Rede:
ID0108001100

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Metadaten
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    Vokabeln: 7
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
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    5. Herr: 1
    6. Abgeordnete: 1
    7. Freitag.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 80. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. Juli 1950 2927 80. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 27. Juli 1950. Geschäftliche Mitteilungen 2928C, 2954D, 2964D, 2965D, 3024D Änderung der Tagesordnung 2928C Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Betrieb (Nr. 970 der Drucksachen) 2928D, 2929B Zur Geschäftsordnung: Euler (FDP) 2928D Dr. von Brentano (CDU) 2929A Mellies (SPD) 2929A Rademacher (FDP) 2987C Zur Sache: Dr. Schröder (Düsseldorf) (CDU), Antragsteller 2929C Freitag (SPD) 2937D Dr. Hammer (FDP) 2942C Dr. Dr. h. c. Lehr (CDU) 2946D Walter (DP) 2949D Frau Wessel (Z) 2952A Dr. Seelos (BP) 2955A Agatz (KPD) 2956A Dr. Miessner (DRP) 2960C Freudenberg (FDP) 2962A Raestrup (CDU) 2965A Arndgen (CDU) 2965D Böhm (SPD) 2966D Storch, Bundesminister für Arbeit 2969C Degener (CDU) 2971A Keuning (SPD) 2972A Harig (KPD) 2974B Dr. Veit (SPD) 2978A Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) . . . 2980A Freidhof (SPD) 2984A Loritz (WAV) 2987D, 2995B Lenz (CDU) 2989D Dr. Kleindinst (CSU) 2990D Mensing (CDU) 2992A Dr. Freiherr von Rechenberg (FDP) 2993A Dr. von Brentano (CDU), Antragsteller 2993D, 2995D Mayer (Stuttgart) (FDP) 2995D Günther (CDU) 2995D Lausen (SPD) 2996A Zur Abstimmung: Paul (KPD) 2996B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsstellung der in den Bundestag gewählten Angehörigen des öffentlichen Dienstes (Nr. 1153 der Drucksachen) 2996C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Vermittlung der Annahme an Kindes Statt (Nr. 1173 der Drucksachen) . . . . 2996C Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutze der Mutter (Mutterschutzgesetz (Nr. 1182 der Drucksachen) . 2996D Frau Kipp-Kaule (SPD), Antragstelle- rin 2996D Frau Dr. Rehling (CDU) 2998B Frau Arnold (Z) 2999C Frau Thiele (KPD) 3000A Frau Dr. Ilk (FDP) 3000D Frau Kalinke (DP) 3001B Frau Döhring (SPD), Antragstellerin 3001D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Mandatsniederlegung des Abgeordneten Müller (Hannover) (Nr. 993 der Drucksachen) . . 3003B Dr. Brill (SPD), Berichterstatter . 3003B Fisch (KPD) 3004B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs über die Bildung eines vorläufigen Bewertungsbeirates (Nr. 975 und Nr. 1158, 1235 der Drucksachen) 3005D Dr. Kneipp (FDP), als Berichterstatter 3005D als Abgeordneter . . . . . . . 3008A Dr. Schmidt (Niedersachsen) (SPD) . 3007C, 3008C Wartner (BP) 3008D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes (Nr. 924 und 1209 der Drucksachen) 3009C Dr. von Merkatz (DP) (zur Geschäftsordnung) 3009C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Verkehr mit Milch, Milcherzeugnissen und Fetten — Milch- und Fettgesetz — (Nr. 1243 der Drucksachen) . . 3009D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Verkehr mit Getreide und Futtermitteln (Getreidegesetz) (Nr. 968 und 1224 der Drucksachen) . . . 3009D Dr. Horlacher (CSU) : als Berichterstatter 3010A als Abgeordneter 3014A, 3015B Dr. Kather (CDU) 3012A, C Kriedemann (SPD) 3012D Dr. Baade (SPD) 3013C, 3014C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Festsetzung von Brotpreisen (Nr. 1161 und 1222 der Drucksachen) 3016A Struve (CDU), Berichterstatter . . 3016A Kriedemann (SPD) 3016B Harig (KPD) 3016C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für ERP-Fragen (15. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Vorlage eines Gesetzentwurfs über die Verwendungsordnung der ERP-Zuwendungen (Nr. 1167, 661 der Drucksachen) 3017B Dr. Pfleiderer (FDP), Berichterstatter 3017B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Beamtenrecht (25. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Kürzung der Versorgungsbezüge (Nr. 1174, 434 der Drucksachen) . . . . 3019B Dr. Wuermeling (CDU): zur Geschäftsordnung 3019B als Berichterstatter 3019C als Abgeordneter 3020A Herrmann (SPD) 3020D Melliez (SPD) 3021C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen (26. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Ollenhauer u. Gen. betr. Vorlage eines Gesetzentwurfes über die Regelung der Versorgung der Körperbeschädigten und Hinterbliebenen durch Kriegsfolgen und über den Antrag der Fraktion der DP betr. Sozialversicherung (Nr. 1180, 30, 36 der Drucksachen) . . . . 3021D Mende (FDP), Berichterstatter . . . 3022A Storch, Bundesminister für Arbeit . . 3022D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Kriegsopfer und Kriegsgefangenenfragen (26. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Spies, Strauß, Stücklen, Frau Dr. Probst u. Gen. betr. einheitliche Anerkennung der Schwerbeschädigtenausweise (Nr. 1181, 1004, 1236 der Drucksachen) 3023A Langer (FDP), Berichterstatter . . 3023B Spies (CSU) 3023C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Beamtenrecht (25. Ausschuß) über den Antrag der Abg. von Thadden u. Gen. betr. Beseitigung der Entrechtung der ehemaligen Wehrmachtangehörigen und ihrer Hinterbliebenen (Nr. 1187, 1060, 1247 der Drucksachen) 3024A Dr. Kleindinst (CSU) 3024B Frist für Rednerkorrekturen der stenographischen Niederschriften 3024D Nächste Sitzung 3025C Die Sitzung wird um 9 Uhr 13 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid eröffnet.
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    Rede von Dr. Carlo Schmid


