Rede von
Rudolf
Kohl
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Gestatten Sie, daß ich in kurzen Sätzen die Auffassung der kommunistischen Fraktion zu dem vorliegenden Gesetz darlege. Der Gesetzentwurf zur vorläufigen Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für verdrängte Angehörige des öffentlichen Dienstes entspricht keineswegs den Anforderungen, die der in Frage kommende Personenkreis an .ein solches Gesetz zu stellen hat. Die aus dem öffentlichen Dienst wegen ihres politischen Verhaltens in den Hitlerjahren entfernten Beamten, Angestellten und Arbeiter haben ein Anrecht auf eine sofortige und endgültige Wiedergutmachung. Sie können sich nicht mit einer vorläufigen Wiedergutmachung, wie sie das Gesetz vorsieht, abfinden. Soweit aus der Gesetzesvorlage ersichtlich ist, besteht die vorläufige Wiedergutmachung darin, daß die betreffenden Personen, sofern sie noch arbeitsfähig sind, Anrecht auf Wiederverwendung im öffentlichen Dienst oder vollen Anspruch auf Versorgungsbezüge haben. Das hat mit einer Wiedergutmachung wenig zu tun. Es sollte doch eine Selbstverständlichkeit sein, daß die betroffenen Personen ein Anrecht auf Anstellung im öffentlichen Dienst oder auf Versorgung haben.
Die Wiedergutmachung muß sich aber auch auf die materiellen Schäden beziehen, die den Beamten, Angestellten und Arbeitern des öffentlichen Dienstes durch die Maßnahmen des Hitlerregimes zugefügt worden sind. Aber gerade das wird durch das vorliegende Gesetz verhindert. § 5 Abs. 5 besagt ausdrücklich:
Nachzahlungen für die Zeit vor Inkrafttreten dieses Gesetzes sind nicht zu leisten.
Ich glaube, daß das eine Außerachtlassung der selbstverständlichen Rechtsansprüche der davon betroffenen Personen darstellt und das vorliegende Gesetz bestenfalls ein Gesetz zur Wiederherstellung der Rechtsverhältnisse für den betreffenden Personenkreis darstellt. Unserer Auffassung nach muß sich eine Wiedergutmachung auf finanzielle Leistungen für materielle Schäden erstrecken. Da die Gesetzesvorlage eine solche Leistung für diesen Personenkreis nicht vorsieht bzw. ausschaltet, lehnen wir die Vorlage in ihrer jetzigen Form ab.
Wir werden auch gezwungen sein, sie abzulehnen, wenn durch die Ausschußberatungen nicht ein anderes Ergebnis erreicht werden sollte.