Rede von
Josef
Arndgen
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die mit dem Antrag Drucksache Nr. 1249 angeschnittene Organisationsform für den Beitragseinzug in der Rentenversicherung ist eine Zweckmäßigkeitsfrage, die schon seit längerem auch in internationalen Vereinigungen diskutiert wird. In den 27 Staaten, die der internationalen Vereinigung für soziale Sicherheit angehören, erfolgt .die Beitragsleistung teils nach dem Markensystem, wie es rund 60 Jahre hier in Deutschland praktiziert worden ist, teils durch ein Lohnlistensystem, wie es jetzt seit dem Jahre 1942 in Deutschland üblich ist. Auch ist in der internationalen Diskussion erwogen worden, ob nicht den Steuerämtern die Beitragseinziehung übertragen werden soll. Ich gebe zu, daß die Art der Beitragseinziehung in einem gewissen Zusammenhang mit der Struktur der Sozialversicherung eines Landes, die in den einzelnen Ländern recht verschieden ist, steht.
Zu den Mängeln, die nach Auffassung der Frau Kalinke dem Lohnlistensystem sowohl für die Versicherungsträger wie auch für die Versicherten anhaften sollen, ist neben Erfahrungen., die andere sind als diejenigen, ,die uns Frau Kalinke hier vorgetragen hat, die Stellungnahme der österreichischen Sozialversicherung von Interesse. Frau Kalinke hat schon angeführt, daß in Osterreich das Lohnlistensystem gegenüber dem Markensystem bevorzugt wird. Nun gleicht die Sozialversicherung in Österreich in ihren wesentlichsten Bestimmungen der Sozialversicherung in Deutschland, und in Osterreich ist, abgesehen von der Zeit, in der es an das sogenannte Großdeutschland angeschlossen war, immer das Lohnlistensystem maßgebend gewesen. Also hat Österreich genau so gut wie wir in Deutschland sowohl das Lohnlistensystem wie auch das Markensystem ausprobiert, und in Österreich ist man der Auffassung, daß das Markensystem unzulänglich und für die Versicherten belastend ist. In der österreichischen Stellungnahme ist dann gesagt, das Markensystem lasse der Willkür und dem Schwindel — es ist „Schwindel" gesagt! - Tür und Tor offen. Es wäre keine Seltenheit, daß durch Jahre keine Marken geklebt würden, um dann im erforderlichen Falle Marken einer Stufe einzukleben, die mit den tatsächlichen Lohnverhältnissen nichts zu tun haben.
Schließlich sei nach der Auffassung in Österreich
im Markensystem die ganze Beweislast für den
Bestand und die Dauer der Versicherung dem Versicherten aufgebürdet,
während nach österreichischer Auffassung die Krankenkassen verpflichtet sind, die Beitragszahlung und die Versichertenzeiten in allen Zweigen der Sozialversicherung wahrzunehmen. Die schweren Nachteile, die mit dem Markensystem verbunden sind — bei Verlust von Beitragszeiten, Kleben von Marken, die dem tatsächlichen Lohn nicht entsprechen, und Nichtkleben von Marken -, seien im Lohnlistensystem weitgehend vermieden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der Zitierung der österreichischen Auffassung will ich keineswegs im Gegensatz zu Frau Kalinke schon heute dem Lohnlistensystem das Wort reden. Mit dieser Zitierung wollte ich nur andeuten, daß sich bei jedem Beitragseinziehungssystem vieles dafür und manches dagegen sagen läßt. Wie ich eingangs schon erwähnte, ist die Art der Organisation des Beitragseinzuges — ob Marken-, ob Lohnlistensystem — eine reine Zweckmäßigkeitsfrage, die reiflich überlegt werden muß. Ich bin der Meinung, diese Überlegungen müßten mit den Verwaltungen der Rentenversicherungsträger und auch mit den Unternehmern, die ja bei beiden Systemen die Arbeit beim Beitragseinzug im großen und ganzen zu leisten haben, angestellt werden, um nun für dieses Teilgebiet der Verwaltung in der Sozialversicherung den einfachsten, den für die Versicherungsträger, für die Versicherten und auf für die Ausübenden beim Einzug sichersten, den zweckmäßigsten und billigsten Weg zu finden. Ich bin daher seitens meiner Fraktion beauftragt, den Antrag zu stellen, den Gesetzentwurf Drucksache Nr. 1249 dem Ausschuß für Sozialpolitik zu überweisen.