Rede:
ID0108002900

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 9
    1. Meine: 1
    2. Herren,: 1
    3. stören: 1
    4. Sie: 1
    5. doch: 1
    6. bitte: 1
    7. den: 1
    8. Redner: 1
    9. nicht!: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 80. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. Juli 1950 2927 80. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 27. Juli 1950. Geschäftliche Mitteilungen 2928C, 2954D, 2964D, 2965D, 3024D Änderung der Tagesordnung 2928C Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Betrieb (Nr. 970 der Drucksachen) 2928D, 2929B Zur Geschäftsordnung: Euler (FDP) 2928D Dr. von Brentano (CDU) 2929A Mellies (SPD) 2929A Rademacher (FDP) 2987C Zur Sache: Dr. Schröder (Düsseldorf) (CDU), Antragsteller 2929C Freitag (SPD) 2937D Dr. Hammer (FDP) 2942C Dr. Dr. h. c. Lehr (CDU) 2946D Walter (DP) 2949D Frau Wessel (Z) 2952A Dr. Seelos (BP) 2955A Agatz (KPD) 2956A Dr. Miessner (DRP) 2960C Freudenberg (FDP) 2962A Raestrup (CDU) 2965A Arndgen (CDU) 2965D Böhm (SPD) 2966D Storch, Bundesminister für Arbeit 2969C Degener (CDU) 2971A Keuning (SPD) 2972A Harig (KPD) 2974B Dr. Veit (SPD) 2978A Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) . . . 2980A Freidhof (SPD) 2984A Loritz (WAV) 2987D, 2995B Lenz (CDU) 2989D Dr. Kleindinst (CSU) 2990D Mensing (CDU) 2992A Dr. Freiherr von Rechenberg (FDP) 2993A Dr. von Brentano (CDU), Antragsteller 2993D, 2995D Mayer (Stuttgart) (FDP) 2995D Günther (CDU) 2995D Lausen (SPD) 2996A Zur Abstimmung: Paul (KPD) 2996B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsstellung der in den Bundestag gewählten Angehörigen des öffentlichen Dienstes (Nr. 1153 der Drucksachen) 2996C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Vermittlung der Annahme an Kindes Statt (Nr. 1173 der Drucksachen) . . . . 2996C Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutze der Mutter (Mutterschutzgesetz (Nr. 1182 der Drucksachen) . 2996D Frau Kipp-Kaule (SPD), Antragstelle- rin 2996D Frau Dr. Rehling (CDU) 2998B Frau Arnold (Z) 2999C Frau Thiele (KPD) 3000A Frau Dr. Ilk (FDP) 3000D Frau Kalinke (DP) 3001B Frau Döhring (SPD), Antragstellerin 3001D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Mandatsniederlegung des Abgeordneten Müller (Hannover) (Nr. 993 der Drucksachen) . . 3003B Dr. Brill (SPD), Berichterstatter . 3003B Fisch (KPD) 3004B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs über die Bildung eines vorläufigen Bewertungsbeirates (Nr. 975 und Nr. 1158, 1235 der Drucksachen) 3005D Dr. Kneipp (FDP), als Berichterstatter 3005D als Abgeordneter . . . . . . . 3008A Dr. Schmidt (Niedersachsen) (SPD) . 3007C, 3008C Wartner (BP) 3008D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes (Nr. 924 und 1209 der Drucksachen) 3009C Dr. von Merkatz (DP) (zur Geschäftsordnung) 3009C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Verkehr mit Milch, Milcherzeugnissen und Fetten — Milch- und Fettgesetz — (Nr. 1243 der Drucksachen) . . 3009D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Verkehr mit Getreide und Futtermitteln (Getreidegesetz) (Nr. 968 und 1224 der Drucksachen) . . . 3009D Dr. Horlacher (CSU) : als Berichterstatter 3010A als Abgeordneter 3014A, 3015B Dr. Kather (CDU) 3012A, C Kriedemann (SPD) 3012D Dr. Baade (SPD) 3013C, 3014C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Festsetzung von Brotpreisen (Nr. 1161 und 1222 der Drucksachen) 3016A Struve (CDU), Berichterstatter . . 3016A Kriedemann (SPD) 3016B Harig (KPD) 3016C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für ERP-Fragen (15. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Vorlage eines Gesetzentwurfs über die Verwendungsordnung der ERP-Zuwendungen (Nr. 1167, 661 der Drucksachen) 3017B Dr. Pfleiderer (FDP), Berichterstatter 3017B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Beamtenrecht (25. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Kürzung der Versorgungsbezüge (Nr. 1174, 434 der Drucksachen) . . . . 3019B Dr. Wuermeling (CDU): zur Geschäftsordnung 3019B als Berichterstatter 3019C als Abgeordneter 3020A Herrmann (SPD) 3020D Melliez (SPD) 3021C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen (26. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Ollenhauer u. Gen. betr. Vorlage eines Gesetzentwurfes über die Regelung der Versorgung der Körperbeschädigten und Hinterbliebenen durch Kriegsfolgen und über den Antrag der Fraktion der DP betr. Sozialversicherung (Nr. 1180, 30, 36 der Drucksachen) . . . . 3021D Mende (FDP), Berichterstatter . . . 3022A Storch, Bundesminister für Arbeit . . 3022D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Kriegsopfer und Kriegsgefangenenfragen (26. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Spies, Strauß, Stücklen, Frau Dr. Probst u. Gen. betr. einheitliche Anerkennung der Schwerbeschädigtenausweise (Nr. 1181, 1004, 1236 der Drucksachen) 3023A Langer (FDP), Berichterstatter . . 3023B Spies (CSU) 3023C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Beamtenrecht (25. Ausschuß) über den Antrag der Abg. von Thadden u. Gen. betr. Beseitigung der Entrechtung der ehemaligen Wehrmachtangehörigen und ihrer Hinterbliebenen (Nr. 1187, 1060, 1247 der Drucksachen) 3024A Dr. Kleindinst (CSU) 3024B Frist für Rednerkorrekturen der stenographischen Niederschriften 3024D Nächste Sitzung 3025C Die Sitzung wird um 9 Uhr 13 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid eröffnet.
  • folderAnlagen
    Keine Anlage extrahiert.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Willi Agatz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Ich habe mit großem Bedauern - und dem möchte ich hier Ausdruck geben — in der Zeitung gelesen, daß die Internationale Transportarbeiterföderation, die dieser Tage in Stuttgart tagte, beschloß, sich für die Verladung und fur den Transport von Kriegsmaterial einzusetzen.