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ich bitte, zum Schluß zu kommen.
    Dr. Schröder (Düsseldorf) (CDU), Antragsteller: Meine Damen und Herren! Ich bin mir völlig klar darüber, daß wir in dieser Frage 1945, 1946 vielleicht eine größere Aufgeschlossenheit gezeigt hätten.

    (Sehr richtig! in der Mitte und links.)

    Ich kann mir jedenfalls denken, daß es hier viele unter uns gibt, für die es 1945, 1946 unter dem Eindruck des damaligen Schocks - der Schock hat ja das Ergebnis, plötzlich Erkenntnisse aufzuzeigen, die jahrelang verschüttet waren - sehr viel leichter gewesen wäre, auf diesem Gebiet zu einer Lösung zu kommen, die wir jetzt so schwer erkämpfen müssen. Inzwischen haben sich die Kräfte der trägen Beharrung, des Gestrigen längst wieder gefunden,

    (lebhafte Zustimmung in der Mitte und links) etwa unter dem Motto: „Wir sind noch einmal davon gekommen!", in der Absicht, möglichst wenig zu tun und nicht etwa den Blick darauf gerichtet zu halten, daß nur in einer Überwindung der Verhältnisse, wie wir sie gehabt haben, eine Aussicht auf die Zukunft gegeben ist. Wir sind zutiefst davon überzeugt, daß nur die totale Regenerierung und der Mut zu grundsätzlich neuen Entscheidungen Katastrophen verhindern kann. Die sozialen Grundprobleme können nicht nur dilatorisch behandelt werden. Sie können nicht nur bei Konferenzen und Klausuren zerredet werden, sondern sie sind hier in diesem Hause

    und in diesem Jahr - es mag sein, auch in der anschließenden Zeit - Sofortaufgaben, die sofort zu behandeln sind. Damit haben wir den Anfang gemacht. Mehr haben wir gar nicht gewollt.
    Ich bin sicher, daß wir nun eine Fülle brillanter Kritik in technischer und juristischer Beziehung hören werden: wir werden den einen zu viel geben, und wir werden den anderen zu wenig geben. Aber wir werden den Wert jeder Kritik — dessen können Sie sicher sein - daran ermessen, was sie wirklich tun will.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU.)

