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ID0113700700

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 137. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. April 1951 5385 137. Sitzung Bonn, Freitag, den 20. April 1951. Geschäftliche Mitteilungen 5385C Beschlußfassung des Deutschen Bundesrats zum Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie 5385D Entwurf einer Gemeinsamen Geschäftsordnung des Bundestages und des Bundesrates für den Vermittlungsausschuß 5385D Gesetz zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes 5385D Wahl des Wahlprüfungsausschusses gemäß § 3 Absatz 2 des Wahlprüfungsgesetzes vom 12. März 1951 (BGBl. I S. 166) . . 5385D Änderungen der Tagesordnung 5386A Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1500 der Drucksachen); Mündliche Berichte des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß): Einzelplan VIII — Haushalt des Bundesministeriums der Finanzen (Nr. 1909 der Drucksachen) 5386A Erler (SPD), Berichterstatter . . . 5386B Mellies (SPD) 5391B Dr. Bertram (Z) 5393B Dr. Koch (SPD) . . . 5396A, 5419C, 5422A Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP) . . 5401B Loritz (WAV) 5404D Dr. Dresbach (CDU) 5405D Müller (Frankfurt) (KPD) 5407C Dr. Besold (BP) 5409C Ewers (DP) 5411C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 5413A Pelster (CDU) 5421C Abstimmung 5422B Zur Geschäftsordnung — Vertagungsantrag: Dr. Wuermeling (CDU) 5422B Mitteilung über Veröffentlichung in der Zeitschrift „Der Beamtenbund" betr. Ausgaben für den Bundestag: Dr. Ehlers, Präsident 5422C Nächste Sitzung 5422C, 5423D Die Sitzung wird um 9 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Wilhelm Mellies


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine Damen und Herren! Der Haushalt des Finanzministeriums wird immer mit besonders kritischen Augen betrachtet werden, und zwar nicht nur vom Parlament, sondern auch von den anderen Ministerien. Das Parlament wird bei dem Haushalt des Finanzministers immer besonders genau prüfen, ob die Grundsätze einer sorgfältigen und sparsamen Haushaltsführung gerade bei diesem Ministerium beachtet werden. Die anderen Ministerien werden mit Argusaugen darüber wachen, daß die Richtlinien, die vom Finanzministerium für die Aufstellung der Haushaltspläne herausgegeben werden, gerade vom Finanzministerium selbst auch beachtet werden. Es war, unter diesem letzten Gesichtspunkt gesehen, nicht sehr erfreulich, als gerade Ihr Ministerium, Herr Finanzminister, im Haushaltsausschuß bei gewissen Sachtiteln ganz erhebliche Nachforderungen stellen mußte, und zwar Nachforderungen, die sich unseres Erachtens schon vorher hätten überblicken lassen. Ich will gar nicht darauf eingehen, welche merkwürdigen Deckungsvorschläge darauf gemacht wurden. Jedenfalls konnte man feststellen, daß die anderen Ministerien, die bei dieser Verhandlung anwesend waren, sehr darauf achteten, daß hier das Finanzministerium selbst die Gesichtspunkte, die sonst für alle Ministerien maßgebend sind, nicht ganz beachtet hat.
    Meine Freunde und ich haben vor der Haushaltsberatung von dieser Stelle gelegentlich zum Ausdruck gebracht, daß wir nicht immer den Eindruck hätten, daß die Grundsätze einer sparsamen und sorgfältigen Haushaltsführung auch vom Finanzministerium beachtet würden. Wir haben deshalb zu Beginn der Haushaltsberatung im Haushaltsausschuß beantragt, daß ein Gutachten des Rechnungshofes über das Finanzministerium eingeholt wird. Die Beratung des Organisations- und Stellenplans wurde darum vorläufig zurückgestellt.
    Das Gutachten — der Berichterstatter hat vorhin darauf hingewiesen — ist dann erstattet worden, und es hat unsere Befürchtungen in einem gewissen Umfange bestätigt. Ich muß leider in diesem. Augenblick auch feststellen, daß uns das Gutachten nicht ganz befriedigt hat. Diese Feststellung ist für mich um so schmerzlicher, als ich vor einigen Monaten, als hier über den Bundessparkommissar verhandelt wurde, darauf hingewiesen habe, daß frühere Gutachten des Rechnungshofes außerordentlich wertvoll seien. Ich will nur auf einen Punkt hinweisen. Der Herr Berichterstatter hat sehr ausführlich die Sonderabteilung für die Besatzungslastenverwaltung behandelt. Der Rechnungshof kommt in seinem Gutachten zu der Feststellung, man könne hier zwei Wege beschreiten: man könne entweder eine Bundesoberbehörde einrichten — und der Haushaltsausschuß hat sich ja diesem Vorschlage angeschlossen —, oder aber man könnte eine Unterabteilung im Finanzministerium schaffen. Nun, wenn man auf der einen Seite der Ansicht ist, daß aus dieser Sonderabteilung eine Bundesoberbehörde werden muß, auf der anderen Seite aber als Eventuallösung noch- eine Unterabteilung im Ministerium vorschlägt, dann bedeutet das eine so verschiedenartige Wertung für diese Behörde, daß man nur fragen kann: Wie ist so etwas möglich? Ich habe nur den Wunsch, daß der Bundesrechnungshof und vor allen Dingen der Herr Präsident des Bundesrechnungshofes diese Frage einmal sehr sorgfältig überlegt; denn wir möchten nicht gern von dieser Stelle ein zweites Mal feststellen, daß uns aus diesen Gründen das Gutachten des Rechnungshofes nicht so wertvoll ist, wie es eigentlich sein müßte. Wir sind den Eindruck nicht ganz los geworden, als wenn gewisse persönliche Wünsche im Finanzministerium zu diesen Vorschlägen des Rechnungshofes beigetragen hätten. Es kann aber bei den Prüfungen des Rechnungshofes nicht darum gehen, welche Wünsche in den einzelnen Ministerien vorhanden sind, sondern wir erwarten vom Bundesrechnungshof, daß er in seinen Gutachten die Vorschläge macht, die er nach genauester und sorgfältigster Prüfung nach seiner eigenen Oberzeugung zu machen hat.


