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ID0109206800

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    Deutscher Bundestag — 92. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Oktober 1950 3407 92. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 18. Oktober 1950. Geschäftliche Mitteilungen . . . 3408B, D, 3438D Amtsniederlegung des Präsidenten des Deutschen Bundestags Dr. Köhler . . . . 3408C Anfrage Nr. 47 der Fraktion der BP betr. Durchführung des Art. 36 des Grundgesetzes (Nrn. 515 und 1477 der Drucksachen) 3403D Anfrage Nr. 118 der Fraktion des Zentrums betr. Monopolkontrolle (Nrn. 1373 und 1478 der Drucksachen) 3408D Bericht des Bundesministers für den Marshallplan über die Bereitstellung von ERP-Mitteln zur Förderung der Forschung (Nr. 1475 der Drucksachen) . . . 3408D Zurückziehung des Entwurfs eines Gesetzes über Kündigung von Tarifverträgen (Nr. 1269 der Drucksachen) 3409A Beratung der Interpellation der Fraktionen der BP, des Zentrums und der WAV betr. Abwicklung der im Zusammenhang mit Grundabtretungen für ehemalige Reichsstraßen und Autobahnen entstandenen Verpflichtungen und Begleichung der Ansprüche ehemaliger Angestellter des Unternehmens „Reichsautobahn" (Nr 1382 der Drucksachen) 3409B Volkholz (BP), Interpellant 3409B Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . . . 3409C Beratung der Interpellation der Abg. Bauknecht u. Gen. betr. Lage der deutschen Pelztierzucht (Nr. 1349 der Drucksachen) 3410B Bauknecht (CDU), Interpellant . . . 3410B Dr. Schalfejew, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft 3411A, 3412A Walter (DP) 3411B Reitzner (SPD) 3411D Beratung der Interpellation der Fraktion der SPD betr. Zuckerversorgung im Bundesgebiet (Nr. 1351 der Drucksachen) . . 3412B Kriedemann (SPD), Interpellant 3412B, 3414D Dr. Niklas, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 3413A Rüdiger (FDP) 3414B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet (Nr. 1372 der Drucksachen) 3415B Dr. Lukaschek, Bundesminister für Vertriebene 3415B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Wahlgesetzes zum ersten Bundestag und zur ersten Bundesversammlung der Bundesrepublik Deutschland (Nrn. 650, 724 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses zum Schutze der Verfassung (5. Ausschuß) (Nr. 1415 der Drucksachen) 3416C Dr. Becker (Hersfeld) (FDP), Berichterstatter 3416C Jacobi (SPD) 3419C Ewers (DP) (zur Geschäftsordnung) 3420B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Anwerbung von Deutschen für fremdländischen Militärdienst (Nrn. 1416, 687 der Drucksachen) 3420C Eichler (SPD), Berichterstatter . . 3420D Müller (Offenbach) (KPD) 3421B Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit (Nrn. 1430, 180 der Drucksachen) 3422A Zur Geschäftsordnung: Paul (Württemberg) (SPD) 3422A Strauß (CSU) 3422B Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) . . . 3423B Zur Sache: Weltner (SPD), Berichterstatter . . 3423D Paul (Württemberg) (SPD) 3424D Strauß (CSU) . . . . 3425B, 3427B, 3428A Ewers (DP) 3426B Frau Thiele (KPD) 3426D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion des Zentrums betr. Vorlage eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über die Gewährung von Straffreiheit (Nrn. 1425, 912 der Drucksachen) 3428B Dr. Greve (SPD), Berichterstatter . 