Rede von
Dr.
Wilhelm
Niklas
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Beantwortung der Interpellation der Herren Kriedemann und Genossen darf ich folgendes mitteilen.
Zu 1:
Trifft es zú, daß zu irgendeinem Zeitpunkt Subventionszusagen zurückgezogen werden mußten oder nicht gegeben werden konnten, so daß die Durchführung der Importe unterbrochen oder verzögert werden mußte?
Antwort: Bis zum 30. Juni 1950 wurden auf Grund des Importausgleichsgesetzes Subventionen auch für Zucker gezahlt. Die Importeure nahmen an, daß mit dem Ablauf des Importausgleichsgesetzes die Subventionen noch weiter gezahlt werden könnten, und zwar für die Einfuhrgeschäfte, die im Frühjahr fest abgeschlossen waren, die aber erst nach dem 1. Juli 1950 abgewickelt werden. sollten. Der Herr Bundesminister der Finanzen war nicht in der Lage, für diese Einfuhrgeschäfte nach dem 1. 7. 1950 noch Subventionen zu zahlen. Er mußte die allgemeine Finanzlage der Bundesrepublik berücksichtigen und glaubte mit Recht annehmen zu können, daß sich der damalige Auslandszuckerpreis auf den Konsumentenpreis nicht auswirken würde bzw. daß die Differenz zwischen dem erhöhten Einfuhrpreis und dem Verbraucherpreis durch eine besondere Belastung der zuckerverarbeitenden Industrie aufgefangen werden könnte. Der durch die Koreakrise hervorgerufene sprunghafte Preisanstieg, der sich ganz besonders auf dem Zuckermarkt auswirkte, machte dies unmöglich. Aus diesem Grunde entschloß sich das Bundeskabinett am 8. Juli 1950 angesichts der völlig veränderten wirtschaftspolitischen Lage, auch nach dem 1. 7. 1950 Subventionen für Auslandszucker zu zahlen.
Frage 2:
Wieviel Dollar standen in dem Augenblick zur Verfügung, in dem die Zuckerimporteure erfuhren, daß keine Subventionen mehr gezahlt würden?
Antwort: Für weitere Ausschreibungen standen am 30. Juni 1950 6,2 Millionen Dollar zur Verfügung.
Frage 3:
Wieviel Zucker sollte für diese Dollar eingeführt werden, und welche Beträge in DM wären damals erforderlich gewesen, um den eingeführten Zucker zum geltenden Preise in den Verkehr bringen zu können?
Antwort: Bei normalem Verlauf der Wirtschaftsentwicklung wäre es möglich gewesen, 60- bis 62 000 t Cuba-Rohzucker mit den zur Verfügung stehenden 6,2 Millionen Dollar zu erwerben.
Frage 4:
In welchem Umfang sind die zur Verfügung stehenden Dollarbeträge durch Preissteigerung auf dem Weltmarkt entwertet worden , die gerade in der Zeit erfolgte, in der die deutschen Importeure wegen der fehlenden Subventionszusage nicht einkaufen konnten?
Antwort: Es hätten bei normalem Verlauf der wirtschaftlichen Verhältnisse Ende Juni 1950 62 200 t Rohzucker eingekauft werden können. Es konnten eingekauft werden 47 900 t Rohzucker. Mithin fielen 14 300 t Rohzucker aus.
Frage 5:
Um welchen Betrag in DM haben sich die Subventionen durch die Verzögerung der Einfuhren erhöht.?
Antwort: Der Subventionsbedarf erhöht sich durch die auf dem Weltmarkt eingetretene Verteuerung von 4,5 Cents je lbs. auf 5,87 Cents um 6 305 000 DM. Für Zucker, der aus Frankreich und anderen Ländern infolge verspäteten Eintreffens von 47 900 t Cuba-Rohzucker und infolge Ausfalls der Zuckerlieferungen aus ECA-Mitteln — das waren 50 000 t — gekauft werden mußte, wurden 26,5 Millionen DM als Subventionen bewilligt.
Frage 6:
Welche monatlichen Zuckerfreigaben waren nach dem Versorgungsplan für die letzten 6 Monate des laufenden Zuckerwirtschaftsjahres vorgesehen?
Ich darf gleich die Frage 7 dazunehmen: Welche Freigaben sind tatsächlich erfolgt?
Antwort: Es waren zur Freigabe im April 1950 80 000 t vorgesehen. Es sind tatsächlich in den Verkehr gekommen 85 000 t, im Mai vorgesehen 110 000 t, in den Verkehr gelangt 111628 t; im Juni vorgesehen 110 000 t, in den Verkehr gelangt 111 164 t; im Juli vorgesehen 110 000 t, in den Verkehr gelangt 148 300 t, nämlich eine Freigabe von 112 000 t plus nachweislichem Mehrverbrauch von 36 000 t; im August vorgesehen 110 000 t, in den Verkehr gebracht 94 500 t; im September vorgesehen 110 000 t, in den Verkehr gebracht 80 000 t; zusammen in den sechs Monaten vorgesehen 620 000 t, in den Verkehr gebracht 630 592 t.
Frage 8:
Werden Maßnahmen — und wenn ja, welche —unter Berücksichtigung der seit der Aufhebung der Zuckerbewirtschaftung gemachten Erfahrungen erwogen, um die Versorgung der Bevölkerung sofort sicherzustellen?
Antwort: Zunächst sollen durch doppelte Monatsfreigabe im Oktober 1950 193 000 t in den Verkehr gebracht werden, davon aus deutscher Ernte 150 000 t und aus Einfuhrzucker 43 000 t, dazu 15 000 t Freigabe der vor dem 1. 10. 1950 in deutschen Zuckerfabriken aus der Rübenernte 1950 erzeugten Zuckermenge; zusammen 208 000 t in den Verkehr gebracht.
Die Versorgungsmöglichkeiten der deutschen Bevölkerung mit Zucker haben sich durch eine sehr gute Ernte an Zuckerrüben gegenüber dem vergangenen Jahre erheblich gebessert. Einmal ist es gelungen, die Anbaufläche von Zuckerrüben im Jahre 1949/50 von 148 000 ha auf 183 000 ha zu steigern. Der Weißzuckerertrag wird von 550 000 t im vergangenen auf rund 770 000 t im laufenden Jahre steigen. Auch unter Zugrundelegung eines zu erwartenden höheren Verbrauchs ist damit rund die Hälfte des Gesamtbedarfs aus der eigenen Ernte sichergestellt. Es verbleibt ein Einfuhrbedarf von 750 000 t.
Die ersten Ausschreibungen für die Einfuhr von Zucker aus europäischen Herkunftsländern sind erfolgt. Aus dieser Einfuhr sind rund 156 000 t zu erwarten. Weitere 270 000 t Weißzucker werden e us ECA-Mitteln beschafft werden. Die Beschaffung der restlichen 310 000 t ist noch nicht sichergestellt. Hierüber schweben zur Zeit noch Verhandlungen unter anderem mit der Bank deutscher Länder, soweit die Bereitstellung von freien Dollars für diese Einfuhren erforderlich wird.