    (Hört! Hört! bei der KPD.)

    Ich kann einen solchen Beschluß nur zutiefst bedauern, weil ich darin eine Preisgabe gewerkschaftlicher Prinzipien, gewerkschaftlicher Grundsätze sehe.

    (Zurufe von der Mitte.)

    Ich bin der Meinung, daß der gewerkschaftliche Kampt vor allem ein Kampf um den Frieden ist, auch immer war und immer bleiben muß. Ich verweise auch darauf, daß selbst im Kontrollratsgesetz Nr. 22, das noch von den Besatzungsmächten beschlossen ist, der deutschen Arbeiterschaft die Verpflichtung aulerlegt wurde, die Produktion von Kriegsmaterial zu verhindern. Wir kennen das doch, wir wissen doch, wie es in Deutschland zur Hitlerzeit gemacht worden ist. Wir wissen doch, wie man die Menschen mit den höheren Löhne eingefangen hat, die man für den Bau des Westwalls und für die Produktion von Granaten zahlte. Wir wissen doch, wie damals jene deutschen Monopolisten, die die ganze Verantwortung für das Verbrechen des zweiten Weltkrieges tragen, die deutsche Arbeiterschaft dazu verlockt haben, daß sie ihre Hände zur Mithilfe an der Vorbereitung dieses Verbrechens hergaben. Wir wissen doch, daß der Appetit mit dem Essen kommt. Auch wissen wir, daß die kapitalistischen Kräfte unter allen Umständen versucht sein werden, an der Kriegsproduktion immer mehr zu verdienen.
    Wir sagen also erstens: Kampf um Mitbestimmung muß Kampf um Frieden sein; zweitens: Kampf um Mitbestimmung, um echte Mitbestimmung, muß auch Kampf um die Einheit Deutschlands sein.