    (Mellies)

    Wir haben ja öfter den Eindruck gehabt, daß bei der Organisation im Ministerium gewisse persönliche Wünsche maßgebend gewesen sind. Ich erinnere nur an die Einrichtung der Rechtsabteilung. Ich will über die Einzelheiten in diesem Zusammenhang heute morgen nicht sprechen. Auch hier können selbstverständlich bei der Organisation nicht persönliche Wünsche der leitenden Herren maßgebend sein, sondern maßgebend müssen die tatsächlichen sachlichen Bedürfnisse sein.
    Weil ich gerade die Sonderabteilung berührt habe, möchte ich noch kurz eine andere Frage anschneiden. Ich habe vor einiger Zeit einmal den Briefkopf dieser Dienststelle gesehen. Ich mußte zu meinem Erstaunen feststellen, daß diese Sonderabteilung, die ja doch in Bad Homburg sitzt, folgenden Briefkopf führt: „Bonn — Dienststelle Bad Homburg". Meine Damen und Herren, man muß sich nur einmal vorstellen, wie jetzt demjenigen zumute ist, der an 'diese Dienststelle einen Brief richten will. Soll er den Brief nach Bonn richten, oder kann er ihn gleich nach Bad Homburg richten? Man hat offenbar im Ministerium sehr sorgfältig überlegt, wie dieser Briefkopf aussehen müßte, damit auch die notwendige Subordination dieser Sonderabteilung gewahrt bleibt. Herr Minister, wir haben die Auffassung, daß die leitenden Herren Ihres Ministeriums nicht dazu da sind, gewissermaßen bis zum letzten i-Tüpfelchen darüber zu wachen, daß die Hierarchie in Ihrem Ministerium keinen Schaden leidet. Wir sind der Auffassung, daß man in der gegenwärtigen Zeit andere und e größere Sorgen haben sollte als Sorgen dieser Art.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Die Personalpolitik im Ministerium ist von uns in den Beratungen des Haushaltsausschusses kurz berührt worden. Ich habe dabei zum Ausdruck ge- bracht und möchte das auch hier wiederholen, daß unseres Erachtens diese Personalpolitik allzu sehr unter dem Gesichtspunkt betrieben wird, daß man keine unbequemen Persönlichkeiten im Ministerium haben möchte. Ich komme wahrscheinlich nicht in Verdacht, daß ich irgendwelchen Querulanten das Wort reden will. Querulanten sind in jeder Behörde unangenehme Leute, und man sollte sie möglichst bald pensionieren, damit sie nicht irgendwelchen weiteren Schaden anrichten. Aber auf der anderen Seite ist doch nicht zu verkennen, daß aus der Natur der Sache heraus solche großen Behörden wie das Finanzministerium auf die Dauer eine gewisse Trägheit entfalten werden. Deshalb ist es sehr notwendig, daß einzelne Persönlichkeiten da sind, die gewissermaßen wie Hechte im Karpfenteich wirken und dafür sorgen, daß das Finanzministerium auch für Forderungen aufgeschlossen bleibt, die vielleicht zu den gegenwärtigen Einstellungen etwas in Widerspruch stehen. Wir haben den Wunsch, daß nach dieser Richtung hin die Personalpolitik unter etwas anderen Gesichtspunkten betrachtet wird, als das bisher der Fall gewesen ist. Der Herr Staatssekretär hat ja wohl in erster Linie diese Aufgaben an sich gezogen. Wir glauben, daß es nützlicher für ihn ist, sich gerade dieser Aufgabe besonders zu widmen, als seine Zeit darauf zu verweden, Interviews in außerordentlich heiklen außenpolitischen Fragen zu geben. Herr Minister, wir glauben nicht, daß der Herr Staatssekretär dazu da ist, in solch schwierigen Fragen wie in der Frage des deutschen Vermögens in Österreich irgendwelche Interviews zu geben, die nachher, wie Sie ja wohl aus der Presse festgestellt haben, erhebliche Wellen geschlagen und der deutschen Sache sicher nicht gedient haben. Wir sind der Auffassung, daß für die Abgabe derartiger wichtiger politischer Erklärungen allein der Minister zuständig ist, aber nicht der Staatssekretär.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Wir haben uns hier im Bundestag schon früher über die Frage unterhalten müssen, daß von den Ministerien und auch vom Finanzministerium das Haushaltsrecht des Parlaments nicht in genügendem Maße beachtet wird. Wir werden bei den Berichten, die uns von dem Untersuchungsausschuß vorliegen werden, auf diese Frage noch zurückkommen. Ich will gern zugeben, daß in den letzten Monaten nach dieser Richtung hin eine gewisse Besserung eingetreten ist. Aber wenn z. B. im Finanzministerium die Stelle eines Ministerialdirektors besetzt werden soll, die noch nicht bewilligt ist, der Haushaltsausschuß deshalb um eine Vorwegbewilligung angegangen werden muß, dann jedoch festgestellt wird, daß der betreffende Beamte seine Ernennungsurkunde schon zwei Tage vor dieser Vorwegbewilligung im Haushaltsausschuß bekommen hat,

