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    Deutscher Bundestag - 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. April 1951 5425 138. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 25. April 1951 Geschäftliche Mitteilungen 5426D Eintritt des Abg. Merten in den Bundestag 5426D Mandatsniederlegung des Abg. Nuding . . 5426D Zur Tagesordnung 5432B, 5466C Dritte Beratung des Entwurfs eines zweiten Gesetzes über die Neugliederung in den Ländern Baden, Württemberg -Baden und Württemberg-Hohenzollern (Nrn. 821, 1752, 1849, 2160 der Drucksachen) . . 5427A, 5442C Maier (Freiburg) (SPD) 5427A Dr. Kopf (CDU) . . 5429D, 5448C, 5449B Dr. Fink (BP) 5432B Dr. von Merkatz (DP) 5433C Freudenberg (FDP -Hosp.) 5435A Dr. Hamacher (Z): zur Sache 5436B zur Abstimmung 5446D Kiesinger (CDU) 5437C, 5448D Mayer (Stuttgart) (FDP) 5438D von Thadden (DRP) 5439C, 5448A Fisch (KPD) 5440A Wohleb, Staatspräsident von Baden 5440D Dr. Jaeger (CSU) 5442D Dr. Wuermeling (CDU) 5444B Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) . . 5444D Mehs (CDU) 5445B, 5447C Erler (SPD) 5446B Farke (DP) 5447D Abstimmungen . . 5442D, 5446D, 5448A, 5449A Wahl der Wahlmänner zur Wahl der Richter beim Bundesverfassungsgericht (Umdruck Nr. 157) 5432B, 5442A Dr. Seelos (BP) (zur Abstimmung) . 5442A Beschlußfassung 5442B, 5449B, 5460C Beratung des Antrags der Fraktion des Zentrums betr. Erhöhung der Dienstbezüge der Angehörigen des öffentlichen Dienstes (Nr. 2096 der Drucksachen) . . 5449C Pannenbecker (Z), Antragsteller . 5449D Gundelach (KPD) 5451D Dr. Wuermeling (CDU) 5452B Dr. Menzel (SPD) 5453B Dr. Nowack (Rheinland-Pfalz) . . 5454C Ausschußüberweisung 5455B Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Aufhebung des Verbots der „Wahrheit" und der „Volkstimme" durch die Alliierte Hohe Kommission (Nr. 2125 der Drucksachen) 5455B Fisch (KPD), Antragsteller 5455B Bausch (CDU) 5457B Übergang zur Tagesordnung 5457C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften über das Schiffsregister (Nr. 2184 der Drucksachen) 5457C Beschlußfassung 5457D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den vorläufigen Handels- und Schifffahrtsvertrag vom 19. Dezember 1950 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Island (Nr. 2150 der Drucksachen) 5457D Ausschußüberweisung 5457D Erste Beratung des von den Abg. Dr. Dr Müller (Bonn), Dr. Horlacher u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über den Verkehr mit Zucker (Nr. 2107 der Drucksachen) 5458A Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU), Antragsteller 5458A Ausschußüberweisung 5458C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Verlängerung der Zuckerungsfrist bei Wein (Nr. 2163 der Drucksachen) 5458C Ausschußüberweisung 5458C Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (Nr. 2148 der Drucksachen) 5458C Renner (KPD) : zur Geschäftsordnung 5458D zur Sache 5461B Mende (FDP), Antragsteller . . . 5459B Dr. Laforet (CSU) 5460D Bazille (SPD) 5462B Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 5464A Frau Kalinke (DP) 5464C, 5465C Frau Arnold (Z) 5465A Ausschußüberweisung 5465B Erste Beratung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung und Überleitung von Vorschriften auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes (Nr. 2164 der Drucksachen) 5465C Ausschußüberweisung 5465C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Behandlung wiederkehrender Leistungen bei der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen (Nr. 2051 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 2156 der Drucksachen) 5465C Dr. Wahl (CDU), Berichterstatter . 5465D Beschlußfassung 5466A Fortsetzung der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Erbschaftsteuergesetzes (Nr. 1575 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 2077 der Drucksachen, Änderungsanträge Umdruck Nrn. 79, 120 [neu], 126) 5466A, 5469B Eickhoff (DP), Berichterstatter . . . 5469B Dr. Horlacher (CSU) 5470A Dr. Gülich (SPD) 5471A, 54'73D Dr. Kneipp (FDP) 5473A Dr. Bertram (Z) 5473C, 5474A Dannemann (FDP) 5474A Abstimmungen 5474B, D Weiterberatung wegen Beschlußunfähigkeit vertagt 5475A Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1500 der Drucksachen); Mündliche Berichte des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß): Einzelplan V — Haushalt des Bundesministeriums für Angelegenheiten des Marshallplans (Nr. 1905 der Drucksachen) 5466B Strauß (CSU) (zur Geschäftsordnung) 5466B Beratung abgesetzt 5466B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Post- und Fernmeldewesen (28. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der BP betr. Neue Wellenlänge für Radio München (Nrn. 2016, 1137 der Drucksachen) 5466C Beratung zurückgestellt 5466C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Post- und Fernmeldewesen (28. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Herausgabe neuer Briefmarken durch die Bundespost (Nrn 2035, 1797 der Drucksachen) 5466C Stahl (FDP), Berichterstatter . . . 5466C Dr. Bergstraeßer (SPD) 5467B Schuberth, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen . . 5468C Beschlußfassung 5469D Beschlußunfähigkeit und nächste Sitzung 5475C Die Sitzung wird um 13 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Friedrich Maier


