Rede von
Karl
Rüdiger
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Meine Damen und Herren! Es ist unbestritten, daß durch die zögernde Haltung der Regierung nach dem Fortfall des Importausgleichsgesetzes gewisse Möglichkeiten nicht erschöpft sind, die durch eine weitere erhöhte Einfuhr den Zuckerbedarf befriedigt hätten. Entscheidend ist aber doch fraglos, daß seinerzeit die außenpolitischen Verhältnisse zu einer Angstpsychose und zu Angstkäufen Veranlassung gaben, so daß die Regierung bis zu einem gewissen Grad hieran tatsächlich keine Schuld tragen kann. Uns interessiert weniger das, was in der Vergangenheit gewesen ist, als das, was für die Zukunft zur Behebung der Zuckernot vorgesehen werden muß. Wir sind uns in diesem Hohen Hause durchaus einig, daß wir der Intensivierung der Landwirtschaft unsere Förderung in weitestgehendem Maße zuteil werden lassen müssen. Man muß aber diese Möglichkeiten auch von der Regierungsseite in weitestgehendem Maße schaffen und unterstützen. Es ist zur Zeit so, daß durch die Erhöhung der Löhne um rund 28 % sowohl in der Landwirtschaft als auch in der Zuckerwirtschaft und Industrie leider Gottes ein Preismißverhältnis für den Landwirt entstehen wird, so daß die Existenz des Rübenanbaus ernsthaft in Frage gestellt wird.
Wir müssen unter allen Umständen darauf dringen, daß irgendein Ausgleich vorgenommen wird, da die Landwirtschaft letzten Endes ja kein Wohlfahrtsinstitut ist, sondern im Interesse eines gesunden Erwerbs auch eine entsprechende Rentabilität erzielen muß. Unserer Ansicht nach kann eine Steigerung des Zuckerverkaufspreises für den Verbraucher hierbei nicht in Frage kommen. Wir müssen also zu dem andern Mittel greifen, daß wir die Zuckersteuer erneut einer entsprechenden Senkung unterziehen. Sie ist heute gegenüber den
Vorkriegsverhältnissen noch wesentlich überhöht und muß unseres Erachtens auf ihren alten Stand von 21 Mark herabgeführt werden. Wenn wir das erreichen, führt das dazu, daß die Landwirtschaft tatsächlich einen ausreichenden Preis erzielen kann und daß eine weitere Steigerung der Erzeugung und eine weitere Intensivierung durch einen erhöhten Rübenanbau in der gesamten Landwirtschaft erfolgt.
Es ist selbstverständlich, daß der Herr Finanzminister mit ernsthaften Bedenken an jede Steuersenkung herangehen muß. Es ist aber eine Tatsache, daß in diesem Fall, wenn eine Zuckersteuersenkung erfolgt, wenn durch die weitere Intensivierung des Rübenanbaus ein erheblich höherer Ertrag im eigenen Lande erzielt wird, erhebliche Devisenersparnisse eintreten. Es werden nicht nur die Devisenersparnisse beim Zuckerimport, sondern darüber hinaus auch beim Weizenanbau tatsächlich entscheidend in Betracht gezogen werden müssen.
Als Landwirt darf ich Ihnen sagen, daß eine gesunde Fruchtfolge ein dringendes Erfordernis ist und daß nach dem Wegfall verschiedener Möglichkeiten auf anderen Gebieten, die ich jetzt nicht erörtern will, die Intensivierung des Rübenanbaus vor allem auch zur Gesunderhaltung der Böden beiträgt. Es ist eine einfache Tatsache — das möchte ich nur den Nichtlandwirten sagen daß ein Weizenanbau nach einem Zuckerrübenanbau als Vorfrucht unter den gleichen Verhältnissen gegenüber anderen Vorfrüchten mindestens eine Steigerung von zwei bis drei Zentnern pro Morgen erbringt, so daß also der Finanzminister durch den verminderten Weizenimport erhebliche Vorteile erreichen kann.
Aus all diesen Gründen stehen wir auf dem Standpunkt, daß diese Gesichtspunkte der Förderung des Rübenanbaus auch in Zukunft für uns von entscheidender Bedeutung sind.