Rede von
Rudolf
Kohl
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Die letzte Rede des Herrn Finanzministers und die Worte des Herrn Abgeordneten Schüttler veranlassen mich, einiges zu dem Thema zu sagen. Ich weiß, Sie allein verdienen das Prädikat, die wirklichen Vertreter der Interessen des Volkes zu sein, und jeden Antrag, der Ihnen in seinem sachlichen Inhalt unbequem ist, bezeichnen Sie als Agitationsantrag oder so, wie es der Herr Bundesfinanzminister Schäffer in seinem letzten Satz erwähnte, als „vergiftende Agitation".
So liegen die Dinge doch nicht! Sie hätten dann die verdammte Pflicht und Schuldigkeit gehabt, eben diesen gesamten Kreis, der gegen die Maßnahmen des Finanzministeriums protestierte und über diese Maßnahmen erbittert war, als Agitatoren zu bezeichnen, die, die Atmosphäre vergiftet haben. Wenn wir also der Meinung sind, daß ein gesunder Zustand herbeigeführt werden soll, dann ist das keine Agitation, sondern das gute Recht jedes Abgeordneten, das zu sagen und das zu tun. Dazu sind wir hier!
Meine Damen und Herren! Nehmen Sie doch bitte nur einmal die Formulierung, die Herr Finanzminister Schäffer eingangs erwähnt hat, gefälligst zur Kenntnis. Er bestreitet, daß eine Verordnung vom 1 R. November besteht; aber im selben Atemzug gibt er zu, daß er am 15. November 1950 die Anweisung gegeben hat, den Zustand wiederherzustellen, der durch die Nazis dort eingeführt worden ist. So liegen doch die Dinge, und ich glaube, das soll man in aller Nüchternheit und Sachlichkeit feststellen. Es handelt sich hier gar nicht darum, irgendwelche Mißstände zu verteidigen, die immer wieder in Erscheinung treten werden, sondern es handelt sich darum, ein uraltes Recht der Grenzbevölkerung wiederherzustellen und zu garantieren. Das kann aber nicht in der Form garantiert werden, wie Herr Finanzminister Schäffer das sagte, indem er bereits jetzt in seiner sparsamen Art — sparsam wenigstens in diesen Fällen — vorschreiben will, was die Grenzbevölkerung ungefähr benötigt oder ob ihr einige Zigaretten oder eine Zigarre oder 5 Gramm Kaffee zugestanden werden dürfen, sondern es handelt sich darum, daß wir dort zu einer Regelung zurückkommen, wie sie unser Antrag im zweiten Absatz fordert und wie sie nach unserer Auffassung die einzig gerechte Lösung darstellt.
Herr Bundesfinanzminister, Sie dürfen sich nicht allein auf die Angaben Ihres Oberfinanzpräsidenten aus diesem Gebiet stützen! Der Herr Kollege Hilbert wird bestätigen müssen, daß gerade der Oberfinanzpräsident des dortigen Gebiets in den von mir bereits erwähnten Besprechungen auf stärksten Widerstand gestoßen ist. Das ist auch verständlich; der Mann betrachtet alles durch die fiskalische Brille. Wenn Sie, Herr Bundesfinanzminister, schon nicht gewillt sind, Ihre Steuerpolitik zu ändern, dann nehmen Sie wenigstens diese Fäll€
zum Anlaß, um hier im Bundestag die Interessen dieser Grenzbevölkerung nicht zu schädigen.