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Nicht unvernünftig, will uns scheinen, wäre es auch, wenn durch eine stärkere wirtschaftliche Verflechtung eine Verkehrspolitik ermöglicht würde, die in einzelnen Gebieten längst fällige Erschließungen Wirklichkeit werden ließe und manche augenblicklich noch beklagten Verkehrshindernisse im Nordsüd- und Westostverkehr beseitigen würde. Vernünftig wäre auch, wenn bei der Finanzstärke der württembergbadischen Wirtschaft, anstatt 129 Millionen im Wege des Finanzausgleichs an andere Länder geben zu müssen, diese Summe in einem inneren Finanzausgleich allen Teilen zugute käme. Daß in einem größeren Land auch die Verteilung der dem Südwesten zugedachten Heimatvertriebenen leichter zu regeln und in einer prosperierenden Wirtschaft die Schaffung neuer Arbeitsplätze mit geringerem Einsatz geldlicher Mittel möglich ist, wird niemand bestreiten können. Daß endlich das vereinigte Gebiet auch politisch an Gewicht gewinnt, dürfte je- dem klar sein, der die ganze Frage nicht unter dem Aspekt parteiegoistischer Zielsetzungen beurteilt.
    Von der Vernunft geleitet dürfte auch die bei der Volksbefragung in Nordbaden festgestellte Wählermehrheit gewesen sein, als sie ihr Votum auf Grund einer fünfjährigen Erfahrung im Zusammenleben mit den Nordwürttembergern abgegeben hat. Es ist doch eine feststehende Tatsache, daß Stuttgart den Nordbadenern mit der Zubilligung einer eigenen Landesverwaltung mehr Rechte als dem schwäbischen Landesteil zugestanden hat. Fest steht ebenso, daß aus der größeren Steuerkraft Nordwürttembergs Nordbaden für den Wohnungsbau, für den Wiederaufbau des Mannheimer Hafens, zur Deckung seines Defizits große Mittel zugeflossen sind, die es aus eigener Kraft nicht hätte schaffen können. Daß es andererseits in Südbaden, insbesondere seit dem Wegfall der an den Bund übergegangenen Tabaksteuern und Zölle, schwerhielt, Mittel für ähnliche Zwecke auch nur in geringerem Umfang freizumachen, ist eine ebenso unumstößliche Tatsache. Daß außerdem die Zahlungsfähigkeit der badischen Landeshauptkasse bis in den März dieses Jahres hinein nur mittels äußerster Anspannung der Kassenkredite aufrechtzuerhalten gewesen ist, wird Ihnen der badische Finanzminister auf Anfrage bestätigen müssen.
    Zusammenfassend darf man wohl sagen, daß es nicht unvernünftig ist, wenn man einen Notstand, der sich in beiden südlichen Ländern abzeichnet, dadurch beseitigt, daß man diese beiden Länder mit "einem finanz- und wirtschaftskräftigerem Partner zusammenschließt.
    Weniger vernünftig hingegen scheint uns Südweststaat -Anhängern Südbadens die von Herrn Staatspräsidenten Wohleb betriebene Isolierungspolitik gewesen zu sein. Ist es ihm doch binnen zweieinhalb Jahren gelungen, den ihm freunlich gesonnenen Nachbarn Südwürttemberg aus seiner Vermittlerrolle herauszudrängen, so daß die südbadische Regierung nun in den Tagen der Entscheidung allein steht. Eine aus der Emotion heraus geführte und von Eigenwillen bestimmte Politik kann, wenn sie von einer entsprechenden Propaganda unterstützt wird, zu Augenblickserfolgen führen. Sie wird aber auf die Dauer gesehen einer sachlich vernünftigen Argumentation weichen müssen.
    Dieser Eigenwille ist der Antriebsmotor der von Herrn Staatspräsidenten Wohleb in der Frage des Länderzusammenschlusses geübten Politik bis auf den heutigen Tag geblieben. Ausdruck dieses Eigenwillens waren die Schlußworte des badischen Staatspräsidenten anläßlich der zweiten Beratung des Neugliederungsgesetzes, als er in das Plenum rief: „Wir kapitulieren nicht!" Eigenwillig schloß