    Wir werden die Kritik nicht danach beurteilen, was sie an Brillanz zur Formulierung beiträgt, sondern uns interessieren auf diesem Gebiete nichts anderes als Taten. Ich bin mir darüber klar, daß diese Entscheidung für viele unbequem ist und daß man ihr durch den Hinweis auf angeblich wesentlicher e Tagesaufgaben auszuweichen sucht. Aber, meine Damen und Herren, wir sollten uns in einem solchen Augenblick bewußt sein, daß dies eine Auseinandersetzung ist, die sich — wenn ich so sagen darf - auf der einen Seite im Zeichen Koreas abspielt und auf der anderen Seite im Zeichen Europas. Es hat aber keinen Zweck, davon zu sprechen, daß man den Bolschewismus bekämpfen muß — der Bolschewismus kann nicht bekämpft, er kann nur überwunden werden

    (lebhafter Beifall in der Mitte und bei der SPD)

    durch eine höhere soziale Freiheit; seine Infiltration kann nur dadurch abgeschirmt und immunisiert werden, daß wir hier eine Ordnung aufrichten, die in den Augen unserer Bevölkerung, die in den Augen Europas eine wesentlich bessere Ordnung ist. Wir geben uns dabei keiner Illusion über das Mitbestimmungsrecht als einer Zauberformel hin. So naiv sind wir nicht. Wir sind aber der Meinung, daß das Gesetz, das in diesem Punkte geschaffen wird, eine Dokumentation unserer sozialen Marschrichtung sein muß; und so sehen wir es nur an als einen Markstein in unser aller Kampf um Arbeit und Frieden unseres Volkes.

    (Lebhafter Beifall in der Mitte und bei der SPD.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Freitag.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Walter Freitag


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Frage des Mitbestimmungsrechts ist die Frage, die heute in aller Munde ist und die wohl am wenigsten verstanden wird. Mir scheint's, daß man für einen guten Zweck ein schlechtes Wort gewählt hat. Wir hätten als Deutsche nicht von einem Mitbestimmungsrecht reden sollen, sondern wir hätten von einer Demokratisierung der Wirtschaft reden sollen. Wir wären dann wahrscheinlich zu anderen Schlußfolgerungen gekommen. Demokratie ist doch der Grundsatz, den wir seit dem Jahre 1945 gelehrt bekamen und den wir auch befolgen wollen. Ich glaube, alle politischen Parteien führen doch den Begriff Demokratie nicht nur in ihrem Namen, sondern sie sind auch gewillt, nach den demokratischen Grundsätzen zu handeln und zu leben.
    Wenn ich das zugrunde lege, dann glaube ich, daß man auch über die Frage, welche Stellung der arbeitende Mensch für die Zukunft einnehmen soll, zu anderen Schlußfolgerungen kommen muß.


    (Freitag)