    (Lachen rechts und in der Mitte.)

    — Sie mögen Ihre Bemerkungen machen. Ich glaube, daß, wenn Sie nur ein wenig nachdenken, Sie es auch mindestens als eine Tragik empfinden werden, daß unser Vaterland gespalten ist, daß wir in zwei Teile zerrissen wurden und sich nunmehr eine Entwicklung anbahnt, die sogar dazu führen könnte, daß diese beiden Teile Deutschlands für sehr, sehr lange Zeit auseinandergerissen bleiben, daß unter Umständen noch Schlimmeres damit passieren könnte.

    (Zuruf des Abg. Spies.)

    Ich glaube, daß das mindestens eine tragische Angelegenheit ist. Ich bin der Ansicht, daß es keinen Deutschen geben könnte, der das guthieße. Unser aller Bestreben müßte darauf gerichtet bleiben, die Einheit Deutschlands wiederherzustellen.

    (Sehr gut! bei der KPD. — Zurufe von der Mitte.)

    Wir richten unsere Bestrebungen auf diesen Punkt und bekampten darum die Politik der AdenauerRegierung, die eine Politik der Spaltung Deutschlands, eine Politik der willenlosen Ausführung der Befehle der Hohen Kommissare,

    (Zuruf von der Mitte: Das glauben Sie ja selber nicht!)

    eine Politik der Unterwerfung unter das Kommando der Hohen Kommissare betreibt. Wir wünschen, daß alle Besatzungsmächte Deutschland verlassen. Wir wünschen, daß die Einheit Deutschlands auf demokratischer Grundlage hergestellt wird

    (Zuruf von der SPD: Volksdemokratischer?) und daß hier eine Regierung sitzt, die auch eine Politik der Vereinigung der Deutschen zwischen Ost und West betreibt und sich eben der Politik widersetzt, die den Interessen des amerikanischen Kapitalismus dient, der Politik der Beeinträchtigung unserer Produktion, unseres Handels, der Politik des Verbotes des Handels mit dem deutschen Osten.

    Dafür sollten die Werktätigen eintreten, wenn sie den Kampf um die Mitbestimmung führen. bie sollten erkennen, daß die Arbeitslosigkeit eine Folge der Spaltung ist, daß sie eine Folge der auf Geheiß der Amerikaner vom Herrn Professor Erhard eingerichteten freien Unternehmerwirtschaft ist.

    (Zuruf des Abg. Spies: Eine Folge der Vertreibung von Menschen aus dem Osten!)

    So stehen die Dinge, und deswegen sollten auch die Arbeiter diesen Kampf um das Mitbestimmungsrecht mit dem Kampf um die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands verbinden. Denn die Spaltung
    dient den in- und ausländischen Monopolisten; sie steht den Zielen der Mitbestimmung entgegen. Die


    (Agatz)

    Mitbestimmung soll doch soziale Sicherheit gewährleisten, soll doch den Frieden sichern und Wohlstand nicht für einige wenige, sondern für die Gesamtheit des Volkes heraufführen.

    (Zuruf von der Mitte: Sagen Sie das in der Ostzone; die hungert seit 1945!)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Herren, stören Sie doch bitte den Redner nicht!