    (Maier [Freiburg])

    er schon seine erste Südweststaatrede vor dem Landesausschuß der südbadischen CDU im August 1948 mit den Worten: „Ich will Badener bleiben!" In dieser Konferenz, in der es galt, eine Minderheit von Anhängern des Südweststaats bei der Stange zu halten, hat die südbadische CDU beschlossen, in der Frage des Südweststaats neutral zu bleiben. In einer Erklärung hatte es die Parteileitung den Mitgliedern überlassen, sich in Wort, Schrift und Abstimmung für oder gegen den Südweststaat zu entscheiden. Dieser Beschluß war für Herrn Staatspräsidenten Wohleb ein Freibrief für die Entfaltung einer nicht zu überbietenden Propaganda gegen den Südweststaat, die er nunmehr unter dem abgewandelten Motto führte. „W i r wollen Badener bleiben!" In seinem Eifer vergaß er sogar einen Auftrag seines Landtags, der in einer Entschließung vom 24. September 1948 mit allen Stimmen bei zwei Enthaltungen verlangte, daß die Verhandlungen der drei Regierungschefs mit dem Ziel der Schaffung des Südweststaats auf der Grundlage des Karlsruher Staatsvertragsentwurfs fortgesetzt werden sollten. In diesem Vertragsentwurf waren dank dem Entgegenkommen der Regierungen von Württemberg-Baden und Württemberg -Hohenzollern die vom Lande Baden gestellten Forderungen weitestgehend berücksichtigt worden. In einer am 15. und 16. September 1948 in Bühl tagenden Konferenz waren die drei Länderchefs auch zu einer Verständigung über die Abstimmungsmodalitäten gelangt, und nach einer weiteren Zusammenkunft in Bebenhausen konnte man der Meinung sein, daß einer Lösung des Südweststaatproblems nichts mehr im Wege stehe. Aber man hatte die Rechnung ohne den Herrn Staatspräsidenten Wohleb gemacht. Nach wie vor führte er seinen Propagandafeldzug gegen den Südweststaat weiter. Er be- nützte jeden Staatsakt — es gab deren in Südbaden eine große Zahl, anläßlich der Wiederverleihung von Stadtrechten, bei Vereinsjubiläen oder Schulhauseinweihungen —, um sich in seinen Festansprachen gegen den Südweststaat und für Altbaden einzusetzen. Dabei hatten die Südweststaatanhänger keine Möglichkeit, . gegen die häufig scharfen Formulierungen oder ungerechtfertigt erhobenen Vorwürfe in seinen Reden Stellung zu nehmen. Da der Herr Staatspräsident den staatlichen Propagandaapparat beherrschte und auch den Rundfunk häufiger benützen konnte als seine Widersacher,

    (Abg. Hilbert: Das ist ja nicht wahr!)

    — jawohl, es ist so! —, war es ihm gelungen, das badische Wählervolk, besonders auf dem Lande einseitig in Richtung auf die Gegnerschaft zum Südweststaat zu beeinflussen.

    (Erneuter Zuruf des Abg. Hilbert.)

    Mit der Zeit ist es Herrn Wohleb auch gelungen, die Neutralitätserklärung des Landesparteiausschusses vom August 1948 unwirksam zu machen. Denn seit dem Wahlkampf zum Bundestag ist die Südweststaatfrage mehr und mehr zur Parteifrage geworden.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Die immer lauter werdenden Drohungen gewisser Altbadener Kreise, die badische CDU durch Gründung einer neuen Partei zu sprengen, haben auch die seither in der Ländervereinigungsfrage neutrale Parteileitung immer stärker an die Seite der Altbadener gedrängt. Vor der Volksbefragung im vergangenen Jahre ist es diesen Kreisen sogar gelungen, den Herrn Erzbischof, wenn auch nicht zu einer amtlichen Stellungnahme des Episkopats, so
    doch zu einer persönlichen Erklärung für die altbadische Lösung zu veranlassen.

    (Abg. Hilbert: Da lachen die Hühner, Herr Maier!)