3428B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion des Zentrums betr. Vorlage eines Gesetzentwurfs gemäß Artikel 21 des Grundgesetzes (Nrn. 1426, 275 der Drucksachen) 3430A Dr. Jaeger (CSU), Berichterstatter . 3430A Frau Wessel (Z) 3430B Dr. Dr. Lehr, Bundesminister des Innern 3431A Dr. von Merkatz (DP) 3431B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses zum Schutze der Verfassung (5. Ausschuß) betr. Entnazifizierung (Nrn. 1440, 13, 27, 97, 99, 482, 609, 1057 der Drucksachen) 3431C Dr. Menzel (SPD), Berichterstatter 3431D Dr. Schneider (FDP) 3435A von Thadden (DRP) 3436C Mellies (SPD) 3437B Dr. von Merkatz (DP) 3437D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Mayer (Stuttgart) gemäß Schreiben des Justizministeriums von Württemberg-Baden vom 14. Juni 1950 (Nr. 1450 der Drucksachen) 3438B Dr. Brill (SPD), Berichterstatter . . . 3438B Übersicht über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen (Umdruck Nr. 2) 3438C Nächste Sitzung 3438D Die Sitzung wird um 9 Uhr 42 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid eröffnet.
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    Rede von Dr. Franz Josef Strauß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem Abänderungsantrag der SPD auf Umdruck Nr. 7 Ziffer 1 würde der § 1 nur eine allgemeine Präambel darstellen, daß Jugendliche unter dem besonderen Schutz der Behörden stehen und die Behörden die Maßnahmen zu treffen haben, um Jugendliche in der Öffentlichkeit vor Gefahren zu schützen. Ich glaube, gerade dieser Sachverhalt sollte ursprünglich mit diesem Gesetz nicht getroffen werden, sondern der Sachverhalt sollte darauf abgegrenzt werden, daß Jugendliche, die sich nach Eintritt der Dunkelheit in der Öffentlichkeit befinden, unter dem Schutz der Behörden stehen und die Behörden Maßnahmen zu treffen haben, um die Jugendlichen zu schützen.
    Wenn die Formulierung der SPD angenommen wird, würde das praktisch nur eine allgemeine Präambel bedeuten, eine allgemeine, mehr oder minder deklamatorische Verpflichtung der Behörden, aber nichts anderes. Wir wollen daran festhalten - und die Fraktion der CDU/CSU erlaubt sich deshalb, noch eine redaktionell andere Fassung vorzulegen —, daß Jugendliche, die sich nach Eintritt der Dunkelheit in der Öffentlichkeit befinden, unter dem besonderen Schutz der Behörden stehen und die Behörden auch Maßnahmen zu ihrem Schutz zu treffen haben.
    In der Fassung des Ausschusses ist durch die redaktionelle Überarbeitung eines Unterausschusses zusammen mit Vertretern des Innenministeriums und des Justizministeriums ein unsystematischer Zusammenhang entstanden. In Abs. 1 der Ausschußfassung bleibt es bei Jugendlichen, die sich in der Dunkelheit befinden, in Abs. 2 werden die Behörden verpflichtet, allgemein für Jugendliche in der Öffentlichkeit Maßnahmen zum Schutze vor Gefahren zu treffen, und in Abs. 3 ist ein Verbotstatbestand enthalten, daß Jugendliche unter 16 Jahren sich nicht herumtreiben dürfen. Wir schlagen deshalb zur Vereinfachung, da wir an dem Sachverhalt der Dunkelheit festhalten wollen, folgende Formulierung vor:
    § 1 erhält folgende Fassung:

