Rede von
Gustav
Gundelach
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Meine politischen Freunde und ich sind auch der Meinung, daß angesichts der Lage, wie sie in der deutschen Handelsschiffahrt und in den Seeschiffswerften als Folge des verbrecherischen Hitlerkrieges und der Spaltung Deutschlands zu verzeichnen ist, etwas getan werden muß, um diesen unhaltbaren Zustand baldigst zu ändern. Wir benötigen dringend mehr eigene Handelsschiffe, um das Konto Frachtkosten in seiner Höhe, wie es aus dem Überseehandel für den gesamten Warenverkehr entsteht, wesentlich zu verringern. Es ist bekannt, daß uns infolge des zur Zeit bestehenden Zwanges, die Ein- und Ausfuhr fast ausschließlich mit ausländischen Schiffen zu bewältigen, Ausgaben von zirka 230 Millionen Dollar jährlich entstehen.
Wir Kommunisten sind aber auch der Auffassung,
daß der Bau von Schiffen auf eigenen Werften im Vordergrund stehen sollte. Erst in zweiter Linie und als Ausnahme sollte der Ankauf von Schiffen im Ausland in Betracht kommen. Der Bau von Seeschiffen auf eigenen Werften ist angesichts der Tatsache geboten, daß eine sehr große Zahl hochqualifizierter Fachkräfte für den Schiffsbau zur Verfügung stehen. Viele davon sind zur Zeit ohne Arbeit und wären sehr froh, wenn sie wieder eine ihrem Können entsprechende Beschäftigung erlangen würden. Es fehlt auch selbst in der Bundesrepublik nicht an Schiffsbaubetrieben. Die vorhandenen Betriebe sind nur zu einem Teil ausgelastet. Das trifft ganz besonders für die Werftbetriebe in Hamburg, Bremen, Bremerhaven, Lübeck und vor allem in Kiel zu, wo heute — fünf Jahre nach Kriegsende — immer noch ein sehr hoher Prozentsatz der Spezialkräfte ohne Arbeit ist. Der Bau von Schiffen auf eigenen Werften führt erfahrungsgemäß auch zugleich zu einer Belebung von zahlreichen Industriezweigen des Binnenlandes. Es sind recht erhebliche Beträge von den Gesamtsummen für Schiffsbau, die der inländischen Industrie zufließen, bei der ebenfalls zur Zeit ein sehr starker Mangel an Aufträgen besteht.
Was nun aber die Kreditgewährung anlangt, wie sie in der Gesetzesvorlage vorgesehen ist, so sind wir der Meinung, daß sehr gewissenhaft zu prüfen ist, wer die Kredite bekommen soll. Dabei ist von vornherein darauf zu achten, daß weder die Reeder noch die Schiffswerftbesitzer mit Hilfe dieser staatlichen Kredite Sonderprofite einheimsen. Nach unserer Meinung sollte das Hauptaugenmerk darauf gerichtet sein, möglichst vielen Arbeitnehmern einen Arbeitsplatz mit auskömmlichem Verdienst zu sichern; und um das zu erreichen, ist es nach unserer Auffassung notwendig, daß bei der Gewährung der staatlichen Darlehen an Reeder und Schiffswerften vor allem die Gewerkschaften und auch die Betriebsräte ein entsprechendes Wort mitzureden haben. Seitens des Herrn Ministers ist angedeutet worden, daß interessierte Kreise mit herangezogen werden sollen. Es kommt uns nicht nur darauf an, daß sie herangezogen werden, sondern daß insbesondere die Gewerkschaften und Betriebsräte auch mitzubestimmen haben. Diesbezügliche Forderungen der Gewerkschaften sind immer wieder auf den verschiedensten Gebieten der Wirtschaft erhoben worden; und es ist endlich an der Zeit, daß dem angesichts der Tatsache, daß über fünf bis sechs Millionen Arbeitnehmer in den Gewerkschaften organisiert sind, Rechnung getragen wird. Es muß nach unserer Auffassung endlich mit dem „Herr-im-Hause"Standpunkt, wie er besonders in der letzten Zeit immer stärker in Erscheinung tritt, Schluß gemacht werden. Ich verweise hier nur auf die Tatsache der Maßregelung des Betriebsratsvorsitzenden Harig, eines Mitglieds dieses Hauses, der auf der Hütte in Hagen-Haspe, wo er beschäftigt ist, nur deshalb gemaßregelt worden ist, weil er die Interessen seiner Belegschaftskollegen vertreten hat.
Ich erinnere weiter an die zwei Maßregelungen, die in der letzten Woche auf der Howaldt-Werft in Hamburg erfolgt sind, wo der Betriebsratsvorsitzende und der Jugendvertreter aus dem Betrieb ebenfalls nur deshalb entfernt worden sind, weil sie für die Interessen ihrer Belegschaft eingetreten sind.
Wir Kommunisten sind nicht grundsätzlich gegen die Gewährung von Krediten zum Aufbau einer eigenen Handelsflotte, aber unsere Zustimmung zu dem vorliegenden Gesetz machen wir davon abhängig, daß die Forderungen, wie wir sie hier vorgetragen haben, auch die entsprechende Berücksichtigung finden.