Rede von
Heinrich
Kemper
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren! Meine engeren Freunde bedauern den Vorschlag der beiden Ausschüsse. Wir sind der Auffassung, daß die Dinge damit doch nicht abgetan sein können. Ich werde zunächst mit Genehmigung des Herrn Präsidenten den Änderungsantrag verlesen:
Der Bundestag wolle beschließen:
dem Entwurf eines Gesetzes über die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Bundeswasserstraßen — Nr. 801 der Drucksachen — in der aus der Zusammenstellung in Drucksache Nr. 1518 ersichtlichen Fassung zuzustimmen.
Das ist die Fassung, wie sie vom Rechtsausschuß vorgeschlagen wurde.
Wir sind der Auffassung, daß die Übernahme der bisher von den Ländern wahrgenommenen
Aufgaben durch den Bund nicht gleichzusetzen ist mit der Übergabe der bisher von den Ländern verwalteten Vermögen an den Bund.
Bei der Übergabe von staatlichen Aufgaben auf den Bund im Sinne der Überleitungsgesetze handelt es sich spezifisch um Ausgabeposten, welchen auf der Einnahmeseite Steuern gegenüberstehen. Hier ist der Grundsatz im allgemeinen richtig, daß Vermögensauseinandersetzungen unterbleiben, da das in Betracht kommende Verwaltungsvermögen im Verhältnis zu den mit den Aufgaben verbundenen Ausgaben nur eine untergeordnete Rolle spielt. Beim Übergang der Wasserstraßenverwaltung handelt es sich jedoch im Gegensatz dazu — wenn auch um einen Übergang von Aufgaben — wesentlich um den Übergang von umfangreichen Verwaltungs-, Betriebs- und Gemeingebrauchsvermögen. Es ist daher abwegig, die Materie der Überleitungsgesetze mit der eines Entwurfs über vermögensrechtliche Verhältnisse der Bundeswasserstraßen gleichzusetzen, und von diesem Standpunkt aus ist die Forderung der beiden Länder Baden und Rheinland-Pfalz als unzulässige Abweichung von der Regel zu bezeichnen. Es wird ja wohl seitens des Finanzministeriums anerkannt, daß z. B. das Land Rheinland-Pfalz infolge der außergewöhnlichen Ausgaben zum Nachteil seiner landeseigenen Aufgabe für Zwecke der Wasserstraßenverwaltung Schulden aufnehmen mußte. Hier liegt also ein Sonderfall vor, der mit anderen Fällen, beispielsweise bei Flüchtlingsaufgaben, nicht zu verwechseln ist. Abgesehen von der einleitend getroffenen grundsätzlichen Entscheidung kommen im Falle der Wasserstraßenverwaltung die mit Hilfe der Verschuldung erstellten Anlagen dem
Bund als Vermögenszuwachs zugute. Ich will keine längeren Ausführungen hierzu machen; es ist jedenfalls ein Sonderfall, und man sollte in diesem Falle die Dinge auch von einem Sonderstandpunkt aus betrachten. Es scheint mir eine Forderung der Gerechtigkeit und Billigkeit zu sein, daß der Bund die beiden Länder von ihren Schulden entlastet, indem er ihnen eine Vergütung zukommen läßt. Die Länder der französischen Zone sind im Vergleich mit der Bizone auf sehr vielen Gebieten mit sehr erheblichen Vorbelastungen in den Bund gekommen.
Weder das Gesetz über den Bundeshaushaltsplan 1949 noch das erste Überleitungsgesetz hat ihnen dafür einen Ausgleich gebracht. Wir suchen seit anderthalb Jahren beim Bund dafür Verständnis zu gewinnen, daß diese Vorbelastungen, wenn sie schon nicht ganz ausgeglichen werden, wenigstens im Einzelfall berücksichtigt werden sollten. Das vorliegende Gesetz böte die Möglichkeit, diesem Verlangen in einem bescheidenen Umfang Rechnung zu tragen, und dementsprechend ist unser Abänderungsantrag gestellt. Wie legen weniger Wert darauf, etwas im Gesetz zu verankern, als darauf, in der Praxis den Ländern für diese außergewöhnlichen Ausgaben, die sie im Interesse des Bundes hatten, nun auch eine entsprechende Entschädigung zugute kommen zu lassen.