    Meine Damen und Herren! Es wird von Mitbestimmungsrecht geredet. Derjenige, der mitbestimmen muß und mitbestimmen soll, muß zunächst einmal die Möglichkeit haben, daß er über sich selbst entscheidet. Da werfe ich einmal die Frage auf, ob dieses Recht, über sich selbst zu entscheiden, dem deutschen Arbeiter heute gegeben ist. Sie werden mir wahrscheinlich sagen, ich übertreibe; und trotzdem sage ich, daß der Arbeiter in seinem Willen heute noch sehr stark eingeschränkt ist. Wir haben seit dem Jahre 1918 Bestimmungen, daß sich der Arbeiter gewerkschaftlich organisieren kann und daß diese gewerkschaftlichen Organisationen als die berufenen Vertreter der Arbeiterschaft anerkannt werden. So ist's niedergelegt. Ob's so gehandhabt wird, das ist eine andere Frage.
    Wenn ich zu dem Ergebnis komme, daß der arbeitende Mensch nicht einmal über seine eigenen Einnahmen und die Verwendung der Einnahmen selbst verfügen kann, daß ihm darüber hinaus noch Vorschriften gemacht werden, dann will ich damit nur zeigen, wie wenig Verständnis man für das Wohl und das Tun der Arbeiterschaft hat. Wir haben etwas Ähnliches in der Sozialversicherung; in der Krankenversicherung werden die Beiträge zu zwei Dritteln von den Arbeitern aufgebracht und nur zu einem Teil von den Unternehmern. Trotzdem ist man der Auffassung, daß der Arbeiter noch nicht reif dafür ist, die eigenen Angelegenheiten selbst zu verwalten, sondern daß man dort auch den Unternehmer einschalten muß, daß der sich des Arbeiters annimmt, um die Dinge zu verwalten. — Es mag nicht hierhin gehören, und es mag einmal bei anderer Gelegenheit der Zeitpunkt gekommen sein, in dem über diese Frage zu sprechen ist. Ich führe es nur an, um damit zu beweisen, wie der Arbeiter auch heute noch eingeschätzt wird und wie man auch heute noch glaubt den Arbeiter behandeln zu müssen.
    Die Frage des Mitbestimmungsrechts, um bei dem Wort zu bleiben, ist in der letzten Zeit bei uns in Deutschland sehr stark in den Vordergrund gerückt worden, auch dank der Tätigkeit der beiden Kirchen. Ich weiß nicht, ob die Gläubigen, die im vergangenen Sommer in Bochum versammelt waren, sich das Mitbestimmungsrecht so vorgestellt haben, wie es von Herrn Dr. Schröder hier vorgetragen wurde. Ich kann mir vorstellen, daß mancher einen anderen Begriff und ein anderes Wollen in sich trug. Meine Damen und Herren, worum dreht es sich denn? Es handelt sich um die eine Frage, ob der Arbeiter für die Zukunft als gleichberechtigter Mensch unter uns leben kann.

    (Sehr richtig! in der Mitte und bei der SPD.)

    Wir haben politische Gleichheit, wir haben keine wirtschaftliche Gleichheit. Im wirtschaftlichen Leben hat man es bisher verstanden, dem Arbeiter zu sagen: Wirtschaft ist ein Gebiet, das so heilig ist, daß daran nicht gerührt werden darf; über Wirtschaftsfragen könnt ihr als Arbeiter nicht mitreden.
    Wirtschaft war das ausgesuchte Gebiet für eine Reihe von Bevorzugten. Aus dem Grunde glaubte man, so Wirtschaft führen und treiben zu können und den Arbeiter von der Wirtschaft ausschließen zu können. Es werden ja heute eine ganze Reihe von Formulierungen gewählt, die sich gegen das Mitbestimmungsrecht wenden. In welche Darlegungen man da kommt, zeigt folgender Vorfall.
    Es wird in einer Schrift, die den Arbeitern in den
    einzelnen Betrieben in die Hände gedrückt wird,
    auseinandergesetzt, daß dieses Verhältnis, wie
    es bisher war — daß der Unternehmer in der
    Wirtschaft bestimmt —, für die Zukunft bestehen
    bleiben muß. Es wird auseinandergesetzt: Der
    Unternehmer trägt ja auch das Risiko. — Man
    will nicht verstehen, daß es im Wirtschaftsleben
    zwei Gleichberechtigte gibt, auf der einen Seite
    das Kapital und auf der anderen Seite die Arbeit.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Wenn beide gleichberechtigt die Wirtschaft leiten und führen könnten, dann, glaube ich, würde man zu vernünftigen Ergebnissen kommen. — Aber nein, jetzt setzt man 'dazwischen das Risiko. Das hat der Unternehmer zu tragen, und aus dem Grunde muß er der Beherrscher der Wirtschaft sein!
    Bei dieser Frage kommen den Arbeitern eine ganze Reihe von Gedanken über das Tragen des Risikos, und zwar vor allen Dingen in einer Zeit, da wir in der Bundesrepublik so rund 2 Millionen, im Augenblick etwas mehr als 112 Millionen Arbeitslose haben. Da steigt die Frage auf, wer das Risiko trägt:

    (Beifall bei der SPD)

    der Arbeiter, der Angestellte, der seine Arbeitsstelle verlassen muß in dem Augenblick, da die nötige Nachfrage nach Arbeit nicht mehr vorhanden ist! Aus idem Grunde zieht der Grund von dem Risikotragen nicht mehr.
    Und dann, meine Herren, von den großen Wirtschaftskenntnissen — —(Zuruf rechts: Ist absoluter Unsinn!) - Was war das?