    Diese Erklärung des Herrn Erzbischofs, die mit dem Herrn Staatspräsidenten Dr. Gebhard Müller auch viele badische Diözesanen bedauerten, hat mit zu der Mehrheitsentscheidung gegen den Südweststaat beigetragen.
    Daß man auch versuchte, auf den Herrn Bundeskanzler einzuwirken, erhellt schon aus der Tatsache, daß zu dem Zeitpunkt, als der Bundestag in der Südweststaatfrage wieder initiativ wurde, regierungsoffiziöse Presseverlautbarungen davon sprachen, die Regelung der Ländervereinigung nach Art. na des Grundgesetzes solle auf einen späteren Zeitpunkt vertagt werden. Um auch die Haltung des Bundesrats zu beeinflussen, erschienen geschickt lancierte Artikel über die Ablehnung des Südweststaates durch Hamburg und Bremen wegen seiner präjudiziellen Bedeutung für innergebietliche Neuordnungsbestrebungen anderer Länder. Erfreulicherweise sind, wie schon der Herr Berichterstatter in der zweiten Lesung betonte, die erhobenen Behauptungen durch eindeutige Erklärungen des Herrn Bundesministers des Innern vor dem Ausschuß für innergebietliche Neuordnung widerlegt worden.
    Der uns heute zur dritter Lesung vorliegende Entwurf entspricht im wesentlichen dem von den Abgeordneten Kiesinger, Gengler und Genossen eingebrachten Initiativantrag und ist, wie in der zweiten Lesung berichtet wurde, dem Hohen Hause zur Annahme empfohlen worden. In der Aussprache der zweiten Beratung ist von den Vertretern der Minderheit immer wieder der Vorwurf der Majorisierung Südbadens erhoben worden. Wenn solche Behauptungen auch nicht dadurch wahrer werden, daß sie immer wiederholt werden, so sei den vermeintlich Vergewaltigten doch zu ihrem Trost gesagt: Wenn erst der durch alliierten Beschluß noch suspendierte Art. 29 des Grundgesetzes in Kraft gesetzt sein wird — wir hoffen, daß es bald geschieht —, besteht ja eine gesetzliche Möglichkeit, sich auf Grund dieses Artikels innergebietlich neu zu orientieren.
    Eine zweite in der Auseinandersetzung wichtige Frage war die Regelung der Abstimmungsberechtigung. Die Minderheit versuchte, wie es auch die heutigen Anträge wieder zeigen, dem Geburtsprinzip zum Durchbruch zu verhelfen. Ganz abgesehen von den technischen Schwierigkeiten, die seiner Durchführung entgegenstehen, können wir auch aus anderen Gründen der Auffassung der Minderheit nicht beitreten. Wir haben immer den Stand punkt vertreten, daß man die proklamierte Gleichberechtigung der Heimatvertriebenen wo irgend möglich auch praktizieren müsse. Soll der Heimatvertriebene, der sich in einem der Länder des Südwestens niedergelassen hat, soll der Evakuierte mit seiner neuen Heimat verwurzelt werden, dann muß man ihm auch das Recht geben, über die Gestaltung der Zukunft dieser neuen Heimat mitzubestimmen. Je mehr man ihm Gelegenheit zur Mitentscheidung gibt, desto rascher wird in ihm ein echtes Heimatgefühl wach werden. Aus diesem Grunde bejahen wir im Gegensatz zur Minderheit die Abstimmungsberechtigung aller nach den landesgesetzlichen Bestimmungen Wahlberechtigten, die ein Vierteljahr ihren ständigen Wohsitz im Abstimmungsgebiet haben.


    (Maier [Freiburg])

    Mein Parteifreund Professor Schmid hat schon in der zweiten Lesung unseren Standpunkt zur Einteilung der Wahlbezirke und zur Frage der Auswertung der Stimmen dargelegt. Er hat in seinen Rechtsausführungen auch zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzentwurfs Stellung genommen und sich der Mehrheitsauffassung des Rechtsausschusses angeschlossen. Damit erübrigt es sich, heute noch einmal auf einzelne Teile des Gesetzentwurfes einzugehen.
    Ich möchte aber meine Ausführungen nicht abschließen, ohne noch mit einigen Sätzen zu der Rundfunkansprache des Herrn Staatspräsidenten Wohleb vom 12. März 1951 Stellung genommen zu haben. Der Regierungschef des Landes Baden ist in seinen Ausführungen über das Ergebnis der Abschlußberatungen auf die Vorgeschichte des Südweststaates nicht eingegangen; sonst hätte er seinen Hörern sagen müssen, daß die in Art. 118 Satz 1 des Grundgesetzes vorgesehene vertragliche Regelung des Länderzusammenschlusses allein an seinem Widerstand gescheitert ist. Er hätte weiter mitteilen müssen, daß sein Ministerkollege aus dem Nachbarland Württemberg - Hohenzollern, Herr Staatspräsident Dr. Gebhard Müller, mit beispielloser Geduld während zweier Jahre bemüht gewesen ist, eine Verständigung unter den Verhandlungspartnern herbeizuführen. Er hätte auch zugeben müssen, daß eine gleiche Bereitschaft zur Verständigung seinerseits fehlte. Anstatt auch dieser Rundfunkrede die alte Devise voranzustellen: „Ich will Badener bleiben" und daraus die nach seinem seitherigen Verhalten einzig mögliche Schlußfolgerung zu ziehen: „Deshalb lehne ich alles ab, was den Südweststaat herbeiführen könnte", erhob der badische Regierungschef gegen die Bundestagsausschußmehrheit und die beteiligten Regierungen den unqualifizierten Vorwurf — ich zitiere jetzt wörtlich —, „einen Rechtsbruch zur Grundlage des Südweststaates zu machen".

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    In seinen weiteren Ausführungen bezeichnete der Chef der badischen Regierung die Volksabstimmung über den Südweststaat als eine scheindemokratische Akklamation

    (Abg. Hilbert: Sehr gut!)

    nach dem Muster vergangener Auch-Abstimmungen,

    (Abg. Hilbert: Sehr gut!)

