Rede von
Gustav
Gundelach
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Der Bundesjustizminister Dr. Dehler hat bei seiner gestrigen Begründung der Änderungen des Strafgesetzes das Verhalten der Personen und ihrer Organisationen kritisiert, die auf die gesetzliche Regelung ihrer Rechtsansprüche gemäß Art. 131 des Grundgesetzes seit langer Zeit — trotz aller Versprechungen in der Vergangenheit - warten. Eine Kritik dieser Art aus dem Munde eines Mannes, der von sich aus behauptet, ein Vertreter des Rechts zu sein, ist unserer Meinung nach sehr bezeichnend. Es ist deshalb sehr bezeichnend, weil Dr. Dehler als Regierungsmitglied die volle Verantwortung mitträgt für den zur Beratung stehenden Gesetzentwurf, der keineswegs das Recht der betreffenden Beamten, Angestellten und Arbeiter auf Gleichstellung beinhaltet.
Wir Kommunisten machen die Regierung, insbesondere den Finanzminister Schäffer, dafür verantwortlich, daß die berechtigten Forderungen der Beamten, Angestellten und Arbeiter bis heute nicht erfüllt worden sind.
Die Regierung ist deshalb voll verantwortlich für die vorhandene Unruhe bei diesen Hunderttausenden von Menschen, die um ihr Recht kämpfen, um das volle Recht der Gleichstellung mit ihren Kollegen, wie es ihnen durch den Willensausdruck dieses Hauses zugestanden worden ist.
Die Regierung hat die Vorlage des Gesetzes von Monat zu Monat verzögert und jetzt, da das Gesetz vorliegt, erweist sich, daß sie den Willensausdruck der Mehrheit dieses Hauses mißachtet. Der Bundestag hat in einer seiner früheren Sitzungen, wie das bereits vom Abgeordneten Dr. Menzel angeführt worden ist, zum Ausdruck gebracht, daß der Bundestag für die völlige Gleichstellung der in Frage kommenden Beamten gemäß Art. 131 des Grundgesetzes ist. Aber die Regierung denkt gar nicht daran, diesen Willensausdruck des Parlaments als Verpflichtung für sich anzuerkennen. Wir Kommunisten stehen aber zu dem vorn Bundestag gefaßten Beschluß.
Wir sind aus diesem Grunde nicht bereit, dem Gesetzentwurf in seiner jetzigen Fassung zuzustimmen und haben noch einen weiteren Grund dafür. Kap. III der Vorlage fordert, wie bereits von dem Herrn Vorredner angeführt, eine Sondersteuer von den Beamten, Angestellten und Arbeitern des öffentlichen Dienstes mit Versorgungsrecht in Höhe von 3 % ihres Gehalts oder ihrer Versorgungsbezüge. Diese Sondersteuer soll, wie in der Begründung durch den Minister Heinemann zum Ausdruck gebracht worden ist, zur Finanzierung der Bezüge der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen beitragen. Wir Kommunisten lehnen diese Sondersteuer ab, weil es absolut ungerecht ist, daß eine Schicht der Bevölkerung zu einer Sondersteuer für ihre Berufskollegen herangezogen werden soll. Es kann und darf nicht so sein, daß Beamte, Angestellte und Arbeiter des öffentlichen Dienstes für Lasten, die als Folge des verbrecherischen Hitlerkrieges entstanden sind, verantwortlich gemacht werden. Als verantwortlich müßten jene Personen herangezogen werden, die in der Hitlerzeit, insbesondere in der Zeit des verbrecherischen Krieges, Riesengewinne eingesteckt haben.
An diese Schichten der Bevölkerung hat die Regierung bei Ausarbeitung ihrer Vorlage bisher offensichtlich nicht gedacht. Aber für eine solche Haltung sind bei dieser Regierung auch keine Voraussetzungen gegeben.
Es gibt darüber hinaus noch einen Grund, der uns zur Ablehnung des Gesetzes zwingt. Wir sind gegen die Verkoppelung der Aufhebung der sechsprozentigen Gehaltskürzung mit der Regelung der Belange der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen. Wir haben das bereits bei früheren Stellungnahmen zu dieser Frage hier im Bundestag wiederholt zum Ausdruck gebracht. Diese Forderung der Beamten ist um so berechtigter, als sie durch diese Koppelung, wie der Gesetzentwurf sie vorsieht, gegenüber ihren Kollegen in den Ländern und Gemeinden benachteiligt werden. Es ist Ihnen bekannt, daß in allen Ländern und Gemeinden die Verordnung über die
sechsprozentige Gehaltskürzung zum Teil bereits seit 1. Oktober 1949, zum Teil seit 1. Januar 1950 aufgehoben ist. Nach dieser Gesetzesvorlage wird die Aufhebung der sechsprozentigen Gehaltskürzung für die im Bundesdienst stehenden Personen erst mit Inkrafttreten dieses Gesetzes ohne rückwirkende Kraft wirksam. Eine solche ungerechte Behandlung der im Dienste des Bundes stehenden Personen ist unhaltbar und darf unserer Meinung nach nicht hingenommen werden. Für diese unhaltbare Regelung tragen aber die Regierungsparteien die volle Verantwortung, die entgegen dem Beschluß des Beamtenrechtsausschusses die Verkoppelung der Aufhebung der sechsprozentigen Gehaltskürzung hier in der Sitzung des Bundestages beschlossen haben. Der Beschluß des Beamtenrechtsausschusses, der hier im Bundestag mehrere Male behandelt worden ist, sah eine rückwirkende Kraft ab 1. April dieses Jahres vor. Diesen Beschluß haben die Regierungsparteien in der damaligen Sitzung zu Fall gebracht und damit gegen die Interessen der Beamten, Angestellten und Arbeiter im Bundesdienst gehandelt.
Das, meine Damen und Herren, sind einige der wichtigsten Fragen, die es, wenn sie durch die Beratungen im Ausschuß für Beamtenrecht keine andere Lösung erfahren, der kommunistischen Fraktion unmöglich machen, der Regierungsvorlage zuzustimmen.