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Willi Agatz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Die fortschrittlichen Gesetze -
    ich führte es schon aus - sind in der Vergangenheit in den Ländern unterdrückt worden. Die Betriebsrätegesetze in Hessen und in WürttembergBaden enthielten wirklich fortschrittliche Bestimmungen. Sie wurden durch die Besatzungsmächte unterdrückt. Das war die Hilfe, die die Besatzungsmächte jenen Kräften geleistet haben, die heute mit diesem Entwurf kommen und uns einzureden versuchen, daß das eine wunderbare, eine herrliche und den Arbeitern und Angestellten sehr bekömmliche Sache sei. Könnte sich hier jemand vorstellen, daß wir heute hier in Westdeutschland noch die Herren Bank- und Industriemagnaten, zum Beispiel die Herren Pferdmenges, von Schroeder oder Reusch oder Krupp oder Thyssen oder Röhl oder Vorwerk hätten, wenn nicht die westlichen Besatzungsmächte die westdeutsche Arbeiterschaft daran gehindert hätten, diesen Herren die Quittung für die Politik zu geben, die sie in der Vergangenheit unter Hitler und mit Hitler gegen das deutsche Volk gemacht haben?

    (Sehr gut! bei der KPD.)

    Das sind die entschiedenen Gegner der Mitbestimmung, sie stehen im Hintergrund. Sie hintertreiben die Bemühungen der Gewerkschaften und der Arbeiter und Angestellten. Sie wollen keine Mitbestimmung, sie wollen Herr im Hause bleiben. Sie wollen in ihren Plänen nicht gestört werden, sie wollen die Freiheit der Ausbeutung, die Freiheit der Profitjägerei weiterhin für sich beanspruchen.
    Ich muß mich dem CDU-Entwurf zuwenden.

    (Abg. Strauß: Es ist besser!)

    Ich sagte schon, daß dieser Entwurf nicht das zum Ausdruck bringt, was die Werktätigen in Wahrheit anstreben. Ich darf mich da mit einigen Formulierungen auseinandersetzen, die ich in der Begründung dieses Entwurfs vor allen Dingen gefunden habe. Es heißt hier:
    Die entscheidende Forderung der Arbeitnehmer geht auf Sicherung ihrer Existenz und Anerkennung ihrer Gleichberechtigung in ihren menschlichen und arbeitsvertraglichen Beziehungen zum Arbeitgeber.
    Gleichberechtigung — was ist das doch für ein schönes Wort! Gleichberechtigung zwischen arm und reich, zwischen den Eigentümern der Betriebe, die die Herren der Betriebe sind, und den Arbeitern und Angestellten. Die Gleichberechtigung geht bei Ihnen wunderbar weit, und ich bewundere das Gerechtigkeitsgefühl der CDU. Zum Beispiel heißt es im § 50, der Arbeitgeber oder das Mitglied des Betriebsrats, die gegen Bestimmungen dieses Gesetzes verstoßen, werden mit 5000 DM oder im zweiten Absatz sogar mit 10 000 DM bestraft. Der Unternehmer soll genau so 5000 bzw. 10 000 DM zahlen wie der einfache Arbeiter im Betriebsrat. Der Unternehmer faßt in den Dispositionsfonds, den er todsicher zur Verfügung hat, und was tut der Arbeiter? — Meine Herren, ich muß sagen, Sie haben eine wunderbare Vorstellung von Gleichberechtigung und von Gerechtigkeit!
    Überhaupt, wie ist es denn mit den Arbeitgebern? Bestand nicht die Frage der Sozialisierung auch für wesentliche Teile Ihrer Partei? Hat nicht Herr Ministerpräsident Arnold im Landtag von Nordrhein-Westfalen ausgeführt, daß sich der Kapitalismus an seinen eigenen Gesetzen totgelaufen habe und daß nun nach neuen Wirtschaftsformen gesucht werden müsse? Das ist alles vergessen.

    (Zuruf von der KPD: Lang, lang ist's her! — Zuruf von der Mitte: In der Ostzone denkt man daran!)