    wohl ein Hinweis auf in der Nazizeit geübte Methoden. Er kennzeichnete die Abstimmung als undemokratisch und verfassungswidrig; denn er sagte, sie umkleide den Abstimmungsvorgang nur mit einer demokratischen Fassade und hätte dazu noch eine Vergeudung von Steuergeldern zur Folge.
    In weiteren Ausführungen zur staatsrechtlichen Seite des Problems wird gegenüber den Befürwortern des Südweststaates der Vorwurf erhoben, sie würden eine die nationalen Interessen verletzende Handlung begehen. Nach Auffassung des Herrn Staatspräsidenten Wohleb würde es nach Annahme des Gesetzes für die Bundesrepublik nicht mehr möglich sein, andere durch die Siegermächte getroffenen Gebietsregelungen grundsätzlich abzulehnen. Sollte dabei etwa auf die Saar und die Oder-Neiße-Linie abgezielt sein? Er unterstellte den Bejahern des Südweststaates die Tendenz, über den Südweststaat zum zentralen Massenstaat. zu gelangen.
    Schließlich knüpfte der badische Regierungschef an eine Entschließung des sozialdemokratischen Bezirksparteitages der Pfalz, die die von der Besatzungsmacht gezogenen Landesgrenzen ablehnte, die Folgerung, daß sich bei der Sozialdemokratie die Auffassung nach dem beabsichtigten Zweck richte. Für die den Südweststaat Bejahenden sei die gefährliche Nazitendenz richtungweisend, die schon einmal das deutsche Vaterland zugrunde gerichtet habe: Recht sei, was dem Südweststaat nütze, Unrecht aber, was ihn verhindern könne.

    (Abg. Mehs: So ist es!)

    Unter Hinweis auf die dem südbadischen Volk zugefügte Vergewaltigung durch Majorisierung kündigte der Herr Staatspräsident die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts an, das letztinstanzlich entscheiden solle, ob Recht Recht bleiben solle.
    Wenn sich der Chef einer deutschen Landesregierung zu solchen Entgleisungen in einer Rundfunkrede hinreißen läßt

    (Abg. Hilbert: Unerhört, das Entgleisungen zu nennen!)

    — das sind Entgleisungen, Herr Hilbert —,

    (Abg. Hilbert: Nach Ihrer Auffassung!) kämpft er in schwacher Position, und dann muß es um die Stärke seiner Gegenargumente zur Sache schlecht bestellt sein.


    (Beifall bei der SPD.)

    Und wenn nun die Gefolgsleute des Herrn Staatspräsidenten Wohleb, zu denen Sie gehören, Herr Hilbert,

    (Abg. Hilbert: Gott sei Dank!)

    mit der Drohung einer Parteispaltung auf Regierung und Regierungsparteien einen Druck ausüben wollen

    (Zurufe von der Mitte)

    — im gewöhnlichen Leben nennt man so was Erpressung —,

    (Zustimmung bei der SPD — Zurufe von der Mitte)

    um ein von der Mehrheit des Hohen Hauses in zweiter Lesung beschlossenes Gesetz noch zu Fall zu bringen, so kennzeichnet ein solches Vorgehen einen Geist, der nur in der Eigenwilligkeit und im Parteiegoismus seine Wurzeln hat.

    (Erneute Zustimmung bei der SPD.)

    In diesem Falle wird also das Parteiinteresse über das Volkswohl gestellt.

    (Zuruf des Abg. Hilbert.)

    Das Urteil über eine solche Politik überlassen wir dem Hohen Hause und bei der Volksabstimmung der badischen Wählerschaft.

    (Abg. Hilbert: Sehr gut!)

    Für meine Freunde darf ich erklären, daß wir der Gesetzesvorlage in der jetzigen Fassung zustimmen werden.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kopf.

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    Rede von Dr. Hermann Kopf


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Im Namen des Fortschritts" werde der Südweststaat gebildet, haben wir bei der zweiten Lesung sagen hören. „Im Namen der Restauration" werde die Wiederherstellung der alten Länder erstrebt. Wir sind der Auffassung, daß man mit diesen großen Vereinfachungen sparsam umgehen sollte, auch dann, wenn sie wie künstliche Perlen glänzen, und auch dann, wenn das Pathos der großen Revolution in ihnen nachhallt. Im Zeichen des Fortschritts ist die Welt in ihr tech-


    (Dr. Kopf)

    nisches Zeitalter eingetreten. Im Zeichen des Fortschritts hat sie sich die Waffen geschmiedet, durch die die Wunden entstanden sind, die noch nicht vernarbt sind. Wenn auch wir das mit einer Art von Vereinfachungen etikettieren wollten, was wir empfinden, dann müßten wir sagen, daß wir die Bildung des Südweststaates als eine Lösung empfinden, die unorganisch, mechanistisch, rationalistisch und aufklärerisch ist.

    (Abg. Dr. Schmid [Tübingen]:: Wie damals im alten Baden auch!)