    (Abg. Dr. Schumacher: Das war das Gelalle eines Unmündigen! — Zuruf von der KPD: Ein Unkenruf!)

    — Meine Damen und Herren, von Unsinn habe ich in der Wirtschaft manches erlebt. Ich will Ihnen etwas sagen: man sagt den Arbeitern: Von Wirtschaft versteht ihr nichts! — Soviel verstehen die Arbeiter von der Wirtschaft, daß sie sich nicht zu sogenannten Wirtschaftsführern gebrauchen lassen, auch nicht zu Wehrwirtschaftsführern, um derartige Dinge heraufzubeschwören, wie sie leider im nationalsozialistischen Deutschland heraufbeschworen worden sind.

    (Sehr richtig! und Beifall bei der SPD.)

    Die Herren, die da bestreiten wollen, daß auch im Arbeiterlager wirtschaftliches Denken vorhanden ist, die sollten sich einmal an die Brust schlagen und überlegen, wie damals bei ihnen das wirtschaftliche Denken war. Der Arbeiter erhebt heute Anspruch darauf, daß er auch in der Wirtschaft mitentscheiden, daß er in der Wirtschaft mitreden kann, und zwar aus dem Grunde, weil er weiß, daß durch die Wirtschaft und ihre Führung sein Schicksal und das Schicksal seiner Familie bestimmt wird. Seine Existenz hängt davon ab, ob die Wirtschaft gut oder ob sie minder gut geleitet wird.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Er ist der Leidtragende dabei. Seine Frau und seine Kinder bezahlen für alle Fehler, die in der Wirtschaft gemacht werden. Man kann eine Wirtschaft als freie Wirtschaft bezeichnen, man kann sie mit allen möglichen Namen nennen: der Arbeiter steht heute den Dingen kritisch gegenüber. Wenn man ihn in wirtschaftlichen Fragen


    (Freitag)

    nicht mitreden lassen will, dann ergibt sich daraus, daß er zunächst mißtrauisch wird, — und Mißtrauen ist eines der schlechtesten Kapitel, die wir im Staat und im Leben gebrauchen können.
    Was man dagegen machen soll? Wir sind der Auffassung, daß man den Leuten sagt, was auf wirtschaftlichem Gebiet vor sich geht, daß man sich nicht abschließt, sondern daß man gemeinsam mit der Arbeiterschaft all die Fragen beredet und behandelt,

    (Sehr gut! und: Sehr einverstanden! bei der FDP)

    die mit wirtschaftlichen Dingen etwas zu tun haben.

    (Zuruf von der FDP: Aber nicht mit den Gewerkschaften!)

    - Wenn Sie sagen: „Aber nicht mit den Gewerkschaften", dann gehört das zu der interessantesten Auseinandersetzung, zu der wir heute wahrscheinlich noch kommen.
    Meine Damen und Herren! Nicht die Gewerkschaften! - Ich habe Ihnen vorhin einleitend gesagt, daß der Mann, der ein Mitbestimmungsrecht haben soll, zunächst einmal über sich selbst entscheiden darf, was er tut, was er will und wie er seine Gedanken ausführen will. Der deutsche Arbeiter ist nuneinmal der Auffassung, daß es in seinem Interesse liegt und daß es für ihn notwendig ist, sich mit seinen Arbeitskameraden in einer gewerkschaftlichen Organisation zusammenzuschließen und daß diese gewerkschaftliche Organisation für ihn entscheiden soll.

    (Zuruf von der FDP: Na, na!)

    Deshalb sind das sehr oberflächliche Darlegungen, wenn Sie sagen: der Arbeiter wohl, — aber nicht die Gewerkschaften! Meine Herren, der Strich, den Sie da zwischen Arbeiterschaft und Gewerkschaft ziehen wollen, ist nicht vorhanden.

    (Widerspruch rechts.)