    Hier unten heißt es, daß die Verantwortung und die Initiative des Unternehmers im Vordergrund zu stehen haben. Ja, die Verantwortung und dio Initiative der Unternehmer! Wir kennen doch die Herren aus der Vergangenheit, aus der Hitlerzeit, als sie Wehrwirtschaftsführer waren, als sie Hitler halfen, den Krieg zu führen, der ihnen Millionen, der aber den Massen Tod und Verderben brachte. Daher kennen wir sie doch, das war doch ihre Verantwortung. Und denen soll nun die Verantwortung und die Initiative aufs neue ausgeliefert werden, und mit ihnen soll man eine Partnerschaft zwischen den Herren Unternehmern und den Arbeitern und Angestellten herbeiführen. Eine nette Partnerschaft! Eine Partnerschaft, wie sie zwischen Roß und Reiter vorhanden ist, dem einen die Lasten und dem andern das Vergnügen, reiten zu können. So ungefähr haben Sie sich das wohl vorgestellt!

    (Sehr gut! bei der KPD.)

    Sie mögen darüber lachen,

    (Abg. Strauß: Entschuldigen Sie, über so viel Dummheit muß man lachen!)

    es kann doch nicht bestritten werden, daß von allen Ihren schönen Reden abgesehen die Realität so ist, wie ich sie darstelle. Kennen Sie die Lage in den Betrieben?

    (Abg. Strauß: Besser als Ihre Funktionäre!)

    - Gar nichts kennen Sie! Wissen Sie, wie man
    heute dabei ist, den Arbeitern die Löhne zu kürzen, die Akkorde zu verschlechtern und die Arbeitsbedingungen zu verschärfen? Ist Ihnen das
    bekannt? Zu wessen Nutzen geschieht es? Haben
    Sie schon gehört, daß es auch den Unternehmern
    schlecht geht in Westdeutschland? Können Sie
    das beweisen? Wir beweisen Ihnen das Gegenteil!

    (Abg. Strauß: Schlechter als den Bonzen in der Ostzone!)

    Hier heißt es unter der Überschrift „Der Betriebsrat", daß eine Fortentwicklung des Betriebsräterechtes mit diesem Entwurf angestrebt würde. Fortentwicklung nach rückwärts, das kann man wohl sagen, wenn man die Dinge von 1945 bis heute überblickt. Dann heißt es:
    Hierzu gehört die Ausschaltung jeder Politisierung und jedes unzulässigen Fremdeinflusses bei der Wahl und Arbeit der Betriebsräte.
    Versteckt sich darin nicht der Standpunkt der Unternehmer, der die Konferenzen, die Beratungen mit den Gewerkschaften zum Scheitern brachte? Ist damit nicht auch der Fremdeinfluß der Gewerkschaften gemeint? Nun, das soll untersucht werden. Aber hier ist wichtig: Ausschaltung


    (Agatz)

    jeder Politisierung. Frau Wessel hat sich dieser Forderung vorhin angeschlossen. Also man verlangt von den Betriebsräten, daß sie sich einer politischen Stellungnahme enthalten sollen. Sind aber die Arbeiter und Angestellten, die die Betriebsräte vertreten müssen, nicht auch der Politik unterworfen? Zum Beispiel jetzt der Politik der Adenauer-Regierung?

    (Sehr gut! bei der KPD.)

    Der Steuerpolitik, der Lohnpolitik, der Preispolitik, der Subventionspolitik, der Investitionspolitik? All jenen Maßnahmen, die zur Fundamentierung der sogenannten freien Unternehmerwirtschaft durchgeführt wurden? Da sollen sich nun die von Arbeitern und Angestellten gewählten Vertreter enthalten, sie sollen entpolitisiert werden.

    (Sehr gut! bei der KPD.)

    Wir meinen, daß das ein Verlangen ist, über das die Betriebsräte selbst laut lachen werden.

    (Sehr gut! bei der KPD.)