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    dann ist das mehr als nur ein Betriebsunfall. Denn schließlich ist der Weg zur Ernennung dieses Beamten über die Vorbereitung im Ministerium, über die Bewilligung im Bundeskabinett, über die Unterschrift des Bundespräsidenten so weit, daß in der Zwischenzeit wirklich Gelegenheit gewesen wäre, die Vorwegbewilligung im Haushaltsausschuß zu beantragen. Aber wahrscheinlich hat man auch in diesem Falle so etwas vergessen, daß das Parlament seine Zustimmung geben muß oder daß das Parlament überhaupt existiert. Wir haben ja in den letzten Tagen auch bei dem Außenministerium erst wieder die Feststellung machen müssen, daß man zwar daran gedacht hat, der gesamten Pressé den Schuman-Plan auszuhändigen, daß man aber völlig vergessen hat, an das Parlament zu denken und den Schuman-Plan auch den Abgeordneten zuzustellen.

    (Hört! Hört! bei der SPD. — Abg. Renner: Das ist die Regel bei denen!)

    Wir haben in den letzten Wochen in den Zeitungen wiederholt lesen können, daß die Bundesregierung einige Kommissare berufen hat. Ich habe im Haushaltsausschuß schon einmal die Frage aufgeworfen, ob keine Vorwegbewilligung für diese Kommissare beantragt wird. Das ist bisher nicht geschehen. Auch der Bundestag hat offiziell von der Einstellung dieser Kommissare noch keine Mitteilung bekommen. Wir sind gewiß hinsichtlich der Unterrichtung des Bundestags durch das Bundeskabinett nicht verwöhnt. Über diese Frage werden wir ja beim Haushaltsplan des Herrn Bundeskanzlers noch einiges zu sagen haben. Wir glauben jedoch, daß es ein unerträglicher Zustand ist, wenn das Parlament über die Einstellungen dieser Kommissare nicht unterrichtet ist, die Herren jetzt aber plötzlich in den Ausschüssen auftauchen und dort interessanterweise nicht nur die Stellungnahme der Regierung vertreten, sondern auch Veranlassung nehmen, ihre persönliche Auffassung zu den entscheidenden wirtschaftlichen Fragen zum Ausdruck zu bringen.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Es taucht hier die Frage auf: Wer regiert denn nun eigentlich in Bonn, und wer trifft denn die Entscheidungen, die Bundesregierung oder die Kommissare, die in die Ausschüsse kommen und dort ihre persönliche Auffassung von den wichtigen und entscheidenden wirtschaftlichen Fragen ausdrücken? Der Herr Minister wird wahrscheinlich


