellt, die von Interessenten einer bestimmten Richtung geschaffen wurde,

    (Abg. Dr. Schmid [Tübingen]: Sie sind kein Interessent?!)

    die zwar Demokratie sagen, aber Majorisierung meinen, wenn auch diese Tatsache in der letzten Sitzung und ebenso heute wiederholt bestritten worden ist.
    Warum sträubt man sich denn auf seiten der Befürworter des Südweststaates so sehr dagegen, daß das badische Volk in seiner Gesamtheit bei der bevorstehenden Abstimmung für sich entscheiden soll? Doch nur deswegen, meine Damen und Herren, weil man heute schon weiß, daß dann das Ergebnis den Intentionen der nichtbadischen Südweststaatler eben nicht entsprechen würde.

    (Abg. Dr. Schmid [Tübingen]:: Es gibt doch auch badische Südweststaatler!)

    Wo bleibt hier das Recht, wo bleibt hier die Demokratie? Und wo bleibt, frage ich, die Schädigung der Sache des ganzen deutschen Volkes, wenn die alten Länder Baden und Württemberg wiederhergestellt würden? Ich kann es nicht glauben und kann es ficht einsehen, daß hierdurch gesamtdeutsche Interessen vital berührt werden sollen, wo in der Tat nur sehr begrenzte lokalstaatliche, auf territoriale Vergrößerung hinzielende Interessen bestimmend sind.

    (Abg. Freudenberg: Stimmt ja nicht! Im Gegenteil!)

    — Doch, es stimmt, Herr Kollege Freudenberg!
    Es ist weiter von einer den Notwendigkeiten entgegenstehenden „Restaurierung" gesprochen worden und der Tenor dieses Wortes hat sehr nach dem Sinn von „Reaktion" hinübergeklungen. Aber Reaktion und Restauration sind doch nicht ohne weiteres gleichzusetzen. Reaktion erstrebt in vielem wirklich Überkommenes, tatsächlich Veraltetes; Restauration will — und Herr Kollege Schmid, Sie können doch so gut lateinisch, wie Sie uns schon so oft bewiesen haben — die Wiederherstellung eines früheren gesunden Zustandes.

    (Abg. Dr. Schmid [Tübingen]: Das Wort „gesund" interpolieren Sie ja gerade! Da müssen Sie sich schon mehr anstrengen!)

    — Gerade wir Bayern wissen ja so gut, wie wir uns durch den Gang in eine „Restauration" wieder erfrischen können, wenn wir ermüdet und ermattet sind. —
    Die alte Platte, meine Damen und Herren, dieser oder jener deutsche Staat sei für sich nicht lebensfähig und nicht leistungsfähig, ist doch schon so abgespielt, daß man sie nicht immer wieder auflegen sollte. Es handelt sich doch nicht um separatistische Ziele, sondern um die Wiederherstellung eines früheren staatsrechtlichen Zustandes innerhalb des gesamtdeutschen Raumes, der dadurch doch nicht gesprengt werden soll. In diesem gesamtdeutschen Raum hat das alte „Musterländle" Baden, wie man es früher geheißen hat,

    (Abg. Dr. Schmid [Tübingen]: Ja, früher!) immer seine Lebens- und Leistungsfähigkeit bewiesen und wird sie auch in Zukunft zum eigenen Nutzen und ohne Schaden für das Ganze wieder unter Beweis stellen können.



    (Dr. Fink)

    Meine Damen und Herren, die Methode, die in Hinsicht auf die Schaffung des Südweststaates angewandt wird, verstößt gegen das Grundgesetz, da ein Land nicht durch Majorisierung abgeschafft werden kann.

    (Abg. Dr. Schmid [Tübingen]:: Lesen Sie doch Art. 29 Abs. 4!)