    Ich will Ihnen folgendes sagen.

    (Abg. Dr. Oellers: Darum haben Sie auch nur einen Bruchteil der Arbeiter als Mitglieder!)

    — Sie wissen ja gar nicht, was ein Bruchteil der Arbeiter ist. Das Gros der Arbeiter steht hinter der deutschen Gewerkschaftsbewegung.

    (Starker Beifall bei der SPD.)

    Noch etwas anderes dazu. Die Herren, die so in diesen Tönen über die Gewerkschaftsbewegung reden, mögen einmal fünf Jahre zurückdenken.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Es gab eine Zeit, da waren sie froh, daß es eine deutsche Gewerkschaftsbewegung gab;

    (anhaltender starker Beifall bei der SPD) wahrscheinlich waren es gerade die Herren, die diese abfälligen Bemerkungen über die Gewerkschaftsbewegung heute machen. Meine Damen und Herren! Es wird Ihnen nicht gelingen, eine Trennung zwischen den deutschen Arbeitern, der Angestelltenschaft und der Gewerkschaftsbewegung herbeizuführen.


    (Beifall bei der SPD.)

    Die deutschen Arbeiter haben erkannt, daß es eine Einheit gibt, daß diese Einheit aufrechterhalten wird und daß darum gekämpft wird, weil sie in schwerer Stunde geboren wurde. Aus dem Grunde gibt es keine Zersplitterung mehr, weder nach konfessionellen noch nach politischen Gesichtspunkten. Es gilt das einheitliche Bestreben, gemeinsam zu handeln und gemeinsam zu Entschließungen zu kommen. In dem Sinne wird die Arbeiterschaft tätig sein, und, meine Herren, damit müssen Sie sich abfinden, daß für die Zukunft bei allen Forderungen, wenn es um die Interessenvertretung ider Arbeiter und Angestellten geht, der Name Gewerkschaft genannt wird und nichts anderes!

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Aus dem Grunde brauchen Sie sich nicht zur Wehr zu setzen und zu sagen: der Arbeiter wohl — nicht die Gewerkschaften. Ich will Ihnen etwas sagen: das ist der Standpunkt, der im Jahre 1914, im damaligen kaiserlichen Deutschland galt. Ich weiß, wie es damals war. Wenn in irgendeinem Betrieb Differenzen 'bestanden, dann war der Unternehmer so freundlich, auch den Gewerkschaftsangestellten zu holen und ihn zu ersuchen, doch zu vermitteln und Sorge zu tragen, daß diese Differenzen beigelegt wurden. Kam es zu einer Verständigung, und der Gewerkschaftsangestellte wollte das schwarz auf weiß zusammenfassen und ein Vertragsverhältnis abschließen, dann wurde ihm gesagt: Nein, mit meinen Arbeitern vereinbare ich alles, aber mit der Gewerkschaft vereinbare ich gar nichts.

    (Zuruf von der SPD: Herr-im-HauseStandpunkt!)

    Dieser Standpunkt wird heute noch vertreten. (Zuruf von der FDP: Nein!)

    Meine Damen und Herren, wenn nun gefragt wird und wenn Herr Dr. Schröder vorhin orakelte, wieso die Verhandlungen in Hattenheim später hier und zuletzt in Maria Laach gescheitert sind, dann will ich Ihnen den Grund dafür ganz offen sagen. Sie sind nicht gescheitert, weil uns in der einen oder anderen Frage nicht genug Entgegenkommen gezeigt wurde, sondern sie sind gescheitert an der einen Frage, daß man die deutschen Gewerkschaften als die berufenen Vertreter von Arbeitern und Angestellten nicht anerkennen will.

    (Hört! Hört! bei der SPD. — Zuruf von der FDP: Das stimmt nicht!)

    — Das stimmt nicht? Ich will Ihnen etwas sagen:
    Ich habe an den Verhandlungen teilgenommen.

    (Abg. Euler: Weil man den Machtanspruch der Gewerkschaften in den Betrieben ablehnt! Zuruf von der FDP: Wenn man sie nicht anerkannt hätte, hätte man ja mit ihnen nicht verhandeln können!)