    (Mellies)

    gleich antworten: Selbstverständlich werden diese Kommissare aus den Tit. 3 und 4 des Haushaltsplans besoldet. Aber, Herr Minister, damit ist diese Angelegenheit nicht erledigt, sondern es handelt sich doch darum, daß solche wichtigen Veränderungen in der Bundesregierung nicht vorgenommen werden sollten, ohne daß das Parlament unterrichtet wird. Es ist nicht nur Aufgabe des Herrn Bundeskanzlers, das Parlament zu unterrichten, sondern es ist nach unserer Auffassung auch Aufgabe des Finanzministers, dafür zu sorgen, daß diese Dinge haushaltsmäßig in Ordnung gehen. Selbst wenn Sie in den Tit. 3 und 4 Mittel zur Verfügung haben, sollten Sie mindestens im Interesse einer guten Zusammenarbeit nicht versäumen, den zuständigen Ausschuß über diese Dinge zu unterrichten.
    Die Nichtbeachtung des Haushaltsrechts trifft nicht nur das Parlament. Ich habe gelegentlich der Beratungen im Haushaltsausschuß schon darauf hingewiesen, daß sich aus der Nichtbeachtung des Haushaltsrechts durch die Herren Minister auch entsprechende Folgerungen in den Ministerien ergeben. Wenn man merkt, daß die Herren Minister unter Umständen eine gewisse Freude daran haben, einmal das Parlament zu überfahren, wird selbstverständlich die ganze Ministerialbürokratie sehr gern eine solche Praxis aufnehmen und auch versuchen, die Dinge ohne das Parlament und unter Umständen gegen das Parlament zu regeln. Das führt dann dazu, daß sehr bald die Herren Minister auch in Schwierigkeiten kommen, und wir hatten mitunter den Eindruck, Herr Finanzminister, daß Sie sich selbst in gewissen Dingen ein klein wenig als Gefangener Ihrer Bürokratie fühlen.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Diesen Zustand können Sie am allerersten dadurch beseitigen, daß Sie Wert darauf legen, daß das Parlament in alle entscheidenden und wichtigen Fragen eingeschaltet wird. Wenn Sie die Herren in Ihrem Ministerium daran gewöhnen, daß das Haushaltsrecht des Bundestages sehr sorgfältig beachtet wird, dann werden Sie dadurch nicht nur die Klagen vermeiden, die wir Ihnen sonst immer wieder vortragen müssen, sondern Sie werden auch erreichen, daß in Ihrem Ministerium nicht die Eigenwilligkeiten entstehen, unter denen Sie selbst dann später einmal zu leiden haben.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bertram

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Helmut Bertram


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Las Ziel, das der Bundesfinanzminister sich mit dem Bericht, der der ECA-Verwaltung überreicht worden ist, gestellt hat, die finanzielle Stabilität unserer westdeutschen Bundesrepublik herbeizuführen, wird er mit den politischen Maßnahmen, die er uns vorgeschlagen hat, nicht erreichen können. Wir brauchen keine neuen Massensteuern, die den Massenkonsum belasten und eine Verteuerung des gesamten Lebenshaltungsniveaus sowie eine weitere Preissteigerung mit sich bringen müssen. Es genügt für uns, wenn die Ertragssteuern in dem von der Bundesregierung vorgeschlagenen Maße geändert werden, wenn die Ertragssteuern vor allem einmal restlos ausgeschöpft werden, wenn die Länderverbindlichkeiten dem Bund gegenüber in vollem Umfange erfüllt werden und wenn das Gebot der Sparsamkeit in der gesamten öffentlichen Verwaltung einmal ernster genommen wird und nicht bloß, wie bisher, ein Lippenbekenntnis ist.
    In den Vorausschätzungen, die uns das Bundesfinanzministerium über das künftige Steueraufkommen vorgelegt hat, sind erhebliche Reserven vorhanden. Diese sind offenbar mit Absicht darin aufgenommen worden, um dann eine Möglichkeit für großere Beweglichkeit zu haben. Wir können uns aber bei unserer angespannten Lage eine solche Politik der Reserven in den Steuervorausschätzungen einfach nicht leisten. Im Umsatzsteueraufkommen kann man, wenn man das Aufkommen des vierten Quartals 1950 mit 4 multipliziert, ein Gesamtaufkommen für das kommende Jahr von 5324 Millionen errechnen. Das ergibt ein Mehr von 35 Millionen gegenüber den Vorausschätzungen. Bei einer durchschnittlichen Preiserhöhung von 10 % – und diese durchschnittliche Preiserhöhung haben wir mindestens zu verzeichnen — ergibt sich ein Mehr in der Umsatzsteuervorausschätzung von weiteren 532 Millionen DM. Das wird auch durch den Vergleich . des Umsatzsteuereffektivaufkommens im Januar 1950 mit dem im Januar 1951 bestätigt: Januar 1950 427 Millionen, Januar 1951 545 Millionen, so daß allein hierin eine Reserve von 567 Millionen liegt.
    Eine Reserve liegt ebenfalls im Zollaufkommen. Diese Reserve ist wenigstens auf 200 Millionen anzusetzen. Das Bundesfinanzministerium steht auf dem Standpunkt; daß durch die Einfuhrdrosselung eine Erhohung des Zollaufkommens nicht vorauszusehen sei. Das ist aber nicht richtig; denn auch bei der vorgesehenen Importbeschränkung wird das Gesamtimportvolumen nicht unter das Volumen des vergangenen Jahres herabgedrückt werden, wie wir aus den Exportzahlen ja ohne weiteres ablesen können. Außerdem ist der Zolltarif, der bisher auf Gewichtzollbasis abgestellt war und der niedrigste in ganz Europa war, auf Wertzollbasis umgestellt worden. Dieser Wertzolltarif wird in Kürze angenommen werden, so daß eine Reserve aus dem Zollaufkommen mit wenigstens 200 Millionen DM zu veranschlagen ist. Also allein aus dieser Position ergeben sich 767 Millionen Reserven.
    Wesentlich wichtiger ist aber die Reserve in den Ertragsteuern. Vom Bundesfinanzministerium ist dieses Ertragsteueraufkommen viel zu gering veranschlagt. Es fehlen natürlich die erforderlichen Unterlagen, die Veranlagung für 1950 konnte noch nicht vorliegen. Die bisherige Basis sind die Steuererklärungen für die anderthalb Jahre 1948 und 1949. Diese Erklärungen der Steuerpflichtigen sind im wesentlichen aber noch gar nicht überprüft worden, und es wird auch noch eine lange Zeit dauern, bis Kontrollen möglich sind. Es handelt sich daher praktisch um Selbsteinschätzungen. Von seiten des Bundeswirtschaftsministeriums wurden die Steuerhinterziehungen auf Grund dieser ungerechtfertigt abgegebenen Steuererklärungen auf 4 Milliarden geschätzt. Kein Mensch kann das genau schätzen; aber man hat doch Anhaltspunkte. Wenn wir einen Vergleich mit dem Jahre 1938 anstellen, einem Jahr, in dem das Bruttosozialprodukt 100 Milliarden Reichsmark betrug, also angefähr soviel, wie es im laufenden Jahr für die Bundesrepublik betragen wird, und dabei zugrunde legen, daß ja das Steuersystem von 1938 dem von 1951 ähnlich ist, so haben wir damals ein Ertragsteueraufkommen von insgesamt 7674 Millionen gehabt gegenüber einer Vorausschätzung von 6092 Millionen. Damit würde sich eine Unterschätzung gegenüber der Vorausschätzung des Bundesfinanzministeriums von 1600 Millionen ergeben.
    Es kommt hinzu, daß die Auswirkungen der Steuerbegünstigungsmaßnahmen auf Grund der