    Es geht auch nicht an, die Abgrenzung historischer Länder - und es sind historische Länder, es sind sogar deutsche S t a a t en und nicht nur Länder und Provinzen — nach dem Verlauf einer Autobahn zu bestimmen. Wir sind auch deshalb so besorgt, weil sich hier schon eine gefährliche Entwicklung abzeichnet und anbahnt, die einem künftigen krassen Zentralismus zum Schaden des im Grundgesetz verankerten Föderalismus heute schon bedenkliche Chancen eröffnet, allein schon dadurch, daß nach Schaffung des Südweststaates Süddeutschland im Bundesrat möglicherweise 6, auf jeden Fall 5 Stimmen verlieren wird. Was das bedeutet, brauche ich, glaube ich, im einzelnen nicht darzulegen. Außerdem: was heute diesem Lande widerfährt, kann morgen mit jenem geschehen, und wenn man sich beim Aufkommen solcher künftig jederzeit möglichen Tendenzen auch nicht auf die in Art. 29 des Grundgesetzes erwähnte landsmannschaftliche Verbundenheit, auf geschichtliche und kulturelle Zusammenhänge berufen kann, so wird man doch immer die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit mit großer Überzeugungskraft und Lautstärke vorzutragen wissen.
    In der vergangenen Woche wurde in diesem Hohen Hause die Frage der Anwendbarkeit völkerrechtlicher Prinzipien im innerdeutschen Raum verneint. Ich muß gestehen, daß ich solchen Gedankengängen, die schon mehr sophistisch konstruiert sind, wirklich nicht folgen kann. Das Recht der Selbstbestimmung als Grundsatz des Völkerrechts kann nicht nach Willkür für innerdeutsche Verhältnisse außer Kraft gesetzt werden, zumal auch Art. 25 des Grundgesetzes bestimmt:
    Die allgemeinen Regeln des Völkerrechts sind Bestandteile des Bundesrechts. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebiets.
    — Aber eben nicht nur Pflichten, sondern auch Rechte!

    (Abg. Dr. Schmid [Tübingen]: Wo haben Sie denn promoviert, Herr Kollege?)

    — In Marburg, Herr Kollege Schmid, wenn Sie das interessiert!
    Meine Damen und Herren! Als Vertreter meiner Fraktion und für meine politischen Freunde muß ich deswegen dem Antrage zustimmen, daß nach Ländern abgestimmt wird. Falls dieser Antrag nicht die Zustimmung des Hohen Hauses finden sollte, möchte ich beantragen, daß dann der Antrag des Herrn Kollegen Farke, der in der heutigen Sitzung gestellt wurde, Annahme findet, nämlich in Hinsicht auf das Weiterbestehen des badischen Landes, des badischen Staates in der Zukunft.
    Zum Schluß nur noch ein Wort. Sollte im Widerspruch zu diesen Anträgen über den Kopf der badischen Bevölkerung hinweg die Schaffung des Südweststaates beschlossen und zur Tatsache werden, dann kann — auch im Hinblick auf das Völkerrecht — dem badischen Volke nur noch eines übrig bleiben, nämlich vor der Öffentlichkeit des deutschen Volkes und vor der Weltöffentlichkeit gegen eine solche Vergewaltigung seiner staatlichen Interessen und seiner Volksinteressen energischen Protest einzulegen.

    (Beifall in der Mitte und rechts.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. von Merkatz.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans-Joachim von Merkatz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor einigen Tagen habe ich in der „Welt" vom 21. April 1951 einen Aufsatz gelesen mit dem Titel „Deutschland zwischen Föderalismus und Zentralismus". Es hätte besser geheißen: Föderalismus und Unitarismus. In unvoreingenommener und im allgemeinen objektiver Weise werden hier die zur Zeit marktgängigen Argumente für und noch mehr gegen den föderalistischen Staatsaufbau zusammengestellt. Hauptargument gegen den Föderalismus ist, daß wir es bei unseren heutigen Ländern größtenteils mit künstlichen Gebilden zu tun haben, denen es auch noch anhängt, daß sie von den Besatzungsmächten ohne Rücksicht auf historisch-landsmannschaftliche Zusammenhänge geschaffen wurden, während früher insbesondere die süddeutschen Länder wie etwa Bayern, Baden und Württemberg ein sehr eigenes Profil hatten, dessen Wirkung wir noch heute in der besonderen Art von bäuerlich -handwerklichem Bürgerstolz vor allem im Südwesten verspüren. Dieses Argument ist nicht leicht zu nehmen. Ich glaube tatsächlich, daß weiteste Bevölkerungsschichten in ihrem Bewußtsein mit einigen unserer neuen Ländergebilde noch nicht recht etwas anzufangen wissen.
    Man kann natürlich überhaupt verschiedener Ansicht über die Zweckmäßigkeit eines bundesstaatlichen Aufbaues sein. Meine Damen und Herren, ich persönlich bejahe das bündische Zusammenwirken der Glieder, ich bejahe eine Aufgabenteilung im Sinne des Subsidiaritätsprinzips, da sie die beste Erziehung zum demokratischen Mitverantwortungsbewußtsein ist. Ich weiß aber auch, daß andere die Regierungstätigkeit lieber im Sinne einer allgemeinen Planung von einer Zentrale aus aufgefaßt wissen möchten. Wie dem auch sei: Anhänger und Gegner des bundesstaatlichen Prinzips müssen von den gegebenen Tatsachen ausgehen. Eine solche gegebene Tatsache ist für uns das Grundgesetz, in welchem ein gemäßigtes bundesstaatliches Prinzip verkörpert ist. Ob wir diese Struktur des Grundgesetzes begrüßen oder nicht, es ist unsere gemeinsame Aufgabe, daraus das Beste zu machen.
    Wenn nun bei Anhängern und Gegnern dieses Prinzips Einigkeit darüber besteht, daß das Funktionieren dieses Prinzips dadurch belastet wird, daß wir zuwenig Länder haben, die im geschichtlichen Bewußtsein ihrer Bevölkerung verwurzelt sind, so sollten wir doch dort, wo ein solches geschichtliches Bewußtsein trotz fünfjähriger Unterbrechung noch lebendig ist, die Realisierung dieses Bewußtseins nicht künstlich unmöglich machen.