    (1) Die Behörden haben die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um Jugendliche, die sich nach Eintritt der Dunkelheit auf öffentlichen Straßen und Plätzen oder an sonstigen öffentlichen Orten befinden, vor Gefahren zu schützen.

    Abs. 3 wird dann Abs. 2. Damit ist der Sachverhalt, den wir mit diesem Gesetz erreichen wollten, in Abs. 1 wiederum erreicht worden. Man könnte im Gegenteil sogar der Meinung sein, daß durch eine so allgemeine Formulierung, wie sie von der SPD vorgeschlagen wird, die Jugendlichen unter eine besondere staatliche Protektion oder ein staatliches Protektorat genommen werden, was gar nicht einmal der Sinn des Gesetzes ist. Damit gehen Sie weit über das hinaus, was mit diesem Gesetz an Schutzmaßnahmen erreicht werden soll.
    Ich darf noch ein Wort zu den Ausführungen des Kollegen Paul hinsichtlich der Abgrenzung der Begriffe „sich befinden" und „sich herumtreiben" äußern. Es ist ausdrücklich Jugendlichen unter 16 Jahren nicht untersagt, sich nach Eintritt der Dunkelheit in der Öffentlichkeit ohne Begleitung Erziehungsberechtigter aufzuhalten, weil ein solches Verbot tatsächlich sinnwidrig und nicht einzuhalten wäre, niemals überwacht werden könnte und jedes Vorgehen dagegen überflüssig wäre. Das ist vollkommen richtig; das könnte nicht erreicht werden. Es muß hier aber unterschieden werden zwischen dem Sachverhalt des Sich-Aufhaltens, worin der Weg von der Schule, zur Schule, zum Arzt, zur Apotheke, der Schaufensterbummel und andere solche Wege mit einbegriffen werden können, und dem, was auch von Fachleuten nach langen, fast möchte ich sagen, langjährigen Beratungen ais Begriff des Sich-Herumtreibens beibehalten worden ist. Wer vor allen Dingen in den Großstädten — es hat aber auch zum Teil über die Großstädte hinausgegriffen — abends in der Dunkelheit, besonders in der Umgebung gewisser Klublokale farbiger Soldaten der Besatzungsmacht, das Treiben Jugendlicher beobachtet hat, hat einen


    (Strauß)

    sehr genauen Eindruck von dem erhalten, was
    unter dem Begriff des Herumtreibens gemeint ist.

    (Sehr richtig! bei der CDU.)

    Man kann natürlich der Meinung sein, daß der Verstand der Polizei in verschiedenen Fällen nicht ausreicht, um den Unterschied zwischen „sich aufhalten" und „sich herumtreiben" genau festzustellen.. Das wäre aber dann die Angelegenheit eines Polizeiausbildungsgesetzes, nicht eines Jugendschutzgesetzes, hier für die richtige Korrektur zu sorgen. Außerdem denken wir gar nicht daran, daß die Jugendlichen hier besonders etwa durch die Polizei festgestellt werden sollen. Gerade in diesem Gesetz kommt ja in besonders starkem Maße die Stellung des Jugendamtes und seiner Organe zum Ausdruck, die in erster Linie berufen sein sollen, solchen Mißständen abzuhelfen, also nicht die Stellung der Polizei, bei der die Möglichkeit des Mißbrauchs solcher Bestimmungen durchaus in Rechnung gestellt werden soll.
    Der Begriff des Herumtreibens in der Dunkelheit enthält auch keine Diffamierung der Jugend. Denn auch der normale, gesunde Jugendliche, auch der, der sich in dem sogenannten — ich habe den Begriff nicht so genau verstanden — Hordenzustand befindet, also in dem Alter, in dem er zur Gruppenbildung neigt, kann sich nach diesem Gesetz mit seinen Kameraden nach Eintreten der Dunkelheit, ohne gestört zu werden, aufhalten. Der Begriff des Herumtreibens betrifft einen ganz bestimmten Sachverhalt, der hart an Verwahrlosung grenzt und an dem wir deshalb festgehalten haben. Es bleibt dann allerdings der Weisheit derer überlassen, die das Gesetz auszuführen haben, die notwendigen, sachlich genauen Richtlinien zu erlassen, urn die richtige Ausführung des Gesetzes auch tatsächlich sicherzustellen.
    Ich bitte, den § 1 in der Fassung des Antrages der CDU/CSU anzunehmen.


Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Ewers.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans Ewers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion hat schwerwiegende Bedenken gegen die Fassung des § 1 sowohl in der Ausschußvorlage wie auch in dem Umdruck Nr. 7 der SPD. Es ist gleichgültig, ob man in den § 1 den Begriff „Dunkelheit" hineinnimmt oder nicht. In beiden Fassungen ist jedenfalls gesagt, daß die Jugendlichen „unter dem besonderen Schutz der Behörden stehen". Damit wurde also festgestellt, daß nicht nur die Polizeibehörden, die ja ohnehin Schutzbehörden sind und hinsichtlich derer diese gesetzliche Vorschrift einfach überflüssig wäre, sondern alle Behörden, also insbesondere wohl die Jugendämter, diesen Schutz zu übernehmen haben. In beiden Vorschlägen heißt es des weiteren, daß die Behörden — also beliebige Behörden — die „notwendigen Maßnahmen zu treffen haben, um Jugendliche vor Gefahren zu bewahren". Auch das ist nichts Neues. Soweit Behörden Schutzbehörden sind, haben sie schon immer die notwendigen Maßnahmen zu treffen gehabt. Wenn hiermit etwas besonders Neues angeordnet sein soll, dann bitte ich, sich als Gesetzgeber eine klare Vorstellung davon zu machen, wie denn in der Dunkelheit oder bei hellem Tage — das ist mir gleichgültig — dieser Schutz aussehen soll.
    Meine Fraktion und ich sind der Auffassung, daß die einzig praktisch denkbare, jedenfalls die nächstliegende Schutzmaßnahme die ist, daß — jedenfalls in der Dunkelheit — der Herr Polizist den Jugendlichen zunächst einmal in Arrest abführt. So ist er nämlich restlos vor allen Gefahren geschützt.

    (Heiterkeit.)

    Wie er ihn sonst, sagen wir mal, vor unsittlichen
    Zumutungen auf der Straße oder vor nicht abgeblendeten Scheinwerfern im Autoverkehr oder vor
    einer sonstigen Gefahr schützen kann, wenn er ihn
    nicht mit ins Kittchen nimmt, weiß ich nicht. Wenn
    etwas ganz anderes als die Inhaftnahme gemeint
    sein sollte, dann bitte ich, das ausdrücklich in das
    Gesetz hineinzuschreiben; etwa, was jedenfalls
    gemeint sein könnte, daß er den Herumtreiber in
    der Dunkelheit den Eltern zuzuführen hat oder
    dergleichen. Wir jedenfalls wollen nach den Erfahrungen, die wir im Dritten Reich gemacht haben,
    keiner Behörde eine Legitimation geben, irgendeinen Menschen in Schutzhaft abzuführen. Ich erinnere daran, daß die KZs anfänglich mit der
    Harmlosigkeit einer Schutzhaft begründet wurden,

    (Beifall links)

    indem man den Betreffenden vor angeblichen Gewalttätigkeiten, die ihm in der Öffentlichkeit drohten, in „Schutz" nahm. Wir haben seitdem gegen jede Schutzinhaftierung die allergrößten Bedenken.
    Wenn ich das hier ausspreche, so betone ich ausdrücklich, daß die Abgeordneten aus denjenigen Ländern, die mit Flüchtlingen gesegnet sind, sehr wohl wissen, daß dort die Jugendlichen leider Gottes in größeren Kreisen zum Teil ohne jede Aufsicht aufwachsen. Daher ist es notwendig, daß man sich ihrer, wenn Eltern und Erziehungsberechtigte fehlen, irgendwie annimmt. Eine glatte Verhaftung darf aber unter keinen Umständen erfolgen, wenn der Gesetzgeber nicht gleichzeitig sagt, wohin die Jugendlichen zu verbringen und an welche Stellen Nachrichten zu geben sind. Das alles vermissen wir in dieser Vorlage, die nichts anderes als eine vollständig unausgefüllte Generalermächtigung an unbekannte Behörden erteilt.

    (Sehr richtig! bei der DP.)

    Deswegen können wir diesem Gesetzentwurf und auch der SPD-Vorlage unter keinen Umständen zustimmen. Ich beantrage — ein entsprechender Antrag ist ja wohl schon gestellt —, diese Vorlage nunmehr auch dem Rechtsausschuß nochmals zurückzuüberweisen, damit im Einvernehmen mit den Jugendbehörden festgestellt wird, welche Schutzmaßnahmen bei Tage oder bei Dunkelheit ergriffen werden dürfen. Auf jeden Fall aber muß Schutzhaft ausgeschlossen sein; das wäre ohne nähere Bestimmung die Maßnahme, die sich zuerst aufdrängt. In diesem Sinne beantrage ich, den § 1 an den Ausschuß zurückzuüberweisen, um konkrete Ermächtigungen für genannt e Behörden zu erteilen.