    (Dr. Bertram)

    Novelle von 1949 und der Einkommensteuernovelle von 1950 auch durch eine Interpolation der Einkommenskurve, der Kurve des Aufkommens aus der Umsatzsteuer und des Aufkommens aus den Ertragsteuern geschätzt werden können. Die jetzt vorgesehene Rückgängigmachung der Begünstigungen von 1949 muß eine Angleichung an das frühere durchschnittliche Verhältnis von Umsatzsteuerentwicklung und Ertragsteuerentwicklung herbeiführen, und demgemäß muß das Ertragsteueraufkommen für das kommende Jahr mindestens wieder auf der Höhe des Jahres 1949/50 — dem Effektivaufkommen vor diesen Begünstigungen plus der vom Bundesfinanzministerium errechneten Zuwachsquote — liegen. Bei einer geschätzten Zuwachsquote von 1200 Millionen ergibt sich bei einem Aufkommen im Jahre 1949/50 von 5931 Millionen eine Gesamtvorausschätzung von 7131 Millionen bei den Ertragsteuern. Auch nach dieser Rechnung muß das Aufkommen um 1100 Millionen höher liegen, als es vom Bundesfinanzministerium geschätzt ist.
    Das Bundesfinanzministerium hat ferner die Entwicklung des Bruttosozialprodukts ohne Berücksichtigung der Preissteigerungen berechnet. Auch aus diesem Grunde muß sich eine Erhöhung des Gesamtaufkommens ergeben. Insgesamt sind diese Vorausschätzungen deshalb so wichtig, weil die Reserven, die hier stecken, über 2 Milliarden DM betragen. Es ist also nicht nur eine Erhöhung auf der Ausgabenseite durch die auf Grund der Preissteigerung notwendig werdende Erhöhung der Beamtengehälter und Renten festzustellen, sondern es ist auch auf der Einnahmenseite eine Verbesserung der finanziellen Situation des Bundes zu erwarten. Deshalb können wir nicht, wie das Bundesfinanzministerium es getan hat, nur die Ausgabenseite berücksichtigen, die Einnahmenseite aber unberücksichtigt lassen.
    Die Hauptschwierigkeit, vor der das Bundesfinanzministerium steht, ist natürlich die Tatsache, daß der Veranlagungszeitraum bisher zu weit zurückliegt, und ferner die Tatsache, daß das Bundesfinanzministerium keine eigene lokale, regionale Verwaltung hat. Würden wir in dem Gesetz über die Bundesfinanzverwaltung dem Bundesfinanzministerium — wie es das Grundgesetz vorschreibt — eine eigene Umsatzsteuerverwaltung bis zu den örtlichen Finanzämtern zugebilligt haben — und das war ja das Ziel unserer politischen Auseinandersetzung —, dann hätte es das Bundesfinanzministerium heute nicht nötig, über einen Branchenprüfungsdienst mit den Länderfinanzministerien zu verhandeln, sondern dann wäre der Bundesfinanzminister in der Lage, seine eigenen Prüfer anzusetzen, um festzustellen, wo tatsächlich falsche Erklärungen abgegeben worden sind. Er könnte dann auch durch Vergleichsmitteilungen an die Länderfinanzabteilungen das Steueraufkommen wesentlich mehr erhöhen und aktualisieren. Es zeigt sich also hier ganz deutlich, daß es ein Fehler war, vom Grundgesetz abzugehen, und daß uns dieser Fehler in schwerwiegende aktuelle finanzielle Schwierigkeiten bringt.
    Das Einkommensteuermehraufkommen fließt nun im wesentlichen den Ländern zu. Der vom Bundesfinanzminister vorgesehene Schlüsselsatz von 31 % ist nicht der geeignete Satz, um die finanziellen Schwierigkeiten des Bundes tatsächlich zu beseitigen, sondern man muß bei der Stabilität der Ausgaben der Länder, die ja die Kriegsfolgelasten nicht zu tragen haben, davon ausgehen, daß den Ländern ein fester Plafond zugewiesen wird, das darüber hinaus aufkommende Mehraufkommen aber dem Bund zuzufließen hätte, damit wir aus dem Mehraufkommen die Ausgaben des Bundes hinsichtlich der Kriegsfolgelasten decken können.
