Rede von
Dr.
Franz Josef
Strauß
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem Abänderungsantrag der SPD auf Umdruck Nr. 7 Ziffer 1 würde der § 1 nur eine allgemeine Präambel darstellen, daß Jugendliche unter dem besonderen Schutz der Behörden stehen und die Behörden die Maßnahmen zu treffen haben, um Jugendliche in der Öffentlichkeit vor Gefahren zu schützen. Ich glaube, gerade dieser Sachverhalt sollte ursprünglich mit diesem Gesetz nicht getroffen werden, sondern der Sachverhalt sollte darauf abgegrenzt werden, daß Jugendliche, die sich nach Eintritt der Dunkelheit in der Öffentlichkeit befinden, unter dem Schutz der Behörden stehen und die Behörden Maßnahmen zu treffen haben, um die Jugendlichen zu schützen.
Wenn die Formulierung der SPD angenommen wird, würde das praktisch nur eine allgemeine Präambel bedeuten, eine allgemeine, mehr oder minder deklamatorische Verpflichtung der Behörden, aber nichts anderes. Wir wollen daran festhalten - und die Fraktion der CDU/CSU erlaubt sich deshalb, noch eine redaktionell andere Fassung vorzulegen —, daß Jugendliche, die sich nach Eintritt der Dunkelheit in der Öffentlichkeit befinden, unter dem besonderen Schutz der Behörden stehen und die Behörden auch Maßnahmen zu ihrem Schutz zu treffen haben.
In der Fassung des Ausschusses ist durch die redaktionelle Überarbeitung eines Unterausschusses zusammen mit Vertretern des Innenministeriums und des Justizministeriums ein unsystematischer Zusammenhang entstanden. In Abs. 1 der Ausschußfassung bleibt es bei Jugendlichen, die sich in der Dunkelheit befinden, in Abs. 2 werden die Behörden verpflichtet, allgemein für Jugendliche in der Öffentlichkeit Maßnahmen zum Schutze vor Gefahren zu treffen, und in Abs. 3 ist ein Verbotstatbestand enthalten, daß Jugendliche unter 16 Jahren sich nicht herumtreiben dürfen. Wir schlagen deshalb zur Vereinfachung, da wir an dem Sachverhalt der Dunkelheit festhalten wollen, folgende Formulierung vor:
§ 1 erhält folgende Fassung:
Die Behörden haben die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um Jugendliche, die sich nach Eintritt der Dunkelheit auf öffentlichen Straßen und Plätzen oder an sonstigen öffentlichen Orten befinden, vor Gefahren zu schützen.
Abs. 3 wird dann Abs. 2. Damit ist der Sachverhalt, den wir mit diesem Gesetz erreichen wollten, in Abs. 1 wiederum erreicht worden. Man könnte im Gegenteil sogar der Meinung sein, daß durch eine so allgemeine Formulierung, wie sie von der SPD vorgeschlagen wird, die Jugendlichen unter eine besondere staatliche Protektion oder ein staatliches Protektorat genommen werden, was gar nicht einmal der Sinn des Gesetzes ist. Damit gehen Sie weit über das hinaus, was mit diesem Gesetz an Schutzmaßnahmen erreicht werden soll.
Ich darf noch ein Wort zu den Ausführungen des Kollegen Paul hinsichtlich der Abgrenzung der Begriffe „sich befinden" und „sich herumtreiben" äußern. Es ist ausdrücklich Jugendlichen unter 16 Jahren nicht untersagt, sich nach Eintritt der Dunkelheit in der Öffentlichkeit ohne Begleitung Erziehungsberechtigter aufzuhalten, weil ein solches Verbot tatsächlich sinnwidrig und nicht einzuhalten wäre, niemals überwacht werden könnte und jedes Vorgehen dagegen überflüssig wäre. Das ist vollkommen richtig; das könnte nicht erreicht werden. Es muß hier aber unterschieden werden zwischen dem Sachverhalt des Sich-Aufhaltens, worin der Weg von der Schule, zur Schule, zum Arzt, zur Apotheke, der Schaufensterbummel und andere solche Wege mit einbegriffen werden können, und dem, was auch von Fachleuten nach langen, fast möchte ich sagen, langjährigen Beratungen ais Begriff des Sich-Herumtreibens beibehalten worden ist. Wer vor allen Dingen in den Großstädten — es hat aber auch zum Teil über die Großstädte hinausgegriffen — abends in der Dunkelheit, besonders in der Umgebung gewisser Klublokale farbiger Soldaten der Besatzungsmacht, das Treiben Jugendlicher beobachtet hat, hat einen
sehr genauen Eindruck von dem erhalten, was
unter dem Begriff des Herumtreibens gemeint ist.
Man kann natürlich der Meinung sein, daß der Verstand der Polizei in verschiedenen Fällen nicht ausreicht, um den Unterschied zwischen „sich aufhalten" und „sich herumtreiben" genau festzustellen.. Das wäre aber dann die Angelegenheit eines Polizeiausbildungsgesetzes, nicht eines Jugendschutzgesetzes, hier für die richtige Korrektur zu sorgen. Außerdem denken wir gar nicht daran, daß die Jugendlichen hier besonders etwa durch die Polizei festgestellt werden sollen. Gerade in diesem Gesetz kommt ja in besonders starkem Maße die Stellung des Jugendamtes und seiner Organe zum Ausdruck, die in erster Linie berufen sein sollen, solchen Mißständen abzuhelfen, also nicht die Stellung der Polizei, bei der die Möglichkeit des Mißbrauchs solcher Bestimmungen durchaus in Rechnung gestellt werden soll.
Der Begriff des Herumtreibens in der Dunkelheit enthält auch keine Diffamierung der Jugend. Denn auch der normale, gesunde Jugendliche, auch der, der sich in dem sogenannten — ich habe den Begriff nicht so genau verstanden — Hordenzustand befindet, also in dem Alter, in dem er zur Gruppenbildung neigt, kann sich nach diesem Gesetz mit seinen Kameraden nach Eintreten der Dunkelheit, ohne gestört zu werden, aufhalten. Der Begriff des Herumtreibens betrifft einen ganz bestimmten Sachverhalt, der hart an Verwahrlosung grenzt und an dem wir deshalb festgehalten haben. Es bleibt dann allerdings der Weisheit derer überlassen, die das Gesetz auszuführen haben, die notwendigen, sachlich genauen Richtlinien zu erlassen, urn die richtige Ausführung des Gesetzes auch tatsächlich sicherzustellen.
Ich bitte, den § 1 in der Fassung des Antrages der CDU/CSU anzunehmen.