Rede von
Dr.
Franz-Josef
Wuermeling
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Gegensatz zu der Regelung, die sich infolge der Wandlungen aller Umstände inzwischen für alle anderen Berufsstände entwickelt hat, befinden sich die Gehaltssätze der Beamten heute noch auf der Basis des Jahres 1927, und zwar bei den Bundesbeamten mit der Maßgabe, daß sie noch bis heute um 6 % gekürzt werden. Es bedarf keiner näheren Darlegung, wie dringend es unter den heutigen Verhältnissen ist, diese seit 1930 bestehende Gehaltskürzung endlich aufzuheben, trotz der Folgen, die eine solche Aufhebung für den Haushaltsplan des Bundes hat. Diese Notwendigkeit ist um so mehr gegeben, als sämtliche Länder diese Gehaltskürzung von 6% aus der Brüningschen Notverordnung bereits vor einigen Monaten aufgehoben haben. Wir haben jetzt den Zustand, daß lediglich die Gehälter der Bundesbeamten noch der Kürzung von 6% unterliegen, was schon wegen des Vergleichs mit den Landes- und Gemeindebeamten, denen gegenüber sie natürlich nicht schlechter gestellt werden können, untragbar ist. Insbesondere ist die Aufhebung der Kürzung wichtig wegen der zahlreichen Beamten in den unteren und mittleren Stufen bei der Bundespost und bei der Bundesbahn, wenn diesen auch zwischenzeitlich gewisse Teuerungszulagen gegeben worden sind.
Meine Damen und Herren! Wenn die Aufhebung der Gehaltskürzung für die Bundesbeamten bisher noch nicht erfolgt ist, so beruhte das auf der vielfach sehr bedauerten Koppelung mit der Verabschiedung des Gesetzes nach Art. 131 des Grundgesetzes. Der Grund für diese Koppelung war der, daß man sich sagte, man könne schlecht den aktiven Beamten, die bereits ihre Gehaltsbezüge haben, den Betrag der sechsprozentigen Gehaltskürzung — wenn die Aufhebung der Kürzung auch noch so notwendig ist — zukommen lassen, ohne gleichzeitig den vertriebenen Beamten, die zumeist noch nicht wieder in ihren Rechtsstatus eingesetzt sind, ihr Recht werden zu lassen. Diese Gesichtspunkte haben zu einer Verzögerung der Aufhebung der sechsprozentigen Gehaltskürzung geführt.
Inzwischen hat nun der Herr Bundesfinanzminister im Haushaltsausschuß am 26. September erkennen lassen, daß er Widerspruch gegen die Aufhebung der sechsprozentigen Kürzung jetzt nicht mehr erheben werde, so daß das Parlament die Anwendung des Art. 113 der Verfassung nicht mehr zu befürchten braucht. Hiermit war also auch rein verfassungsrechtlich der Weg dafür freigegeben, die Gehaltskürzung nunmehr aufzuheben. Der Finanzminister hat dem Haushaltsausschuß vorgeschlagen, die Aufhebung der Kürzung im Verwaltungswege in der Form vorzunehmen, daß mit Ermächtigung des Haushaltsausschusses die Kürzungsbeträge mit Wirkung vom 1. Oktober gewissermaßen vorschußweise ausgezahlt werden sollen. Der Beamtenrechtsausschuß hat sich dieser Tage mit der Frage ebenfalls befaßt mit dem Ergebnis, daß er dieser Regelung zustimmt. Man hielt
es aber in beiden Ausschüssen für besser, diese Aufhebung der Kürzung nicht nur im Verwaltungswege vorzunehmen, sondern ihr eine klare gesetzliche Fundierung zu geben. Aus diesen Erwägungen ist der Ihnen heute vorliegende Urantrag entstanden, der jetzt zur Beratung steht.
Inzwischen hat nun aber auch, nachdem unser Urantrag am 29. September gestellt war, der Herr Finanzminister mit einer Vorlage vom 30. September beim Haushaltsausschuß die förmliche Genehmigung zur vorschußweisen Auszahlung der Kürzungsbeträge beantragt. Der Haushaltsausschuß hat dieser Regelung zugestimmt, teilweise allerdings mit dem Untergedanken, daß die gesetzliche Regelung noch nachfolgen müsse. Diese gesetzliche Neuregelung, die Ihnen zur Beschlußfassung vorliegt, erfolgt nun ohne die Koppelung mit dem Art. 131 des Grundgesetzes bzw. mit dem dazu vorgesehenen Ausführungsgesetz.
Die von mir vorher geschilderten Bedenken gegen die Aufhebung dieser Kürzung glauben wir jetzt fallenlassen zu können, weil wir doch damit rechnen, daß die Regelung des Art. 131 des Grundgesetzes, mit der der Beamtenrechtsausschuß aufs intensivste befaßt ist, nun in kurzer Frist wird in Kraft treten können.
Es bleibt jetzt lediglich noch eine Frage zu behandeln, da man sich ja materiell allgemein über die Notwendigkeit der Aufhebung der Kürzung klar und die Aufhebung durch die Verwaltungsanordnung tatsächlich bereits erfolgt ist, nämlich die Frage der Anrechnung der Teuerungszulagen bei der Aufhebung der Kürzung. In dieser Hinsicht schafft der Gesetzentwurf, den wir vorgelegt haben, keine Klarheit. Die einen legen den Entwurf dahin aus, daß die Anrechnung der bisher gewährten Teuerungszulagen erfolgen solle, die anderen legen ihn dahin aus, daß die Anrechnung nicht erfolgen solle. Bei dieser Sachlage und nachdem die Aufhebung der Kürzung tatsächlich schon in Gang gesetzt worden ist, glaube ich, daß es richtig ist, die Vorlage doch noch dem Beamten-rechtsausschuß und dem Haushaltsausschuß zu überweisen, damit hinsichtlich dieser Frage in gemeinsamer Beratung mit dem Finanzministerium eine Klärung erfolgen kann. Wir bleiben aber dabei, daß die Koppelung mit Art. 131 nicht mehr stattfindet, und möchten auch ausdrücklich hinzufügen, daß nach Auffassung des Beamtenrechtsausschusses eine Präjudizierung der Frage der dreiprozentigen Gehaltskürzung, die von der Regierung vorgeschlagen wurde, durch die hier vorgesehene Beschlußfassung nicht erfolgt. Es wird also jetzt weder für noch gegen die dreiprozentige Gehaltskürzung im Zusammenhang mit der Durchführung des Art. 131 des Grundgesetzes irgend etwas gesagt.
Ich darf Ihnen, meine Damen und Herren, entgegen der vorgesehenen Tagesordnung, also den Vorschlag machen, den Gesetzentwurf doch noch den beiden genannten Ausschüssen zur Klärung der Frage der Anrechnung der Teuerungszulagen zu überweisen. Eine längere Beratung wird ja hier nicht erforderlich sein.