    Ein weiterer Punkt: Die Besatzungskosten und die Bauaufwendungen werden vom Bundesfinanzministerium insgesamt über den ordentlichen Haushalt finanziert. Dabei sind die Aufwendungen, die hier gemacht worden sind, zum Teil echter Vermögenszuwachs. Wenn der Bundesfinanzminister beispielsweise große Summen für den Bau von Häusern für die Besatzungsverdrängten eingesetzt hat, so sind das natürlich Ausgaben, die über den Besatzungskostenhaushalt laufen. Es ist aber nicht zu bestreiten, daß damit ein echter Zuwachs des Vermögens des Bundes verbunden ist. Diese Ausgaben dürften deshalb nicht über den ordentlichen, sondern müßten über den außerordentlichen Haushalt finanziert werden. Wir haben ja auch im letzten Jahre für den Bund insgesamt Kredite von ungefähr 1400 Millionen DM aufnehmen können, ohne die Münzgewinne. Es ist nicht einzusehen, warum die Möglichkeiten der Finanzierung über weitere außerordentliche Ausgaben nicht mitberücksichtigt werden sollten.
    Das vorgelegte Steuerprogramm des Bundesfinanzministeriums, insbesondere die Erhöhung der Umsatzsteuer und die Einführung einer neuen Sonderumsatzsteuer, muß zu einer katastrophalen Entwicklung der Preise führen. Es muß zwangsläufig neue Lohnforderungen nach sich ziehen und muß die Preis-Lohn-Spirale in Gang setzen, was zu verhüten wir uns doch alle bemühen sollten. Wenn im Jahre 1,3 Milliarden zusätzliche Umsatzsteuern und 800 Millionen DM zusätzliche Sonderumsatzsteuern, insgesamt also über 2 Milliarden DM erhoben und diese Beträge abgewälzt werden — zusätzlich kommt dann noch die Handelsspanne hinzu, die in der gesamten gewerblichen Wirtschaft fast 50 % beträgt —, dann bedeutet das bereits eine Erhöhung des Preisniveaus um 4 Milliarden DM. Eine Umsatz- und Sonderumsatzsteuererhöhung um 2 Milliarden wird also eine Preissteigerung von mindestens 4 Milliarden DM nach sich ziehen. Eine Preissteigerung von 4 Milliarden DM bedeutet aber eine Erhöhung der Einzelhandelspreise um 10 % und damit eine entsprechende — und zwar völlig berechtigte — Erhöhung der Lohnforderungen. So wird die finanzielle Stabilität, die das eigentliche Ziel der Finanzpolitik sein sollte, durch diese Maßnahmen in entscheidender Weise gefährdet und zum Zusammenbruch gebracht werden.
    Deshalb wenden wir uns mit aller Entschiedenheit auch aus Gründen der Finanzpolitik gegen diese vom Bundesfinanzminister vorgeschlagenen Maßnahmen. Wenn man sagt, die gegenwärtige Marktlage gestatte den betroffenen Industrien nicht, die Umsatzsteuererhöhung abzuwälzen, so ist das ein Trugschluß. Wäre es richtig, dann würde das bedeuten, daß in den Industrien tatsächlich solche Gewinnspannen vorhanden sind, daß sie die Umsatzsteuererhöhungen selber verkraften können. Dann wäre es sicher richtig, die Einkommen- und die Körperschaftsteuer zu erhöhen. Wenn ihre Gewinnspannen aber nicht so groß sind, daß sie die Erhöhungen selber verkraften können, dann muß sich die Umsatzsteuererhöhung zwangsläufig in den Preisen auswirken.
    Die Verstärkung der unsozialen Tendenz unserer ganzen Steuerpolitik wirkt sich also auch finanzpolitisch verheerend aus. Sozial gerecht handeln