    Hier unten wird wiederum davon geredet, daß eine Gemeinschaft zur Erfüllung des Betriebszweckes im Rahmen der Gesamtwirtschaft zu bilden sei. Das haben wir doch schon gehört. Das ist doch irgendwie bekannt, daß eine Betriebsgemeinschaft zwischen Arbeitern, Angestellten und Unternehmern zu bilden ist. Ich meine, das sind vertraute Klänge aus der DAF-Zeit, aus der Zeit der Deutschen Arbeitsfront Hitlers, in der man auch die Betriebsgemeinschaft als das hehre Ziel des Nationalsozialismus proklamierte. Wir fragen, und das werden auch die Arbeiter tun: Zu wessen Nutzen soll denn eine solche Betriebsgemeinschaft gebildet werden? Wer soll davon den Vorteil haben? Welches Ergebnis kann eine solche Betriebsgemeinschaft nur herbeiführen? Das ist allen Arbeitern bekannt. Von der Meinung werden Sie sie gar nicht abbringen können, daß man ihnen mit solchen Formulierungen nur das Fell über die Ohren ziehen will.

    (Sehr gut! bei der KPD.)

    Aber sie werden sich das Fell nicht über die Ohren ziehen lassen, sie werden sich vom Kampf um ihre Forderungen nicht abbringen lassen.
    Darum können wir zu dem Entwurf, der hier vorliegt, nur nein sagen. Wir können den Arbeitern und Angestellten nur empfehlen, in den Betrieben den Kampf um die echte Mitbestimmung in den Fragen, die alle Arbeiter und Angestellten gleicherweise berühren, aufzunehmen. Wenn die Arbeiter und Angestellten in den Betrieben zu diesem Kampf entschlossen sind, dann sprechen sie eine Sprache, die auch der stocktaubste Unternehmer noch verstehen wird.
    Sehen wir uns die Entwicklung noch mal an. Wir hatten den Streik der Vorwerk-Belegschaf t wegen der Maßregelung des Betriebsratsvorsitzenden. Herr Vorwerk wurde zurückgedrängt, er mußte den Betriebsratsvorsitzenden wieder einstellen. Inzwischen sind wir nun rund eineinhalb Jahre, glaube ich, älter geworden. Jetzt haben wir die Entlassungen von weiteren Betriebsratsvorsitzenden. Das ist die tatsächliche Entwicklung, daß die Männer, die sich zu wirklichen Interessenvertretern ihrer Belegschaft machen, auf die Straße gesetzt werden. Da ist zum Beispiel die Entlassung unseres Kollegen Harig, der Betriebsratsvorsitzender in Hagen-Haspe war; weiter die Entlassung des Betriebsratsvorsitzenden der Howald-Werft, der Kalkstein-Werke Gruiten; da sind die Entlassungen weiterer Betriebsräte. Das
    ist ein alarmierendes Zeichen dafür, wieweit die Kraft der Unternehmer heute schon wieder reicht und daß es höchste Zeit ist, sich dieser Entwicklung entgegenzustellen; daß es höchste Zeit ist, die Arbeiter darüber aufzuklären, daß alle Arbeitsgemeinschaftspolitik nur zum großen Schaden für sie ausschlagen kann.
    Wir denken an Weimar zurück, an die Zeit von 1918 bis zu Hitler. Wie war es denn damals? Heute kann man es doch ohne weiteres erkennen, daß das Kapital den Stimmzettel besiegt hat. Wem haben damals Reichswirtschaftsrat, Reichskohlenrat und alle jene Institutionen geholfen, wem haben sie genutzt? Haben sie der wirklichen Entwicklung denn vorgebeugt? O nein, die deutschen Monopolherren holten sich den Hitler, machten ihn stark, organisierten mit Hitler jene Massenbewegung, die ihren imperialistischen Zielen dienen sollte, und dann ging es in den Krieg hinein. Weil wir diese Erfahrung haben, darum können wir uns solchen neuen Versuchen, in Arbeitsgemeinschaftspolitik und Betriebsgemeinschaftspolitik zu machen, nur auf das allerentschiedenste widersetzen.
    Ich darf hier nebenbei zur Parität Stellung nehmen, wie sie der DGB-Entwurf vorsieht. Das ist auch so eine eigene Sache mit der Parität. In der Sprache des Volkes gibt es ein herrliches Beispiel: Jemand ißt ein Menü, das ist halb und halb zusammengesetzt, halb Huhn und halb Pferd. So ungefähr sieht das hier mit der Parität aus. Wir sind uns doch darüber klar: haben die Unternehmer auch nur die Hälfte der Vertreter, so haben sie in Wahrheit mindestens 90 % der Macht, denn sie sind die Herren, sie sind die Eigentümer. Wir kennen das doch und wissen das doch ganz genau. Das sollte klar gesagt werden.
    Ich möchte hier sagen: Unser Weg, den wir den westdeutschen Arbeitern und Angestellten und dem ganzen westdeutschen Volk vorschlagen, das ist der Weg der Deutschen Demokratischen Republik.

