Rede von
Paul
Bausch
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Regierung hat dem Bundestag mit der vorliegenden Drucksache Nr. 1307 einen Gesetzentwurf übergeben, der den Schutz der Verfassung und ihrer Institutionen und den Schutz der Demokratie und ihrer Willensträger bezweckt. Dieser Schutz wird dadurch zu schaffen versucht, daß die Bestimmungen des Strafgesetzbuches einen umfassenden Ausbau erfahren sollen.
Meine Damen und Herren! In diesem Hause ist schon wiederholt über die Frage des Verfassungsschutzes gesprochen worden. Ich glaube, nicht im Unrecht zu sein, wenn ich feststelle, daß in diesem Hause weithin Einmütigkeit darüber besteht, daß der beste Schutz für die Demokratie in dem guten Funktionieren der Demokratie liegt.
Wenn wir in diesem Hohen Hause miteinander mustergültige, vorbildliche Lösungen der brennendsten Gemeinschaftsprobleme, der großen Probleme des menschlichen Gemeinschaftslebens schaffen — ich nenne nur etwa das Problem der Versorgung der Kriegsopfer, den Lastenausgleich, das Gesetz zur Durchführung des Art. 131 des Grundgesetzes oder das Gesetz über die Mitverantwortung der Arbeiter in der industriellen Wirtschaft —, wenn von dieser Demokratie eine Leuchtkraft, eine werbende Kraft, eine Anziehungskraft auf das Volk und insbesondere auf die Jugend ausgeht, wenn die Willensträger dieser Demokratie nicht nur wissen, was sie trennt, sondern vor allem auch, was sie verbindet, wenn die Träger dieser Demokratie gemeinsame Vorstellungen von einer künftigen Welt haben, um die es sich zu kämpfen lohnt, und wenn sie sich auch darüber einig werden, wie man diese Vorstellungen in die Wirklichkeit des Lebens übertragen kann, kurzum, wenn diese Demokratie sich eine solide geistige Grundlage schafft und wenn sie sich ein ausreichendes Minimum von einer ihrem Wesen entsprechenden Ideologie erwirbt, dann ist das Wichtigste und das Entscheidende zum Schutze der Demokratie getan.
Kommen wir zu diesem Zustande nicht, dann sind alle Strafbestimmungen zum Schutze des Staates wertlos und zwecklos.
Meine Damen und Herren! Es ist nicht nur hierin, sondern auch in anderer Hinsicht nötig, aus der Vergangenheit und aus ihren bitteren Erfahrungen zu lernen. Wir stehen leider wiederum in einer Zeit, wie es die Zeit zwischen den Jahren 1928 und 1933 war, in einer Zeit, in der
die Demokratie, ihre Einrichtungen, ihre
Träger, ihre Arbeit in der öffentlichen Meinung herabgesetz und verächtlich gemacht werden. Heute wird im politischen Kampf vielfach dieselbe Methode angewandt, die von den Nationalsozialisten angewandt wurde, nämlich die Willensträger der Demokratie auf das schlimmste herunterzureißen und die ehrlich demokratischen Parteien, gleich welcher Richtung, durch unwahre Behauptungen vor dem Volke unmöglich zu machen. Urheber dieser Kampfmethode sind überwiegend Leute, die die Freiheiten der Demokratie mißbrauchen, um ein totalitäres Staatssystem an ihre Stelle zu setzen. Es sind vielfach Todfeinde der Demokratie, ja, ich möchte sogar sagen, Todfeinde der menschlichen Gesellschaft, die planmäßig darauf ausgehen, im freiheitlichen Raum Hoffnungslosigkeit, Resignation, Panik und schließlich Furcht und Schrecken zu erzeugen, um die Gesellschaftsordnung in ihrem Bestand zu erschüttern und zur Einführung eines totalitären Gewaltsystems sturmreif zu machen.