    (Dr. Bertram)

    heißt somit auch finanzpolitisch klug handeln. Wir werfen dem Bundesfinanzminister deshalb vor: er handelt nicht nur finanzpolitisch unklug, er handelt auch sozial ungerecht. 60 °/o des Preises der Konsumgüter sind nach dem russischen System mit Umsatzsteuern belastet. In Deutschland haben wir nach dem letzten Bericht des Bundesfinanzministeriums 30,1 % progressive Steuern und 69,9 % Steuern, die ohne Rücksicht auf die individuelle Leistungsfähigkeit erhoben werden. Dieses Verhältnis deckt sich durchaus mit dem russischen Beispiel. Die russische Regelung bietet bekanntlich ein Beispiel für ein außerordentlich unsozial gestaltetes Steuersystem zu Lasten des Massenkonsums und eine geringe Belastung durch Ertragsteuern. Diesem Beispiel des russischen Staates nähern wir uns, während umgekehrt die Amerikaner bekanntlich fast 70 % aus Ertragsteuern aufbringen und nur 30 % aus den übrigen Steuergruppen. Ich bedaure es, daß wir unter dem Einfluß dieses Bundesfinanzministers in Deutschland eine solche Steuerentwicklung von Jahr zu Jahr mehr fördern.
    Die Beseitigung der Begünstigungen im Einkommensteuerrecht durch den Bundesfinanzminister wird von uns begrüßt. Wir hatten ihn ja immer davor gewarnt, dieses Begünstigungssystem fortzusetzen, und haben ihn immer darauf hingewiesen, damit eine wirkliche Wirtschaftsbelebung nicht herbeigeführt werden kann.

    (Zurufe rechts.)

    Wir haben zwar — ich will Ihnen das kurz schildern — im April 1949 die Begünstigungsnovelle des Wirtschaftsrats und im April 1950 die Senkung der Einkommensteuertarife bekommen. Aber gerade im April 1950 hatte unsere Wirtschaft mit außerordentlichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Gerade im April 1950 — Sie werden sich erinnern — fingen die Kohlenhalden an zu steigen, und damals kam der gute Rat des Bundeswirtschaftsministers, die Kohlen doch lieber zu exportieren„ weil gerade in dieser Zeit die inneren Schwierigkeiten der Wirtschaft vorhanden waren.
    Der Aufschwung der Wirtschaft, von dem die Bundesregierung spricht, hat sich ja erst entwickelt, nachdem sich eine starke Nachfrage seitens des Auslandes und eine starke Preiswelle auch im In-lande auszuwirken begann. Die Steuersätze der Novelle von 1950 konnten sich damals auch gar nicht auswirken, da ja zu der Zeit die Steuern noch auf Grund der Steuererklärungen für das 1 1/2-Jahr 1948/1949 gezahlt wurden. Die Steuersätze der Novelle von 1950 können sich erst auswirken, wenn die Steuern auf Grund der Steuererklärungen für das Jahr 1950 gezahlt werden. Es ist also ein völliger Trugschluß, wenn man hier behauptet, daß auf eine Novelle, nach der die Steuern noch gar nicht berechnet werden, etwa ein Wirtschaftsaufschwung zurückgeführt werden könnte. Die Regierung schmückt sich da mit Federn, die ihr nicht zustehen.
    Völlig vergessen aber ist das wichtige Problem der Deckung des Kapitalbedarfs für die Investitionsgüterindustrie; es ist völlig übersehen worden. Nachdem wir die Investitionsmöglichkeiten aus der Novelle von 1949 beseitigt hatten, mußte ja an ihre Stelle etwas anderes gesetzt werden. Man kann doch nicht sagen: ich beseitige die Selbstfinanzierungsmöglichkeiten, schaffe aber keine Möglichkeit, an andere Finanzquellen heranzukommen! Dieses Heranziehen der Selbstfinanzierungsmöglichkeiten an die öffentliche Tasche ist sicher keine gesunde g Finanzpolitik, sondern ist nichts anderes als Fiskalismus in reinster Form.