    — Ich weiß nicht, was Sie, Herr Professor, meinen. Ich glaube, daß die Konzeption des Südweststaates ihren Ursprung einem dreifachen Irrtum verdankt: einem Irrtum des Gefühls, einem Irrtum der Vernunft und einem Irrtum des Kalküls. Einem Irrtum des Gefühls insofern, als ihm der unbegründete Optimismus zugrunde liegt, als ob der größere Raum schlechthin schon die bessere Lebensmöglichkeit gewährte, als ob dem größerem Raum das größere Glück einer größeren Anzahl von Menschen entspräche. Gerade das Land Württemberg, unser Nachbarland, ist ein Gegenbeispiel. Gerade dieses Land, das so viele hervorragende Begabungen auf dem Gebiet der Wirtschaft und des Geistes hervorgebracht hat, lehrt uns, daß die Enge des Raumes die Weite des Blickes nicht ausschließt und daß die räumliche Begrenzung den -Blick über die Grenze durchaus zuläßt.
    Der zweite Irrtum aber ist wohl ein Irrtum der Vernunft. Er entspringt dem Denken, daß eine künstliche Konstruktion, das Gebilde des Südweststaates, zweckmäßiger und wünschenswerter sei als die historisch gewachsenen Länder.
    Der dritte Irrtum ist ein Irrtum des Kalküls. Es ist die vermeintliche Berechnung, daß die Zusammenlegung von Behörden und Dienststellen allein schon eine Verbilligung mit sich bringe und daß diese Verbilligung den Einsatz wert sei, ein Irrtum, auf den ich nachher noch zurückkommen werde.
    Wenn Sie mich nun fragen: Was ist eigentlich der Antrieb dafür, daß wir Badener uns diesem Gedanken des Südweststaates, den wir als eine künstliche Konstruktion empfinden, entgegensetzen? —, dann möchte ich sagen: so wichtig die wirtschaftlichen Argumente auch für uns sind und so wenig sie von uns unterschätzt werden, so kommt unsere Entscheidung zunächst doch aus politischen Quellen. Ich glaube, es kann nicht kürzer und prägnanter als mit den Worten ausgedrückt werden, die vor 30 Jahren, als nach dem ersten Weltkrieg schon einmal der Gedanke des Südweststaates von Württemberg her an uns herangetragen worden ist, ein Badener gesagt hat, ein badischer Konservativer, der zugleich ein badischer Demokrat war, Adam Röder. Er schrieb damals, am 4. April 1919, in der „Süddeutschen Korrespondenz":
    Ober den Stammesarten innerhalb des Reiches stehen die gewordenen Staatsgebilde. Diese sind geschichtlich legitimiert. In Baden hat sich zweifellos, trotzdem drei Stämme in ihm wohnen: Alemannen, Franken und Schwaben, dazu noch die Pfälzer als Separat-Franken, ein badisches Staatsgefühl herausgebildet, das alle Stämme als Exponenten ihres politisch gegliederten Daseins ansehen. Der Staat Karl Friedrichs hat sich aus der Kunstschöpfung zu einer natürlichen erhoben.

    (Abg. Hilbert: Es muß noch Adam Remmele zitiert werden!)

    Es ist darin gesagt worden, daß — gleichgültig, wie die Umstände der Staatswerdung gewesen sind — aus diesem vielleicht durch Zufall ins Leben gerufenen Staat ein wirklicher und ein echter Staat geworden ist und daß sich in diesem Staat auch ein wirkliches Staatsgefühl herausgebildet hat. Diejenigen von Ihnen, die den Vorzug — oder ich möchte sagen: das Glück — hatten, in einem wohlgeordneten, gut verwalteten und räumlich überschaubaren Gliedstaat Deutschlands heranzuwachsen, werden für das Wort „Staatsgefühl" Verständnis haben, das anderen vielleicht dazu dienen könnte, Ärgernis zu nehmen. Wir glauben tatsächlich, daß es nicht nur ein badisches Heimatgefühl, sondern auch ein badisches Staatsgefühl gegeben hat und gibt und daß sich dieses Staatsgefühl zu einem deutschen Staatsgefühl durchaus ausweiten kann und daß die tiefsten Quellen und Wurzeln dieses deutschen Staatsgefühls gerade in den Gefühlen liegen, die uns mit dem engeren Raum verbinden. Das ist wohl die eine Quelle unseres Widerstandes, eines Widerstandes, der nicht, wie es der verehrte Kollege Schmid neulich gesagt hat, mit den berüchtigten Dreschflegeln geführt wird, deren zugreifenden Schlag er bereits befürchtet hat, sondern nur mit der Kraft der Herzen.
    Aber es kommt etwas zweites.

    (Abg. Dr. Schmid [Tübingen]:: Das war Belkanto! — Abg. Bausch: Jetzt kommt die vox humana!)

    — Es kommt etwas zweites hinzu. Wenn Sie die badische Geschichte verfolgen, werden Sie sehen, daß Baden, das als eines der ersten Länder seine Verfassung erhielt, die Pflegestätte der demokratischen Tradition war. Es waren im Zeitpunkt der Nationalversammlung in der Pauls-Kirche, im Zeitpunkt der 48 er Revolution, aber auch in den spä- teren Jahrzehnten führende Demokraten, die von diesem kleinen Lande aus das Gesicht der liberalen Demokratie ganz Deutschlands mitbestimmt haben. In diesem großen Zug der Toten, derjenigen Toten, deren geistige Nachfahren heute im Begriff stehen, das Land Baden zu zerschlagen, standen Rotteck und Welcker; und ich möchte auch Hecker und Struve nicht ausschließen.

    (Abg. Dr. Schmid [Tübingen] : War Struve Badener?)

    — Er war Wahlbadener, soviel ich weiß.

    (Abg. Dr. Schmid [Tübingen]: Der wäre nicht abstimmungsberechtigt!)