Meine Damen und Herren! Diesen Bösewichtern - ich nenne sie bewußt Bösewichter —, mögen sie nun diese oder jene Couleur haben, muß ohne Furcht begegnet werden. Es war ein Grundfehler der Weimarer Demokratie, daß sie sich ihrer Haut nicht gewehrt hat. Man darf die Freiheiten der Demokratie nicht denjenigen gewähren, die sie mißbrauchen, um die Freiheiten der Demokratie zu beseitigen. Man darf solchen Leuten auch die Pressefreiheit nicht in dem Maße überlassen, wie wir das leider in der Weimarer Demokratie getan haben und wie wir es weithin auch heute noch tun. Hier ist unnachsichtliche Härte am Platze. Ein Staat, der sich seiner Haut nicht wehrt, verdient nicht den Namen des Staates. Innerhalb unseres Staates, innerhalb der Demokratie unseres Landes muß eine Atmosphäre geschaffen werden, die frei von Furcht ist. Deshalb muß denen, die planmäßig Furcht erzeugen, das Handwerk gelegt werden. „Es ist" — ich zitiere einen Satz aus der Begründung zum Regierungsentwurf — „Aufgabe des Staates, die Resignierenden zur Freiheit und die Zügellosen zur Gesetzlichkeit zurückzuführen." Aus diesen Gründen ist es dringend notwendig, daß in aller Bälde Einrichtungen und Gesetze geschaffen werden, die eine wirksame Durchführung des Art. 18 und auch des Art. 21 des Grundgesetzes möglich machen. Hier ist keine Zeit zu verlieren. Man sagt mitunter, die Demokratie sei die Staatsform der Geduld. Ich glaube, wir haben lange genug Geduld gehabt. Es ist jetzt nötig, daß gehandelt wird.
Es ist aber auch durchaus nötig, daß Strafbestimmungen geschaffen werden, die unseren Richtern eine rechtliche Handhabe geben, um den Feinden der freiheitlichen Ordnung in angemessener Weise zu begegnen.
Wir begrüßen daher den Regierungsentwurf. Es wäre besser gewesen — ich habe das schon bemerkt —, wenn er schon früher gekommen wäre. Fast möchte ich sagen: „Spät kommt ihr, doch ihr kommt!" Man sieht es aber dem Entwurf an, daß er auf einer sehr sorgfältigen, tiefschürfenden und gewissenhaften Arbeit beruht, bei der auch die Erfahrungen anderer Länder ausgewertet wurden. Dafür möchte ich der Regierung den Dank und die Anerkennung meiner Fraktion aussprechen.
Zu Einzelheiten des Gesetzentwurfs möchte ich jetzt nicht Stellung nehmen, sondern nur ganz allgemein feststellen, daß die Strafbestimmungen gegen die Verfassungsstörung, gegen die Herab-
würdigung des Staates und der Staatsorgane, gegen die Verächtlichmachung der Staatssymbole, gegen die Volksverhetzung und insbesondere auch gegen die politische Lüge Bestimmungen sind, die der einfache Mann im Volk längst gefordert hat und die in aller Bälde Gesetzeskraft erlangen sollten.
Über die Bestimmungen im einzelnen, über die man — ich möchte das hier aussprechen — zum Teil verschiedener Meinung sein kann, wird in den Ausschüssen zu reden sein. Wahrscheinlich werden der Ausschuß zum Schutze der Verfassung und der Rechtsausschuß Vereinbarungen darüber treffen müssen, wie sie ihre Arbeitsaufgaben gegeneinander abzugrenzen haben.
Ich möchte heute im Namen meiner Fraktion nur aussprechen, daß dieser Gesetzentwurf unsere grundsätzliche Zustimmung findet. Ich möchte der Hoffnung Ausdruck geben, daß es in der weiteren parlamentarischen Bearbeitung dieses Entwurfs zu einer guten Zusammenarbeit zwischen Regierungsparteien und Opposition kommt und daß durch diese Zusammenarbeit mit dem neuen Gesetz eine scharfe und wirksame Waffe zur Verteidigung der Demokratie geschmiedet werden kann. Ich möchte weiter hoffen, daß dieses Gesetz dann eine Justiz findet, die entschlossen ist. diese Waffe zu gebrauchen und daß diese Waffe dann unnachsichtlich jeden trifft, der Freiheit und Lebensrecht unserer unter unsäglichen Mühen und Opfern neu aufgebauten Gemeinschaftsordnung bedroht.