    (Sehr wahr! bei der KPD. — Abg. Arndgen: Der Diktatur!)

    — Ich weiß, daß ich Sie nicht davon überzeugen kann, und ich will das auch gar nicht. Aber ich darf Ihnen sagen: Will das deutsche Volk in seiner Gesamtheit eine Zukunft haben, wird es nicht daran vorbeikommen, diesen Weg zu gehen.

    (Zuruf von der FDP: Waren Sie schon drüben? Zuruf von der SPD: Legen Sie eine neue Platte auf!)

    Wir haben in der Deutschen Demokratischen Republik eine Verfassung, die jedem Menschen das Recht auf Arbeit sichert. Wir haben das Gesetz der Arbeit in der Deutschen Demokratischen Republik,

    (Zurufe)

    in dem das Mitbestimmungsrecht der Gewerkschaften Wirklichkeit ist.

    (Zuruf rechts: Auf dem Papier steht!)

    Das sagen Sie! — Gibt es irgendwo in Deutschland leitende Arbeiter, also Arbeiter, die in leitenden Stellungen der Wirtschaft tätig sind? — Ich glaube, darin äußerst sich wohl am besten der fortschrittliche Charakter der dortigen gesellschaftlichen Ordnung, daß Sie in allen Stellungen der Wirtschaft und des gesamten gesellschaftlichen Lebens Arbeiter, einfache Arbeiter finden.

    (Zuruf von der FDP: Nein, SED-Bonzen!)



    (Agatz)

    Das beantwortet auch die Frage nach der Fähigkeit dieser Arbeiter, die so gern angezweifelt wird. Es ist nicht so, daß die Arbeiter keine Wirtschaft führen könnten. In der Deutschen Demokratischen Republik wird bewiesen, daß sie es sehr gut können.

    (Sehr gut! bei der KPD.)

    Und Sie werden sehr bald hellhörig werden über die Erfolge der Wirtschaft in der Deutschen Demokratischen Republik durch die Initiative, durch die Fähigkeit der Arbeiter.

    (Zuruf von der KPD: Ohne Unternehmerinitiative! — Zuruf rechts: Hennecke! — Abg. Strauß: Uns gehen die Augen heute schon über!)

    — Daß Ihnen heute die Augen schon übergehen, kann ich mir denken. Es wird allmählich gefährlich, nicht wahr?

    (Zuruf von der FDP: Uns gehen nicht die Augen über! — Abg. Paul: Warum schreien Sie denn so? Haben Sie Angst?)

    Ich möchte also sagen: es muß ein wirklicher Kampf um das Mitbestimmungsrecht geführt werden, aber nicht hier — hier sind keine Voraussetzungen für einen Erfolg in diesem Kampf gegeben —,

    (Sehr gut! bei der KPD. Zuruf von der CDU: Warum reden Sie überhaupt?)


    (Lachen rechts.)

    Dann werden Sie wahrscheinlich noch viel kleiner sein, als Sie es 1945 und in den anschließenden Monaten waren.

    (Zuruf von der CDU: Und werden Euch zum Teufel jagen!)

    — Sie werden es erleben, wir sprechen uns mal wieder.

    (Abg. Dr. Oellers: Außer einem großen Maul habt ihr den Arbeitern nichts mehr zu bieten! Weitere Zwischenrufe.)

    Ich lade Sie mal in die Deutsche Demokratische Republik ein!

    (Zuruf rechts: Nein, schönen Dank, da habe ich die Nase voll!)