    — Er war länger als drei Monate Wahlbadener. — Ich möchte auch nicht die Männer ausschließen, die nach dem ersten Weltkrieg in die Bresche gesprungen sind, nicht Konstantin Fehrenbach und auch nicht Friedrich Ebert. Ich möchte sagen, daß diese demokratische Linie, dieses geistige Erbe, in Baden das Gemeingut aller Parteien und des ganzen Badischen Volkes geworden ist. Es ist ein merkwürdiges Paradoxon, daß ausgerechnet die geistigen Nachfahren dieser Traditionslinie nun im Begriff stehen, das Land zu zerschlagen, das sich während eines vollen Jahrhunderts mit Recht als eine Pflegestätte der Demokratie bezeichnen durfte. So möchte ich Ihnen sagen: der zweite Grund, weshalb wir Baden erhalten wissen wollen, ist der, daß wir es gerade als diese Heimstatt unserer demokratischen Freiheit erhalten wissen möchten.
    Es ist von dem Südweststaat gesagt worden: wir müssen einen Block bilden, einen Block vor allem gegen das allzugroße Bayern. Uns verbinden jahrzehntelange freundschaftliche Beziehungen gerade


    (Dr. Kopf)

    mit Bayern. Wir sind nicht daran interesisert,
    irgendwie an einer Blockbildung mitzuwirken. Wir
    sind kein Block, wir sind eine Brücke, die uns vor
    allem auch mit dem Westen und dem Südwesten,
    mit Frankreich und mit der Schweiz verbindet.

    (Abg. Dr. Schmid [Tübingen] : Sie wollen also den Graben perennieren lassen! Nur wenn man sich den Graben zwischen Deutschland und Frankreich dauernd denkt, braucht man eine Brücke. Wir wollen aber keinen Graben mehr haben und brauchen darum keine Brücke!)

    — Sie wissen, daß wir immer eine Brücke zu Württemberg gewesen sind.
    Meine Damen und Herren! Baden ist lebensfähig, wenn es aas ganze Baden ist. Wir wollen aas ganze Baden. baden ist wirtschaftlich lebensfahig. Es bildet eine Einheit, die durch den Bogen des Rheins zusammengetaßt ist. Dieses Land ist durch seine Bodenscnaize und seine Fruchtbarkeit besser und auch reicher gestellt als Wurttemberg. Bauen beherbergt, wie die alle wissen, Minerale der verschiedensten Art. Es behei bergt die Wasserkrafte, an deren Ausbau Wurttemberg im Jahre 19z0, als die ersten Maßnahmen getrosten wurden, nicht teilnehmen wollte. Heute, nachdem das badische Volk eine halbe Milliarde Mark aufgewendet hat, um diese Wasserkrafte auszubauen, durfte Wurttemberg allerdings sehr stark daran interessiert sein, an ihnen auch teilzuhaben. Baden hat eine wohl dezentralisierte Wirtschaft. Wir befurchten allerdings — und das darf ich offen hier aussprechen —, daß die Verbindung mit Wurttemberg manche Benachteiligungen fur unsere Wirtschatt bringen kann. Die Wirtschaft ist freizügig. Sie be-dart zu ihrer Entfaltung an sich nicht der Aufhebung der politischen Grenzen. Wohl aber ist zu befurchten, daß die politische Einflußnahme Kraftströme, die im Lande Baden vorhanden sind, in andere Gebietsteile abzulenken vermag. Ich denke an das scharfe Konkurrenzverhältnis zwischen dem Rhein —Neckar-Kanal, der tariflich begunstigt ist, und den Rheinhäfen von Mannheim, Karlsruhe und Kehl, die ja bis heute nicht wieder ihren vollen Aufbau erfahren konnten. Ich denke an die Ablenkung des Verkehrs. Ich denke daran, daß die Autostraße, die an sich durch die natürliche Rheintallinie vorgesehen war, bei Bruchsal abgebogen worden ist und dort nicht nach dem Süden zur Schweiz, sondern nach dem Osten, nach Stuttgart und München, verläuft. Ich denke daran, daß versucht worden ist, den Bahnverkehr gleichfalls nach Osten abzuleiten. Wir befürchten auch hier Benachteiligungen für die Zukunft.' Wir wären sehr wohl dazu bereit gewesen, im Rahmen der Erhaltung unserer Staatlichkeit in all den Punkten, in denen berechtigte württembergische Interessen vorliegen, das Angebot einer Verwaltungsgemeinschaft, vor allem auch bezüglich der Wasserkräfte, der Wasserkraftwerke und auch der anderen Wasserbevorratung, zu machen.
    Baden ist aber nicht nur wirtschaftlich, es ist auch finanziell lebensfähig, wenn es nur das ganze Baden ist. Das relativ kleine kassenmäßige Haushaltsdefizit des Landes Baden erklärt sich aus den überhöhten Besatzungskosten und den sehr hohen Sozialausgaben. Diese Sozialausgaben betragen in Baden 80 Millionen DM, während sie in Nordwürttemberg-Baden, soviel ich weiß, wesentlich weniger betragen. Wir sehen mit Erstaunen, daß die finanzpolitische Lage Nordbadens sich keineswegs verbessert hat, daß das Aufkommen an Einkommensteuer und Umsatzsteuer in den letzten Jahren durch die Verbindung mit Württemberg zusehends zurückgegangen ist, während sich das badische Steueraufkommen in einer aufsteigenden Linie bewegt hat. Wir sehen aber auch, daß in Baden immer eine sparsame Verwaltung gehandhabt worden ist. Es ist uns von anderer Seite gesagt worden, die Zusammenlegung der Länder habe wesentliche Ersparnismaßnahmen zur Folge.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Es gibt über diesen Punkt wohl kein unbefangeneres Zeugnis als das, das der WürttembergischBadische Städteverband am 12. November 1949 geschrieben hat und das ich mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten vorlesen darf:
    Es ist ebenso beliebt wie irreführend, den Südweststaat zu fordern wegen der dabei zu erzielenden Ersparnis an Verwaltungskosten; denn eine solche Ersparnis kann, jedenfalls in einem irgendwie fühlbaren Ausmaß, aus diesem Anlaß nicht entstehen, einmal weil die Kosten der obersten Regierungsorgane, die hier allein in Betracht kommen, nicht so hoch sind, daß sie bei einem Etat von 1700 Millionen DM eine Rolle spielen, vor allem aber deshalb, weil durch die mit der Bildung des Südweststaates fest verbundene Einrichtung von 4 Regierungsbezirken jede etwa mögliche Ersparnis mehr als ausgeglichen wird.
    Ich habe diesen Worten des Württembergisch-Badischen Städteverbandes meinerseits nichts hinzuzufügen.
    Es ist nun dem Hohen Hause in dritter Lesung der Entwurf des Ausschusses vorgelegt worden, der die Abstimmung in den vier Abstimmungsbezirken vorsieht. Ich habe in der zweiten Lesung bereits die rechtlichen Bedenken ausführlich vorgetragen, die wir gegen diese Lösung haben.