    (Sehr gut! bei der DP.)

    Daß das geschichtliche Eigenbewußtsein in den Ländern Baden und Württemberg noch eine Realität ist, erweist sich schon aus der Art und Weise der Debatte für und wider diese alten Länder in diesem Hause. Unserem Disput, wieweit diese alten Länder nun in der Form, in der sie in das Bewußtsein der Bevölkerung eingegangen sind, auf einen Beschluß des Regensburger Reichstages, den


    (Dr. von Merkatz)

    Reichsdeputationshauptschluß, wieweit sie auf Napoleon oder auf die hier rühmend erwähnte Stephanie Beauharnais zurückgehen, wieweit sie auf den Wiener Kongreß zurückzuführen sind, möchte ich nur ein Interesse für berufsmäßige Historiker beimessen. Die Tatsache des in eineinhalb Jahrhunderten gewachsenen Gefühls für die Länder Baden und Württemberg bleibt unabhängig von ihrem Ursprung bestehen. Gerade das sogenannte „Musterländle" Baden hat in diesen anderthalb Jahrhunderten eine mustergültige deutsche und zu seiner Zeit reichstreue Haltung gezeigt,

    (Zustimmung bei der DP)

    es hat als erstes süddeutsches Land auf einen Zusammenschluß im Reiche geradezu gedrängt. In Baden hat es niemals, auch nicht in den Jahren nach dem ersten und dem zweiten Weltkrieg, auch nur den geringsten Ansatz etwaiger seperatistischer Neigungen gegeben,

    (Sehr richtig! bei der DP)

    so daß die Unterstellung in dieser Richtung, die auch hier in den Debatten angeklungen ist, als böswillig bezeichnet werden muß, auch vor der Geschichte dieses Landes.
    Die gegen die Wiederherstellung der Länder Baden und Württemberg vorgebrachten wirtschaftlichen Gesichtspunkte scheinen mir ebenfalls weitgehend Zweckargumente zu sein. Wir leben nicht mehr in der Zeit vor der Gründung des Deutschen Zollvereins oder gar des Merkantilismus. Wir wünschen nicht, daß die Länder der Bundesrepublik autarke Wirtschaftseinheiten sind, die unabhängig vom Bund ihr Leben fristen können, sondern wir sehen gerade in der gegenseitigen wirtschaftlichen Zusammenarbeit der Länder einen Wesenszug des modernen bündischen Zusammenwirkens. Ländergrenzen sind keine Wirtschaftsgrenzen mehr.

    (Abg. Dr. Schmid [Tübingen]: Aber Wirtschaftsverwaltungsgrenzen!)

    Das Wesen der Wirtschaft liegt nicht in ihrer Verwaltung! Das ist das sozialdemokratische Konzept, das Sie hiermit zum Ausdruck bringen.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Darin liegt der Kern des Unterschiedes unserer Auffassung, Herr Professor Schmid. Es war mir sehr interessant, daß Sie diesen Zwischenruf gemacht haben.
    Im übrigen ist sogar dem Restlande Südbaden anläßlich des Finanzausgleichs ausdrücklich bestätigt worden, daß es lebensfähig ist, lebensfähiger als manches andere Land.

    (Sehr richtig! bei der CDU.)

