Rede von
Willi
Agatz
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Ich habe mit großem Bedauern - und dem möchte ich hier Ausdruck geben — in der Zeitung gelesen, daß die Internationale Transportarbeiterföderation, die dieser Tage in Stuttgart tagte, beschloß, sich für die Verladung und fur den Transport von Kriegsmaterial einzusetzen.
Ich kann einen solchen Beschluß nur zutiefst bedauern, weil ich darin eine Preisgabe gewerkschaftlicher Prinzipien, gewerkschaftlicher Grundsätze sehe.
Ich bin der Meinung, daß der gewerkschaftliche Kampt vor allem ein Kampf um den Frieden ist, auch immer war und immer bleiben muß. Ich verweise auch darauf, daß selbst im Kontrollratsgesetz Nr. 22, das noch von den Besatzungsmächten beschlossen ist, der deutschen Arbeiterschaft die Verpflichtung aulerlegt wurde, die Produktion von Kriegsmaterial zu verhindern. Wir kennen das doch, wir wissen doch, wie es in Deutschland zur Hitlerzeit gemacht worden ist. Wir wissen doch, wie man die Menschen mit den höheren Löhne eingefangen hat, die man für den Bau des Westwalls und für die Produktion von Granaten zahlte. Wir wissen doch, wie damals jene deutschen Monopolisten, die die ganze Verantwortung für das Verbrechen des zweiten Weltkrieges tragen, die deutsche Arbeiterschaft dazu verlockt haben, daß sie ihre Hände zur Mithilfe an der Vorbereitung dieses Verbrechens hergaben. Wir wissen doch, daß der Appetit mit dem Essen kommt. Auch wissen wir, daß die kapitalistischen Kräfte unter allen Umständen versucht sein werden, an der Kriegsproduktion immer mehr zu verdienen.
Wir sagen also erstens: Kampf um Mitbestimmung muß Kampf um Frieden sein; zweitens: Kampf um Mitbestimmung, um echte Mitbestimmung, muß auch Kampf um die Einheit Deutschlands sein.
— Sie mögen Ihre Bemerkungen machen. Ich glaube, daß, wenn Sie nur ein wenig nachdenken, Sie es auch mindestens als eine Tragik empfinden werden, daß unser Vaterland gespalten ist, daß wir in zwei Teile zerrissen wurden und sich nunmehr eine Entwicklung anbahnt, die sogar dazu führen könnte, daß diese beiden Teile Deutschlands für sehr, sehr lange Zeit auseinandergerissen bleiben, daß unter Umständen noch Schlimmeres damit passieren könnte.
Ich glaube, daß das mindestens eine tragische Angelegenheit ist. Ich bin der Ansicht, daß es keinen Deutschen geben könnte, der das guthieße. Unser aller Bestreben müßte darauf gerichtet bleiben, die Einheit Deutschlands wiederherzustellen.
Wir richten unsere Bestrebungen auf diesen Punkt und bekampten darum die Politik der AdenauerRegierung, die eine Politik der Spaltung Deutschlands, eine Politik der willenlosen Ausführung der Befehle der Hohen Kommissare,
eine Politik der Unterwerfung unter das Kommando der Hohen Kommissare betreibt. Wir wünschen, daß alle Besatzungsmächte Deutschland verlassen. Wir wünschen, daß die Einheit Deutschlands auf demokratischer Grundlage hergestellt wird
und daß hier eine Regierung sitzt, die auch eine Politik der Vereinigung der Deutschen zwischen Ost und West betreibt und sich eben der Politik widersetzt, die den Interessen des amerikanischen Kapitalismus dient, der Politik der Beeinträchtigung unserer Produktion, unseres Handels, der Politik des Verbotes des Handels mit dem deutschen Osten.
Dafür sollten die Werktätigen eintreten, wenn sie den Kampf um die Mitbestimmung führen. bie sollten erkennen, daß die Arbeitslosigkeit eine Folge der Spaltung ist, daß sie eine Folge der auf Geheiß der Amerikaner vom Herrn Professor Erhard eingerichteten freien Unternehmerwirtschaft ist.
So stehen die Dinge, und deswegen sollten auch die Arbeiter diesen Kampf um das Mitbestimmungsrecht mit dem Kampf um die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands verbinden. Denn die Spaltung
dient den in- und ausländischen Monopolisten; sie steht den Zielen der Mitbestimmung entgegen. Die
Mitbestimmung soll doch soziale Sicherheit gewährleisten, soll doch den Frieden sichern und Wohlstand nicht für einige wenige, sondern für die Gesamtheit des Volkes heraufführen.