    (Abg. Euler: Das waren keine rechtlichen , Bedenken!)

    — Es waren rechtliche Bedenken, und eines von ihnen ist sogar vom Herrn Kollegen Schmid als ein ernstes Bedenken bezeichnet worden. Ich werde diese rechtlichen Bedenken heute nicht wiederholen. Aber ich möchte Ihnen sagen, daß wir in diesem Abstimmungsmodus, den Sie uns vorschreiben wollen, nicht nur die Verletzung von Rechtsvorschriften, sondern auch eine Unbilligkeit erblicken, weil hier ein Abstimmungsergebnis, das von anderer Seite gewünscht wird, uns auf gezwungen wird. Wir müssen diese rechtlichen Bedenken aufrechterhalten.
    Es ist vom Herrn Kollegen Maier darauf hingewiesen worden, daß die Verhandlungen, die in den zwei oder drei Jahren zwischen den verschiedenen Staatschefs geführt worden sind, nicht zu einem Ergebnis geführt haben. Auch ich bedaure das. Aber wenn Sie fragen, worauf dieser Mißerfolg zurückzuführen ist, dann doch nur darauf, daß von den anderen Verhandlungspartnern stets und immer nur das eine Ziel der Bildung des Südweststaates als Richtschnur genommen worden ist,

    (Abg. Hilbert: Sehr richtig!)

    während von badischer Seite immer verlangt worden ist: Wir wollen die Freiheit der Entscheidung haben. Und um diese Freiheit der Entscheidung geht es auch heute. Wir können in der Ausschußvorlage nicht die Grundlage für. diese Freiheit der Entscheidung erblicken. Wir haben daher Abänderungsanträge gestellt. Wir haben auf den in zweiter Lesung gestellten Antrag verzichtet, die Ermäch-


    (Dr. Kopf)

    tigung des Herrn Bundesinnenministers zu streichen. Unsere verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Ermächtigung und auch gegen eine Reihe von Übergangsvorschriften bleiben aufrechterhalten. Wir haben auch Bedenken vor allem dagegen, daß die rechtliche Regelung dieses Entwurfs in einer ganzen Reihe von Punkten die Autonomie der Länder, die bis zum Verschmelzungsprozeß erhalten bleiben soll, beseitigt. Wir haben hierzu keine Anträge gestellt. Wir haben auf den Antrag bezüglich des Geburtsprinzips verzichtet. Lediglich unsere Hauptanträge zu §§ 3, 6 und 10 erhalten wir aufrecht.
    Meine Damen und Herren! Vor diesem Hohen Hause und vor dem deutschen Volke möchte ich namens der badischen Abgeordneten der CDU unsere Rechtsverwahrung zum Ausdruck bringen gegen die Nichtberücksichtigung der alten Länder bei der Abstimmung,

    (Zuruf: Sehr richtig!)

    gegen die Zugrundelegung der Besatzungsgrenzen und gegen die Majorisierung des badischen Volkes gegen seinen Willen. Der Segen der Erde ruht nicht auf dem Bruch des Rechts. Wenn in diesem Hohen Hause sich heute eine Mehrheit dafür finden sollte, um das Ende des Landes Baden, das immer auf der Seite der Freiheit stand und das seinen einzigen Ruhm in der Entfaltung seiner demokratischen Einrichtungen erblickte, durch eine Kränkung des Rechts zu besiegeln, dann allerdings senkt sich die Fahne Badens in Trauer und Schmerz.

    (Lebhafter Beifall in der Mitte.)