    (Zurufe rechts.)

    Ein Zahlungsbilanzausgleich kann durch die Maßnahmen, wie sie uns vom Bundesfinanzministerium vorgeschlagen werden, keinesfalls erfolgen. Er kann vor allem nicht durch Sonderumsatzsteuern geschehen, denn der Importanteil in den sonderumsatzbesteuerten Waren ist nicht höher und nicht niedriger als in den nicht sonderumsatzbesteuerten Waren. Das heißt also: die Wirkung der Sonderumsatzsteuerabdrängung auf die nicht sonderumsatzbesteuerten Waren bedeutet nichts anderes, als daß dann in diesen nicht besteuerten Waren entsprechend mehr umgesetzt wird. Der Importanteil ist derselbe. Irgendeine Auswirkung auf die Zahlungsbilanz können diese Steuern also nicht haben, es sei denn indirekt, indem die betroffenen Industrien sich bemühen, mehr zu exportieren.
    Aber die wichtigste Maßnahme, die den Zahlungsbilanzausgleich hätte herbeiführen können, nämlich das Exportförderungsgesetz, hat der Bundesfinanzminister immer wieder dem Bundeswirtschaftsministerium überlassen. Wir laborieren an diesen Dingen nun schon lange herum und haben durch die Initiative des Parlaments, das vom Bundesfinanzministerium so oft gescholten worden ist, endlich den ersten Schritt zur Beseitigung der Zahlungsbilanzkrise durch Exportförderung gehen müssen.
    Wenn der Bundesfinanzminister uns öfter vorwirft, wir seien nicht die richtigen Vertreter der Steuerzahler, sondern wir seien nur Leute, die Ausgaben bewilligen könnten, so verweise ich ebenfalls auf den Bericht des Bundesfinanzministeriums an die Marshallplanverwaltung. Da steht mit dürren Worten drin: Die Erhöhungen waren unvermeidlich. All die Erhöhungen, die man uns vorwirft, sind ja doch in Regierungsvorlagen enthalten gewesen. Sowohl das Gesetz zu Art. 131 wie die Vorlage über die Kriegsopferversorgung sind Regierungsvorlagen, ebenso die demnächst kommende Vorlage über die Erhöhung der Beamtengehälter.

    (Abg. Dr. Wuermeling: Ja, wollen Sie die Erhöhung der Renten beanstanden?)

    — Ich sage doch gerade: die Erhöhung der Renten ist völlig unvermeidlich,

    (Abg. Dr. Wuermeling: Aber Deckungsvorschläge wollen Sie nicht machen!)

    und es ist ungehörig, dem Parlament einen Vorwurf zu machen, wenn es eine unvermeidliche Maßnahme beschließt,

    (Zuruf von der Mitte: Bleiben Sie doch bei der Wahrheit! — Fortgesetzte lebhafte Zurufe von der Mitte — große Unruhe)

    die von der Bundesregierung selber vorgeschlagen worden ist. Es ist ungehörig, uns dann zu sagen, wir seien eine Bewilligungsmaschine. Das Gegenteil ist der Fall. Die Bundesregierung ist verpflichtet, für den finanziellen Ausgleich für die von ihr als unvermeidlich erkannten Ausgaben zu sorgen. Die Wege dafür habe ich eben gewiesen.

    (Abg. Dr. Wuermeling: Ach du lieber Gott!)

    — Nicht „ach du lieber Gott!" Ich habe gezeigt,
    welche Reserve in dem Steueraufkommen, in dem
    Ertragssteueraufkommen liegt. Warum erheben
    wir keine Übergewinnsteuer nach amerikanischem
    Beispiel? Warum schonen wir gerade diejenigen
    Ertragssteuern, die ohne weiteres mehr bringen


    (Dr. Bertram)

    können? Wir haben seit einem Jahr die Erhöhung der Körperschaftsteuer gefordert. Jetzt erst kommt der Bundesfinanzminister dazu und sagt: „Gut, von 50 auf 60 % will ich erhöhen", nachdem er ein Jahr lang diese Möglichkeiten nicht hat ausnutzen wollen.
    Der bisherige Erfolg der Finanzpolitik des Bundesfinanzministers ist Kapitalflucht — 800 Millionen DM sind im Ausland verschwunden —, ist Steuerhinterziehung, ist ein Rückstand von 770 Millionen DM Schulden der Länder gegenüber dem Bund, ist eine sozial gefährliche und finanzpolitisch verderbliche Steuerpolitik. Wir fordern, daß dieser Bundesfinanzminister einem anderen Platz macht.

    (Beifall beim Zentrum. — Abg. Dr. Wuermeling: Setzen Sie sich mal dahin, Herr Kollege; dann geht es besser! Ist ja lachhaft, so was!)