Rede von
Dr.
Carlo
Schmid
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Bundesminister Dr. Niklas.
Dr. Niklas, Bundesminister für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zur Interpellation Dr. Etzel und Genossen und zum Antrag Dr. Ott und Genossen darf ich im Namen der Bundesregierung folgendes bemerken. Auf dem Gebiete des Jagdwesens ist im amerikanischen Besatzungsgebiet durch die Verordnung Nr. 5 nebst Durchführungsverordnungen Nrn. 1, 2 und 3 sowie durch die Verordnung Nr. 6 im britischen Besatzungsgebiet und durch die Verordnung Nr. 210 nebst Durchführungsverordnungen 1, 2 und 3 vor kurzem eine Neuregelung erfolgt, durch welche die in der Interpellation erwähnte Verordnung Nr. 190 nebst Durchführungsverordnung Nr. 1 ersetzt wurde.
Die neuen Bestimmungen greifen in die privatrechtlichen Rechtsverhältnisse des Grundeigentümers und Jagdberechtigten weitgehend ein. Sie finden nach Auffassung der Bundesregierung weder in den Bestimmungen des Besatzungsstatutes noch in den allgemein anerkannten internationalen rechtlichen Bestimmungen eine hinreichende Grundlage. Sie sind auch nicht vereinbar mit dem Grundgesetz, den Länderverfassungen und den im amerikanischen Besatzungsgebiet erlassenen Landesjagdgesetzen. Da die Jagdausübung im amerikanischen Besatzungsgebiet den deutschen Jägern praktisch ganz untersagt war, haben diese mit besonderer Hoffnung auf den Erlaß der neuen amerikanischen Jagdanordnungen gewartet. Die sehr langwierigen Verhandlungen, in denen deutsche Stellen und auch mein Ministerium immer wieder versucht haben, durch zweckentsprechende Vorschläge eine allgemein befriedigende Regelung zu erreichen, haben leider nicht zu diesem Ergebnis geführt. Die Anordnungen Nr. 5 und 6 des Amerikanischen Hohen Kommissars haben in der deutschen Öffentlichkeit und insbesondere bei den deutschen Jägern einen Widerhall gefunden, der deutlich die große Enttäuschung über diese unerwartet ungünstige Regelung zeigt. Der Deutsche Jagdschutzverband, die Schutzgemeinschaft Deutsches Wild, zahlreiche örtliche Jagdverbände und die deutsche Jagdpresse haben scharfe Proteste erhoben. Sie sind meines Erachtens zum großen Teil berechtigt, weil durch die Anordnungen die nach deutschem Recht bestehenden Eigentumsrechte verletzt werden und eine erhebliche Gefährdung der frei lebenden Tierwelt erfolgt. Es ist auch unmöglich, in der übervölkerten kleinen Bundesrepublik Westdeutschland das gleiche jagdliche Lizenzsystem durchzuführen, wie es in den einen Kontinent darstellenden Vereinigten Staaten von Amerika berechtigt sein mag. Eine alsbaldige Abänderung der Anordnungen in einer sowohl für amerikanische wie deutsche Jäger tragbaren Lösung halte ich daher für notwendig.
Die zuständien Stellen der Bundesregierung führen dieserhalb bereits Besprechungen mit Vertretern der US High Commission, um eine Änderung der amerikanischen Verordnungen herbeizuführen. Sie haben bisher das Ergebnis gehabt, daß dem Amerikanischen Hohen Kommissar bestimmte Vorschläge für eine Änderung gemacht werden sollen, die gegebenenfalls zwischen deutschen und amerikanischen Sachverständigen erörtert werden könnten.
Zu den einzelnen Punkten der Interpellation bemerke ich folgendes.
Zu Ziffer 1. Es ist beabsichtigt, baldmöglichst die Frage der deutschen Eigentums- und Pachtrechte endgültig zu klären.
Zu Ziffer 2. Die Frage der entschädigungslosen Entnahme von Wildbret zu Lasten der Jagdberechtigten ist zur Zeit bereits Gegenstand von Besprechungen innerhalb der US High Commission.
Zu Ziffer 3. Die Zahl der alliierten Jäger im US- Besatzungsgebiet wird baldmöglichst von der US High Commission festgestellt werden. Je nach der Anzahl der alliierten bzw. der deutschen Jäger soll die Abschußquote der Besatzungsangehörigen geregelt werden.
Zu Ziffer 4. Die US High Commission ist bereit, die Frage der Ausübung der Jagd auf Niederwild durch Besatzungsangehörige mit den in Frage kommenden deutschen Stellen zu beraten und eine Änderung vorzunehmen, wenn deutscherseits entsprechende, ihr annehmbar erscheinende Vorschläge gemacht werden. Solche Vorschläge sind in Zusammenarbeit mit den Landesregierungen in Vorbereitung.
Zu Ziffer 5. Die Aufsicht der Jagdbehörden der Besatzungsmächte über die deutschen Jäger wird von der Bundesregierung für unnötig gehalten, da der Abschuß durch die deutschen Jäger von den deutschen Jagdbehörden überwacht wird. Die US High Commission ist bereit, über deutsche Vorschläge zu verhandeln. Solche Vorschläge sind ebenfalls in Gemeinsamkeit mit den Ländern in Vorbereitung.
Zu Ziffer 6. Die deutschen Jäger unterliegen den Vorschriften des deutschen Rechts und der deutschen Gerichtsbarkeit, soweit in der Verordnung Nr. 6 für sie nicht besondere Pflichten begründet worden sind.
Der Herr Abgeordnete Dr. Etzel hat im Anschluß an die Begründung seiner Interpellation noch den Wunsch geäußert, daß möglichst bald der Gebrauch von Sportwaffen genehmigt werden möge. Das ist in der Zwischenzeit geschehen.