    Außerdem darf ich an die vom Herrn Bundesfinanzminister geäußerten Vorschläge eines internen Finanzausgleichs zwischen den benachbarten Ländern erinnern. Hier könnte sich die so oft betonte gegenseitige Liebe der Badener und der Württemberger auch ohne einen Südweststaat mühelos bewähren.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Das Schlagwort von der „Kleinstaaterei", das aus einer Zeit stammt, die kein bündisches Zusammenwirken kleiner Staaten kannte, wirkt hier noch stärker als die klugen Worte, die etwa Augustinus oder auch Jacob Burckhardt über die Vorzüge der kleinen Staaten gefunden haben. Denn der Mensch lebt ja bekanntlich nicht vom Brot allein. Das Wesen, das in diesen Staaten liegt, ist auch der kulturelle Zusammenhang, sozusagen das Lebensklima,
    das sich politisch hier bildet. Glaubt man wirklich, es sei dem Bund zuträglicher, wenn er nur aus etwa fünf größeren Ländern besteht? Die Erfahrung zeigt, daß es zum mindesten sehr fraglich ist, ob nicht größere Länder schwerer zu der Einsicht zu bewegen sind, daß es Aufgaben gibt, die sich nicht auf Landesebene erfüllen lassen, ob nicht kleine Länder geneigter sind, dem Bunde zu geben, was des Bundes ist.

    (Zustimmung bei der CDU.)

    Eine „Fronde" von drei von fünf großen Ländern könnte allerdings die Politik einer Bundesregierung eher mattsetzen als ein Zusammenspiel kleinerer Gebilde.
    Die Gegensätze zwischen den Begriffen „konservativ" und „liberal" — wenn ich das noch aussprechen darf — gehören in vielem den vergangenen Zeiten an. Es wird nicht mehr nur von sogenannten Konservativen anerkannt, daß unsere Geschichte nicht erst mit einem Datum der Gegenwart beginnt, wie man uns dies etwa vom 30. Januar 1933 an glauben machen wollte, sondern daß wir Erben auch der vergangenen Geschichte sind und daß wir die beste Pionierarbeit für die Zukunft dann leisten, wenn wir auf dem festen Boden der Vergangenheit aufbauen, wenn wir das geschichtlich Gewachsene der Zukunft nutzbar zu machen suchen. Ich meine dies nicht im Sinne irgendeiner antiquierten Romantik, die rückwärtsschauend Längstvergangenes erstrebt, wie etwa der hier zitierte schwäbische Kreis der Maximilianischen Reichseinteilung, sondern ich meine hiermit eine Auswirkung des tatsächlich noch Gegebenen.
    Trotz alledem wäre es vollkommen verfehlt, hier im Bundestag etwa über die Wiederherstellung der alten Länder zu entscheiden. Das steht uns nicht zu. Wir sollten genügend Selbstbescheidung aufbringen, um das deutsche Volk in diesen Ländern Baden und Württemberg selbst bestimmen zu lassen, ob es in den erst vor fünf Jahren durch die Besatzungsmacht zerschlagenen Ländern Baden und Wirttemberg in unserem Bund leben will oder in einem Südweststaat, wobei schon die Tatsache einer Sonderregelung im Grundgesetz darauf hinweist, daß diese Zerschlagung im Südwesten auf Grund militärischer Zweckmäßigkeiten von uns nicht als endgültig hingenommen wird. Wir sollten, wie gesagt, dem deutschen Volk in diesen alten Ländern die Entscheidung darüber überlassen. Der Gesetzentwurf, wie er uns heute vorliegt, nimmt diese Entscheidung nicht nur vorweg, sondern nimmt sie überhaupt dem beteiligten Volke ab. Seine Wahlkreisgeometrie, die künstlich neu geschaffene Verwaltungsbezirke zu Stimmbezirken macht und die unter Zugrundelegung des Ergebnisses der informatorischen Volksbefragung den Südweststaat herbeiführen will, auch wenn sowohl die Mehrheit der Bevölkerung des alten Landes Baden wie die Mehrheit der Bevölkerung des jetzigen Bundeslandes Baden sich gegen den Südweststaat aussprechen, setzt eine willkürliche Entscheidung des Bundestages an die Stelle einer freien Entscheidung der Bevölkerung.

    (Sehr richtig! bei der CDU.)

    Um dieses Prinzip auf dem Wege der Vermittlung in dem Gesetz zum Tragen zu bringen, darf ich hiermit einen Antrag zur Güte vorlegen, der darauf abgestellt ist, daß die beiden Stimmbezirke des badischen Landes und die beiden Stimmbezirke des württembergischen Landes sich nicht gegenseitig majorisieren können.

    (Beifall bei der CDU und rechts.)